• Keine Ergebnisse gefunden

3.3.1 Charakterisierung von Einflussgrößen

Nach Taguchi können alle Einflussgrößen in Steuer- und Rauschgrößen (KLEPP-MANN 2001, S. 155) unterteilt werden, wie Abbildung 17 zeigt.

Abbildung 17: Kategorisierung der Einflussgrößen in Steuer- und

Rauschgrößen (eigene Darstellung nach KLEPPMANN 2001)

Steuergrößen, die im regelungstechnischen Umfeld als „Stellgrößen“ bezeichnet werden, lassen sich bewusst verändern. Bei Rauschgrößen ist dies nicht der Fall.

Rausch- oder Störgrößen können beliebige Verläufe annehmen und sind nicht o-der nur ungenügend beeinflussbar. Sie veräno-dern den Prozess und damit die Qua-lität der Ausgangsprodukte, weshalb ihr Einfluss minimiert werden sollte. Diese Minimierung ist jedoch mit teils hohen Aufwänden verbunden, weshalb vorab de-ren Relevanz überprüft werden muss.

3.3.2 Auswahl der Einflussgrößen

Die Auswahl und Priorisierung von Einflussgrößen für die Prozessregelung erfolgt in erster Linie aufgrund von Angaben in der Literatur, Expertenwissen oder Erfah-rungen (BERGER 2013, S. 2). Im Bereich der Prozessoptimierung stellt KLEPP-MANN 2001 ein Bewertungsverfahren für Einflussgrößen vor, welches eine analy-tische sowie eine simulative Phase beinhaltet. Es ist eine Kombination aus ver-schiedenen Ansätzen (Abbildung 18).

Einflussgröße

Steuergröße (Stellgröße)

Rauschgröße (Störgröße)

Abbildung 18: Priorisierung von Einflussgrößen durch analytische und

expertimentelle Bewertungsmethoden nach KLEPPMANN 2001 Basierend auf der Ermittlung möglicher Einflussfaktoren schließt sich eine Vor-auswahl sowie die quantitative Bewertung der verbleibenden Größen an. Die Be-wertung erfolgt anhand der Kriterien Relevanz der Größe, Genauigkeit und Auf-wand zur Vorgabe der Einflussgröße. Diese Kriterien ermöglichen eine objektive Auswahl der Größen, welche in den nächsten Schritten durch simulative oder ex-perimentelle Voruntersuchungen fundiert miteiander verglichen werden sollen. Der Vergleich dient dazu, die Anzahl der Einflussgrößen auf drei bis sechs zu reduzie-ren. Für die Auswertung der Versuche sollen statistische Methoden eingesetzt

vermutete Auswirkung auf

den Prozess

Genauigkeit und Reproduzierbarkeit

der Einstellung

Komponen-tentausch

Multi-Vari-Bild

paarweiser Vergleich

Variablen-vergleich vollständiger

Versuch Vergleich

A zu B Streu-diagramme

Aufwand zur Vorgabe der Einflussgrößen

a naly tis c he Bew ert ung s im ulat iv e /ex perim ent elle Bew ert ung

Auswahl wesentlicher Einflussgrößen Brainstorming (oder vergleichbare Methoden) und Vorauswahl zur Ermittlung möglicher Einflussfaktoren

chen und der Dynamik der Störgrößen. Implizit kann daraus gefolgert werden, dass die Auswahl aufgrund der bisherigen Erfahrungen und der Literaturrecherche erfolgt (BERGER 2013, S. 1).

BERGER 2013 beschreibt ein umfassendes Vorgehen zur Identifikation relevanter Einflussgrößen, um negative Auswirkungen bei beliebigen Prozessen zu minimie-ren. Eine quantitative Bewertung von Einflussgrößen wird nicht vorgeschlagen, was jedoch für eine fundierte Bewertung und Priorisierung notwendig erscheint.

3.3.3 Robuste und adaptive Regelung

Um eine hochwertige Prozessführung sicherzustellen, sind zumindest die wichtigs-ten Einflussgrößen zu berücksichtigen. Dies kann explizit durch die Anwendung robuster oder adaptiver Regelungskonzepte erfolgen (CAMACHO & BORDONS 2007, S. 235; FÖLLINGER 1971; YAO 1996).

Robuste Regelungskonzepte tolerieren die Variabilität der Streckenparameter in definierten Grenzen und ermöglichen einen guten Kompromiss zwischen Regler-performance und Stabilität bei nicht konstantem Systemverhalten. Dabei können sowohl variierende Streckenparameter als auch veränderliche Strukturen der Strecken voneinander unterschieden werden (ODENTHAL 2010; AL-BERTOS 2009; MÜLLER 1996; ACKERMANN 1993; FÖLLINGER 1971). Die Re-gelungsdynamik wird zugunsten eines vergrößerten Stabilitätsraums leicht redu-ziert.

