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1 Einleitung

1.1 Fusarium-Biologie

1.1.1 Systematik

Die Gattung Fusarium bildet einen großen Komplex mykotoxinbildender Schimmelpilze und wurde 1809 erstmals von Link eingeführt. Viele Arten innerhalb der Gattung werden taxonomisch den Deuteromyzeten zugeordnet, da sie keine Hauptfruchtform (Teleomorph) besitzen oder diese nicht bekannt ist. Ist eine teleomorphe Form vorhanden, so wird diese den Askomyzeten zugeordnet. Die Hauptfruchtformen von Fusarium werden heute in die Gattungen Cosmospora, Gibberella, Nectria, (Albonectria, Haematonectria), Monographella und Plectosporium eingeteilt (Samuels et al., 2001).Für lange Zeit stellte sich die Identifikation verschiedener Fusarium-Arten als sehr schwierig dar. Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts waren bereits mehr als 1000 Arten beschrieben worden. Erst 1935 stand durch Wollenweber und Reinkings „Die Fusarien“

zum ersten Mal ein geordnetes, auf mykologischen Eigenschaften aufbauendes taxonomisches System mit 16 Sektionen, 65 Arten und 77 Varietäten sowie nur an bestimmten Pflanzenarten pathogene formae specialis zur Verfügung (Nelson, 1991).

Snyder und Hansen entwickelten in den 1940er und 1950er Jahren dagegen ein auf lediglich neun Arten basierendes taxonomisches System, das jedoch heute auf breiter Basis als zu ungenau betrachtet wird (Leslie und Summerell, 2006).

Tab. 1: Die 16 Sektionen des taxonomischen Sytems nach Wollenweber und Reinking (1935) und die Neueinteilung in neun Arten nach Snyder und Hansen zwischen 1940 und 1945 (Nelson, 1991).

Sektionen nach Wollenweber und

Reinking (1935) Arten nach Snyder und

Hansen (1940-45)

Eupinnotes F. episphaeria

Macroconia F. episphaeria

Spicarioides F. rigidiuscula

Submicrocera -

Pseudomicrocera -

Arachmites F. nivale

Sporotrichiella F. tricinctum

Roseum F. roseum

Arthrosporiella F. roseum

Gibbosum F. roseum

Discolor F. roseum

Lateritium F. lateritium

Liseola F. moniliforme

Elegans F. oxysporum

Martiella F. solani

Ventricosum F. solani

Auf Grund unterschiedlicher Meinungen, auf welche Weise eine taxonomische Ordnung der Gattung Fusarium erfolgen sollte, bildeten sich drei Gruppierungen: Die „lumpers“, die

„moderates“ und die „splitters“ (Nelson et al., 1994). Wie die Namen bereits deutlich werden lassen, fassten Vertreter der „lumpers“ wie Messian und Cassini (1968, 9 Arten) oder Matuo (1972, 10 Arten) neben Snyder und Hansen (s.o.) Fusarium zu wenigen Arten zusammen. Eine weniger scharfe Einteilung erfolgte durch Vertreter der „moderates“, wie beispielsweise Gordon (1952), Booth (1971) und Nelson, Toussoun und Marasas (1983), welche sich für eine Gruppierung der Gattung in 26 bis 44 Arten aussprachen. Angehörige

der „splitters“ waren neben Wollenweber und Reinking (1935, 65 Arten), Gerlach (1982, 78 Arten) oder auch Joffe (1974, 33 Arten) (Nelson et al., 1994).

Die auf den Forschungen von Wollenweber und Reinking basierende Arbeit von Gerlach und Nirenberg aus dem Jahr 1982 nimmt einen besonderen Stellenwert in der taxonomischen Erforschung von Fusarium ein. Dabei stützte sich die von ihnen vorgeschlagene taxonomische Einordnung vieler Fusarium-Arten auf ein morphologisches Artkonzept und erwies sich als sehr robust und größtenteils bis heute aktuell (Leslie und Summerell, 2006).

