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1 Einleitung

1.1 Fusarium-Biologie

1.1.3 Fusarium-Mykotoxine

Neben den vier Schimmelpilzgattungen Alternaria, Aspergillus, Claviceps und Penicillium (Steyn et al., 1995) zeichnen sich auch die meisten Vertreter der Gattung Fusarium durch die Bildung warmblütertoxischer, dem pilzlichen Sekundärmetabolismus entstammender, chemischer Verbindungen aus. Diese Verbindungen werden als Mykotoxine bezeichnet.

Viele Fusarium-Arten verfügen dabei oft über die Fähigkeit, aus mehreren verschiedenen Mykotoxinen bestehende Spektren zu bilden (Langseth et al., 1999). Innerhalb der Fusarium-Mykotoxine unterscheidet man zwischen verschiedenen Stoffgruppen. Von besonderer Bedeutung sind trizyklische Sesquiterpene, die Trichothecene, welche sich in Trichothecene des Typs A und Trichothecene des Typs B aufteilen (Ueno et al., 1985).

Neben Fusarium bilden auch die Gattungen Mycothecium, Trichoderma, Trichothecium, Stachybotrys, Verticimonosporium und Cephalosporium Trichothecene (Ueno et al., 1985). Zu den Typ B Trichothecenen werden u.a. Deoxynivalenol (DON) und dessen Derivate 3-Acetyldeoxynivalenol (3-ADON) und 15-Acetyldeoxynivalenol (15-ADON) gezählt sowie Nivalenol (NIV) und Fusarenon X (FUS X). DON ist das am häufigsten auftretende Mykotoxin (Snijders, 1990). Die Mykotoxine Diacetoxyscirpenol (DAS), Monoacetoxyscirpenol (MAS), Neosolaniol (NEO) sowie das HT2- und das T2-Toxin sind den A-Trichothecenen zugehörig. Ihnen wird eine weitaus höhere Toxizität zugeschrieben, als den B-Trichothecenen (Krska et al., 2001).

Tab. 2: Wichtige durch Vertreter der Gattung Fusarium produzierte Mykotoxine und deren Derivate.

Trichothecene Typ A Trichothecene Typ B Cyclohexadepsipeptide Andere Monoacetoxyscirpenol Deoxynivalenol Beauvericin Avenacin Y

Diacetoxyscirpenol 3-Acetydeoxynivalenol Enniatine Moniliformin

Neosolaniol 15-Acetyldeoxynivalenol Zearalenon

T2-Toxin Fusarenon X

HT2-Toxin Nivalenol

Weitere wichtige Fusarium-Mykotoxine stellen sowohl Fumonisine, als auch Cyclohexadepsipeptide wie Beauvericin (BEAU), und die Enniatine (ENNI) A, A1, B, B1 und B2 dar. Verschiedene Arten bilden zudem Moniliformin (MON) und Avenacin Y (AVENA Y). Auch Zearalenon (ZEA) kann von verschiedenen Fusarium-Arten synthetisiert werden, darunter F. graminearum, F. culmorum und F. cerealis (Desjardins, 2006). Im Hinblick auf ihre Toxizität können Mykotoxine bei Mensch und Tier akute, chronische, mutagene und teratogene Intoxikationen hervorrufen (Pitt, 2000). Besonders Trichothecene werden mit akuten und chronischen Toxikosen in Verbindung gebracht.

Ihre toxischen Eigenschaften basieren auf der Inhibition ribosomaler Proteinsynthese (Desjardins et al., 2007a). So führte in Russland in den 1940er Jahren der Verzehr von mit Trichothecenen kontaminierten Getreidekörnern bei ca. 100.000 Menschen zu einer

„Alimentary Toxic Aleukia“ (Joffe, 1978), einhergehend mit dermalen Entzündungen, Erbrechen, Nekrosen der Mundhöhle, Bluten aus Mund und Nase sowie Störungen des zentralen Nervensystems (Bennett und Klich, 2003). In Japan wurde in der Mitte des letzten Jahrhunderts mehrfach eine als „Akakabi-byo“ bzw. „red mold disease“

bezeichnete Krankheit bei Mensch und Tier beobachtet (Desjardins et al., 2007a). Bei Schweinen zeigte sich in den USA dagegen durch Aufnahme von mit Deoxynivalenol (DON) kontaminiertem Futter eine reduzierte Nahrungsaufnahme und daraus resultierender Gewichtsverlust. Zu einem Hervorrufen dieser Symptome sind bereits Mengen zwischen 1 und 4 mg/kg DON ausreichend. Höhere Dosen von mehr als 10 mg/kg verursachten Durchfall und Erbrechen (Lepschy, 1991). Auf Grund dieser Symptome wird DON auch als Vomitoxin bezeichnet (Snijders, 1990; Visconti et al., 2004). Fumonisine werden mit Leukoenzephalomalazie bei Pferden in Verbindung gebracht. Beim Menschen kann der Verzehr von kontaminiertem Getreide zu

Speiseröhrenkrebs und Geburtsfehlern führen (Desjardins et al., 2007a). Zearalenon, ein östrogenes, nichtsteroidales Mykotoxin (Desjardins, 2006), kann bei Schweinen zu östrogenen Syndromen führen, wie Vergrößerung des Uterus, Zysten an den Eierstöcken, Scham- und Gesäugeschwellungen sowie Fruchtbarkeitssörungen (Lepschy, 1991, 1992).

