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4 Tagesverlaufsbetrachtung

4.1 Randbedingungen

4.1.5 Raumtemperaturen

Der Wärmetransport aufgrund von Konvektion und Strahlung zwischen der Fluidschicht (9) und dem Rauminneren (11). Diese Wärmetransportmechanismen sind für die Kühlung des Raumes im Sommer, bzw. für die Heizung im Winter verantwortlich. Im vorliegenden Fall werden sie in die Bilanz mit meist negativem Wert aufgenommen. Sie erfüllen bei der Extremfallbetrachtung die Funktion einer Art Kühlfläche.

4.1.5 Raumtemperaturen

Durch die Norm DIN 12521 ist der Temperaturbereich 20°C bis 26°C zur Nutzungszeit vorgegeben. Innerhalb dieser Periode muss eine Regel aufgestellt werden, wie sich die Innenraumtemperatur im Vergleich zur Außentemperatur zu verhalten hat. Dies ist energetisch deutlich sinnvoller als die Innentemperatur beispielsweise konstant auf 26°C oder 20°C zu halten.

Folgende Richtlinien zur Raumtemperierung wurden aufgestellt:

Tabelle 8: Festgelegte Raumtemperatur-Richtlinien

Nutzung Außentemperatur (T∞) Raumtemperatur

Nein T < 18°C 18°C

Nein T ≥ 18°C = T, max. 26°C

Ja T < 20°C 20°C

Ja 20°C ≤ T ≤ 26°C = T

Ja T > 26°C 26°C

Der Raumtemperaturverlauf eines Tages in München unter Berücksichtigung der festgelegten Raumtemperatur-Richtlinien wurde in Abbildung 14veranschaulicht.

Abbildung 14: Raumtemperaturverlauf München 21.07. TRY 0

Wohingegen in Abbildung 15 zu sehen ist, dass in Dubai selbst in der Nacht die Maximaltemperatur von 26°C nicht unterschritten wird.

Abbildung 15: Raumtemperaturverlauf Dubai 23.07. TRY 4.1.6 Fluidtemperaturen

Erste experimentelle Messungen haben eine maximale Fluidtemperatur von ca. 40°C für die äußere Fluidschicht ( ) ergeben. [18:65] Dieser Wert wurde durch das EES-Modell in der Arbeit von H. Beck validiert. [18] Daher ist davon auszugehen, dass das EES-Modell in diesem Temperaturbereich das reale Verhalten des Fluidglases mit sehr großer Genauigkeit abbildet.

Aus diesem Grund sieht die Berechnung vor, dass zunächst keine Enthalpie durch die äußere Fluidschicht abgeführt wird, bis diese Grenztemperatur erreicht wird. Ab diesem Moment wird die Fluidschicht in Betrieb genommen und führt durch das Wasser einen Enthalpiestrom ab, der dafür sorgt, dass die angenommene Grenztemperatur der Fluidschichten konstant gehalten wird.

Ähnlich wird mit der inneren Fluidschicht verfahren. Hier wurde die Grenztemperatur durch die Forderung, dass Kondensation weitestgehend zu vermeiden ist, auf 18°C festgelegt. Wie in Abbildung 16 zu sehen ist, tritt mit diesem Wert am Standort München eine Kondensation in weniger als 0,5% der Fälle auf.

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23

Temperatur C]

Stunde [h]

Außentemperatur Raumtemperatur

Abbildung 16: Summenhäufigkeit des Taupunktes oberhalb eines Wertes bei 12-h-Betrieb [19]

4.1.7 Kondensation in Dubai

Ein Problem, das am Standort Dubai zu erwarten ist, stellt die Kondensation der Raumluft an der inneren Scheibe des Fluidglases dar, wenn diese auf ca. 18°C gekühlt wird. Laut Meteonorm-Wetterdaten herrscht im Sommer eine durchschnittliche relative Feuchte von 56% bei einer durchschnittlichen Temperatur von 34°C. Für den Feuchtegrad gilt:

( )

für (34°C) = 53,18mbar; p = 1bar

Mittels h-x-Diagramm7 kann die Sättigungstemperatur auf ca. 23,5°C bestimmt werden. Die innere Fluidschicht dürfte diese Temperatur nicht unterschreiten, damit sich kein Kondensat am Fenster bildet. Für die Berechnung wurde angenommen, dass sich eine Anlage zur Lufttrocknung im Gebäude befindet und das Problem daher zugunsten einer besseren Vergleichbarkeit mit dem Aufbau in München vernachlässigt werden kann.

