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Teil 3: Maßnahmen zur Förderung der Nutzung und des Erwerbs selbstgenutzten Wohneigentums

A. Die Befreiung der Mietwerte von der Einkommensteuer

2. Kritische Würdigung

2.1. Steuersystematische Beurteilung 1

Die Grundförderung, die Vorkostenabzugsregelung und den beschränkten Schuldzinsenabzug hat der Gesetzgeber innerhalb der Sonderausgaben angesie-delt. Beim Erwerb bzw. der Selbstnutzung von Wohneigentum handelt es sich per Definition seit dem 1.1.1987 um privaten Konsum. Aufwendungen für den Konsum gehören in den Bereich der Einkommensverwendung und bleiben deshalb bei der Einkommensbesteuerung außer Betracht. Da die Aufwendungen, die der Steuerpflichtige tätigt, somit auch mit keiner Einkunftsart im Zusam-menhang stehen, können sie weder als Werbungskosten noch als Betriebsausga-ben geltend gemacht werden. Sie haBetriebsausga-ben deshalb im System der Einkommen-steuer bei der Ermittlung der objektiven Bemessungsgrundlage für das zu versteuernde Einkommen keinen Platz.

Die einzige technische Möglichkeit, die der Gesetzgeber hatte, um diese Ab-züge von der Bemessungsgrundlage im Steuersystem unterzubringen, war die Form der Sonderausgaben. Das Institut der Sonderausgaben dient dazu, Sach-verhalte, die im subjektiven Bereich liegen, steuerlich zu berücksichtigen.

Sonderausgabenabzüge knüpfen nicht an der Einkommensentstehung, sondern an der Einkommensverwendung an. Diese Abzüge von der Bemessungsgrundla-ge sind nur in weniBemessungsgrundla-gen Fällen zu rechtfertiBemessungsgrundla-gen, sofern man das Ziel der Be-steuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht aufgeben möchte. 2 Sowohl der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, als auch die Steuerreformkommission haben sich deshalb dafür ausgesprochen, Sonderaus-gaben im wesentlichen nur für grundsätzlich nicht disponible Einkommensteile zuzulassen.3 Dabei handelt es sich um Einkommensteile, über deren Verwen-dung der Steuerpflichtige nicht frei verfügen kann, deren VerwenVerwen-dung vielmehr durch staatliche Auflagen z.B. in Form von Zwangsbeiträgen bestimmt ist. Im

1 Die zentralen Kritikpunkte an den Maßnahmen des Wohneigentumsförderungs-gesetzes und vor allem die quantitative Analyse sind zu finden in: Oberhauser, A./Rüsch, Ch., Wohneigentumsförderung an den Familien vorbei, in: Wirtschafts-dienst, 72. Jg., 1992, S. 315ff.

2 Der§ 10 EStG enthält außer dem § lOe EStG eine Vielzahl von Sonderausgaben-abzügen, deren Berechtigung jeweils eine eigene Betrachtung erfordert.

3 Vgl. Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Gutachten zur Reform der direkten Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögen-steuer und ErbschaftVermögen-steuer) in der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 343ff.

Gutachten der Steuerreformkommission 1971, a.a.O., S. 122ff.

wesentlichen sind dies die Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung bzw.

den Krankheitsfall. 1

Grundlage der Besteuerung soll damit das disponible Einkommen sein, das sich von der objektiven Bemessungsgrundlage des zu versteuernden Einkommens im wesentlichen nur im Umfang der gesetzlichen Vorsorgeaufwendungen unter-scheidet. Neben diesen Vorsorgeaufwendungen sind die Sonderausgabenabzüge nach § 1 Oe EStG nun zur quantitativ bedeutendsten Position innerhalb des Instituts der Sonderausgaben geworden. Beim Erwerb neuerstellten Wohn-eigentums übersteigen sie während des Vergünstigungszeitraum die berücksich-tigungsfähigen Vorsorgeaufwendungen durchschnittlicher Steuerpflichtiger sogar bei weitem.

In der Literatur wird stellenweise eine Analogie zwischen der Anschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum und der privaten (Alters-)Vorsorge gebildet. Es wird davon ausgegangen, daß mit der Anschaffung von selbstgenutztem Wohn-eigentum der Steuerpflichtige individuelle Vorsorge für das Alter betreibt (lastenfreies Wohnen im Alter) und damit ein Abzug als Sonderausgaben(§ lOe EStG), in gleicher Weise wie für die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversiche-rung zu rechtfertigen ist. 2 Diese Analogie kann einer genaueren Analyse jedoch nicht standhalten. Die gesetzlichen Vorsorgeaufwendungen umfassen bereits die steuerlich förderungswürdige Altersvorsorgebeiträge, so daß es im Umfang der Sonderausgabenabzüge nach § lOe EStG zu einer Subventionierung von Vor-sorgeaufwendungen über die förderungswürdige Mindestvorsorge hinaus kommt. Aufwendungen für die Altersvorsorge sind eindeutig von Zahlungen für die Vermögensbildung zu trennen. 3 Die Wohneigentumsbildung stellt aber zweifelsohne Vermögensbildung dar. Außerdem unterliegen zumindest die Ertragsbestandteile bei den später empfangenen Rentenleistungen der

