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6 Variation und Verbesserungspotentiale

6.1 Austausch des Glases und der Beschichtungen

Betrachtet man die Energiebilanz des eingefärbten Fluidglases an einem beliebigen Standort und vergleicht diese mit einer konventionellen Verglasung, so ist der einzige Nachteil, der zu erkennen ist, der größere Beleuchtungsbedarf. Dazu kommt die Forderung nach einem möglichst hohen Tageslichtanteil innerhalb des Raumes. Ein hoher Anteil natürlichen Lichtes wirkt sich positiv auf die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden aus. [3:47] Auch hier schneidet das Fluidglas aufgrund des geringen visuellen Transmissionskoeffizienten am schlechtesten ab.

In Anbetracht dieser Tatsachen ist ein Austausch des Glases und der Glasbeschichtungen zur Steigerung des visuellen Transmissionsgrades näher zu untersuchen. Während der erste Fluidglas-Aufbau aus Planilux-Gläsern24 mit einer Planitherm One-Beschichtung bestand, wird durch die Verwendung von Diamant-Glas mit einer Planitherm Max-Beschichtung ein höherer solarer und visueller Transmissionskoeffizient erreicht. Die visuellen Transmissionskoeffizienten beider Aufbauten in Abhängigkeit zur Einfärbung sind in Abbildung 47 ersichtlich.

24 Erklärung Planilux- und Diamant-Glas: Siehe Kapitel 9 Glossar

Abbildung 47: visuelle Transmissionskoeffizenten Diamant- und Planilux-Fluidglas

Die deutliche Erhöhung des visuellen Transmissionskoeffizienten um 38%25 im klaren Zustand ist ein sehr positives Ergebnis des Glas- und Beschichtungswechsels. Messbar wird die Änderung durch einen verringerten Beleuchtungsenergiebedarf werden, während die Steigerung des Tageslichtanteils hier nicht näher erfasst werden kann. Für die energetische Komponente spielt der solare Transmissionskoeffizient in Abbildung 48 eine entscheidende Rolle.

Abbildung 48: solare Transmissionskoeffizenten Diamant- und Planilux-Fluidglas

Wie Anhand des Verlaufes in Abbildung 48 zu erkennen ist, wird der solare Transmissionsgrad ebenfalls erhöht. Hier findet allerdings eine Steigerung um 84%26 im klaren Zustand statt. Da der solare Transmissionskoeffizient zur Kühlperiode möglichst gering gehalten werden sollte, um einen geringen solaren Eintrag zu erhalten, ist diese starke Erhöhung in Hinblick auf den Jahreskühlenergiebedarf sehr kritisch zu sehen. Wie bereits in Kapitel 5.4 aufgezeigt, würde sich ein höherer solarer Transmissionskoeffizient positiv auf den Heizenergiebedarf auswirken. Dies kann aber aufgrund der vernachlässigten thermischen Masse nicht abgebildet werden.

6.1.1 Gesamtbilanz Diamant-Fluidglas München, Süd-West-Ausrichtung

Um abschätzen zu können, inwieweit sich die Änderungen auf die Jahresenergiebilanz auswirken würden, wurde das EES-Modell mit den Parametern des Diamant-Fluidglases aktualisiert und anschließend eine Bilanz am Standort München mit Süd-West-Ausrichtung erstellt. Die in Kapitel 5.2 geltenden Randbedingungen sind auch bei dieser Betrachtung Berechnungsgrundlage. Das EES-Modell (Version 20), das zur Berechnung der Jahresenergiebilanz an dieser Stelle verwendet wurde, unterscheidet sich zum EES-Modell (Version 21), das in den vorangegangenen Kapiteln Verwendung fand, durch die äußeren und inneren Wärmeübergangskoeffizienten.

Tabelle 19: Wärmeübergangskoeffizienten der verschiedenen Versionen des EES-Modells Version Außen [W/m²K] Innen [W/m²K]

EES-Version 20 24 12

EES-Version 21 23 8

Die Werte der früheren Version beruhen auf einer fehlerhaften Annahme, die sich allerdings kaum auf die gesamte Jahresenergiebilanz ausgewirkt haben. Die Änderungen des Heiz- und Kühlenergiebedarfes lagen unter einem Prozent.