4.1.8 weitere Annahmen Lüftung

Um die Behaglichkeit in Hinblick auf Luftzusammensetzung und -bewegung zu gewährleisten, muss eine Lüftungsanlage verbaut werden. Bei Fenstern, die geöffnet werden können, ist dies nicht zwangsweise nötig. Die Implementierung des Fluidglases in die

7 Siehe Anhang: „Relative Feuchte Dubai.doc“

Gebäudefassade sieht in diesen Untersuchungen keine Möglichkeit der Fensterlüftung vor, weshalb der geforderte Luftwechsel von 4m³/(m² h) [20:727] per Raumlüftungsanlage durchgeführt werden muss.

Vereinfachend wurde bei allen Szenarien ein Wärmeeintrag oder eine Kühlung aufgrund von Lüftung durch Umgebungsluft vernachlässigt. In Kapitel 5.2.5 wird näher darauf eingegangen.

Infiltration

Infiltration ist ein Maß für die Dichtheit des Gebäudes und damit eine Einflussgröße auf den Heiz- und Kühlbedarf des Gebäudes. [21:11] Nach Passivhausstandard beträgt die Luftwechselrate 0,6 1/h. [22] Dies bedeutet, dass innerhalb einer Stunde bei einem Überdruck von 50 Pascal 60% des Raumluftvolumens durch Undichtheiten ausgetauscht wird. Da ein Bürogebäude im Gegensatz zu einem Wohngebäude eine viel größere Grundfläche im Verhältnis zur Fläche potentiell undichter Bauelemente wie Eingangsbereich und Dach besitzt, ist dieser Wert auf 0,2 1/h zu korrigieren, was einem nach Passivhausstandard saniertem Hochhaus entspricht. [23]

Für den Wärmeeintrag durch Infiltration gilt somit:

Mit einem Raumvolumen (V) von 52,5m³, einer Luftdichte ( ) von 1,293kg/m³, einer spezifischen Wärmekapazität ( ) von 1,004kJ/(kg K) und einer maximal zu erwartenden Temperaturdifferenz ( ) am betrachteten Tag von 16,05K am Standort Dubai, ergibt dies einen Eintrag von 60,77W.

Aufgrund der Tatsache, dass die Verglasung keinen Einfluss auf die Luftwechselrate hat, ist dadurch kein Unterschied zwischen den verschiedenen Szenarien zu erwarten. Aus diesem Grund wurde vereinfachend angenommen, dass Infiltrationseffekte vernachlässigt werden können.

4.2 Ergebnisse - München

Im Nachfolgenden sind einzelne Diagramme herausgegriffen, die bestimmte Eigenschaften des Fluidglases besonders deutlich zeigen. Die kompletten Ergebnisse der Berechnung für den Standort München sind im Anhang zu finden.8

4.2.1 Solare Gewinne

Abbildung 17: Solare Gewinne bezogen auf die Fensterfläche, Westausrichtung, 21.07, TRY München

Die solaren Gewinne stellen den Wärmeeintrag aus solarer Einstrahlung multipliziert mit dem solaren Transmissionskoeffizienten (Szenario 1 und 2) bzw. g-Wert (Szenario 3 und 4) dar.

Dieser Vergleich kann getroffen werden, weil der Transmissionskoeffizient des Fluidglases näherungsweise mit dem theoretischen g-Wert des Fluidglases gleichgesetzt werden kann.

Insbesondere im Sommer kann aufgrund der Kühlfunktion der inneren Fluidschicht eine Wärmestrahlung in den Raum hinein gänzlich ausgeschlossen werden.

Der Verlauf der Kurven lässt erkennen, dass vor 14 Uhr die Globalstrahlung vor allem aus diffuser Strahlung bestand, während ab 14 Uhr ein starker Anteil direkter Einstrahlung hinzukommt.

