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Abbildung 2.1: Eindringverm¨ogen von Radarwellen (nachBayer1990[17]).

Wellenl¨ange

Das SAR der ERS-Satelliten arbeitet im C-Band, d.h. mit einer Wellenl¨ange von 5.6 cm entsprechend einer Frequenz von 5.3 GHz. Die Wellenl¨ange beeinflußt die Art der Interaktion der elektromagnetischen Wellen mit den Oberfl¨achenobjekten entscheidend, indem sie

Den Anteil der Streuung an den Objektoberfl¨achen,

Die Eindringtiefe und Signald¨ampfung im Medium (z.B. Boden, Vegetation) und

Den Anteil der Volumenstreuung (vgl. Kap.2.4.2.2) mitbestimmt (Bayer1990[17]).

Generell steigt das Eindringverm¨ogen von Mikrowellen in Oberfl¨achenmaterialien mit der Wellenl¨ange. Ab-bildung 2.1visualisiert beispielhaft das Verhalten von X-Band (3 cm), C-Band (6 cm) und L-Band (23 cm) Wellen in Vegetation, B¨oden und Schnee/Eis. Inzwischen existieren verschiedene multifrequente SAR-Systeme, die bislang allerdings nur auf flugzeuggetragenen Plattformen und w¨ahrend der SIR-C/X-SAR Shuttle Mission eingesetzt wurden. Die verschiedenen Wellenl¨angen erlauben die Ableitung objektspezifi-scher Signaturen und erh¨ohen den Informationsgehalt der SAR-Daten f¨ur die Bearbeitung unterschiedlich-ster Fragestellungen erheblich (Hochschild & Klenke1998[140],Moranet al. 1997[213],Champion 1996[43],Papathanassio et al. 1996[231]).

Abbildung 2.2: Der Effekt der Volumenstreuung (ver¨andert nachUlabyet al. 1982[286]).

Abbildung 2.3: Streukomponenten unterschiedlich rauher Oberfl¨achen (ver¨andert nach Ulaby et al. 1982[286]).

Polarisation

SAR-Systeme erzeugen linear polarisierte Mikrowellen, d.h. Wellen die nur in einer Ebene schwingen. Sie sind entweder vertikal (V) oder horizontal (H) polarisiert. Die Interaktion mit Oberfl¨achen beeintr¨achtigt die lineare Polarisation. Von den Strahlungsanteilen die zur S/E-Einheit zur¨uckgelangen, wird entweder die H-Komponente oder die V-Komponente gemessen. Insgesamt sind damit vier verschiedene Polarisations-kombinationen f¨ur Sendung und Empfang vorhanden. Parallel polarisierte Systeme senden und empfangen in der gleichen Polarisation (VV oder HH), kreuzpolarisierte Systeme nutzen unterschiedliche Polarisati-onsebenen (VH oder HV) f¨ur Sendung und Empfang. Auf operationellen orbitalen Plattformen sind derzeit nur SAR-Sensoren mit einer Polarisationskombination im Einsatz. Multipolarisierte Systeme wurden bislang nur auf flugzeuggetragenen und Shuttle-Missionen geflogen. Die Ergebnisse zahlreicher Studien belegen das breite Anwendungspotential von SAR-Daten unterschiedlicher Polarisationen (z.B.Le H`egarat-Mascle et al. 1997[176],Schaberet al. 1997[256],Dong & Forster1996[68] undKaramet al. 1995[149]).

Mit dem f¨ur 2000 geplanten Start des europ¨aischen ENVISAT-1 wird erstmals ein multipolarisiertes System operationell auf einer Satellitenplattform zur Verf¨ugung stehen (ASAR, Advanced SAR). Die ERS-Satelliten arbeiten mit einer VV-Polarisation.

2.4.2.2 Oberfl¨achenparameter und R¨uckstreuverhalten

Neben den beschriebenen systemeigenen Parametern und dem Relief, nehmen verschiedene objektspezifi-sche Parameter Einfluß auf die Interaktionen der elektromagnetiobjektspezifi-schen Wellen mit der Oberfl¨ache. Es sind dies im wesentlichen die Oberfl¨achenrauhigkeit und die dielektrischen Materialeigenschaften (Hochschild 1995[139]).