Mehrere Artkonzepte, die auf unterschiedlichen Strategien und Lösungsansätzen beruhen, sind mittlerweile entwickelt worden. Das oben genannte, auf individuellen physischen und physiologischen Eigenschaften verschiedener Arten aufbauende, morphologische Artkonzept, ist das älteste und ein bis heute weit verbreitetes (Leslie und Summerell, 2006). Dabei liegt der Fokus der taxonomischen Einordnung besonders auf der mikroskopischen Begutachtung der spezifischen Größe, Form und Septierung der Makrokonidien einer jeden Art (Moretti, 2009). Zudem spielt die Form von Apikal- und Basalzellen, Septierung sowie die Bildung von Chlamydosporen und Meso- und Mikrokonidien eine große Rolle (Burgess et al., 1994). Die Beschaffenheit und Ausbildung von Sporodochien sowie Phialiden als Sporenträger und die durch sie produzierten Sporenformen sind ebenfalls von Bedeutung (Leslie und Summerell, 2006). Auch die Berücksichtigung der Myzelmorphologie ist bei der morphologischen Artunterscheidung bedeutsam. In vielen Fällen lässt die Betrachtung der Myzelkolonie im Hinblick auf Form und Dichte, Pigmentierung des Myzels und des Agars, Bildung von Luftmyzel und der Geruch bereits eine grobe Einteilung der Art zu, wobei die teilweise hohe Variabilität der Myzelmorphologie innerhalb einer Art berücksichtigt werden muss. Oftmals ergeben sich jedoch Schwierigkeiten bei der Anwendung dieses Artkonzeptes. Eine Artdifferenzierung kann nur nach Inkubation des Pilzes auf bestimmten Medien erfolgen und Arten können auf Grund zu ähnlicher morphologischer Eigenschaften nicht unterschieden werden (Leslie und Summerell, 2006). Zudem neigen Isolate bestimmter Arten bzw. Artkomplexe, wie z. B. F. oxysporum SCHLECHTENDAHL EMEND. SNYDER & HANSEN zu frühzeitiger Myzeldegeneration. Auch Mutationen von Fusarium in Kultur werden immer wieder beobachtet, wodurch die Identifikation erschwert werden kann.

Das morphologische Artkonzept stellt die Basis dar für zwei weitere Artkonzepte: Das biologische und das phylogenetische, welche beide für die Fusarium-Taxonomie zunehmend an Bedeutung gewinnen (Leslie und Summerell, 2006). Während das biologische Artkonzept Arten als Individuen betrachtet, die untereinander kreuzbar sind und möglicherweise einen gemeinsamen Genpool teilen, definiert das phylogenetische Artkonzept eine Art als eine Gruppe von Individuen, die denselben genetischen Ursprung besitzen und somit eine monophyletische Gruppe bilden (Summerell et al., 2003).

Die Anwendung des biologischen Artkonzeptes auf die Gattung Fusarium gestaltet sich jedoch mitunter als schwierig, nicht zuletzt wegen der hohen Anzahl an anamorphen Arten mit rein asexueller Fortpflanzung (Leslie und Summerell, 2006). Das phylogenetische Artkonzept bedient sich moderner Molekulargenetik und hat in den letzten Jahren zu einer Diversifizierung innerhalb der Gattung Fusarium geführt. So konnten beispielsweise bei F. graminearum SCHWABE [teleomorph Gibberella zeae (SCHWEINITZ) PETCH] mittels Untersuchung der DNA-Sequenzen sechs verschiedener Gene aus verschiedenen F. graminearum-Isolaten, sieben phylogenetisch distinkte Linien identifizieren werden (O’Donnell et al., 2000). Eine von O’Donnell et al. (2004) durchgeführte Genealogical Concordance Phylogenetic Species Recognition (GCPSR)-Analyse identifizierte dagegen 11 phylogenetische Linien, die die ursprünglichen sieben Linien enthielten und zusätzlich noch vier weitere beinhalteten: F. austroamericanum (Linie 1), F. meridionale (Linie 2), F. boothii (Linie 3), F. mesoamericanum (Linie 4), F. acaciae-mearnsii (Linie 5), F. asiaticum (Linie 6), F. graminearum (Linie 7), F. cortaderiae (Linie 8) sowie drei weitere Linien mit F. brasilicum und den später identifizierten Linien F. vorosii und F. gerlachii (Starkey et al., 2007).

Die vorliegende Arbeit basiert auf der innerhalb der klassischen Phytopathologie immer noch sehr verbreiteten morphologischen Artdifferenzierung mit Hilfe von mikroskopischer und makroskopischer Untersuchung sowie parallelem Abgleich mit Bestimmungsliteratur (Gerlach und Nirenberg, 1982; Burgess et al., 1994, Leslie und Summerell, 2006). Eine molekulare Methode für die Identifikation morphologisch nicht eindeutig bestimmbarer Arten liefert die Verwendung des in Eukaryoten ubiquitär vorkommenden, evolutionär hochkonservierten Translation Elongation Factor 1α-Gens (tef1α). Das von tef1α codierte Enzym EF-1α ist eine GTPase, welche während der Proteinsynthese den Transport geladener tRNA zu den Ribosomen katalysiert (Uetsuki et al., 1989; Negrutskii et al., 1998). Das Gen besitzt jedoch in den Intronbereichen eine hohe Anzahl an Sequenz-polymorphismen. Diese können nach Gewinnung genomischer DNA und Durchführung einer PCR zur Amplifizierung des tef1α-Genfragments mit Hilfe von RFLP eine Artdifferenzierung ermöglichen (Nitschke et al., 2009).