• Keine Ergebnisse gefunden

T-City Friedrichshafen – Projektfeld Lernen und Forschen

Zeppelin University Friedrichshafen

6 T-City Friedrichshafen – Projektfeld Lernen und Forschen

aus-reichender Tiefe bearbeitet. Beispielsweise verweisen auf „Friedrichs-hafen“ in deutscher Sprache nur 746 Wikipedia-Artikel.9 Auf Alemannisch gibt es zur Stadt Friedrichshafen nicht mal einen Eintrag.10 Dies sollten die Bürger der T-City, die den Wert einer Darstellung in der Wikipedia kennen und schätzen, mit Fleiß und Engagement in den kommenden Monaten ändern können, in Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und erst recht in Alemannisch. Vielleicht kommen bis zur 200-jährigen Feier der Stadt-gründung so viele hochwertige, geolozierte Beiträge zusammen, dass sich die Häfler 2011 selbst daraus ein eigenes Lexikon zur Stadt Friedrichshafen schenken können.

Der Erfolg der Wikipedia basiert auf Wikis, offenen Content-Management-Systemen mit der „Jedermannänderbarfähigkeit“. Wikis können vielseitig eingesetzt werden, nicht nur zur Erstellung mehrsprachiger Lexika.

Insbesondere in Städten und Gemeinden gibt es viele Informationen mit Ortsbezug, die gemeinschaftlich über Wikis erschlossen werden könnten, ohne selbst lexikafähig zu sein. Hierzu zählen Beiträge zu den Straßen, zu den Häusern, zu den Geschäften, zu den Vereinen, zum Nahverkehr, zur Sprache und zur Geschichte. Stadt- und Regionalwikis greifen diesen Ge-danken auf, indem sie ihren Nutzern eine Plattform bieten, um selbst Inhalte zu generieren und um diese in die Gesellschaft einzubringen. Das TICC möchte diese Idee für Friedrichshafen und den Bodensee aufnehmen.

Unter Federführung von Christian Geiger wird das TICC bis zum Jahresende ein Konzept entwickeln und ein Stadtwiki für Friedrichshafen einrichten, um am Praxisobjekt zu verstehen, wie die Bürger einer ver-netzten Stadt mit Stadtwikis umgehen, wie sie zur Teilnahme motiviert werden und mit welchen Inhalten ehrenamtliche Autoren gewonnen werden können. Das von Hauke Löffler initiierte Karlsruher Stadtwiki11 und dessen Ableger in Pforzheim12 und in der Metropolregion Rhein-Neckar13 dienen hier als Vorbilder, von denen auch die Bodenseeregion lernen sollte. Zugleich möchten wir die Idee der Stadt- und Regionalwikis nachhaltig fördern. Mit den drei kommunalen Spitzenverbänden, dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, soll nach Ansätzen gesucht werden, wie Stadt- und Regionalwikis über Kreis-, Landes- und nationale Grenzen hinweg ausgerollt und veredelt werden können. Eine gemeinsame Einbindung als Layer in geographischen Informationssystemen wie Open Street Map und Microsoft Virtual Earth wäre wünschenswert. Aus dem Ansatz heraus lassen sich weitere Wikis entwickeln, etwa ein Wissensportal mit lokalen

9 Interne Verweise auf Friedrichshafen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Linkliste/Friedrichshafen.

10 Friedrichshafen auf der alemannisches Wikipedia:

http://als.wikipedia.org/wiki/Friedrichshafen.

11 Stadtwiki Karlsruhe: http://ka.stadtwiki.net und http://www.stadtwiki.net.

12 Pforzheim-Enz-Wiki: http://www.pfenz.de.

13 Rhein-Neckar-Wiki: http://wiki.rhein-neckar.de.

Beiträgen für Schul- und Erwachsenenbildung oder ein digitales Stadtgedächtnis mit Ortschronik, erhaltenswerten Dokumenten sowie Ton- und Filmbeiträgen der älteren Generation als virtuelles Stadtarchiv. Die Gewinnung einer kritischen Masse an Nutzern unter den Häflern, den Einwohnern Friedrichshafens, wird sich dabei als eine der größten Herausforderungen darstellen.