Streuung von Mikrowellen

Grunds¨atzlich lassen sich an der Grenzfl¨ache zweier unterschiedlicher dielektrischer Medien zwei Arten von Streumechanismen unterscheiden: Die Oberfl¨achenstreuung und die Volumenstreuung (Bayer1990[17]).

Als Oberfl¨achenstreuung bezeichnet man Streuung und Reflexion von Wellen an der Grenzfl¨ache zweier Me-dien mit unterschiedlichen, aber jeweils homogenen dielektrischen Eigenschaften (Ulabyet al. (1982[286]).

Die Energie einer auftreffenden Welle wird im unteren Medium teilweise absorbiert. Der nicht absorbierte Teil wird je nach Rauhigkeit der Grenzfl¨ache zu unterschiedlichen Anteilen spiegelnd reflektiert oder diffus gestreut. Einen Spezialfall der Oberfl¨achenstreuung stellt die

”Corner“-Reflexion (auch Double Bounce-Reflexion) dar. Hierbei wird durch zweifache spiegelnde Reflexion, z.B. an Straße und Hauswand, eine R¨uckreflexion großer Energieanteile zum Sensor bewirkt. Im Intensit¨atsbild entsteht ein leicht zu identifi-zierendes, starkes Signalecho. Derartige Erscheinungen finden sich h¨aufig in urbanen Gebieten (Richards 1994[244]).

Volumenstreuung ensteht wenn das untere Medium dielektrisch inhomogen ist. Die elektromagnetischen Wellen k¨onnen eindringen und streuen teilweise an den Inhomogenit¨aten innerhalb des unteren Mediums.

Abbildung 2.2 verdeutlicht diesen Effekt. Die Penetrationstiefe und der Volumenstreuungsanteil werden

2.4. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 29 von Wellenl¨ange, der Geometrie und den dielektrischen Eigenschaften des Materials bestimmt. Wie Ab-bildung 2.1 zeigt, k¨onnen z.B. L-Band-Wellen tief in Best¨ande eindringen, die Reflexion hat daher einen hohen Anteil an Volumenstreuung. ¨Ahnliches gilt bei langen Radarwellen f¨ur trockene B¨oden (Albertz 1991[6], Hochschild1995[139]).

Oberfl¨achenrauhigkeit

Die Beurteilung der Rauhigkeit einer Oberfl¨ache h¨angt vom zugrundegelegten Skalenbereich, im Falle von elektromagnetischer Strahlung, von deren Wellenl¨ange ab. Generell gilt, daß, je rauher sich eine Grenzschicht f¨ur Wellen einer bestimmten L¨ange darstellt, der Anteil diffuser Streuung steigt und sich somit auch der Strahlungsanteil, der, aufgrund des Seitensichtverfahrens zum Sensor zur¨uckgelangt, erh¨oht. Abbildung2.3 visualisiert f¨ur einen konstanten Einfallswinkelθdie relativen Anteile diffuser und koh¨arenter Streuung bei glatten (a), rauhen (b) und sehr rauhen (c) Oberfl¨achen (Bayer1990[17],Hochschild1995[139]).

Der maximale Phasenunterschied ∆φder reflektierten Wellen ist ein Maß f¨ur die Rauhigkeit der Oberfl¨ache in Bezug auf eine bestimmte Wellenl¨ange. Er h¨angt von den relativen H¨ohendifferenzen pro Fl¨ache ab und berechnet sich wie folgt:

∆φ= 4·π

λ ·h·cosθ (2.2)

mit:

λ : Wellenl¨ange,

h : relative H¨ohendifferenz zwischen zwei benachbarten Punkten, θ : Einfalls-, bzw. Reflexionswinkel.

