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Strukturanalyse der defructosylierten Saccharide und Vergleich mit Pentasaccharid

Identifizierung und Strukturanalyse

3. Einfluss der Fructofuranose auf die Sekundärstruktur der Oligo- Oligo-saccharide

3.2 Strukturanalyse der defructosylierten Saccharide und Vergleich mit Pentasaccharid

Die ersten Eindrücke aus dem 1H Spektrum, dass sich die räumlichen Strukturen dieser drei Verbindungen erheblich voneinander unterscheiden, bestätigen sich auch im ROESY Spektrum – besitzen sie doch alle charakteristische, unterschiedliche ROE Fingerprintmuster.

Abb. 37. Ausschnitt aus dem ROESY Spektrum für HHZ34, α-defruct und β-defruct bei 310 K – Dar-stellung der ROEs zwischen den anomeren Protonen (600 MHz, D2O).

Abb. 38. ROEs zwischen den Anomeren von HHZ34, α-defruct und β-defruct und ihrem jeweiligen

Aufgrund teilweiser Überlagerungen der ROE Signale (s. Abb. 38) konnte nur ein Teil dieser Signale integriert und für eine Strukturanalyse verwendet werden.

Auch für jedes Oligosaccharid ein geeignetes Signal für die Eichung zu finden, er-wies sich als schwierig, folgende wurden schliesslich für die Kalibrierung der Inte-grale verwendet:

- Pentasaccharid HHZ34: H1c – H2c ≡ 2.40 Å

- β-defruct: H1a – H3a ≡ 2.57 Å

- α-defruct: H1a – H2a ≡ 2.40 Å

Durch Integration berechnete Abstände für:

1. α-defructosyliertes Pentasaccharid (α-defruct, eigentlich ein Tetrasaccharid)

ROE Abstand [Å] ROE Abstand [Å]

Intraglykosidische

Tab. 15. Übersicht über alle berechneten Abstände für α-defruct bei 310 K (600 MHz, D2O).

2. β-defruct Pentasaccharid (β-defruct, ein Tetrasaccharid)

ROE Abstand [Å] ROE Abstand [Å]

Intraglykosidische

H1c – H2c 2.2 Long-range ROEs

H1c – H3c 3.1 H1c – H1a 3.4

H1c – H5c 3.5 H1d – H1a 3.5

H1d – H2d 2.4 H1d – H1b 4.1

H1d – H3d 3.6 H1d – H2a/H5a 2.6

H1d – H5d 3.9 H1d – H3a 3.2

H1d – H4a 3.55

Tab. 16. Alle aus ROESY Daten berechneten Abstände für β-defruct bei 310 K (600 MHz, D2O). H2a und H5a haben annähernd identische chemische Verschiebungen im 1H. Daher ist der ROE zu H1a bzw. H1d nicht eindeutig.

3. Pentasaccharid (HHZ34)

ROE Abstand [Å] ROE Abstand [Å]

Intraglykosidische

Tab. 17. Berechnete Abstände für HHZ34 bei 310 K (600 MHz, D2O).

Der Vergleich dieser drei Verbindungen ergibt allgemein folgende ROE Muster, wel-che für die O-glykosidiswel-che Bindung von Bedeutung sind:

α-defruct: 1–1 ROEs kurz

Dies zeigt, dass hier drei völlig verschiedene Strukturen vorliegen müssen. Auch die long-range ROEs unterscheiden sich stark.

3.2.1 Berechnung der Struktur des α-defructosylierten Pentasaccharids an-hand von ROESY Daten

Folgende Restraints wurden für die Berechnung der Struktur für α-defruct gesetzt:

ROE gesetzter Restraint [Å]

Tab. 18. Für die Strukturberechnung von α-defruct gesetzte Randbedingungen.

Es erfolgte wiederum eine MD Simulation von 10x10 ps bei 300 K. Das weitere Vor-gehen ist wie schon zuvor beschrieben.

Vergleich von gesetzten und aus der MD Simulation erhaltenen Abständen:

ROE gesetzter Restraint

Tab. 19. Vergleich von gesetzten und berechneten Abständen in α-defruct.