Im Vergleich zur robusten Reglerauslegung kompensieren adaptive Konzepte die-se Schwankungen, indem die Reglerparameter in pasdie-sender Weidie-se nachgeführt werden. Adaptive Regelungskonzepte erreichen dadurch eine hohe Regelungs-qualität und Regelungsdynamik mit einem stabilen Systemverhalten (SCHRÖDER 2014; SCHULZ 2002; FÖLLINGER 1998; FÖLLINGER 1971; ZYPKIN 1966). Not-wendigerweise müssen Veränderungen der Regelstrecke erkannt und den Ursa-chen zugerechnet werden, was direkt über die Messung des Streckenausgangs oder indirekt durch die Messung von Einfluss- oder Zustandsgrößen möglich ist.

Eine Übersicht der verschiedenen Identifikationsmöglichkeiten ist in Abbildung 19 nach FÖLLINGER 1971 dargestellt.

Abbildung 19: Identifikationsmöglichkeiten der Streckenparameter (eigene Darstellung in Anlehnung an FÖLLINGER 1971)

Die identifizierten Streckenparameter werden genutzt, um die Struktur oder die Parameter des Reglers oder eines Referenzmodells nach Kapitel 3.4.1 anzupas-sen (BLACK 2014; AHMAD 2013; FEILER 2004; FÖLLINGER 1988).

Abbildung 20 a zeigt eine adaptive Regelung ohne ein Vergleichsmodell, welche die Reglerparameter anhand des Streckenverhaltens anpasst („Self Tuning Regu-lator“). Ein Referenzmodell gemäß Abbildung 20 b kann dazu dienen, um das rea-le Streckenverhalten zu bewerten oder Vorhersagen über die optimarea-len Stellgrö-ßen zu treffen. Für beide Konzepte existiert diverse Grundlagenliteratur (LANDAU 2011; FÖLLINGER & WEBER 1971) sowie auch Anwendungsbeispiele (AHMAD 2013; HÖCHT 2013; LI ET AL. 2013; LU ET AL. 2013).

Abbildung 20 a: Adaptiver Regelkreis ohne ein Vergleichsmodell (UNBEHAUEN 1988)

Abbildung 20 b: Modellbasierte Regelung mithilfe eines adaptiven Referenzmodells (MRAC) nach

Erkennung/

Die Leistungsfähigkeit adaptiver Systeme wurde bei diversen Anwendungen nachgewiesen. Sie eignen sich insbesondere dann, wenn wenige dominierende Einflussgrößen existieren oder die Systemantwort jederzeit gemessen werden kann (CAO 2012; KLOCKE 2010; CONG 2009; YOU 2009; FOLRIN 2006; AN-DERSON 2005; MAYOSKY 1999). Für den erfolgreichen Einsatz adaptiver Kon-zepte ist es notwendig, dass das Streckenverhalten einschließlich möglicher Pa-rameteränderungen möglichst exakt beschrieben werden kann.

Neben realen Parameteränderungen können Störgrößen ebenfalls ein verändertes Systemverhalten bewirken. Bei der Parameterschätzung kann dies als Parame-teränderungen fehlinterpretiert werden (FEILER 2004). Deshalb werden adaptive Regler teilweise mit robusten Reglerkonzepten kombiniert (SASTRY 2011;

HU 2010; YANG 2001; YAO 1996). Für die Farbdichteregelung sind diese Verfah-ren nicht unmittelbar einsetzbar, da der Streckenausgang bei Druckbeginn nicht stetig gemessen und das Verhalten des Farbwerks nicht ausreichend exakt model-liert werden kann.

Bei einer gesteuerten Adaption werden die Reglerparameter aufgrund gemesse-ner Einflussgrößen an das veränderte Streckenverhalten angepasst. Der Zusam-menhang zwischen den optimalen Reglerparametern und der Einflussgrößen muss jedoch bekannt sein (LANDAU 2011; ENKE 2007, S. 2; MOSANDL 2004), was insbesondere bei vielen Störgrößen aufwändig ist (HAMANN 2003). Im Off-setdruck existieren viele Einflussgrößen mit unbekannten Wechselwirkungen auf den Druckprozess (DECKER 1974; WIRZ 1963). Für die Umsetzung einer ge-steuerten Parameteradaption ist es notwendig, die optimalen Parameter zu be-stimmen und deren Zusammenhänge mit den Einflussgrößen nachzubilden, was trotz der zahlreichen erfolgten Versuche bisher nicht möglich ist.