Interessant zu sehen ist, dass die solaren Gewinne des Szenarios eingefärbt um mehr als 75% im Vergleich zum SSV-Szenario reduziert werden können. Die Szenarien klar und SSV haben keinen variablen solaren Transmissionskoeffizienten (Solarer

8 Siehe Anhang „Fluidglas_Calc_v7.0_MUC.xls“ und „Fluidglas_Calc_v7.0_DUB.xls“

0 50 100 150 200 250

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

solarer Eintrag/Fensterfläche [W/m²]

Stunde [h]

Fluidglas eingefärbt Fluidglas klar SSV

Transmissionskoeffizient klar: 0,253; SSV: 0,22). Vergleicht man diese Werte9 mit dem solaren Transmissionskoeffizienten einer herkömmlichen Zweischeiben-Isolierverglasung (0,68), so wird klar, dass insbesondere im Winter deutlich geringere Einträge aus primärer, solarer Einstrahlung zu erwarten sind. Der Vorteil, den das Fluidglas gegenüber der Sonnenschutzverglasung jedoch gerade im Winter hat, ist die Tatsache, dass der Sekundärstrahlungsanteil durch die thermische Isolation der beiden Fluidschichten zu einem höheren g-Wert (0,344) des Fluidglases im Gegensatz zur SSV (0,26) führt. Höhere solare Einträge würden hier zu einem geringeren Heizleistungsbedarf führen. Inwiefern sich dies auswirkt, soll im Rahmen der Jahresbetrachtung (Siehe Kapitel 5) geklärt werden.

4.2.2 Zusätzlicher Kühlbedarf

Der zusätzliche Kühlbedarf (Siehe Abbildung 18) als Gradmesser für die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Systeme bietet sich insofern an, dass davon ausgegangen wird, dass bisher die benötigte Kühlleistung durch eine konventionelle und energieintensive Klimaanlage bereitgestellt wurde. Diese gilt es zu ersetzen oder zumindest den Nutzungsumfang deutlich zu reduzieren. Nicht inbegriffen ist die Kühlleistung der Kühldecke oder des Fluidglases, daher auch die Bezeichnung zusätzlicher Kühlbedarf.

Abbildung 18: zusätzlicher Kühlbedarf bezogen auf die Raumfläche, Westausrichtung, 21.07., TRY München

Wie in Abbildung 18 zu sehen, kommt das eingefärbte Fluidglas-Szenario gänzlich ohne eine zusätzliche Kühlung aus. Mit diesem System kann die thermische Behaglichkeit somit in jedem Falle gewährleistet werden. Die anderen Szenarien sind hingegen auf eine zusätzliche Kühlung angewiesen. Den größten Bedarf hat - wie zu erwarten - das Szenario 4, das im Gegensatz zu den anderen Szenarien keine Komponenten zur Wärmeabfuhr besitzt. Es eignet sich daher sehr gut um abzuschätzen, welche Vorteile der Einbau einer Kühldecke oder eines Fluidglases mit sich bringt. Das klare Fluidglas-Szenario hat maximal einen um 37 W/m² (Raumfläche) größeren Kühlbedarf als das Szenario SSV+Kühldecke;

spart aber gegenüber dem reinen SSV-Szenario max. 43W/m².

Diese Unterschiede zwischen den Szenarien Fluidglas klar und SSV+Kühldecke liegen in der maximalen Kühlleistung und der zur Verfügung stehenden Kühlfläche begründet: Das Fluidglas hat eine Fenster- und somit Kühlfläche von 10,5m², während die Kühldecke die Gesamte Raumdecke abdeckt und damit eine Fläche von 17,5m² besitzt. Dazu kommt, dass die Kühldecke aufgrund eines besseren Wärmeübergangskoeffizienten (Kühldecke:

13,3W/m²K; Fluidglas: 8W/m²K) auf eine max. Kühlleistung von 80W/m² kommt, während das Fluidglas unter den gemachten Annahmen bei 64W/m² die maximale Kühlleistung erreicht hat. Veranschaulicht wird die Leistungsfähigkeit der Kühlung in Abbildung 19:

Abbildung 19: Kühlleistung der Kühleinrichtungen (Fluidglas/Kühldecke), bezogen auf die Raumfläche, 21.07., München, TRY

Abbildung 19 zeigt, dass das eingefärbte Fluidglas-Szenario nur sehr knapp die maximale Kühlleistung nicht erreicht. Es ist zu berücksichtigen, dass die Kühlleistungen der Fluidglas-Szenarien zur besseren Vergleichbarkeit auf die Raumfläche bezogen abgebildet wurden.

