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Entwicklung 2.0 – T-City Friedrichshafen 8

Zeppelin University Friedrichshafen

4 Entwicklung 2.0 – T-City Friedrichshafen 8

Zivilisationen sind durch eine evolutionäre Weiterentwicklung von Technologien geprägt. Die Entwicklung neuer Technologien setzt sowohl Kenntnisse in den grundlegenden Technologien als auch deren Weiter-entwicklung voraus. So waren die Erfindung des Rads und die Zähmung von wilden Pferden Voraussetzungen für den Einsatz von Kutschen. Diese wurden nach der Erfindung von Verbrennungsmotoren durch Automobile ersetzt. Um solche Entwicklungspfade erfolgreich zu beschreiten, sollte von Anfang an auf eine konzeptionelle Weiterentwicklung Wert gelegt werden, die erarbeitete natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschungsergeb-nisse verwertet und dabei die technischen, ökonomischen und gesell-schaftlichen Erfahrungen im Umgang mit diesen Ergebnissen berück-sichtigt.

Aus der Akzeptanz von Altem und Neuem nebeneinander, aus der Bereitschaft, Altes mit Neuem zu verknüpfen und den daraus entstehenden Synergien und aus der Konfrontation der Akteure der Alten Welt mit denen der Neuen Welt ergeben sich Anknüpfungspunkte für eine weitergehende Entwicklung, die mit der Entdeckung und der ersten Kontaktaufnahme schlagartig einsetzt. Beide Welten, die Entdecker, Kundschafter und Siedler auf der einen Seite und die entdeckten Ureinwohner auf der anderen Seite, haben die Chance, voneinander zu lernen. Aus dieser Symbiose heraus kann sich in der Tat ein Zusammenleben bisher vollkommen unterschied-licher Gruppen zum gegenseitigen Vorteil ergeben. Am Bodensee gab es solche Situationen wiederholt, etwa als die Kelten auf die Pfahlbausiedler am Seemoos stießen, als die Römer kamen, als die Alemannen ein-wanderten, als die Württemberger 1811 die Stadt Friedrichshafen grün-deten und als mit dem Grafen Zeppelin Luftschiffpioniere die Stadt präg-ten. Und dies hatte Auswirkungen auf die Lebenseinstellung in der neuen Welt am See und in der zurückgelassenen Welt [Ohmae 2000, S. 1].

Hier am See förderten viele Landesherren, Bürgermeister und auch die Zeppelin-Stiftung mit infrastrukturellen Maßnahmen die Besiedlung und die wirtschaftliche Entwicklung. Der Bau von Wällen, Stadtmauern und Befestigungen diente zum kollektiven Schutz und zur Sicherung gegen Überfälle, Plünderungen und Belagerungen. Bedeutsame Siedlungen wie Konstanz, Bregenz und Buchhorn erhielten Hafen-, Markt-, Messe- und Stadtrechte. Mit dem Bau und Ausbau von Wegen, Brücken, Flüssen, Schienen, Straßen, Autobahnen und Flughäfen wurde die Verkehrs- und Transportinfrastruktur nachhaltig verbessert, aber noch längst nicht optimiert. Zu erwähnen sind ebenso die Wasser- und Energieversorgung,

8 Vgl. für das gesamte Kapitel von Lucke 2007, S. 11 ff.

die Abfallentsorgung, der Wohnungsbau, die Gesundheitsversorgung sowie das Schul- und Bildungswesen. Bibliotheken, Museen, Theater, Konzerthallen und Kirchen prägen das kulturelle Angebot. Zur Kommuni-kation wurde zunächst auf Boten- und Postdienste, später auf Telegramme, das Telefon, das Internet und Breitbandnetze gesetzt. Zur Finanzierung ist ein Steuerwesen eingerichtet worden. Ebenso bedeutsam ist der ver-lässliche rechtsstaatliche Rahmen mit einer unabhängigen Gerichtsbarkeit.