Steuer-1 Für nicht sozialversicherungspflichtige Steuerpflichtige, Freiberufler und Unter-nehmer sind freiwillige Vorsorgeaufwendungen ebenfalls in gleichem Umfang zu berücksichtigen, da diese Aufwendungen den Charakter von Quasizwangsbeitrligen haben. Vgl. Wissenschaftliche Beirat beim BMF, Gutachten zur Reform der direk-ten Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer und Erb-schaftsteuer in der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 343.

2 Vgl. Eekhoff, J., Wohnungspolitik, a.a.O., S. 50.

3 Vgl. Gutachten der Steuerreformkommission 1971, a.a.O., S. 127.

pflicht, 1 was beim selbstgenutzten Wohneigentum mit der Konsumgutlösung nicht mehr der Fall ist.

Die Ausgaben der Erwerber selbstgenutzten Wohneigentums bestehen in Ab-hängigkeit von der Verschuldung im wesentlichen aus Zins- und Tilgungs-leistungen. Im Umfang der Tilgungsleistungen kommt es im Regelfall zur Vermögensbildung.2 Der Gesetzgeber gestattet es, in begrenztem Umfang Einkommensteile, die zur privaten Ersparnisbildung verwendet werden, als Sonderausgabenabzug geltend zu machen (z.B. Bausparkassenbeiträge). Es fragt sich deshalb, ob die Förderung nach § lOe EStG nicht entsprechend gerecht-fertigt werden kann. Doch ist auch dies nicht der Fall, weil bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage des zu versteuernden Einkommens spezifische For-men der EinkomFor-mensverwendung, vor allem auch Aufwendungen zur Ver-mögensbildung, außer Betracht bleiben sollten. 3 Diese sonstigen systemfremden Maßnahmen, die der Vermögensbildung dienen sollen, sind allerdings im Verhältnis zu den Maßnahmen des § lOe EStG quantitativ von untergeordneter Bedeutung.

Ähnlich verhält es sich mit Schuldzinsaufwendungen bzw. mit dem beschränk-ten Schuldzinsenabzug und der Vorkosbeschränk-tenabzugsregelung, sofern sie sich auf Kapitalkosten beziehen. Der Aufwand für Schuldzinsen steht ebenfalls in

1 Die Form der heutigen steuerlichen Berücksichtigung von Alterseinkünften ist nach steuersystematischen und verteilungspolitischen Gesichtspunkten ebenfalls unbefrie-digend ausgestaltet. Eine korrekte Besteuerung im Sinne der Einkommensteuer würde ein Freistellung von Vorsorgeaufwendungen für die private Altersvorsorge nach dem Korrespondenzprinzip nur dann rechtfertigen, wenn die später empfange-nen Rentenleistungen in vollem Umfang der Besteuerung unterliegen würden, was heute nicht gegeben ist.

2 Dies gilt dann, wenn die Tilgungsleistungen größer als der nominale Werteverzehr sind, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann.

3 Der wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen hat sich eben-falls gegen eine Förderung der Vermögensbildung im Rahmen der Sonderausgaben-abzüge ausgesprochen und statt dessen für die Gewährung von Sparprämien plä-diert. Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Gut-achten zur Reform der direkten Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer und Erbschaftsteuer) in der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 344. Die Sparprämien könnten mit der Steuerschuld verrechnet werden. Al-lerdings müßten Prämien, die nicht durch individuelle Steuerschulden gedeckt sind, ausbezahlt werden.

keinem Zusammenhang mit einer steuerpflichtigen Einkunftsart, weshalb ein Abzug von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer1 im Steuersystem keinen Platz mehr hatte. Im Umfang der gezahlten Schuldzinsen kommt es weder zu Vermögensbildung, noch dienen diese Ausgaben der Altersvorsorge;

insofern sind sie getrennt zu betrachten. Es könnte sich nämlich die Frage stellen, ob es sich dabei nicht um eine Minderung des disponiblen Einkommens handelt, da der Geförderte diesen Zahlungsverpflichtungen zweifelsohne nach-kommen muß. Doch können auch diese Sonderausgabenabzüge nicht gerecht-fertigt werden. Die Aufwendungen, die getätigt werden, erfolgen für ein Kon-sumgut. Qualitativ unterscheiden sie sich nicht von den Zahlungsverpflich-tungen, denen beispielsweise der Mieter nachkommen muß, auch wenn sie im Regelfall höher ausfallen. In dem Umfang, in dem diese Aufwendungen zur Sicherung der Existenz notwendig sind, werden sie bereits innerhalb der Grund-freibeträge bei der Besteuerung berücksichtigt. 2

