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Um ausschlieÿen zu können, dass die Leistungsmessungen durch begleitende (neuro-psychologische) Störungen (wie z.B. Konzentrationsstörungen) oder bestimmte Um-weltbedingungen (z.B. unzureichende Vertrautheit mit der Zielstimme) verfälscht würden, wurden mit allen teilnehmenden Personen spezische Vortests durchgeführt, die in den Kapiteln 8.3.1 bis 8.3.5 näher vorgestellt werden. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass sämtliche Untersuchungen unter Berücksichtigung der Deklaration des Weltärztebundes von Helsinki zu den ethischen Grundsätzen der medizinischen Forschung an Menschen in seiner Fassung von 2004 erfolgten.

Zu den Auswahlkriterien der beiden Patientengruppen gehörten: Z.n. unilate-raler, postakuter Läsion der linken oder rechten Hemisphäre (Broca- / Wernicke-Region bzw. homologe Areale der rechten Hemisphäre), Z.n. Erst-Infarkt, Deutsch-Muttersprachler, Rechtshändigkeit und eine hohe Vertrautheit mit der Zielstimme (siehe unten).

Zu den Ausschlusskriterien zählten: Z.n. bilateralen Läsionen, Zustand nach (Z.n.) Re-Infarkt, Z.n. Blutungen, Tumoren oder anderen Raum fordernden Prozessen, Stö-rung der Aufmerksamkeit, der Konzentration, des auditiven Gedächtnisses oder des Hörens sowie eine demenzielle und / oder depressive Symptomatik.

Die nachfolgende Tabelle 8.1 gibt eine Übersicht über die Teilnahme- (+) bzw.

Ausschlusskriterien () für die unterschiedlichen Teilnehmergruppen (Patient / HC).

Kriterien Patient HC Quelle

unilaterale Läsion +

Anamnese

Z.n. ischäm. Hirninfarkt +

Muttersprache Deutsch + +

Rechtshändigkeit + +

Vertrautheit mit Zielstimme + +

Störung des Hörens

Störung der Konzentration AKT

V.a. Demenz

Störung des aud. Gedächtnisses WMSR

V.a. Depression HADSD

Tabelle 8.1.: Übersicht über Auswahl- und Ausschlusskriterien

Um einen homogenen dialektalen Hintergrund zu gewährleisten, sollten die teilneh-menden Angehörigen (Zielstimmen) ebenso wie die Sprecher der Distraktorstimmen in der Region Ostwestfalen geboren und / oder aufgewachsen sein. Darüber hinaus musste die Vertrautheit mit der Zielstimme gewährleistet sein. Aus diesem Grunde wurden lediglich jene Versuchsteilnehmer in der Auswertung berücksichtigt, die seit mindestens zehn Jahren intensive soziale Kontakte (in Form von Ehe oder Lebens-partnerschaft) zu dem Sprecher der Zielstimme unterhielten.

8.3.1. Anamnesegespräch

Mit allen Patienten und Probanden wurde ein Anamnesegespräch geführt, in dessen Verlauf die relevanten Angaben zur Person (Name, Vorname, Geschlecht, Geburts-datum und -ort, Familienstand, Schulabschluss, Dauer der Schulbildung, erlernter / ausgeübter Beruf, Händigkeit, Mutter- und Fremdsprachen), zu medizinischen / therapeutischen Maÿnahmen (stationärer Behandlungszeitraum / Anschluss-heilbehandlung (AHB), ambulante / stationäre logopädische Versorgung) und zur Zielstimme (Verwandtschaftsgrad mit dem Teilnehmer, Geburtsort, Dauer der Ehe / Partnerschaft) erhoben wurden. Darüber hinaus bot der Erfassungsbogen (vgl.

Abbildung 13.3 auf Seite 222 Platz für die Informationen zu den medizinischen Befunden (Läsionsort, Lokalisation, Erstinfarkt, Datum des Insultereignisses, Ätio-logie, Symptomatologie), die den Gesprächen mit den behandelnden Ärzten bzw.

den Patientenakten entnommen wurden. Auch die Ergebnisse der

Voruntersuchun-gen (vgl. Kapitel 8.3.2 bis 8.3.5) wurden auf ihm vermerkt.

