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„Der Jugendliche von heute ist der potentielle Kunde von morgen, und die überwältigende Mehrheit aller Raucher fängt im Jugendalter an zu rauchen...“

(Phillip Morris 1981)

Kinder und Jugendliche machen ihre ersten Erfahrungen mit Zigaretten schon sehr zeitig.

Jedes 10. Kind hat bereits vor Erreichen des 12. Lebensjahres seine erste Zigarette geraucht. Das Durchschnittsalter der ersten Zigarette liegt zwischen 13 und 14 Jahren. Im Alter von 16 bis 17 Jahren rauchen knapp 44% und knapp ein Viertel davon bezeichnen sich als ständige Raucher. [45]

Warum rauchen Jugendliche? Zigaretten gehören zu unserem Alltag wie Brot, Bier und Kino. Einige Kinder und Jugendliche sehen von Eltern oder Geschwistern, daß diese rauchen. Auch Tabakwerbung hat ihren Anteil daran, wie in Abschnitt 4.3 beschrieben. Ein weiteres Problem ist, das Zigaretten das am leichtesten zu beschaffende Produkt in Deutschland ist (vgl. Abbildung 8). Sie sind leichter zu beschaffen als Grundnahrungs-mittel, da sie auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten zugänglich sind. Vor allem Zigarettenautomaten haben als Vertriebsweg eine große Bedeutung und stehen mit 29%

des Absatzes nach dem Lebensmittelhandel an zweiter Stelle. [46] Deutschland ist mit über 830 000 Zigarettenautomaten, von denen über die Hälfte im Außenbereich angebracht sind, das Land mit der höchsten Automatendichte. Das Abgabeverbot von Tabakwaren an Kinder und Jugendliche bleibt demnach so lange wirkungslos, wie Zigaretten über Automaten frei verfügbar sind. [47]

Abbildung 8: Bezugsquelle von Tabakwaren 12 bis 24-jähriger Raucher aus Bayern [48]

Auch die ab 2007 geplante Einführung des Chipkartensystems, auf der das Alter ver-schlüsselt ist, stellt keine wesentliche Barriere für den Kauf von Zigaretten für Kinder dar, da sich diese die Chipkarten von älteren Freunden ausleihen und auf diese Weise unge-hindert Zigaretten kaufen können. Eine wirksame Maßnahme wäre die Abschaffung vor allem der außen angebrachten Zigarettenautomaten. Bundesweit spricht sich jeder Zweite gegen den Verkauf aus dem Automaten aus, in Ostdeutschland sind es sogar 70 %. [49]

Ein weiterer wichtiger Punkt ist schulische Tabakprävention. Grundlegende Bausteine der schulischen Tabakprävention sind die unterrichtsgestützte Tabakprävention einerseits und die Regelung des Tabakkonsums für Schüler und Schulpersonal auf dem Schulgelände anhand schulischer Vorschriften andererseits. Gerade bei der Aufklärung über legale Sucht erzeugende Substanzen sieht die Drogen und Suchtkommission beim Bundesministerium für Gesundheit Nachholbedarf. Das hängt damit zusammen, daß illegale Drogen über Jahrzehnte hinweg im Zentrum des Interesses der Suchtprävention standen. [50] Mit der Tabakprävention in Schulen werden vorrangig zwei Ziele verfolgt:

zum einen die Verzögerung des Einstiegsalters in den Tabakkonsums einerseits zum anderen die Verringerung des Tabakkonsums insgesamt. Ein rauchfreies Schulgelände ist

ein Schlüsselelement wirksamer schulischer Tabakprävention. Räumliche Beschränkungen des Rauchens wirken sich vor allem auf die Entscheidung Jugendlicher aus, ob sie mit dem Rauchen beginnen. Ein begrenztes Rauchverbot für Schüler über 16 Jahre und Lehrer in ausgewiesenen Bereichen der Schule ist aufgrund der Vorbildfunktion für jüngere Schüler von mangelhafter Wirkung. [51]

In der Bundesrepublik haben zwei schulische Präventionsprogramme die bundesweit größte Verbreitung „Klasse 2000“ [51] sowie „Be smart – don’t start“ [52]. Klasse 2000 ist ein Programm zur Gesundheitsförderung und Suchtvorbeugung an Grundschulen.

Grundgedanke von Klasse 2000 ist es, daß eine reine Informationsvermittlung nicht ausreicht, sondern daß die Förderung von Lebenskompetenzen der zentrale Bestandteil der schulischen Gesundheitsförderung sein sollte. Deshalb unterstützt Klasse 2000 Kinder dabei, ein größtmögliches Potential körperlichen, sozialen und psychischen Wohlbefindens zu entwickeln. Projektziele sind dabei:

- Gesundheitserziehung

- positive Einstellung der Kinder zur eigenen Gesundheit

- Bewußtmachen der Zusammenhänge zwischen Luft, Atmung und Bewegung

- Schädliche Einflüsse auf die Gesundheit (insbesondere auf die Atmung).

Die Kampagne „Be smart, don‘t start“ richtet sich an Schüler der Klassenstufen 6-8. Die Regeln sind dabei so konzipiert, daß Lehrkräfte den Wettbewerb ohne großen Zeitaufwand in den Unterricht integrieren können:

- Die Klasse stimmt ab, ob sie für ein halbes Jahr Nichtraucherklasse sein möchte. Da es sich bei dem Wettbewerb um eine Klassenaktion handelt, müssen sich mindestens 90

% der Klasse für eine Teilname entscheiden.

