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3. Spezieller Teil

3.2.5 Synthese des Mittelbausteins via Reformatsky-Reaktion

Die stereoselektive Synthese des (S,R)-Aminoalkohols im Mittelbaustein 118 konnte grundsätzlich durch zwei Routen erfolgen (Abbildung 49). In der ersten Route wurde der Alkohol durch Alkylierung mit dem Isobutylester-Fragment 208 aufgebaut, während das (S)-konfigurierte Amin einer geeigneten Aminosäure 207 entstammte. Dieser Syntheseweg wurde nachfolgend als Reformatsky-Route bezeichnet. Vice versa, erfolgte die zweite Route über den Aufbau des Amins, während das (R)-Hydroxy-Dimethyl-pentylfragment 210 einer geeigneten Verbindung des „chiral Pool“ entstammte (siehe dazu Kapitel 3.2.6, „Grignard-Route“).

Die Reformatsky-Route zeichnete sich dadurch aus, dass durch Verknüpfung der Bausteine 207 mit 208 der benötigte Mittelbaustein schnell aufgebaut wurde. Nach erfolgter Reaktion waren noch eventuelle Schutzgruppen-Modifikationen an N- und C-Terminus sowie die Synthese der Nitroso-Hydroxyamino-Funktion in der Seitenkette erforderlich. Für die Synthese des Mittelbausteins von 5 (R = H) konnte auf die käuflich erhältliche Aminosäure Glutaminsäure zurückgegriffen werden, um den Aldehyd 207 zu erzeugen. Nachteilig an dieser Synthesestrategie war, dass für 6 (R = OH) die entsprechende γ-Hydroxy-Aminosäure benötigt wurde, die einer umfangreichen Synthese bedurfte.

Stereoselektive Grignard-artige Reaktionen an α-Aminoaldehyden sind zahlreich untersucht worden.

So war bekannt, dass Additionen an Boc-geschützte α-Aminoaldehyde keine oder mäßige diastereofaciale Selektivität aufwiesen.[139] Auch konnten die Aldehyde leicht racemisieren. Dagegen konnten durch Dibenzylschützung des Amins nicht-chelat-kontrollierte Reaktionen deutlich bessere

Abbildung 49: Retrosynthetische Zerlegung des Aminoalkohol-Motivs des Mittelbausteins 118 in die Synthone 207 und 208 (via Route 1) sowie 209 und 210

(via Route 2).

beschrieben an verschiedenen Aminosäurealdehyden die Additionsreaktion mit BrZnCH2CO2tBu in Ausbeuten zwischen 52 – 87% und anti/syn-Verhältnissen zwischen 62:38 und 80:20.[142]

In dieser Arbeit wurde als Aminosäure L-Glutaminsäure (186) verwendet (Abbildung 51). Diese wurde nach einer Vorschrift von RODRIQUEZ und TADDEI[143] zur vierfach benzylierten Verbindung 220 umgesetzt (56%). Durch die Abschirmung der beiden N-Benzylschutzgruppen wurde der α-Ester in einer Reduktion

Abbildung 50: Literaturbeispiele für Additionen an N,N-Dibenzyl α-Aminoaldehyde, Reagenzien und Bedingungen: a) PhMgBr, Et2O, 0 °C, 85%, b) tBuMgBr, Et2O, 0 °C, 72%, c) CH3Ti(OiPr)3,

Et2O, 20 °C, 77%, d) CH3Li, Et2O, ―10 °C, 81%, e) BrZnCH2CO2tBu, THF, 0 °C, 78%, f) BrZnCH2CO2tBu, THF, 0 °C, 69%.