Da sich die teilnehmenden Patienten zum Untersuchungszeitpunkt bereits im Rah-men ihrer AHB in Reha-Kliniken aufhielten, lagen nur sehr vereinzelt CT-AufnahRah-men vor. Die erstbetreuenden Akutkrankenhäuser zeigten sich trotz vorliegender Ein-verständniserklärungen nicht bereit, ein Sichten der entsprechenden Scans zu er-möglichen.

8.3.2. Aachener Aphasie Test (AAT)

Um eine zuverlässige Syndromzuweisung gewährleisten zu können, wurde mit al-len LBD-Patienten der Aachener Aphasie Test (Huber et al. 1983) durchgeführt.

Der AAT erlaubt die Diagnostik aphasischer Störungen als Folge einer erworbenen Hirnschädigung und wurde für den deutschen Sprachraum entwickelt. Er überprüft die Ebene der Spontansprache mit Hilfe eines halbstandardisierten Interviews auf sechs neurolinguistisch denierten Ebenen. Die weiteren Subtests geben Informatio-nen über etwaige Störungen in den Bereichen Nachsprechen, Lesen, Schreiben, Be-nennen und Sprachverständnis. Der AAT erlaubt u.a. die Auslese aphasischer Patien-ten aus einer Population nicht-aphasischer PatienPatien-ten, ordnet die Betroenen gemäÿ des neoklassischen Ansatzes den vier Standardsyndromen (Amnestische, Wernicke-, Broca- und Globale Aphasie) zu oder identiziert Nicht-Standardsyndrome und mo-dalitätsspezische Sprachstörungen und beschreibt die sprachlichen Leistungen auf den unterschiedlichen linguistischen Ebenen. Da sich die Teilnehmer der Patienten-gruppe (vgl. Kapitel 9.1.1) zum Untersuchungszeitpunkt in Reha-Kliniken aufhielten, konnte in sämtlichen Fällen auf die AAT-Diagnostik der dort tätigen Sprachthera-peuten zurück gegrien werden.

8.3.3. Wechsler-Gedächtnistest Revised (WMS-R)

Um die Wahrnehmungsaufgabe korrekt durchführen zu können, muss der Patient zunächst die Stimmmuster anhören, kurzzeitig abspeichern und im Anschluss eine bekannt / unbekannt-Entscheidung treen. Dazu bedarf es eines ungestörten audi-tiven Gedächtnisses, das mit Hilfe eines Subtest der WMS-R (Härting et al. 2000) überprüft wurde. Die WMS-R ist die deutsche Version der Wechsler-Memory-Scale (Wechsler 1987) und bewertet über mnestische Aufgaben fünf Leistungsaspekte des Patienten: das Verbale Gedächtnis, das Visuelle Gedächtnis die zusammen den All-gemeinen Gedächtnis-Index ergeben , die Aufmerksamkeit / Konzentration und die Verzögerte Wiedergabe. Der auf diese Weise ermittelte Gedächtnisquotient erlaubt einen Vergleich mit dem Intelligenzquotienten und gibt Hinweise auf das Bestehen

eines mnestischen Syndroms. Die Reliabilitäten der einzelnen ermittelbaren Indizes rangieren zwischen r = .70 und r = .90 (vgl. Härting et al. 2000).

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden alle Versuchspersonen mit dem Subtest Verbale Paarerkennung I überprüft. Dazu wurden den Teilnehmern acht Wortpaare vorgelesen, von denen sie sich jeweils das zweite Wort merken sollten.

Im Anschluss wurde das jeweils erste Wort vorgegeben und die Teilnehmer soll-ten das entsprechende zweite Wort erinnern1. Dazu wurden insgesamt mindestens drei Durchgänge vorgenommen, bei denen maximal 24 Punkte(3x8)erreicht werden konnten. Die Liste mit den verwendeten Wortpaaren ndet sich im Anhang (vgl.

Abbildung 13.4 auf Seite 223). Teilnehmer, die nicht in der Lage waren, den dritten Durchgang fehlerfrei zu absolvieren, wurden aus der statistischen Bewertung ausge-schlossen.