Insgesamt konnten innerhalb der 10 x 10 ps MD Simulation die Restraints sehr gut gefittet werden. Einzig der Abstand H1c – H1d zeigt eine etwas grössere Abwei-chung. Leider können für α-defruct nicht besonders viele ROEs in die Strukturbe-rechnung miteinbezogen werden, da wichtige ROEs, wie H1b – H2a und H1c – H2b, zwar vorhanden, aber aufgrund von Überlagerungen nicht sinnvoll integriert werden können.

Ein Vergleich der Φ- und Ψ-Winkel der O-glykosidischen Bindungen zeigt, dass diese innerhalb des Oligosaccharids einen bestimmten Wertebereich annehmen.

Winkel aus gemittelter Struktur [°]

Φ (a – b) 50 Ψ (a – b) 71 Φ (b – c) 60 Ψ (b – c) 62 Φ (c – d) 77 Ψ (c – d) 72

Tab. 20. Übersicht über Φ- und Ψ-Winkel der O-glykosidischen Bindungen in α-defruct. Φ- und Ψ-Winkel sind über die zugehörigen Schweratome bestimmt.

Æ Φ = 50 ... 77° Æ Ψ = 62 ... 72°

Auch diese Winkel in die Auftragung der Energie des Disaccharids α-D-Glcp-(1Æ2)-α-D-Glcp in Abhängigkeit von der Φ-/Ψ-Winkelkombination (aus GlycoMaps©18) ein-getragen, zeigt eine deutliche Tendenz zu einem der beiden, möglichen Energie-minima.

Abb. 39. Auftragung der konformationellen Energie der α-(1Æ2)-O-glykosidischen Bindung (aus GlycoMaps©) in Abhängigkeit von Φ- und Ψ-Winkel. Hexa und rechtsgängige Modellhelix tendieren zu einem Minimum, während α-defruct und die linksgängige Modellhelix eindeutig dem zweiten Minimum angehören.

Æ die α-defructosylierte Form des Pentasaccharids liegt also im Bereich der links-gängigen Helix. Die Entfernung der Fructose Einheit hat also eine Ände-rung der bevorzugten Helizität zur Folge.

Somit ergibt sich aus obiger MD Simulation folgende Struktur für α-defruct:

Abb. 40. Aus experimentellen Daten berechnete Struktur für α-defruct.

Vergleicht man die so erhaltene Struktur für das α-defructosylierte Pentasaccharid mit einer gerechneten linksgängigen Modellhelix (Φ = 60°, Ψ = 60°, Ganghöhe = 4 Glc-Einheiten)(siehe auch 2.4.3), so kommt man zu einer relativ guten Übereinstim-mung der beiden Strukturen:

- linksgängige Helices

- Φ- und Ψ-Winkel im Bereich von 60°

- relativ gute Übereinstimmung der long-range ROEs für α-defruct mit den Ab-ständen in der Modellhelix

aber:

- ROEs für die O-glykosidischen Bindungen in α-defruct weichen stark von Werten für die Modellhelix ab

Æ da die letztgenannten ROEs sehr empfindlich auf nur kleine Winkeländerungen der O-glykosidischen Bindungen reagieren und ihre Werte zudem zwischen den Werten der links- und der rechtsgängigen Modellhelix (siehe Kap. 2.4.3) liegen, ist es wahrscheinlich, dass das α-defructosylierte Pentasaccharid keine stabile helikale Struktur besitzt, sondern die Flexibiltät für dieses Tetrasaccharid höher ist als für sein fructosyliertes Analogon. Dennoch kann von einer Bevorzugung der links-gängigen Helix ausgegangen werden.

ROE Modellhelix linksgängig

Tab. 21. Vergleich charakteristischer ROEs von α-defruct und linksgängiger Modellhelix. Abstände mit einer Abweichung von mehr als 0.5 Å sind fett gedruckt.

Abb. 41. Struktureller Vergleich von α-defruct und linksgängiger Modellhelix (als Heptasaccharid).