Die toxigenen Eigenschaften der Cycloheptadepsipeptide Beauvericin und Enniatin scheinen gegenüber den o.g. Mykotoxinen gering zu sein. Toxische Wirkungen in Bezug auf Mensch und Tier sind jedoch nicht auszuschließen (Jestoi, 2008). Wätjen et al. (2009) postulierten hingegen, dass Enniatin A1, B und B1 durch Apoptoseinduktion möglicherweise eine antikanzerogene Wirkung haben könnten. Kuiper-Goodman (1998) bezeichnete Mykotoxine vor allen anderen Kontaminationsquellen als den höchsten Risikofaktor für die Ernährung von Mensch und Tier.

Seit dem 01. Juli 2006 gelten im Rahmen der EU-Verordnung (EG) Nr. 856/2005 europaweit eingeführte Grenzwerte für Fusarium-Mykotoxine in Getreide und deren Erzeugnissen. Für die Mykotoxine DON und ZEA ergibt sich daraus, dass unverarbeitetes Getreide nach anschließender Reinigung und Trocknung eine Höchstmenge von 1250 µg/kg DON und 100 µg/kg ZEA enthalten darf. Getreidemehl darf dagegen lediglich 750 µg/kg DON und 75 µg/kg ZEA aufweisen (Anonymus, 2005). Der Landwirt darf somit Getreidechargen, die Mykotoxingehalte über den gesetzlichen Grenzwerten enthalten, nicht in Umlauf bringen. Auch eine Vermischung mit unbelastetem Getreide ist unzulässig.

Mykotoxinbelastungen im Getreide sind zudem so weit zu reduzieren, wie es die gute fachliche Praxis erlaubt. Die Vorhergehensweise bei der Stichprobenahme zur Analyse von Mykotoxinen in Getreide ist im Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 401/2006 definiert.

DON ist in Verbindung mit durch Fusarium hervorgerufenen Krankheiten an Weizen, insbesondere FHB, das am häufigsten anzutreffende Mykotoxin. DON wird von drei Fusarium-Arten gebildet: F. graminearum, F. pseudograminearum (Aoki und O’Donnell, 1999) und F. culmorum. Bei allen drei Arten differenziert man zwischen unterschiedlichen Chemotypen. F. graminearum besitzt die Chemotypen 3-ADON, 15-ADON und NIV. Der 3-ADON Chemotyp produziert neben DON das DON-Derivat 3-ADON, Chemotyp 15-A-DON synthetisiert 15-A-DON sowie 15-A15-A-DON. Der NIV-Chemotyp bildet dagegen kein 15-A-DON, sondern ausschließlich NIV (Ward et al., 2002). Für F. culmorum sind dagegen zwei Chemotypen bekannt. Zum einen der NIV-Chemotyp und zum anderen der 3-ADON Chemotyp (Jennings et al., 2004).

Weitere Trichothecen-Produzenten, welche zudem mit FHB assoziiert werden, sind F. cerealis, F. poae, F. sporotrichioides, F. langsethiae THORP & NIRENBERG sowie F. equiseti. F. cerealis produziert ausschließlich NIV, F. poae und F. equiseti neben Equisetin und NIV ebenso das A-Trichothecen DAS, jedoch wurde in Einzelisolaten von

F. poae auch die Produktion von stark toxischem T2 und HT2 nachgewiesen (Thrane et al., 2004). F. sporotrichioides und F. langsethiae sind im Gegensatz zu F. poae mit der Synthese von DAS, T2- und HT2-Toxin reine Typ A-Trichothecen-Bildner (Thrane et al., 2004). Zwei weitere, dem FHB-Artenkomplex angehörende Arten sind F. avenaceum und F. tricinctum. Diese Arten bilden keine Trichothecene, jedoch alle Formen von Enniatinen sowie MON (Uhlig et al., 2007). Die vor allem als Maispathogen bekannten Fusarium-Arten F. proliferatum und F. verticillioides sind Fumonisin-Bildner (Desjardins, 2003).

Tab. 3: Einteilung verschiedener Arten der Gattung Fusarium anhand der von ihnen synthetisierten Mykotoxin-Stoffgruppen. (Nach Aoki und O’Donnell, 1999; Ward et al., 2002;

Thrane et al., 2004; Uhlig et al., 2007).

Typ A-Trichothecen-

Dem B-Trichothecen DON kommt eine wichtige Rolle im Ausbreitungsprozess von FHB zu (Bai et al., 2001), es wirkt jedoch nicht als Pathogenitätsfaktor. Der erste Schritt des DON-Synthesewegs wird von dem Enzym Trichodiene-Synthase katalysiert (Desjardins, 2006). Ein Ausschalten des für die Trichodiene-Synthase codierenden Gens (tri5) hat einen deutlichen Rückgang der Aggressivität von F. graminearum sowie F. culmorum zur Folge (Proctor et al., 1995) und zeigt die Bedeutung von DON für die Ausbreitung von FHB in der Pflanze (Desjardins et al., 1996), wobei DON die Bildung von Zellwandappositionen in der Rachis unterbindet (Jansen et al., 2005). Auch während des Besiedlungsprozesses der Halmbasis wird tri5 exprimiert (Beccari et al., 2011). So konnte von Mudge et al. (2006) nachgewiesen werden, dass F. graminearum während der Besiedlung der Halmbasis eine ähnlich hohe DON-Produktion aufwies, wie während der Entwicklung von FHB an der Ähre. DON scheint aber für den Infektionsprozess an der Halmbasis nicht von Bedeutung zu sein.