8.3.4. Alters-Konzentrations-Test (AKT)

Um ein Dezit im Bereich der Konzentrationsfähigkeit und / oder Vigilanz bzw. ei-ne Aussage über das etwaige Vorliegen eiei-ner demenziellen Symptomatik treen zu können, wurde mit allen Teilnehmern der AKT (Gatterer 1990) durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein psychometrisches Verfahren, das eine Messung der Konzentra-tionsfähigkeit und Vigilanz speziell von älteren Menschen erlaubt. Die Aufgabe für den Teilnehmer besteht darin, eine auf dem Testbogen abgebildete Figur aus einer Auswahl ähnlicher Figuren herauszusuchen und zu markieren (vgl. Abbildungen 13.5 bis 13.9 ab Seite 224). Als Rohwerte dienen die benötigte Zeit, die Anzahl korrekt markierter Figuren sowie Anzahl und Art der Fehler. Sollte bei dem Teilnehmer eine demenzielle Symptomatik vorliegen, so gibt der AKT Auskunft über den Grad des zerebralen Abbaus.

8.3.5. Hospital Anxiety and Depression Scale Dt. Version (HADS-D) Die HADS-D (Herrmann-Lingen, Buss & Snaith 1995) ist die deutsche Version der englischsprachigen HADS (Zigmond & Snaith 1983) und wurde als Screeningverfah-ren zur Selbstbeurteilung für die Bereiche Angst und Depression konzipiert. Beide Subtests bestehen aus Fragebögen mit je sieben Testitems, die auf einer vierstugen Skala beurteilt werden sollen (vgl. Abbildung 13.10 und 13.11 ab Seite 229). Um das Vorliegen einer depressiven Symptomatik erfassen zu können, wurde der Subtest Depression mit allen Teilnehmern durchgeführt.

1Z.B. Metall - Eisen., Metall? Eisen!.

8.3.6. Durchführung I

Die Akquise der hirnverletzten Patienten erfolgte über bestehende Kooperationen mit unterschiedlichen Reha-Kliniken, wobei der weitaus gröÿte Teil aus der Klinik am Rosengarten, der Klinik am Osterbach und der Maternus-Klinik (alle Bad Oeyn-hausen) stammte. Der Kontakt wurde über die dort tätigen Sprachtherapeuten bzw.

Neuropsychologen hergestellt. Die Probanden der Gruppe HC stammten aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis des Untersuchers bzw. seiner Kollegen der Ab-teilung Klinische Linguistik der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft, Universität Bielefeld.

Im Rahmen eines Aufklärungsgespräches wurden die Probanden, die Patienten und deren Angehörige über den Ablauf und den zeitlichen Rahmen der Untersuchung informiert. Zusätzlich erhielten Sie ein Informationsblatt mit den entsprechenden Rahmenbedingungen (siehe Abbildung 13.2 auf Seite 221). Alle Teilnehmer unter-zeichneten eine schriftliche Einverständniserklärung, mit der sie der Speicherung per-sonenbezogener Daten und der anonymisierten, wissenschaftlichen Auswertung der Messergebnisse zustimmten.

Die zu erkennenden Zielstimmen der Ehe- / Lebenspartner wurden mit Hilfe des Digital Audio Tape-corder (DAT) der Firma Sony, Japan, mit einer Samplingfre-quenz von 48 kHz aufgezeichnet und elektronisch gespeichert. Als Mikrofonmodul diente das Modell ME 64 und als Speiseadapter das Modell K6 der Firma Sennhei-ser. Die technischen Daten sind in Tabelle 14.1 und 14.2 im Anhang ab Seite 235 zusammengefasst.

Im Verlauf eines ersten Treens wurden die Teilnehmer zunächst über den Ablauf der Untersuchung informiert. Zur Vorbereitung des Gesprächs wurden die Patien-tenakten gesichtet und die anamnestischen Daten erhoben. Waren sie unvollständig, so konnten sie im Gespräch mit den Patienten / Probanden oder den behandelnden Ärzten entsprechend ergänzt werden. Nach dem Unterzeichnen der Einverständnis-erklärung folgten die in Kapitel 8.3.2 bis 8.3.5 vorgestellten Vortestungen. Dabei wurde zunächst der Subtest Verbale Paarerkennung I der WMS-R (Härting et al.

2000), danach der AKT (Gatterer 1990) und zum Abschluss der Subtest Depression der HADS-D (Herrmann-Lingen, Buss & Snaith 1995) durchgeführt. Ohne Beisein des Patienten / Probanden erfolgte im Anschluss die Aufzeichnung der erforderlichen Stimuli mit dem Ehe- / Lebenspartner des Teilnehmers. Mit Hilfe der Software Praat (siehe Kapitel 14.2 auf Seite 236) wurden die Stimuli im Anschluss durch den Un-tersucher aus den aufgezeichneten Sätzen extrahiert und separat gespeichert (siehe Kapitel 8.4.2).