Ihre eigentliche Bezugsgröße ist jedoch die Fensterfläche.

-90

4.2.3 Energiebilanzen

Durch die Energiebilanzen der einzelnen Szenarien sollen die Vor- und Nachteile des Fluidglases im Vergleich zu den Vergleichsszenarien deutlich werden. Zunächst als Benchmark-Szenario die Sonnenschutzverglasung:

Abbildung 20: Energiebilanz; SSV; München, 21.07. TRY

Der Wärmedurchgang, der maßgeblich von der Größe des -Wertes abhängt, ist am Standort München im Verhältnis zu den solaren Gewinnen sehr gering. Zum einen ist dieser bei der SSV mit 0,7W/m²K im Verhältnis zu einer herkömmlichen Zweischeiben-Isolierverglasung, die einen -Wert von ungefähr 2 bis 3W/m²K hat, sehr gering [Datenblatt Zweischeiben-Isolierverglasung]. Zum anderen gilt für den Wärmedurchgang:

̇ ( )

Und somit ist die Temperaturdifferenz zwischen Raumtemperatur und Umgebungstemperatur der zweite entscheidende Faktor. Am Standort München beträgt sie maximal 4,1K.

Obwohl die Sonnenschutzverglasung einen g-Wert von 0,26 hat, während eine herkömmliche Zweischeinen-Isolierverglasung einen g-Wert von 0,78 aufweist, sind die solaren Einträge selbst hier sehr groß. Dies wird besonders deutlich, wenn die solaren Gewinne abgeführt werden sollen, wie in Abbildung 21 zu sehen ist:

-3000 -2000 -1000 0 1000 2000 3000

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Wärmestrom [W]

Stunde [h]

SSV

Heiz-/Kühlbedarf Wärmedurchgang interne Lasten solare Gewinne

Abbildung 21: Energiebilanz, SSV + Kühldecke, 21.07. TRY

Selbst mit einer Kühldecke, die an der kompletten Decke mit einer Oberflächentemperatur von 20°C betrieben wird und damit eine Kühlleistung von 80W/m² erbringt, kann keine ausgeglichene Energiebilanz bewerkstelligt werden. Hier muss man sich jedoch im Klaren darüber sein, dass es sich bei dem betrachteten Tag um den absoluten ‚Worst Case‘

handelt. Es kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der getroffenen Annahmen, wie z.B. die Vernachlässigung der thermischen Masse des Raumes oder Lüftung, ein solches Szenario gänzlich ohne zusätzliche Kühlungsmechanismen betrieben werden kann.

Der Nachweis, inwieweit die Anforderungen an einen sommerlichen Wärmeschutz hier erfüllt wurden, wurde nicht geführt. [6:156]

Während bei der Sonnenschutzverglasung der Wärmedurchgang als Eintrag zu berücksichtigen ist, wird beim Fluidglas über die Verglasungsfläche gekühlt. Über die Wärmetransportmechanismen Strahlung und Konvektion stellt die innere Glasscheibe den Kühlmechanismus der Fluidglas-Szenarien dar.

-3000 -2000 -1000 0 1000 2000 3000

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Wärmestrom [W]

Stunde [h]

SSV + Kühldecke

Heiz-/Kühlbedarf Wärmedurchgang Kühldecke interne Lasten solare Gewinne

Abbildung 22: Energiebilanz, klar, München, 21.07. TRY

Abbildung 22 zeigt sehr deutlich die maximale Leistungsfähigkeit des Fluidglases. Während auch hier gilt, dass dieser Tag einen Extremfall darstellt, wird das klare Fluidglas-Szenario auf das Jahr gesehen ein zusätzliches Kühlsystem benötigen. Der Vergleich zum Szenario SSV zeigt jedoch, dass dieses von geringerer Leistung sein müsste.

Abbildung 23: Energiebilanz, eingefärbt, München, 21.07. TRY

Die in Abbildung 23 dargestellte Energiebilanz des eingefärbten Fluidglas-Szenarios zeigt deutlich den Vorteil der Einfärbung: Die solaren Einträge in den Raum können sehr stark reduziert werden und dementsprechend gering ist der Wärmestrom, der über die innere Fluidschicht abgeführt werden muss. Dadurch reicht die Kühlleistung des Fluidglases aus und es muss kein weiteres Kühlsystem verbaut werden.