- Die Schüler unterschreiben einen Klassen- und einen Schülervertrag, in dem sie sich verpflichten, für 6 Monate nicht zu rauchen.

- Die Schüler beobachten ihr Rauchverhalten selbständig und geben regelmäßig an, ob sie geraucht haben oder nicht. Dabei bleibt es den Lehrkräften überlassen, ob diese wöchentliche Raucherstatuserhebung offen im Klassenverband besprochen wird oder ob die Schüler anonym angeben, ob sie geraucht haben oder nicht. Es gibt keine externen Maßnahmen zur Kontrolle der Richtigkeit der Angaben.

- Da es in vielen Klassen bereits Schüler gibt, die schon mit dem Rauchen experimentieren, existiert die sogenannte 10% Toleranzgrenze, das heißt es dürfen in der Klasse wöchentlich bis zu 10% der Schüler geraucht haben. Diese Regel wurde

eingeführt, um negativem Gruppendruck, der u. U. von den Nichtrauchern auf die Raucher ausgeübt wird, vorzubeugen.

- Für jede Woche, in der die Klasse rauchfrei ist (d.h. in der gar nicht geraucht wurde bzw. nicht mehr als 10% der Schüler geraucht haben), klebt sie einen Aufkleber auf den Klassenvertrag.

- Einmal im Monat gibt die Klasse der Wettbewerbsleitung eine Rückmeldung darüber, ob die noch im Wettbewerb ist oder nicht. Dazu sendet sie eine vorbereitete Postkarte zu den Wettbewerbsleitern.

- Die Klassen, die bis zum Ende des Wettbewerbs nicht rauchen, nehmen an einer internationalen bzw. nationalen Lotterie teil, bei der sie viele Geld- und Sachpreise und als Hauptpreis eine Reise in eines der anderen europäischen Länder gewinnen kann, die ebenfalls an dem Wettbewerb teilnehmen. [52]

Das Programm wurde von etwa 75% der Schüler mit gut und besser bewertet. [52] Im Jahr 2004 nahmen 18 europäische Länder an dem Wettbewerb teil.

Durch das „Be smart – don’t start“ Programm wird gefördert, die Verantwortung der Schüler für sich selbst zu übernehmen, aber auch positiv auf andere einzuwirken. Das Gemeinschaftsgefühl wird bestärkt. Es wird „cool“ nicht zu Rauchen und Schüler, die bereits Erfahrungen mit Zigaretten gemacht haben, bekommen Anerkennung fürs Nichtrauchen. Die 10 % Toleranzgrenze, die in dem Programm eingeräumt wird, soll sich positiv auf die Ehrlichkeit der Schüler auswirken, daß sie nicht verleitet werden, bei der wöchentlichen Bilanz, ob die Schüler rauchfrei geblieben sind, falsche Antworten zu geben. Es hat sich auch bei Schulklassen, die den Wettbewerb nicht erfolgreich beendet haben, gezeigt, daß schon eine beschränkte Teilnahme am Wettbewerb präventiv wirksam ist. [52]

5. Zusammenfassung

Rauchen ist nach wie vor ein gewohntes Erscheinungsbild des Alltags, obwohl die Einstellung dazu in den letzten Jahren kritischer geworden ist. Der Genuß von Tabak hat sich seit der Entdeckung des Kontinents Amerika durch Kolumbus über Europa und Afrika bis in den Nahen und Fernen Osten und Australien verbreitet. Gegenwärtig rauchen etwa ein Drittel der europäischen Bevölkerung.

In den 50er Jahren wurden erste Studien veröffentlicht, daß Rauchen Lungenkrebs verursachen kann. Heute sterben an Folgeerkrankungen des Rauchens etwa 500.000

Menschen jährlich in der Europäischen Union. Solche Folgeerkrankungen sind neben Krebserkrankungen auch Atemwegsschädigungen, Herz-Kreislauf- und Gefäßerkran-kungen. Für diese Erkrankungen ist nicht nur das in der Tabakpflanze enthaltene Nikotin verantwortlich sondern auch andere kanzerogen und toxisch wirkende Inhaltsstoffe, die während des Verbrennungsvorganges entstehen.

In Folge eines 1986 von der EU verabschiedeten Aktionsprogramms gegen Krebs wurden eine Reihe regulatorischer Maßnahmen zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes, zur besseren Aufklärung der Bevölkerung über die Schädlichkeit von Tabakerzeugnissen, die Einschränkung der Zigarettenwerbung und den Schutz der Jugendlichen erlassen. Diese Maßnahmen schließen Rauchverbot an öffentlichen Plätzen, verbesserte Warnhinweise auf der Verpackung und die Beibehaltung eines hohen Preisniveaus von Tabakerzeugnissen ein.

Um Jugendliche so zu schützen, daß diese die Gewohnheit des Rauchens gar nicht erst annehmen, wurden schulische Präventionsprogramme ins Leben gerufen, die schon von der Grundschule an zur bewußten Gesundheitserziehung beitragen und die Jugendlichen dazu bewegen sollen, eigenverantwortlich aufeinander einzuwirken. Mit diesen Programmen sind schon erste positive Resultate zu verzeichnen.

Fazit:

6. Literaturverzeichnis

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