mit DIBAL-H nicht angegriffen und der Seitenkettenester selektiv zu 221 überführt. Nach Aufarbeitung und Säulenchromatographie wurde das erhaltene Produkt 221 in einer TIPS-Schützung umgesetzt. Mit der Wahl der TIPS-Schutzgruppe wurde eine sterisch-abschirmende Schutzgruppe gewählt, die eine mögliche Chelatisierung unterdrücken sollte. Anschließend erfolgte Reduktion des α-Aminosäureesters 222 mit LiAlH4 zum Aminoalkohol 223 in 90% Ausbeute. 223 wurde anschließend zum α-Aminoaldehyd oxidiert. Dabei zeigte sich, dass eine Dess-Martin-Oxidation (DMP, NaHCO3, CH2Cl2, in Anlehnung an Lit.[144]) den Aldehyd innerhalb von 2 Stunden bei 0 °C lieferte, allerdings war die Rohsubstanz stark verunreinigt. Eine säulenchromatographische Aufreinigung des α-Aminoaldehydes zeigte spontane Zersetzung, wenngleich die vorherige Reaktionskontrolle per Dünnschichtchromatographie einen definierten Produkt-Spot zeigte. Die Parikh-Döring-Oxidation von Verbindung 223 (Pyridin x SO3, NEt3, DMSO, nach Lit.[145]) lieferte innerhalb von 10 – 45 Minuten den gewünschten Aldehyd 224. Die Reaktion lief nicht reproduzierbar ab, weshalb Rohspektren zum Teil akzeptable Reinheiten, teilweise aber auch starke Verunreinigungen zeigten. Eine deutlich bessere Alternative war die Swern-Oxidation, die Verbindung 224 in akzeptabler Reinheit und in guten Ausbeuten (94%) lieferte. Der SiO2-labile Aldehyd 224 wurde ohne weitere Aufarbeitung direkt weiter umgesetzt, um eine mögliche Racemisierung oder Zersetzung durch Lagerung zu vermeiden. Die Synthese des Reformatsky-Reagenzens ausgehend von 226 erfolgte nach GAUDEMAR[146] und wurde anschließend nach KNOCHEL[147]

mit LiCl titriert. Erste Versuche haben gezeigt, dass bei der Zugabe des Metallorganyls zur stark gekühlten Aldehydlösung (―78 °C, THF oder Et2O) dieses sofort fest wurde und nicht abreagieren konnte. Eine Steigerung der Reaktionstemperatur auf ―10 °C bis 0 °C ermöglichte es diese Problematik zu umgehen und eine dennoch ausreichende Kühlung zur Kontrolle zuzulassen. In der Reaktionskontrolle konnte aber bereits die Bildung der beiden Diastereomere per Dünnschichtchromatographie gesehen werden. Sowohl die Herstellung des Aldehyds 224 aufgrund der Racemisierungsproblematik, als auch die Synthese der Reformatsky-Spezies sollte dabei möglichst frisch erfolgen. So zeigte eine gut gekühlte Reformatsky-Suspension nach 6 Tagen Lagerung bei einer erneuten Titration mit trockenem LiCl den charakteristischen Farbumschlag von braun nach farblos. Ein Umsatz mit frischem Aldehyd 224 führte aber zu einem unsauberen Reaktionsverlauf und Nebenproduktbildung.[148] Die beiden Diastereomere von Verbindung 225 konnten aus dem Rohprodukt auch nach mehrfacher säulenchromatographischer Aufreinigung nicht zufriendenstellend getrennt werden. Für analytische Zwecke konnten zwar wenige Fraktionen der reinen Diastereomere isoliert werden, die Hauptfraktion lag jedoch co-eluiert vor. Aufgrund der Schutzgruppen-bedingten Apolarität konnte keine Auftrennung mittels Hochdruckchromatographie an einer C18-Säule durchgeführt werden.

Daher wurde im nächsten Schritt die Polarität durch Abnahme von Schutzgruppen reduziert, um eine Auftrennung zu ermöglichen (Abbildung 52).

So wurde zunächst die hydrogenolytische Abspaltung der Benzylschutzgruppen versucht. In der Literatur fanden sich dazu Beispiele unter Verwendung des Pearlman-Katalysators (Pd(OH)2/C)[149,142,150]. Der Ansatz nach einer Vorschrift von ZHU und BUCHWALD[149] (Pd(OH)2 (20%), H2, CH3OH) zeigte auf der Dünnschichtchromatographie die Bildung vieler Nebenprodukte. Eine

Abbildung 51: Synthese von Verbindung 225 aus L-Glutaminsäure (186), Reagenzien und Bedingungen:

a) BnBr, K2CO3, NaOH, H2O, rf, 56%, b) DIBAL-H, THF, ―10 °C, 71% c) TIBPSCl, Imidazol, DMF, 90%, d) LiAlH4, THF, 0 °C, 90%, e) (COCl)2, NEt3, CH2Cl2, 94%, f) i) 226, Zn, LiBr, BrCH2CH2Br, Et2O, ii) 224, Et2O,

―10 °C, 25%.