-3000

4.2.4 Wärmeströme Definition

Unter einem Wärmestrom versteht man die Enthalpiestromdifferenz der Zustände am Ein- und Austritt eines betrachteten Systems.

Abbildung 24: Wärmeübertragung [24:70]

Für den Wärmestrom gilt:

̇ ̇ ̇

Der Enthalpiestrom stellt die Stromgröße der spezifischen Zustandsgröße Enthalpie dar.

̇ ̇

Für die Enthalpie gilt im Einphasengebiet, dass sie druck- und temperaturabhängig ist.

Im vorliegenden Fall ist die Druckdifferenz zu vernachlässigen, da sich die zu erwartenden Werte weit unter dem Bereich des kritischen Punktes befinden. [24:74]

Somit gilt für die Enthalpie:

Für den Wärmestrom kann im betrachteten Fall die folgende Formel angesetzt werden:

̇ ̇

Bezogen auf die Betrachtung am Fluidglas stellt ̇ den Wärmestrom dar, der zwischen Raum und Fluidschicht, bzw. Umgebung und Fluidschicht ausgetauscht wird. Eine Erhöhung des Wärmestroms zieht damit eine Erhöhung des Massenstroms oder der Temperaturdifferenz mit sich. Beide Regelungsarten sind im Fluidglas-System möglich und können je nach Umgebungsparameter oder Verwendungszweck der Kollektorgewinne gewählt werden. Um diesbezüglich keine Vorauswahl zu treffen, wird in den nachfolgenden Berechnungen davon ausgegangen, dass ein infinitesimales Element vorliegt, das eine konstante Fluidtemperatur besitzt. Bezogen auf die gesamte Fassadenfläche kommt dies dem Fall eines sehr großen Fluidmassenstroms bei sehr kleiner Temperaturdifferenz nahe.

Inwieweit dies zu Ungenauigkeiten führt, wird in Kapitel 7.2 genauer untersucht.

Wärmeströme am Fluidglas

Aus energetischer Sicht liegt die aufgestellte Energiebilanz nahe, dass das eingefärbte Fluidglas-Szenario effizienter arbeitet. Diese Annahme ist in Bezug auf die zu- und abgeführten Wärmeströme, die im Vergleich zum klaren Szenario deutlich geringer sind, korrekt. Allerdings müssen bei der energetischen Betrachtung noch die Fragen berücksichtigt werden: Wie werden die Fluidkreisläufe temperiert? Was geschieht mit den abgeführten Enthalpieströmen?

Um die zwei Szenarien in dieser Hinsicht zu vergleichen, ist der Tagesverlauf der Wärmeströme für das klare Fluidglas in Abbildung 25 aufschlussreich.

Abbildung 25: Wärmeströme bezogen auf die Fensterfläche, klar, München, 21.07. TRY Die innere Fluidschicht hat den größten Wärmestrom abzuführen, da sie für die Raumkühlung zuständig ist. Dadurch, dass die äußere Fluidschicht nicht eingefärbt wird, absorbiert sie einen Anteil von 41,2% der energetischen, solaren Strahlung. Um 16 Uhr hat sich das Wasser in der äußeren Schicht so weit erhitzt, dass die Temperatur der Fluidschicht 40°C erreicht hat und dort gehalten wird. Die Zirkulation des äußeren Fluidkreislaufes beginnt von diesem Zeitpunkt an.

Interessant ist an dieser Stelle der Vergleich zu dem eingefärbten Fluidglas-Szenario in Abbildung 26.

-100 0 100 200 300 400 500

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Wärmestrom [W/m²]

Stunde [h]

Fluidglas klar

äußere Fluidschicht innere Fluidschicht

Abbildung 26: Wärmeströme bezogen auf die Fensterfläche, eingefärbt, München, 21.07.

TRY

Abbildung 26 zeigt deutlich, dass die äußere Fluidschicht durch die Einfärbung den Großteil des solaren Eintrags abführt, während die innere Fluidschicht einen geringeren Wärmestrom als beim klaren Szenario abzuführen hat. Der energetische Absorptionskoeffizient der äußeren Fluidschicht zum Zeitpunkt der maximalen Einfärbung beträgt 78,7%, was zu entsprechend größeren Enthalpieströmen der äußeren Fluidschicht führt.

