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Steuerungskonzepte für Prozesse ohne Rückführung der

3.2 Konzepte zur Steuerung offener Regelkreise

3.2.2 Steuerungskonzepte für Prozesse ohne Rückführung der

werden können, ist eine konventionelle Regelung nicht möglich. Die regelungs-technische Herausforderung wird umso anspruchsvoller, je weniger über den Pro-zess bekannt ist (KOFAHL 1988, S. 6).

Die Optimalsteuerung beschäftigt sich aus mathematischer Sicht mit der Vorgabe optimaler Verläufe und Stellgrößen. Hierfür werden das Prozessverhalten sowie die Randbedingungen explizit berücksichtigt. Es wird zwischen direkten und indi-rekten Lösungsverfahren für Optimalsteuerungsprobleme unterschieden, für wel-che wiederum eine Vielzahl von Realisierungsalternativen bekannt ist. Eine Über-sicht bietet GERDTS 2009. Da diese Verfahren stark mathematisch motiviert sind, ist zu deren Lösung eine formale Beschreibung des Systemverhaltens notwendig (LÖFFLER 2000, S. 43). Für viele Fertigungsprozesse existieren jedoch selten umfängliche Modelle, die insbesondere die Variabilität einzelner Parameter be-rücksichtigen. Speziell für die Farbdichteregelung existieren keine umfassenden und exakten Modelle, wodurch deren Anwendung deutlich erschwert ist.

Die Steuerung offener Prozessketten ohne die Nutzung von Simulationsmodellen wird in der Wissenschaft selten thematisiert. Eine gezielte Einflussnahme auf den Prozess setzt die Rückführung der Prozessausgangsgröße(n) oder zumindest von Zustandsgrößen des Prozesses voraus, sodass sich zumindest die wirksamen Störungen identifizieren und kompensieren lassen (PFLEGHAAR 2014).

Prozesse, bei denen die Ausgangsgrößen nicht unmittelbar zur Verfügung stehen, werden meist nicht mithilfe von regelungstechnischen Methoden behandelt. Viel-mehr erfolgt der Versuch, anhand einer Prozessanalyse und definierter Testreihen die Prozesskenntnis zu erhöhen sowie Einflussgrößen zu identifizieren. Dabei werden die optimalen Parameterkombinationen und Einstellungen ermittelt, die für eine stabile Prozessführung und zur Erreichung der Zielgrößen notwendig sind.

Dieses Vorgehen wird als „Prozessoptimierung“ bezeichnet (NEUGEBAU-ER ET AL. 2008).

Im Kontext von Fertigungsprozessen sind die Zielgrößen die erforderlichen Eigen-schaften des zu fertigenden Produkts wie Festigkeit, Oberflächengüte oder Maß-haltigkeit. Die Messung dieser Größen erfolgt oft erst nach Abschluss des Bearbei-tungsschritts, entweder noch direkt in der Maschine oder an einem speziellen Messplatz (Labor, Prüfstand, Messraum). Eine prozessintegrierte Messung ist nur in wenigen Fällen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten umsetzbar. Im Prozess werden jedoch in vielen Fällen bereits Zustandsgrößen gemessen, welche Rück-schlüsse auf die gewünschten Qualitätsgrößen zulassen. Falls dies nicht möglich ist, werden vordefinierte und erprobte Initialwerte eingesetzt. Beispiele hierfür fin-den sich in allen Produktionsprozessen nach DIN 8580, wie Abbildung 15 bei-spielhaft darstellt.

Abbildung 15: Strukturierung der Qualitätsregelung bei verschiedenen Fertigungsverfahren (beispielhafte Aufführung)

Exemplarisch soll das bevorzugte Vorgehen anhand der zerspanenden Fertigung gezeigt werden. Ziel der zerspanenden Fertigung ist die Sicherstellung der Maß-haltigkeit sowie der notwendigen Oberflächengüte aller Geometrieelemente wie Bohrungen, Passungen oder Konturen. Diese Größen stellen die Qualitätsgrößen dar. Zustandsgrößen des Prozesses sind die Werkzeugbelastungen, die