In Abbildung 49 sind die Ergebnisse einer Jahresenergiebilanz unter Verwendung von Diamant-Fluidglas unter den genannten Annahmen im Vergleich zur SSV 0,4 dargestellt.

26 Verglichen mit dem solaren Transmissionskoeffizienten des Planilux-Fluidglases

Abbildung 49: Jahresenergiebilanz Diamant-Fluidglas München, Süd-West, Ausschnitt Der Vergleich mit der Sonnenschutzverglasung (SSV 0,4) zeigt bereits, dass die Verwendung des Diamant-Fluidglases keine energetischen Vorteile am Standort München generieren kann. Das klare Diamant-Fluidglas liegt mit seinem Jahresenergiebedarf von 112,1 kWh/m²a sogar deutlich schlechter als die konventionelle Sonnenschutzverglasung (SSV 0,7), die einen Jahresenergiebedarf von 79,5 kWh/m²a aufweist.

Vergleicht man nun die Veränderung der einzelnen Bedarfspositionen in der Bilanzrechnung des eingefärbten Fluidglases zwischen Planilux-Fluidglas und Diamant-Fluidglas in Abbildung 50, so werden daraus die Gründe für diese nachteilige Entwicklung ersichtlich:

Abbildung 50: Jahresenergiebilanz Fluidglas eingefärbt München, Süd-West-Ausrichtung -20

Zum einen ist dies der extrem gestiegene Kühlbedarf. Damit bestätigt sich die Vermutung, die durch die Betrachtung der Transmissionskoeffizienten aufgestellt wurde, dass der verhältnismäßig deutlich größere solare Transmissionskoeffizient einen Kühlbedarf verursacht, der durch den verringerten Beleuchtungsenergiebedarf nicht ausgeglichen werden kann.

Neben dem höheren Kühlbedarf ist auch der gestiegene Heizenergiebedarf aufgefallen. Er ist auf die geänderten Verglasungs- bzw. Beschichtungsparameter zurückzuführen, die offensichtlich zu einem schlechteren -Wert geführt haben ( -Wert Planilux: 0,44 W/m²K;

-Wert Diamant: 0,5 W/m²K).

Hinzu kommen deutlich verringerte Kollektorgewinne, die sich ebenfalls auf die Tatsache zurückführen lassen, dass nach dieser Änderung ein größerer Anteil des energetischen Strahlungsspektrums im Verhältnis zum visuell wahrnehmbaren Spektrum transmittiert wird.

In Abbildung 51 wird der Grund für dieses Verhalten ersichtlich: Der solare Absorptionskoeffizient der äußeren Fluidschicht ( ) ist bei gleichem visuellen Transmissionskoeffizien immer geringer als beim Planilux-Fluidglas.

Abbildung 51: Absorptionskoeffizienten der äußeren Fluidschichten Planilux- und Diamant-Fluidglas

Festzuhalten ist somit, dass der Preis des geringeren Energiebedarfes zur Beleuchtung und des hier nicht weiter quantifizierten größeren Tageslichtanteils einen höheren Jahresenergiebedarf darstellt. Dieser Rückschluss kann allerdings nur unter begrenzter Gültigkeit gezogen werden, da auch hier thermische Speicherungseffekte vernachlässigt wurden. In der Realität ist ein im Verhältnis zum Planilux-Fluidglas geringerer

Letztendlich wird sich ein Architekt bei der Wahl des Fluidglases zwischen energetischen Vorteilen im Sommer und einer verbesserten visuellen Behaglichkeit zu Zeiten schwacher Einstrahlung entscheiden müssen. Je nördlicher der Standort des Gebäudes liegt, desto größer ist der Anteil an Stunden schwacher Einstrahlung, wodurch die Verwendung eines Diamant-Fluidglases immer attraktiver werden würde.

Eine Kombination aus hohem visuellen Transmissionskoeffizienten im klaren Zustand und einem Einfärbeverhalten mit hoher energetischer Absorption ist anzustreben. Während der hohe visuelle Transmissionskoeffizient im klaren Zustand durch das Diamant-Fluidglas erreicht werden konnte, bietet eine Optimierung des Färbemittels ein weiteres Verbesserungspotential.