Die Sonderausgabenabzüge des § lOe EStG finden im Rahmen der Einkom-mensbesteuerung somit keine Rechtfertigung. Sie können auch nicht mit einem Verweis auf sonstige Sonderausgabenabzüge begründet werden, da sie weder Vorsorgeaufwendungen gleichzustellen sind, noch das disponible Einkommen tangieren und als vermögensbildende Maßnahmen innerhalb der Sonderaus-gabenabzüge systemfremd sind. Sie sind aus steuersystematischer Sicht ein Fremdkörper, was zum Zeitpunkt ihrer Einführung bereits bekannt war.3 Das sogenannte Baukindergeld (§ 34f EStG) in Höhe von 1.000 DM je Kind, ist von den oben genannten Fördermaßnahmen zu unterscheiden. Es mindert nicht die Bemessungsgrundlage des zu versteuernden Einkommens, sondern kann von der Steuerschuld abgezogen werden. D.h., der Staat stellt hier nicht wie bei den Sonderausgabenabzügen Einkommensteile von der Besteuerung frei, sondern er verzichtet auf einen Teil der Steuerschuld. Dies bedeutet zunächst

1 Zu den Begriffen, objektive und subjektive Bemessungsgrundlage des zu versteu-ernden Einkommens vgl. Teil 1 B. 2. bzw. B. 3.

2 Ob diese Grundfreibeträge im heutigen Steuertarif zur Bestreitung der ex.istenzsi-chernden Ausgaben genügen, ist umstritten, doch bedarf dies einer gesonderten Klärung und kann nicht mit anderen Zielsetzungen vermischt werden.

3 Vgl., Oberhauser, A., Stellungnahme vor dem Finanzausschuß des Deutschen Bun-destages zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der steuerli-chen Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums am 23.10.1985.

nur, daß alle Geförderten die gleiche Subvention erhalten, sofern sie nach Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach § lOe EStG über ein zu versteuernde Einkommen verfügen, bei dem die Steuerschuld hoch genug ist, damit die Vergünstigung in Anspruch genommen werden kann. Die Maßnahme scheint nur auf den ersten Blick unproblematisch zu sein. Sie setzt an der Existenz einer Steuerschuld an. Daran wird besonders deutlich, daß verteilungspolitische und fiskalische Ziele miteinander vermischt und nicht deutlich voneinander getrennt werden.

Es bleibt dem Gesetzgeber vorbehalten, aufgrund außerfiskalischer Zielsetzun-gen, hier aus verteilungspolitischen ZielsetzunZielsetzun-gen, Subventionen in Abhängig-keit von bestimmten Merkmalen zu gewähren. Diese Subventionen können getrennt von der Besteuerung ausbezahlt werden, wie dies beispielsweise beim Wohngeld oder beim Kindergeld geschieht. Sofern es der Gesetzgeber gestattet, einen Abzug von der Steuerschuld vorzunehmen, handelt es sich um die Ver-rechnung zweier Ansprüche. Zum einen um den Anspruch des Staates an den Steuerpflichtigen, eine im wesentlichen aufgrund objektiver Kriterien ermittelte Steuerschuld zu begleichen, und zum anderen um den für alle Bürger gleichen Anspruch an den Staat, aufgrund gleicher Merkmale eine Subvention zu emp-fangen.

Die Gewährung der Subvention über das Steuersystem ist mithin ein rein technischer Akt. Aus steuersystematischen Gründen gibt es hiergegen keinen Einwand. Sofern allerdings die Steuerschuld nicht ausreicht, um das Baukinder-geld in Anspruch zu nehmen, müßte der entprechende Teil ausbezahlt werden.

Dies geschieht im gegenwärtigen System nicht. Folglich handelt es sich nur noch bedingt um eine gleiche Subvention. Gerade diejenigen, die die Subven-tion am dringendsten benötigen, werden ausgeschlossen.

Das gesamte Fördersystem weist somit, zum Teil wegen laufend variierender Zielsetzungen, zum Teil aber auch von Anfang an, innere Widersprüche auf.

