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Kapitel 2: Habitatanalyse durch Telemetrie und Kartierung

3.2 Telemetrie

3.2.1 Vergleich der Fangmethoden

Als erfolgreichste Methode bewährte sich der Fang mit Japannetzen an einer im Revier eingerichteten Futterstelle. An Höhlen konnte in dieser Untersuchung hingegen nicht erfolgreich gefangen werden. Die Schlafhöhlen ausfindig zu machen, die auf einer Stammhöhe zwischen elf und sechzehn Metern lagen, war zeitaufwändig. Der Kescher ist auf einer solchen Höhe schwierig zu handhaben und darf den Stamm des Höhlenbaumes nicht berühren. Ein Kratzen oder Schaben hätte die sofortige Flucht des Grauspechtes aus der Höhle zur Folge, der einen Prädator wie z.B. einen Marder erwarten würde. Hinzu kommt, dass es schwierig ist den Kescher mit Druck so eng

anliegend am Stamm zu platzieren, dass sich der Grauspecht nicht herausdrücken kann (Schluckebier 2006).

Das Anfüttern im Revier lockt die Grauspechte in der Regel zum Futter. Allerdings mussten die Temperaturen im Frostbereich sein, damit die Grauspechte künstliche Futterstellen nutzen und nicht in allen Revieren suchten die Grauspechte das angebotene Futter auf. Am sichersten nutzen sie dieses, wenn eine Schneedecke die Futtersuche schwieriger macht. In manchen Revieren waren aber möglicherweise eine gute Qualität des Habitats oder bereits länger bekannte und regelmäßig besuchte Futterquellen die Ursache, dass ausgebrachtes Futter nicht angenommen wurde.

3.2.2 Fang und Besenderung

Es konnten zwei Grauspecht-Weibchen gefangen und besendert werden. Am 15.02.2013 wurde der erste Grauspecht in Groß Schneen an der Futterstelle mit einem Japannetz gefangen. Es handelte sich um ein Weibchen mit einem Körpergewicht von 133 g. Das Tier wurde mit einen Telemetriesender mit der Frequenz von 150,050 MHz ausgerüstet. Ein zweites Weibchen wurde am 21.01.2014 im Göttinger Stadtwald ebenfalls mit einem Japannetz an der Futterstelle gefangen. Es besaß ein Körpergewicht 150 g und erhielt einen Sender mit einer Funkfrequenz von 150,313 MHz.

Abb. 9: Mit Sendern ausgestattete Grauspecht-Weibchen in Groß Schneen (links) und im Stadtwald Göttingen (rechts)

Im Winter 2014/2015, der sehr mild war und erst Ende Januar eine kurze Kälteperiode mit Schneefall mit sich brachte, nutzten die Grauspechte künstliche Futterstellen nicht, obwohl sie sich im Revier in unmittelbarer Nähe aufhielten. Aber auch Buntspechte, die im vorherigen Jahr die Futterstellen häufig genutzt hatten besuchten Futterstellen

in diesem Winter nicht. Mit einem Jahresmittel von 10,2 Grad erreichte das Jahr 2014 Wärmerekordwerte für die letzten 100 Jahre (Schrader 2014).

Zusätzlich wurde deshalb versucht, die Grauspechte durch Anpfeifen gezielt in Büsche im Offenland zu locken, vor denen das Japannetz platziert wurde. Schwierig war dabei, dass die Grauspechte auf Klangattrappen nicht mit direktem Anflug reagieren sondern sich über umliegende Landschaftsstrukturen herantasten bzw. das Gebiet lediglich überfliegen.

3.2.3 Ortung der Tiere

Je nach Witterungslage konnten die besenderten Tiere mehrmals täglich bis drei Mal wöchentlich registriert werden. Erfahrungen, in denen der Aufenthaltsort des Grauspechts zunächst nicht gesichtet, nach der Triangulation durch Abfliegen des Tieres jedoch bestimmt werden konnte, weisen auf eine gute Genauigkeit der telemetrischen Punkteverortung von weniger als 10 m Abweichung hin. Es zeigte sich, dass die beobachteten Grauspechte häufig über einen längeren Zeitraum an einem Ort Futter aufnehmen. Durch Witterungen mit Regen, Schnee und Nebel war der Telemetrie-Empfang stark beeinträchtigt, so dass ein Auffinden des Tieres in der Regel nicht möglich war.

Für einen Untersuchungszeitraum vom 08.02.2014 bis zum 10.04.2014 konnten beim ersten besenderten Weibchen (GW1) im Revierforst Groß Schneen 39 Registrierungen ausgewertet werden, die im Winter- und Frühlingszeitraum lagen.

Danach verlor das Tier den Sender in einer Baumhöhle, der auch mit einem starken Magneten an einem biegsamen Teleskopstab nicht geborgen werden konnte.

Möglicherweise hatte sich die Antenne in der Höhle, die innen zerklüftet war, verhakt und so den Verlust des Senders verursacht. Das Weibchen konnte zwei Tage später an einer anderen Höhle im Revier 300 m entfernt bei Balzaktivitäten beobachtet werden. Vor dem Senderverlust konnten Revierkämpfe mit Staren um die Schlafhöhle beobachtet werden und somit ist ein Höhlenwechsel auf Grund der Konkurrenz wahrscheinlich.

Das Weibchen wurde bis auf eine Lokalisierung im Garten des Siedlungsbereichs ausschließlich im Wald geortet und es gab keine Telemetrie-Ortungen die nicht zu einer Lokalisierung des Tieres führten. In 36 % der Ortungen war eine Verhaltensbeobachtung möglich. In den meisten Fällen reagierte der Grauspecht auf den Beobachter durch Verstecken hinter dem Stamm im Kronenbereich. Bei

Annäherung auf 80 m flog das Tier meist ab, manchmal flüchtete es bereits auf 100 m, selten ließ es den Beobachter näher herankommen.

Das mit einem Sender ausgestattete Grauspechtweibchen 2 im Göttinger Stadtwald konnte über den Zeitraum eines Jahres telemetriert und insgesamt 265 Mal zwischen dem 25.01.2014 und dem 06.01.2015 geortet werden. Lediglich in einem einzigen Ortungsversuch am 17.03.2014 war ein Auffinden des Grauspecht-Weibchens nicht möglich. Das bedeutet, dass die Registrierungen den tatsächlich genutzten Aktionsraum sehr gut in seiner gesamten Größe abzeichnen.

Die Fluchtdistanz war im Wald ähnlich wie beim Weibchen 1, ab etwa 80 m flog es ab, wenn sich der Beobachter im Bestand bewegte. Befand sich der Beobachter auf häufig frequentierten Wegen ließ das Tier sich dagegen häufiger beobachten. Ein Teilbereich des Grauspecht-Reviers war das Wildschweingehege, das nicht begangen werden konnte. Vermutlich war dort die Bruthöhle des Weibchens lokalisiert, die trotz intensiver Suche an Höhlenbäumen im Aktivitätszentrum mit Hilfe einer Endoskopkamera nicht gefunden werden konnte. Der Baumbestand im Wildschweingehege wird nicht forstwirtschaftlich genutzt und ist deshalb besonders reich an stehendem und liegendem Totholz starker Durchmesserklassen.

3.3 Individuenbasierte Betrachtung der Habitatselektion