Über den Tag gesehen ist zu erkennen, dass durch das eingefärbte Fluidglas ein bedeutsam größerer Anteil der abzuführenden Wärme über die äußere Fluidschicht auf hohem Temperaturniveau abgeführt wird, während nur ein geringerer Anteil über die innere Fluidschicht durch Kühlung abgeführt werden muss. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 27 deutlich, welche die kumulierten Wärmeströme von eingefärbtem und klarem Fluidglas zeigt. kumulierte Wärmeströme pro Tag und Fensterfläche [Wh/m²d]

Fluidglas eingefärbt

Fluidglas klar

Mittleres Temperaturniveau des Enthalpiestroms

Diese Verteilung hat großen Einfluss auf die Effizienz und den Energieaufwand einer Fluidtemperierung. Eine nähere Betrachtung findet in Kapitel 4.5 statt.

4.3 Ergebnisse – Dubai

Nachdem gezeigt werden konnte, dass die thermische Behaglichkeit am Standort München durch das Fluidglas gewährleistet werden kann, ist interessant zu sehen, ob dies auch an einem Extremstandort wie Dubai möglich ist. Die entsprechenden Wetterdaten sind in Abbildung 10 dargestellt.

Die Ergebnisse der Berechnung am Standort Dubai werden verkürzt dargestellt und es wird der Fokus auf wesentliche Unterschiede zu den Berechnungen am Standort München gelegt.

4.3.1 Solare Gewinne

Am Standort Dubai sind an einem hochsommerlichen Tag (23.07. TRY) die solaren Gewinne im Vergleich zum Standort München (21.07. TRY) aufgrund des kleineren Breitengrades etwas geringer, während der Verlauf dem Münchner Fall sehr ähnelt.

Abbildung 28: Solare Gewinne bezogen auf die Fensterfläche, Westausrichtung, 23.07., TRY Dubai

Der zeitliche Versatz des Verlaufes ist ebenfalls durch die Nähe zum Äquator zu erklären.

4.3.2 Kühlbedarf

Den entscheidenden Gradmesser zur Leistungsbeurteilung stellt auch hier der zusätzliche Kühlbedarf (Abbildung 29) dar.

0 50 100 150 200 250

1 2 3 4 5 6 7 8 9 101112131415161718192021222324

solarer Eintrag/Fensterfläche [W/m²]

Stunde [h]

Fluidglas eingefärbt Fluidglas klar SSV

SSV München

Abbildung 29: Zusätzlicher Kühlbedarf bezogen auf die Raumfläche, Westausrichtung, 23.07. TRY Dubai

Trotz der wesentlich höheren Umgebungstemperaturen ist der Kühlbedarf aller Szenarien in Dubai verglichen mit München sogar noch um ca. 10% zurückgegangen. Dies liegt an den sehr niedrigen -Werten der Verglasungsszenarien, die den Anteil des Wärmedurchgangs im Verhältnis zu den Einträgen durch Transmission und Sekundärstrahlungseffekte minimieren. So sind zum Zeitpunkt der maximalen Einstrahlung am Standort Dubai die Einträge durch solare Strahlung des Szenarios SSV um den Faktor 15,7 größer als die Einträge aufgrund des Wärmedurchgangs. (Vor-)mittags ist die solare Einstrahlung geringer und daher spielt der Wärmedurchgang mit der Temperaturdifferenz als treibende Kraft wieder eine wichtigere Rolle, weshalb hier der Kühlbedarf beim Szenario SSV größer ist als beim Münchner Fall.

4.3.3 Energiebilanzen

Wie die Ergebnisse des Kühlbedarfs vermuten ließen, ähneln die Energiebilanzen der einzelnen Szenarien am Standort Dubai den Münchner Verläufen stark. Daher wird auf die Darstellung der Energiebilanzen an dieser Stelle verzichtet. Lediglich der Wärmedurchgang der beiden SSV-Szenarien ist verhältnismäßig deutlich angestiegen und daher in Abbildung 30 herauszustellen:

Abbildung 30: Wärmedurchgang SSV bezogen auf die Fensterfläche; Dubai und München im Vergleich

Die Beurteilung des Wärmedurchgangs bei den Fluidglas-Szenarien kann hingegen nur unter Einbeziehung der Enthalpieströme der Fluidschichten durchgeführt werden.