Emissio-Reifegrad der Qualitätsregelung

Fertigungsverfahren nach DIN 8580

1 Urformen 2 Umformen 3 Trennen 4 Fügen 5 Beschichten

Vorgabe von

Die zugrundeliegenden Versuchsreihen oder Simulationen berücksichtigen weitere sekundäre Zielgrößen wie Verschleißminimierung, Maximierung der Wirtschaft-lichkeit oder robustes Prozessverhalten gegenüber Störgrößen. Die Erprobungs-phase ist im oberen Bereich von Abbildung 16 zu sehen. Die ermittelten Parame-tersätze werden der Produktion übergeben und dienen als Vorgabewerte. Die Auf-gabe des Maschinenbedieners in der Produktion ist es, die realen Rahmenbedin-gungen des Prozesses möglichst den IdealbedinRahmenbedin-gungen anzupassen. Verbleiben-de Abweichungen aufgrund von Störungen oVerbleiben-der anVerbleiben-derweitigen Einschränkungen kompensiert der Maschinenbediener, wie im unteren Bereich von Abbildung 16 (Produktionsphase) dargestellt ist. Der Anwender bewertet die Qualitätsgrößen sowie optional weitere Zustandsgrößen (zum Beispiel Schwingungen) und passt die Stellgrößen an.

Abbildung 16: Trennung zwischen Erprobungs- und Produktionsphase bei Prozessen ohne direkte Ausgangsgrößenrückführung (eigene Darstellung)

Bei diesem Vorgehen ist zu beachten, dass in der Produktionsphase nicht immer ein geschlossener Regelkreis bezüglich der Qualitätsparameter realisierbar ist, weshalb Abweichungen von der gewünschten Produktqualität vorkommen können.

Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass ausschließlich messbare Einflussgrö-ßen zu berücksichtigen sind und das Maschinenverhalten während der Erprobung mit der Produktionsphase übereinstimmt, was nicht für alle Prozesse vorausge-setzt werden kann (KLEPPMANN 2001, S. 244). Aktuelle Forschungsarbeiten nut-zen modellbasierte Regelungsverfahren, um die Gütekriterien wie die Oberflä-chengüte anhand von Prozessgrößen zu schätzen und dementsprechend die Ma-schinenstellgrößen anzupassen (CUS & ZUPERL 2015, KIRBY ET AL 2006).

Aus diesem Grund werden auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements unter-schiedliche Methoden mit dem Ziel eingesetzt, das Auftreten von Störgrößen und deren Auswirkungen auf die Produktion zu minimieren (6-M-Methode, Prozess-FMEA), um somit die Prozessfähigkeit zu erhöhen (LINß 2011; HANSEN 2000).

Verbleibende Störgrößen können teilweise durch die Anpassung von Stellgrößen kompensiert werden. Das Anpassen der Stellgrößen erfordert jedoch hohes Pro-zesswissen, um andere Qualitätsgrößen nicht negativ zu beeinflussen.

Vordefinierte Initialwerte eignen sich sehr gut für Prozesse, welche wenige domi-nierende Einflussgrößen aufweisen und die Auswirkungen der weiteren Größen vergleichsweise gering sind in Relation zur zulässigen Toleranz. Sind diese Rah-menbedingungen nicht gegeben, müssten für alle möglichen Parameterkombinati-onen Vorversuche durchgeführt werden, was sehr zeit- und kostenaufwändig ist (ADAM 2012, S. 6; KLEPPMANN 2001, S. 3). Eine Reduzierung des Testumfangs wird bei der statistischen Versuchsplanung durch die gezielte Wahl der Einfluss-größen, der Parameterkombinationen sowie der Faktorstufen erreicht (KLEPP-MANN 2001; SCHEFFLER 1986). Dieses Vorgehen ist jedoch nur möglich, falls sich die Einflussgrößen gezielt verändern lassen. Eine solches Anpassen ist der Regelung der optischen Dichte nicht bei allen Größen möglich, da beispielsweise das Druckbild sowie das Papier durch den Kunden vorgegeben sind und nicht be-liebig verändert werden können.

Eine Prozesssteuerung lässt sich bei konstanten und gut reproduzierbaren Pro-zessen sehr gut eingesetzen. Falls jedoch die Prozesse von mehreren Größen beeinflusst werden, erhöht sich der Aufwand zur Steuerung exponentiell und das Risiko einer Qualtitäsminderung nimmt stark zu.