Physikalisch/mathematisch kann eine Abgrenzung von glatten und rauhen Oberfl¨achen durch das Raleigh-kriterium, bzw. das Fraunhoferkriterium vollzogen werden. In Bezug auf die einfallende Wellenl¨ange ist demnach eine Oberfl¨ache als glatt zu bezeichnen, wenn f¨ur h aus Gleichung2.2gilt:

h < λ

Neben der Rauhigkeit selbst, bestimmt der Einfallswinkel der Strahlung auf eine rauhe Oberfl¨ache die Inten-sit¨at der R¨uckreflexion zum Sensor. Bei kleinen Einfallswinkeln findet haupts¨achlich spiegelnde oder stark gerichtete diffuse Reflexion statt, deren Intensit¨at mit zunehmendem Einfallswinkel abnimmt. Zur Beschrei-bung derartiger Reflexion wird in der Praxis h¨aufig das Facettenmodell benutzt. Bei gr¨oßeren Einfallswinkeln (ab ca. 30) beeinflussen kleinr¨aumige Oberfl¨achenrauhigkeiten im Gr¨oßenordnungsbereich der Wellenl¨ange in hohem Maße die R¨uckstreuung, da es durch sich regelm¨aßig wiederholende Rauhigkeitsmuster zu Inter-ferenzerscheinungen mit Phasenverschiebungem bis zu 360 kommt. Hier findet h¨aufig das Bragg-Modell Anwendung (Ulabyet al. 1982[286],Bayer1990[17]). Der Einfallswinkel der ERS-Satelliten betr¨agt im mid-range ca. 23. Bei der Modellierung der Reflexionsintensit¨at muß der lokale Einfallswinkel der Strah-lung betrachtet werden, der vom Relief bestimmt wird und sich zwischen der Oberfl¨achennormalen des Bildelements und dem Einfallswinkelθ aufspannt.

Dielektrische Objekteigenschaften

Die Dielektrizit¨atskonstante ist eine komplexe Materialkonstante und stellt ein Maß f¨ur Ladungsverschie-bungen dar, die sich innerhalb einer Materie als Reaktion auf das Anlegen eines elektrischen Feldes ergeben.

Sie beschreibt die F¨ahigkeit eines Materials, durch Ladungstrennung elektrische Energie zu speichern und zu reflektieren. Je gr¨oßer die Unterschiede der Dielektrizit¨atskonstanten zweier Medien ausfallen, desto st¨arker interagieren Mikrowellen in deren Grenzbereich. Mathematisch wird die Dielektrizit¨atskonstante in komplexem Zahlenformat, d.h. mit einem Real- und einem Imagin¨arteil angegeben (Bayer 1990[17], Hochschild 1995[139]).

Der Realteil stellt ein Maß f¨ur den Grad der Ladungstrennung dar und bestimmt wesentlich den Refle-xionsanteil beim ¨Ubergang von einem Medium ins andere. Er ist f¨ur das Vakuum per Definition 1, f¨ur Wasser 81.6 (Bayer1990[17]). Daher bestimmt in nat¨urlichen Medien vor allem deren Wassergehalt die dielektrischen Eigenschaften. Je nach Feuchtegehalt und Aggregatzustand kann der Wert der Dielektri-zit¨atskonstante tonig/schluffiger B¨oden zwischen 3 und 25 schwanken (Tsanget al. 1985[284], zitiert aus Bayer1990[17]).

Bei der Interpretation von SAR-Intensit¨atsbildern ist zu beachten, daß sich die potentielle Eindringtiefe von Mikrowellen mit zunehmendem Feuchtegehalt eines Substrats verringert. Ein trockener Boden hat daher einen gr¨oßeren Volumenstreuungsanteil als ein feuchter, der im wesentlichen oberfl¨achlich streut.