4.3.4 Wärmeströme

Der größte Unterschied zwischen München und Dubai ist anhand der Enthalpieströme der Fluidschichten auszumachen. Vergleicht man Abbildung 31 mit Abbildung 25, so ist zu erkennen, dass das klare Fluidglas-Szenario in Dubai einen deutlich größeren Wärmestrom über die äußere Fluidschicht abführt als in München.

Abbildung 31: Wärmeströme, klar, Dubai, 23.07. TRY

Zudem zeigt Abbildung 31 eine Steigerung der gesamten Wärmeabfuhr der

1 2 3 4 5 6 7 8 9 101112131415161718192021222324

Wärmestrom [W/m²]

Uhr über 40°C liegt10. Dies bedeutet, dass in diesem Zeitraum eine konventionelle Kältemaschine den Fluidstrom rückkühlen müsste. Es wäre allerdings möglich die äußere Fluidschicht auf einem höheren Temperaturniveau zu betreiben. Diese Betrachtung und die damit zusammenhängenden Kollektorgewinne werden an späterer Stelle näher untersucht11. Der Enthalpiestrom der inneren Flüssigkeitsschicht muss in jedem Fall konventionell gekühlt werden, da sie bei beiden Szenarien in einem Temperaturkorridor von 26°C bis 18°C (klar) bzw. 18,9°C (eingefärbt) betrieben wird. Neben dem Vorteil, dass die innere Fluidschicht ein höheres Temperaturniveau als beim klaren Fluidglas besitzt und damit energetisch effizienter gekühlt werden kann, ist der Wärmestrom, wie in Abbildung 32 zu sehen, in diese Schicht beim eingefärbten Fluidglas-Szenario geringer als beim klaren Szenario.

Abbildung 32: Wärmeströme, eingefärbt, Dubai, 23.07. TRY

Abbildung 32 veranschaulicht die Leistungsfähigkeit der äußeren Fluidschicht als Solarkollektor sehr deutlich. Mit einem abgeführten Wärmestrom von bis zu 549W/m² durch die äußere Fluidschicht wird zum einen aufgezeigt, dass die Einfärbung in energetischer Hinsicht sehr effektiv ist und den Kühlbedarf der inneren Fluidschicht reduziert. Zum anderen muss die Verwendung des Fluidglases als Solarkollektor in Betracht gezogen werden.

4.4 Betrieb als Solarkollektor

Für die Beurteilung des Fluidglases hinsichtlich seiner Fähigkeit als solarthermischer Kollektor betrieben zu werden, ist es zunächst notwendig, sich mit den Beurteilungskriterien für Solarkollektoren auseinanderzusetzen.

Ein Kriterium ist der Kollektorwirkungsgrad. Für ihn gilt:

̇

Wobei es sich bei um die Kollektorfläche und bei um die solare Einstrahlung handelt.

Der Kollektorwirkungsgrad ist keine feste Größe, vielmehr kann man durch ihn eine Kollektorkennlinie auftragen, die den Wirkungsgrad in Abhängigkeit zur Temperaturdifferenz zwischen Kollektortemperatur und Umgebungstemperatur, normiert auf die solare Einstrahlung, darstellt. In Abbildung 33 wurde anhand der Daten der Standorte Dubai und München eine solche Kollektorwirkungsgradkennlinie für die äußere Fluidschicht des eingefärbten Fluidglases erstellt.

Abbildung 33: Kollektorwirkungsgradkennlinie Fluidglas

Die Trendlinie der Wirkungsgradkennlinie liefert einen optischen Wirkungsgrad von ca. 73%.

Der optische Wirkungsgrad ist dann erreicht, wenn keine Temperaturdifferenz zwischen Außen- und Kollektortemperatur vorliegt; was dem y-Achsenabschnitt in Abbildung 33

Der optische Wirkungsgrad ist dann erreicht, wenn keine Temperaturdifferenz zwischen Außen- und Kollektortemperatur vorliegt; was dem y-Achsenabschnitt in Abbildung 33