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3.1.2 TEL-AML1 Fusion bei ALL

3.1.2.3 TEL-AML1 positive ALL

Obwohl die Mechanismen der zellulären Transformationen durch Veränderungen von TEL nicht geklärt sind, scheint sicher, dass Deletionen von und Fusionen mit TEL zu verschiede-nen maligverschiede-nen hämatologischen Erkrankungen beitragen. Die Frage warum die TEL-AML1-Genfusion nur in BVZ-ALL vorkommt, konnte bisher nicht beantwortet werden. Möglicher-weise spiegelt dieses selektive Vorkommen von TEL-AML1 eine spezifische Wirkung des Fusionsproteins auf die Differenzierung und weniger auf die Proliferation und/oder das Über-leben von B-Vorläuferzellen wider. Es konnte gezeigt werden, dass das TEL-AML1-Fusionsprotein dominant die AML1-abhängige Transkription von Zielgenen stört.141,142 Da-durch werden die Regulationsmechanismen für normales Wachstum und Differenzierung von hämatopoetischen Zellen möglicherweise beeinflusst und die Leukämogenese gefördert.

Die transformierende, onkogene Wirkung der Fusionsproteine von TEL mit verschiedenen Tyrosinkinasen (TEL-PDGFRß, TEL-ABL, TEL-JAK2, TEL-NTRK3, TEL-ARG(ABL2)) wird vermutlich durch Dimerisierung der Fusionsproteine bewirkt, vermittelt durch die HLH-Domäne von TEL. Das bei CMML vorkommende Fusionsprotein TEL-PDGFRβ dimerisiert mittels der HLH-Domäne von TEL, wodurch die Tyrosinkinase des PDGF-Rezeptors akti-viert und wachstumsfaktorunabhängiges Zellwachstum vermittelt wird.143 Das bei CML ge-fundene TEL-JAK2 Fusionsprotein erfährt gleichermaßen eine Aktivierung der JAK-Tyrosinkinase durch Dimerisierung der TEL-HLH Domänen, und kann myelo- und lymphoproliferative Erkrankungen im Mausmodell auslösen.144-146

Das Fusionsprotein TEL-AML1 kann Homo- oder Heterodimere mit dem Wildtyp TEL oder anderen ETS-Mitgliedern bilden und könnte somit zur Transformation hämatopoetischer

Zel-len beitragen.147 Durch diese Interaktionen wird die transkriptionsaktivierende Wirkung von AML1 in eine repressorische konvertiert. Sowohl die HLH/PNT-Domäne von TEL als auch die runt homology Domäne von AML1 (und weitere C’-gelegene AS) scheinen für die Ver-mittlung der Repression der Gene entscheidend zu sein, die normalerweise durch AML1 akti-viert werden.148 Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass die HLH/PNT Domäne mit UBC9 interagiert, einem Ubiquitin-konjugierenden Enzym.149 Anstelle der Degradierung des Fusi-onsproteins wird durch die Bindung an UBC9 eine posttranslationelle Modifizierung durch SUMO-1 herbeigeführt.147 SUMO-1 ist ein Ubiquitin-ähnliches Protein, das für die nukleäre Lokalisierung von TEL und auch von TEL-AML1 verantwortlich ist. Das Expressionsmuster von TEL-AML1 im Nukleus ähnelt dem von TEL und unterscheidet sich von dem von AML1. Die TEL-spezifischen Nuklearkörperchen werden vorzugsweise in der S-Phase exprimiert, die Beziehung zwischen dieser Beobachtung und der Rolle von TEL-AML1 im Zellzyklus ist noch unbekannt.

mSin3A NCoR mSin3A

PNT RUNT TA

Dimerisierung

TEL AML1

Abbildung 7: Schematische Darstellung von TEL-AML1 mit bekannten Korepressorinteraktionsregionen

Die HLH/PNT Domäne und die zentrale Region von TEL scheinen auch für die Vermittlung der Repression durch Bindung an nuklearen Repressoren wie SMRT, mSin3A und NCoR zu sein.123,150 Beide Regionen sind in vielen TEL-Fusionsproteinen enthalten. Die maximale Re-pression wird durch die Bindung von mSin3A und NCoR an TEL erzielt, dabei binden mSin3A an die HLH/PNT und NCoR an die zentrale Domäne.142,151 Die transkriptionelle Re-pression, die durch die zentrale TEL-Region vermittelt wird, wird durch Histondeacetylase-3 (HDAC3) Inhibitoren aufgehoben. Dies veranschaulicht die Funktion von NCoR und mSin3A in der Rekrutierung der HDAC-Komplexe.125,142,150 Ebenfalls kann AML1 an mSin3A binden und mit HDAC assoziieren. Die Aufhebung der transkriptionellen Veränderung von

TEL-AML1-positiven Zellen durch HDAC-Inhibitoren könnte deren möglichen zukünftigen Ein-satz in der antileukämischen Therapie begründen.