Abbildung 52: Entschützungen zur Trennung des Diastereomerengemisches 225, Reagenzien und Bedingungen: a) Pd/C (10%), H2, AcOH, EtOAc, (R,S)-227 29%,

(S,S)-227 16%, b) TBAF, 4Å MS, THF, 56%.

Auftrennung des Gemisches in Unterfraktionen lies aufgrund der 1H-NMR Spektren eine teilweise Benzylentschützung, zusammen mit einer partiellen TIPS-Entschützung vermuten (siehe dazu Lit.[151]).

Pd(OH)2 wurde daher als Hydrierkatalysator verworfen. Um eine vollständige Benzylentschützung zu erhalten, wurde häufig Säure in der Literatur zugesetzt.[152] So wurde als nächstes die hydrogenolytische Entschützung mit Pd/C (10%) und AcOH in EtOAc durchgeführt. Als Hauptfraktionen konnten aus dem Rohprodukt zwei Verbindungen isoliert werden. Beide zeigten im 1H-NMR-Spektrum sowohl eine zu tiefem Feld verschobene CH2-Gruppe an, als auch die entsprechenden aromatischen Protonen einer Benzylgruppe. Daneben fehlten sowohl das Quartett als auch das Triplett der OCH2CH3-Gruppe. Daher wurde die Struktur den Verbindungen (R,S)-227 und (S,S)-227 zugeordnet, die aus dem nucleophilen Angriff des mono-benzylierten Zwischenproduktes auf die Estercarbonyl-Gruppe resultierten. Im Vergleich dazu berichtete die Lit.[153] bei der Pd-katalysierten Hydrierung unter Säurezusatz von einer Cyclisierung, die erst unter Rückfluss-Bedingungen in 3M HCl(aq) stattfand. Nichtsdestotrotz konnten die beiden Diastereomere auf dieser Stufe chromatographisch getrennt werden und konnten als Hilfsmittel zur indirekten Bestimmung der Konfiguration des Alkohols in Verbindung 225 herangezogen werden.

Die relative Stereokonfiguration der Diastereomere wurde mittels 1-dimensionaler NOESY-Differenz-Messungen (H-4 und H-5) bestimmt. Das Hauptdiastereomer zeigte keine Korrelation zwischen dem α-H der ehemaligen (S)-Aminosäure und dem benachbarten Proton, wodurch die Konfiguration zu (4R,5S) bestimmt werden konnte. Beim Nebendiastereomer wurde eine Korrelation der beiden Protonen erhalten, was eine (4S,5S)-Konfiguration implizierte. Beim Hauptdiastereomer war das NOESY-Experiment bei dem Einstrahlen auf das CH(OH)-Signal bei 3.77 ppm nicht aussagekräftig, da dieses Signal mit den SiOCH2-Protonen der Seitenkette (3.74 ppm) überlappte. Aufgrund der Kreuzexperimente von Haupt- und Nebenverbindung waren genug Indizien für eine sichere Zuordnung gegeben.

Da die Benzylentschützungs-Versuche jedoch keine Lösung zur präparativen Trennung der Diastereomere von 225 brachte, wurde parallel eine Entschützung der Silylgruppe mit TBAF unter Verwendung von 4Å Molsieb vorgenommen (Abbildung 52, Reaktionsbedingung b). Nach Aufarbeitung blieb auch hier eine Trennung mittels manueller Säulenchromatographie erfolglos. Jedoch lies nun die

Abbildung 53: 1D-NOESY-DIFF-Untersuchung von Haupt- und Nebenverbindung 227 zur Konfigurationsbestimmung.

Abbildung 54: HPLC-Chromatogramm des Diastereomerengemisches 228 nach TIPS-Entschützung.