Wikis werden dazu beitragen, Inhalte mit lokalem Bezug gemeinsam zu erstellen und zu verbessern. Zur Bündelung und zur Nutzung des vor-handenen umfangreichen Bildungsangebots werden jedoch echte Hoch-leistungsportale benötigt. Die Bildungsplattform EDUNEX der T-Systems kann sich genau in diese Richtung entwickeln.14 Benötigt werden offene Systeme, über die Lerninhalte bereitgestellt und genutzt werden können, die über Abrechnungsmechanismen für Autoren, Lehrer und Schulträger verfügen, die die Organisation von Lernvorgängen erheblich vereinfachen, zum Selbststudium motivieren, den kommunikativen Austausch über Gren-zen hinweg fördern und keine Überwachung durch die Lehrer bedeuten.

Pädagogisch hochwertige Inhalte, offene Standards und akzeptierte Schnittstellen sind die Schlüssel für eine echte Bildungsinitiative im Infor-mationszeitalter, bei der nicht in die Energieeffizienz von Schulgebäuden, also in Fassaden, Rohre, Fenster und Dächer, zur berechtigten Entlastung kommunaler Haushalte, sondern in die Köpfe unserer künftigen Leistungsträger investiert wird.

Insofern ist zu hinterfragen, ob die bisherige Aufbereitung des Lehr- und Lernstoffs im Unterricht noch dem „Stand der Kunst“ entspricht [Dueck 2008, S. 64]. Wieso Goethes Faust als Reklam-Heftchen [von Goethe 1996]

lesen, wenn in der Mediathek eine Hörspielaufnahme, Murnaus Stummfilm aus dem Jahr 192615 oder die Verfilmung der Inszenierung durch Gustaf Gründgens am Hamburger Schauspielhaus aus dem Jahr 1960 jederzeit abrufbar sind. Faust-Texte, zeitgenössische Anmerkungen, Interpretationen und pädagogische Kursmaterialien laden zu einer echten Interpretation des Werks ein.16 Wieso nicht über die digitale Weltbibliothek der UNESCO seltene Quellen der großen Bibliotheken im Unterricht verwenden?17 Wieso den Chemie- und Physikunterricht mit dem langwierigen Aufbau von Experimenten durch den Lehrer vergeuden, wenn am Laptop jeder Schüler mit Simulationen alle Varianten auf Knopfdruck erproben und verändern kann? Wieso nur auf Frontalunterricht in Englisch, Französisch, Latein und Spanisch setzen, wenn ergänzend mit Edutainment, mit interaktiven Vokabel- und Grammatiktrainern, mit Podcasts wie etwa „English as a

14 EDUNEX: http://www.t-systems.de/edunex, http://www.edunex.de, http://www.edunex-beirat.de.

15 Faust – Eine deutsche Volkssage: http://www.archive.org/details/Faust_1926.

16 Faust in der Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Faust._Eine_Trag%C3%B6die.

17 World Digital Library: http://www.wdl.org.

Second Language“,18 mit Filmklassikern im Original mit Untertiteln als Video-on-Demand und durch Videokommunikation mit Partnerschulen ganz neue Möglichkeiten zur Erlernung von Fremdsprachen genutzt werden können. Latein wird durch die Vicipaedia Latina zur lebendigen Sprache.19 Volapük erfährt durch die Vükiped Volapükik20 ebenso einen neuen Aufschwung wie Esperanto durch die Esperanta Vikipedio.21 Interessierten Häfler Schülern sollte künftig ermöglicht werden, weitere Sprachen wie etwa Chinesisch, Japanisch und Koreanisch zu erlernen.

Elektronische Bildungsangebote, für die sich ein Präsenzunterricht in einer Schule bisher aus wirtschaftlicher oder organisatorischer Sicht nicht eignete, könnten über Lernplattformen Bestandteil des Schulunterrichts werden. Die MIT OpenCourseWare22 des Massachusetts Institute of Technology zeigt für den Schul- und den Hochschulbereich, wie eine nichtkommerzielle Bürgeruniversität über das Internet realisiert und weltweit angeboten werden kann.