Die zu vergleichende Tetrasaccharideinheit ist jeweils grün gekennzeichnet.

3.2.2 Berechnung der Struktur des β-defructosylierten Pentasaccharids an-hand von ROESY Daten

Schon der Umstand, daß im 1H-NMR (Abb. 35) die Abfolge der Signale der Anome-ren a – b – c – d für β-defruct jetzt vom hochfeldigen zum tieffeldigen Bereich ver-läuft ( z. Vgl. α-defruct tief zu hoch), zeigt deutlich, dass für das β-defructosylierte Pentasaccharid eine zu α-defruct und HHZ34 völlig verschiedene Struktur vorliegen muss.

Bei der Berechnung der Struktur für β-defruct ergab sich das Problem, dass die aus

sionalen Struktur gehören konnten. So sind ROEs für H1d zu allen Protonen des a-Ringes in ähnlicher Stärke vorhanden, was bedeuten würde, dass H1d sowohl zu den Protonen auf der Unterseite des a-Ringes als auch zu jenen auf dessen Ober-seite einen ähnlichen Abstand aufweist. Dies ist allerdings unmöglich.

Diese Schwierigkeit zeigte sich auch beim Versuch, eine Struktur für β-defruct zu berechnen. So war es nicht möglich, die berechneten ROE Abstände in einer gemit-telten Struktur zu vereinen. Vielmehr konnte immer nur ein Teil der Abstände mehr oder weniger gut gefittet werden.

Folgende Restraints wurden für die Berechnung verschiedener, möglicher Strukturen von β-defruct verwendet:

1. Nur Interglykosidische Restraints gesetzt:

Gesetzte Restraints:

Tab. 22. Für die Berechnung der Struktur von β-defruct gesetzte Restraints.

Nach einer MD Simulation von 10 ps bei 300 K und einer anschliessenden Energie-minimierung ergaben sich folgende H-H-Abstände:

ROE Aus Integration [Å] Aus MD (10 ps) [Å] Differenz ∆ [Å]

Tab. 23. Vergleich der H-H-Abstände aus der ROESY Integration mit jenen aus der gerechneten Struktur für β-defruct. * = gesetzte Restraints

Nicht nur die nicht als Restraints in der Rechnung gesetzten Abstände sind sehr schlecht gefittet, auch ein gesetzter H-H-Abstand (H1b – H2c) konnte innerhalb die-ser Struktur nicht erreicht werden.

Überblick über die Φ- und Ψ-Winkel der O-glykosidischen Bindungen innerhalb der

Tab. 24. Φ- und Ψ-Winkel der O-glykosidischen Bindungen in dieser gerechneten Struktur von β-de-fruct (Definition der Φ- / Ψ-Winkel über Schweratome).

Auch die Winkel der O-glykosidischen Bindungen innerhalb des Saccharids zeigen ein sehr uneinheitliches Bild, was wiederum für eine hohe Flexibiltät spricht und diese Struktur nur eine von vielen Konformationen des β-defruct Moleküls sein kann.

2. Nur long-range ROEs gesetzt:

Gesetzte Restraints:

Tab. 25. Für die Berechnung der Struktur von β-defruct gesetzte Restraints. Zusätzlich wurden in-traglykosidische Restraints für den a-Ring gesetzt, um dessen Sesselkonformation beizubehalten.

Nach einer MD Simulation von 10 ps bei 300 K und einer anschliessenden Energie-minimierung ergaben sich folgende H-H-Abstände:

ROE Aus Integration [Å] Aus MD (10 ps) [Å] Differenz ∆ [Å]

Tab. 26. Vergleich der H-H-Abstände aus der ROESY Integration mit jenen aus der gerechneten Struktur für β-defruct. * = gesetzte Restraints

Nicht nur die nicht als Restraints in der Rechnung gesetzten Abstände sind sehr schlecht gefittet, auch ein gesetzter H-H-Abstand (H1a – H1c) konnte innerhalb die-ser Struktur nicht erreicht werden.