Durch Hemmung von AML1 oder generell des CBF-Komplexes wird die normale myeloische und lymphatische Differenzierung im Knochenmark blockiert.152 Ebenfalls wird die Apoptose in Ba/F3-Zellen verlangsamt. Andererseits führt die Inhibition von CBF auch zur Verzöge-rung der G1-Progression in myeloischen und lymphatischen Zellen. Diese Beobachtungen lassen die Vermutung zu, dass hämatopoetische Zellen, die CBF-Onkoproteine exprimieren, in einem sehr frühen Differenzierungsstadium blockiert und unfähig sind, zu proliferieren.153 Eine weitere häufige genetische Alteration bei ALL im Kindesalter sind entweder kombinier-te oder einzelne homozygokombinier-te Deletionen der Tumorsuppressorgene (TSG) p16INK4a, p15INK4b und p19ARF' (chromosomale Region 9p12) (s. Abschnitt 3.4, Projekt 4). Diese sind bei 5-20 % der BVZ-ALL bzw. 60-80 % der T-ALL bei Ersterkrankung154 oder beim Rezidiv nachweis-bar. 155 Obwohl die prognostische Relevanz der TSG-Deletion bisher noch nicht endgültig geklärt ist, scheint ein Zusammenhang mit der Pathogenese bestimmter Translokationsleukä-mien zu bestehen. Während die Transduktion eines retroviralen, TEL-AML1-exprimierenden Vektors nur in 2/9 bestrahlten Mäusen eine Leukämie (1 T-ALL, 1 B-ALL) induzieren konn-ten, starben 6/9 die simultan eine Deletion o.g. Gene aufwiesen.153 Die Deletion der TSG er-möglicht es möglicherweise, dass lymphatische Stammzellen trotz der Präsenz von TEL-AML1 proliferieren und höhere TEL-TEL-AML1 Spiegel gebildet werden, die eine effektivere Hemmung der Differenzierung und Apoptose bewirken.

Neuere Untersuchungen unterstützen die Hypothese, dass TEL-AML1 positive ALL einer CD34+CD19+ lymphatischen Vorläuferzelle entstammen.156 Dies widerspricht nicht der der-zeitigen Auffassung, die eine Beteiligung eines mehr primitiven Vorläufer- / Stammzellkom-partiments vor allem in Hochrisiko-ALL annimmt. Klinische Studien haben gezeigt, dass die Prednison-Response einen signifikanten prognostischen Faktor darstellt.13 Es kann daher spe-kuliert werden, dass in ALL-Gruppen mit einer guten Prognose, wie z.B. TEL-AML1 positiver ALL, die Leukämie von einer lymphatischen, Steroidrezeptor-positiven Vorläuferzelle ent-stammt, die zur Apoptose bestimmt ist. Sowohl TEL-AML1+ BVZ-ALL als auch HOX11-exprimierende T-ALL, die beide mit einer guten Prognose assoziiert sind, sind auf analogen Differenzierungsstufen in der B- (CD34+, CD10+, CD19+) und T-Lymphozytenentwicklung (CD1+, CD10+) arretiert. Diese repräsentieren B- und T-Differenzierungsstadien, während

derer die Zellen bei ausbleibendem Signal von den Antigenrezeptorgenen normalerweise pro-grammiert sind zu sterben.157

Andererseits könnte die Leukämie von Patienten mit prognostisch ungünstiger Subgruppe einer pluripotenten/Stammzelle, die resistent gegenüber Apoptose ist, entstammen. Dies imp-liziert, dass die Biologie der Leukämie nicht nur durch die genetische Rekombination, die zur malignen Transformation beiträgt, sondern auch von zellulären Parametern der Vorläuferzelle abhängt, wie z.B. dem Genexpressionsprofil, in der die Transformation stattfindet. Diesbe-züglich könnten im Besonderen genomweite Expressionsanalysen neue, richtungweisende Erkenntnisse über die Pathogenese und die Behandlung von Leukämien liefern.93,94,157-160