Lebenslanges Lernen erfordert Bildungsangebote von der Wiege bis zur Bahre. Noch gibt es keinen „Bildungsscout“, der alle Angebote für alle Ziel-gruppen bündelt, mich dank meines hinterlegten Profils über geeignete e-Learning-Kurse, Präsenzfortbildungen und Vorträge vor Ort informiert, der sowohl kleine und mittlere Bildungsdienstleister als auch die Volks-hochschulen bei der Füllung ihrer Lehrgänge unterstützt, der Anmeldungen auf Knopfdruck ermöglicht, das Inkasso übernehmen könnte und den Zugang zu hochwertigen Lernangeboten eröffnet. Gemeinsam aus der T-City heraus ein solches Hochleistungsportal zu konzipieren, das würde der lokalen Bildungsindustrie einen wirtschaftlichen Impuls versetzen.

Was nützen aber multimediale Lerninhalte und Portale, wenn an den Lehr- und Lernorten die erforderliche Infrastruktur nicht vorhanden ist.

Friedrichshafen ist mittlerweile sehr gut vernetzt. Interaktive, beschreibbare Whiteboards, mit denen Lehrende auch Anwendungen wie etwa Google Earth oder ihren Webbrowser direkt auf der Tafeloberfläche steuern können, sind dagegen kaum verbreitet. Diese berührungsempfindlichen Tafeln erleichtern die Aufbereitung des Lehrstoffs. Zugleich fördern sie den inhaltlichen Diskurs des Dozenten mit seinen Studenten. Die Anforderun-gen der Professoren für Wirtschaftsinformatik sind in diesem Bereich sicherlich anspruchsvoll, wenn sie unter Bildung 2.0 das Ende der Kreidezeit verstehen. Es ist aber nicht einzusehen, warum den Lehrern an den Friedrichshafener Schulen im Unterricht diese Möglichkeit versagt bleiben sollte. Insofern wäre es äußerst wünschenswert, wenn es in der

18 English as a Second Language Podcast: http://www.eslpod.com.

19 Vicipaedia Latina: http://la.wikipedia.org.

20 Vükiped Volapükik: http://vo.wikipedia.org.

21 Esperanta Vikipedio: http://eo.wikipedia.org.

22 MIT OpenCourseWare: http://ocw.mit.edu.

City gemeinsam mit den öffentlichen und den privaten Schulträgern gelinge, bis zum neuen Schuljahr jedes Klassenzimmer und jeden Hörsaal mit einem interaktiven Whiteboard für den Unterricht auszustatten. Neben vorhandenen Haushaltsmitteln könnte dazu auf Mittel aus dem Konjunktur-paket II zurückgegriffen werden, bevor diese Gelder nach der Bundes-tagswahl im September 2009 den meiner Einschätzung nach zu erwar-tenden Haushaltssperren zum Opfer fallen werden.

Dieser kleine Ausschnitt auf künftige Aktivitäten beim Lernen und Forschen zeigt, dass viele Aufgaben anstehen. Jedoch wird sich das TICC nicht nur auf den Bildungsbereich beschränken wollen. Alle Themenfelder der T-City sind herausfordernd, insbesondere wenn gemeinsam wegweisende Projekte konzipiert und realisiert werden können. Mit den Studenten der ZU haben wir uns in diesem Semester bereits, zugegeben noch recht konventionell mit Moderationskoffer, Karten und Stellwänden, mit allen sechs Themenfeldern der T-City auseinander gesetzt. In sehr kreativen wie konstruktiven Sitzungen wurden die bisherigen Projekte analysiert und neue Projektvorschläge erarbeitet. Mit Unterstützung von Smart Speed23 werden wir solche kreativen Workshops künftig komplett elektronisch, dadurch smarter, schneller und zusammen mit auswärtigen Experten durchführen können. Einige der von uns bereits erarbeiteten Ergebnisse bieten Stadt und Region beachtliche Entwicklungspotentiale, so dass es sich lohnt, sie näher zu betrachten.

23 Smart Speed: http://www.smartspeed.com.