Speckle

F¨ur Intensit¨atsbilder abbildender Radarsensoren ist eine k¨ornige Textur typisch. Dieses, auch als

”Salz- und Pfeffer-Effekt“ oder

”Speckle“ bezeichnte, Ph¨anomen ist Folge der koh¨arenten Natur der ausgesandten Strahlung. Nach einer Interaktion mit Oberfl¨achenmaterialien streuen Wellenanteile mit gleicher Frequenz, jedoch phasenverschoben zur¨uck. Es kommt daher durch die unterschiedlichen R¨uckstreuer innerhalb eines r¨aumlichen Mittelungsfensters zu konstruktiven oder destruktiven Interferenzerscheinungen, die auch in homogenen Fl¨achen die beschriebene Textur erzeugen (Richards 1994[244], Albertz 1991[6]). Das Auftreten von Speckle ist somit aufnahmesystembedingt und nicht zu verhindern, sein Einfluß kann lediglich mit verschiedenen Verfahren eingeschr¨ankt werden. Mathematisch/physikalisch stellt sich der Speckle im SAR-Intensit¨atsbild als multiplikatives, nicht station¨ares Rauschen dar.

Der Speckle tr¨agt zwar auch Information ¨uber kleinr¨aumige Objekteigenschaften unterhalb der Gr¨oße einer Aufl¨osungszelle, diese sind aber kaum zu extrahieren (Bayer 1990[17]). Im allgemeinen verschlechtert der Effekt die visuelle Interpretierbarkeit der Daten und erschwert die Anwendung automatisierter Klas-sifikationsverfahren. Daher ist man in der Regel bestrebt den Einfluß des Speckle zu minimieren (Smith 1996[265]).

Zur Specklereduktion existieren verschiedene methodische Ans¨atze. W¨ahrend der Datenprozessierung k¨onnen Multi Look-Verfahren angewendet werden. Dabei wird die synthetische Apertur aufgeteilt, so daß mehrere unabh¨angige Aperturen entstehen f¨ur die eine getrennte Kompression durchgef¨uhrt wird. Durch ei-ne anschließende Mittelung der einzeln aufsummierten Phasenanteile reduziert sich der Speckle, die verk¨ urz-te Apertur f¨uhrt allerdings auch zu einer abnehmenden geometrischen Aufl¨osung (Lee et al. 1994[181]).

Die ERS PRI-Daten sind mit drei Looks prozessiert, die SLC-Daten 1-Look verarbeitet (vgl. Kap.2.4.1.2 und2.4.1.2).

In der Praxis werden nach der Prozessierung h¨aufig adaptive Filter angewendet, um den Speckle zu re-duzieren. Bei diesen Verfahren konkurrieren je nach Filtergr¨oße und Methodik r¨aumliche Aufl¨osung und Speckleverringerung (Leeet al. 1994[181]). Besonders die Erosion von Kanten und linearen sowie punkt-haften Strukturen ist in diesem Zusammenhang problematische Folge der adaptiven Verfahren. Die fortge-schrittensten Filtertechniken arbeiten mit sich auf Grundlage der Umgebungsstatistik selbst¨andig ¨andernden Filtergr¨oßen (Hagg & Sties1996[132]) oder beziehen Information aus der Frequenzdom¨ane mit in die Er-kennung und Eliminierung ein (z.B. durch Waveletanalysen, vgl. hierzu beispielsweise Gagnon & Jouan 1997[112]).

Schließlich kann der Speckleeinfluß auch durch die Fusion von Daten unterschiedlicher Wellenl¨angen und Polarisationen (Nezryet al. 1998[220]), sowie unter Verwendung von Hauptkomponententransformationen (Henebry1997[134]) eingeschr¨ankt werden.

Reliefeinfluß

Das Seitensichtverfahren von SAR-Sensoren bedingt erhebliche geometrische und radiometrische Verzer-rungen im resultierenden Datenprodukt. Die geometrischen VerzerVerzer-rungen k¨onnen mit Hilfe von Digitalen Gel¨andemodellen weitestgehend korrigiert werden. Radiometrische Verzerrungen, d.h. Intensit¨ atsschwan-kungen auf Grund reliefinduziert-unterschiedlicher lokaler Einfallswinkel und Expositionen, sind demge-gen¨uber nur unter Anwendung von Streuungs- und Reflexionsmodellen zu verringern. Zwar steht mittler-weile eine Vielzahl derartiger Modelle zur Verf¨ugung (Wang & Dong 1997[294], Champion1996[43],