Minderungen der Bemessungsgrundlage des zu versteuernden Einkommens sind nur zu rechtfertigen, sofern die subjektive steuerliche Leistungsfähigkeit durch die berücksichtigten Abzugsbeträge tatsächlich gemindert ist. Die Sonderaus-gabenabzüge des § lOe EStG sind dem irrtümlichen Glauben des Gesetzgebers zuzuschreiben, daß dies bei der Wohneigentumsförderung der Fall sei. Wenn dies zuträfe, dürfte es keine Einkommensgrenzen geben, da die Leistungs-fähigkeit unabhängig von der Einkommenshöhe zurückgehen würde. Seit dem 176

1.1.1992 können die Grundförderung, die Vorkostenabzugsregelung und das Baukindergeld jedoch nur in Anspruch genommen werden, sofern das zu versteuernde Jahreseinkommen unter 120.000 DM (240.000 DM bei verheirate-ten Steuerpflichtigen) liegt. Abgesehen von der allgemeinen Problematik der-artiger Sprungstellen in Fördersystemen verwickelt sich der Gesetzgeber durch diese Einkommensgrenzen in Widersprüche. Da er eine einkommensabhängige Begrenzung für die Inanspruchnahme der Fördermaßnahmen für zulässig hält, bringt er implizit zum Ausdruck, daß durch die Wohneigentumsbildung eine Minderung der subjektiven steuerlichen Leistungsfähigkeit nicht vorliegt. Damit dürfte der gesamte § lOe EStG keine Berechtigung haben.

Das gleiche gilt für die Betrachtung der Maßnahmen des § lOe EStG im Zu-sammenhang mit der allgemeinen Vorgehensweise bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens. Seit dem V eranlagungszeitraum 1993 gilt für geringverdienende Steuerpflichtige eine gesonderte Steuertabelle. Mit dieser Tabelle soll sichergestellt werden, daß der Lebensunterhalt (sozioökonomisches Existenzminimum) nach der Besteuerung aus dem eigenen Einkommen begli-chen werden kann, sofern das aus dem Bruttoeinkommen möglich war1• Liegt das zu versteuernde Einkommen unter den Grenzen, unter denen die Einkom-mensteuertabelle mit den niedrigeren durchschnittlichen2 Steuersätzen zur Anwendung kommt, kann der Steuerpflichtige diese Tabelle nur in Anspruch nehmen, sofern er nicht aufgrund der Sonderausgabenabzüge des § IOe EStG unter diese Grenze fällt. 3 Damit soll anscheinend sicher gestellt werden, daß sich Steuerpflichtige nicht ärmer darstellen, als sie in Wirklichkeit sind, und deshalb ungerechtfertigterweise in den Genuß der niedrigeren Steuersätze kommen. Diese Regelung ist genauso inkonsequent wie die Einkommensförder-grenzen. Wenn durch die Wohneigentumsbildung eine Minderung der steuerli-chen Leistungsfähigkeit vorläge, müßte dies in allen Einkommensbereisteuerli-chen bei der Ermittlung der Steuerschuld ohne Vorbehalte berücksichtigt werden. Auch

1 Zur gesonderten Tabelle vgl. BMF - Finanznachrichten 4/93. Diese Maßnahme ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der Grundfreibeträge. Vgl. BVerfG, Beschluß vom 25.9.1992, a.a.O.

2 Die Grenzsteuersätze steigen in dieser Tabelle bis auf 67 v .H. an, wobei die Durch-schnittsbelastung dennoch unterhalb der Belastung des normalen Steuertarifs bleibt, da relativ hohe Grundfreibeträge gewährt werden.

3 Vgl. BMF - Finanznachrichten 4/93.

mit dieser Maßnahme bringt der Gesetzgeber folglich implizit zum Ausdruck, daß nach seiner Meinung die Sonderausgabenabzüge des § lOe EStG die Be-messungsgrundlage für die Einkommensteuer eigentlich nicht berühren.

Neben diesen Widersprüchen, die in jüngster Zeit im wesentlichen auf knappe Haushaltsmittel zurückzuführen sind, besteht von Anfang an ein systemimma-nenter Widerspruch, nämlich der gleichzeitigen Existenz von Minderungen der Bemessungsgrundlage nach § lOe EStG und von Minderungen der Steuerschuld nach 34 f EStG. Dazu findet sich in der steuerjuristischen Literatur folgende ironisch gemeinte Argumentation: "Geht man davon aus, daß die Subventionie-rung durch § JOe EStG ... gerechtfertigt ist, weil die Sicherung des existenziel-len Wohnbedarfs gefördert werden soll, so verstößt § 34/ EStG (Baukindergeld, Anm.d.Verf.) gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Denn der durch Kinder gesteigerte Wohnraumbedarf muß dann ebenfalls als unvermeidbar angesehen werden, so daß eine progressions-abhängige steuerliche Berücksichtigung geboten erscheint. "1

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, daß die Sonderausgaben-abzüge des § lOe EStG steuersystematisch nicht zu rechtfertigen sind. Durch die konkrete Ausgestaltung dieser Maßnahme, aber auch im Verbund mit anderen Maßnahmen in der Einkommensteuer, hat sich der Gesetzgeber in Widersprüche verwickelt, die eine Neugestaltung notwendig machen.