Überblick über die Φ- und Ψ-Winkel der O-glykosidischen Bindungen innerhalb der gerechneten Struktur:

Φ [°] Ψ [°]

a – b 162 163

b – c 53 51

c – d 62 78

Tab. 27. Φ- und Ψ-Winkel der O-glykosidischen Bindungen in dieser gerechneten Struktur von β-de-fruct (Definition über Schweratome).

Auch innerhalb dieser Struktur zeigt sich eine grosse Varianz in den Φ- und Ψ-Win-keln der O-glykosidischen Bindungen.

Auffallend ist, dass in beiden Strukturen der Abstand H1b – H2c schlecht bis gar nicht gefittet werden konnte und zwar unabhängig davon, ob er als Restraint gesetzt war oder nicht.

Die folgenden Abbildungen zeigen die aus den beiden zuvor vorgestellten MD Simulationen hervorgegangenen Strukturen für β-defruct. Diese stellen mit Sicher-heit nur zwei von vielen möglichen Konformationen dar, ergeben doch die ROE Da-ten, dass es sich um ein sehr flexibles Molekül handelt, das keine bevorzugte 3-dimensionale Struktur aufweist.

Abb. 42. Vergleich der beiden für β-defruct gerechneten Strukturen.

Abb. 43. Andere Ansicht der beiden gerechneten β-defruct Strukturen.

3.2.3 Vergleich der Strukturen für α-defructosyliertes Pentasaccharid und Hexasaccharid

Wie 2.4.1 und 3.2.1 gezeigt haben, liegen die fructosylierten Oligosaccharide in einer völlig anderen 3-dimensionalen Struktur in Lösung vor als das defructosylierte, α-konfigurierte Analogon. Ein Vergleich von Hexasaccharid und α-defruct ergibt:

Hexasaccharid: 1 – 1 ROEs eher lang (2.6 – 3.1 Å) 1 – 2 ROEs kurz (2.1 – 2.2 Å)

ROE Muster einer rechtsgängigen Modellhelix (Φ = 60°, Ψ = 120°) stimmt sehr gut mit dem des Hexasaccharids überein (bes. long-range ROEs)

Winkel der O-glykosidischen Bindung:

Φ = 72 ... 85° Ψ = 90 ... 169°

Ganghöhe der Helix: 4 Glucoseeinheiten α-defruct: 1 – 1 ROEs kurz (~ 2.3 Å)

1 – 2 ROEs kurz (~ 2.4 Å)

Æ beide Werte entsprechen Mittelwerten

Long-range ROE Muster stimmt sehr gut mit einer linksgängigen Modellhelix (Φ = 60°, Ψ = 60°) überein Winkel der O-glykosidischen Bindung:

Φ = 50 ... 77° Ψ = 62 ... 72°

Ganghöhe der Helix: 4 Glucoseeinheiten

Î Die Fructofuranose als abschliessender Baustein des reduzierenden Endes der Glucosekette ist entscheidend für die Ausbildung und Stabilisierung der helikalen Struktur.

Man könnte dieses Verhalten mit dem bis dato nur von Peptiden oder Proteinen bekannten Phänomen des Helix Capping 19 vergleichen. Hierbei induziert bzw.

stabilisiert ein Capping durch Kompensierung des Helixdipols oder durch Bereitstellung von H-Brückendonoren oder-akzeptoren eine helikale Struktur.

Ein abweichender Baustein an einem Ende eines Homooligomers führt zur Ausbildung einer bestimmten Sekundärstruktur (Æ Induzierung einer Sekundärstruktur), die ohne diesen Baustein (siehe α-defruct) nicht ausgebildet bzw. stabilisiert wird. Im Falle der hier vorliegenden Oligosaccharide führt das Entfernen der Fructoseeinheit zu einer Umkehr des Helixdrehsinns, wobei ferner eine höhere Flexibilität der helikalen Struktur im defructosylierten Oligosaccharid zu beobachten ist.

4. Okta- und Dekasaccharid – Einfluss der Kettenlänge auf die