Betrachten wir den unsichtbaren Kontinent vor uns, so wird rasch klar, dass der Wegfall nationaler Grenzen, von Zöllen und Handelsrestriktionen auf der einen Seite und der weltweite Finanzhandel auf der anderen Seite bereits erhebliche Auswirkungen auf unseren Alltag haben. Mit dem euro-päischen Binnenmarkt hat die Warenvielfalt in Geschäften, Supermärkten und im Versandhandel zugenommen. Viele Bürger beschränken sich mit ihren Geldanlagen nicht mehr nur auf nationale Angebote, sondern sie investieren global in Fonds und Wertpapiere. In Zeiten einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise trifft sie dann auch jeder Verlust hart, egal ob dieser durch Fehlspekulationen mit VW-Aktien, durch vermeintlich sichere Festgeldanlagen bei isländischen Banken oder durch die Rezession in Osteuropa entstand. Angebote wie Facebook, Youtube, Holiday-Check und Second Life verbinden Menschen weltweit und eröffnen neuartige Formen des Austauschs und der Zusammenarbeit.

Diese Beispiele und ihre Entwicklungspotentiale zeigen, dass trotz Fern-erkundung durch Satelliten der unsichtbare Kontinent in seinem ganzen Umfang noch längst nicht entdeckt, geschweige denn erkundet worden ist.

Immerhin lassen sich erste „Siedlungen“ ausmachen, solche die wie Amazon, Ebay oder Google dank der Unterstützung von Handelsgesell-schaften, Risikokapitalgebern und Technologieanbietern derzeit prosperie-ren, laufend weiterentwickelt und perfektioniert werden, und solche, die wie Brokat oder MemIQ bereits wieder aufgegeben werden mussten.

In Forschungsberichten werden Ergebnisse bisheriger wissenschaftlicher Erkundungen des neuen Kontinents zusammengefasst. Viele Ansätze künftiger Entwicklungen konnten bislang noch nicht einmal betrachtet werden, da sie entweder unbekannt sind oder unerreichbar entfernt liegen.

Solange es nicht gelingt, Forscher und Kundschafter für Forschungs-tätigkeiten zu gewinnen und die für Expeditionen erforderlichen Mittel in Form von Wagniskapital zu akquirieren, bleiben viele der konkreten Kon-turen des unsichtbaren Kontinents weiter im Verborgenen.

Die Stadt Friedrichshafen, die Unternehmen und die ansässigen Bürger ha-ben mit der Entdeckung, der Erkundung und der Entwicklung dieses un-sichtbaren Kontinents bereits begonnen. Die Stadt profitiert insbesondere von dem 2007 gegenüber fünfzig Mitstreitern errungenen Sieg im Inno-vations- und Städtewettbewerb „T-City“ der Deutschen Telekom AG. Mit

einem gemeinsamen Konzept vieler lokaler Akteure wurde eine elfköpfige Jury überzeugt. Zur Belohnung wurde eine neue Hochgeschwindigkeits-breitbandinfrastruktur für Festnetz und Mobilfunknetz installiert. Für die Realisierung weiterer, auf dieser Infrastruktur aufsetzender und gemeinsam mit Partnern zu realisierender Projekte stellt die Deutsche Telekom bis 2012 eigene Sach- und Personalleistungen im Wert von bis zu 80 Millionen EUR bereit. Partner wie die Stadt, die Universität und die Unternehmen vor Ort sollen ganz im Sinne eines nachfrageorientierten Innovationsmanage-ments ihre Beiträge leisten, um in Friedrichshafen gemeinsam die Lebens-qualität der Bürger zu verbessern, um die StandortLebens-qualität zu erhöhen und um die Vernetzung von Institutionen, Organisationen und Bürgern zu intensivieren. Die Deutsche Telekom AG profitiert von innovativen Vorschlägen, Hinweisen zur Verbesserung ihrer Produkte und Dienst-leistungen sowie nachhaltig angelegten Projekten, die sich in andere Städte und Staaten transferieren lassen und Gewinne versprechen. Bei T-City steht das „T“ für die Telekom und „City“ für die Stadt. Es handelt sich also um eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) mit zwei gleich-berechtigten Partnern.