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Die Berücksichtigung von Instandsetzungsmaßnahmen

A. Kritische Würdigung der linearen Abschreibung 1. Der Sinn von Abschreibungen

3. Die Berücksichtigung von Instandsetzungsmaßnahmen

Um den Wert einer Immobilie zu erhalten, ist ein Investor darauf angewiesen, in gewissen Zeitabständen Aufwendungen für die Instandhaltung bzw. Instand-setzung zu tätigen. Diese sogenannten Erhaltungsaufwendungen sind von den Herstellungsaufwendungen abzugrenzen (Abschnitt 157 Abs. 1 EStR, Okt.

1990). Herstellungsaufwand ist dadurch gekennzeichnet, daß etwas Neues, bisher noch nicht vorhandenes geschaffen wird (Abschnitt 157 Abs. 3 EStR, Okt. 1990). Er wird deshalb konsequenterweise aktiviert, d.h. der jeweilige steuerliche Restbuchwert wird um diese Aufwendungen erhöht und gemeinsam mit dem Gebäude abgeschrieben. 2

1 Im Erbschaftsfall wäre die Nachversteuerung beim Erblasser ebenfalls unumgäng-lich. Damit könnte die Grundlage dafür geschaffen werden, daß der Erbe die korrekten Abschreibungen in Abhängigkeit des Objektwertes beim Vermögens-zugang in Zukunft vornehmen kann.

2 Allerdings sind auch Herstellungskosten bis 4.000 DM im Einzelfall aus Vereinfa-chungsgründen im jeweiligen Jahr wie Instandsetzungsaufwendungen voll abzugs-fähig (Abschnitt 157 Abs. 4 EStR Jan. 1991).

Erhaltungsaufwendungen dienen hingegen dazu, das Gebäude in seiner bestim-mungsmäßigen Nutzungsmöglichkeit zu erhalten (Abschnitt 157 Abs. 3 EStR, Jan. 1991). Sie sind in dem Jahr, in dem sie vorgenommen werden bzw. im Jahr der Verausgabung voll abzusetzen (Abschnitt 157 Abs. 2 EStR, Okt.

1990). Die laufenden Instandhaltungskosten (Reparaturen im engeren Sinne) dürften quantitativ von untergeordneter Bedeutung sein. Dies ist darauf zurück-zuführen, daß wohl die wenigsten Abnutzungserscheinungen einer Periode zuzurechnen sind und somit die wenigsten Teile im Sinne von Instandhaltungs-aufwendungen periodisch ersetzt werden.

Demgegenüber kommt den Instandsetzungsaufwendungen eine weit größere Bedeutung zu. Sie stellen eine Nachholung zurückgestellter Instandhaltungsauf-wendungen dar. Bei InstandsetzungsaufInstandhaltungsauf-wendungen handelt sich um Aufwendun-gen für die Erneuerung bzw. den Ersatz von bereits vorhandenen Teilen. Dabei ist es unerheblich, ob die alten Teile technisch verbraucht sind. Ein Ersatz durch technisch modernere Teile kommt ebenso als Instandsetzungsaufwand in Betracht (vgl. Beispiele in Abschnitt 157 Abs. l EStR, Okt. 1990).

Ökonomisch gesehen stellen Instandsetzungsaufwendungen Reinvestitionen dar.

Im getätigten Umfang wird der Werteverschleiß der vergangenen Perioden reinvestiert. Das bedeutet, daß der gleiche ökonomische Sachverhalt, der wirtschaftliche Werteverzehr, in doppelter Hinsicht bei der Besteuerung berück-sichtigt wird. Einmal konnte der Steuerpflichtige die Abschreibungen in der Vergangenheit als Werbungskosten geltend machen. Werden sie nun in Form von Erhaltungsaufwendungen bzw. in Form von Instandsetzungsausgaben reinvestiert, müßten sie konsequenterweise aktiviert werden, d.h. der steuerli-che Buchwert des Gebäudes müßte um den Betrag der Erhaltungsaufwendungen erhöht werden. Der Werteverzehr der erneuerten Teile fällt nutzungsbedingt wie die Anschaffungs- und Herstellungkosten erst in zukünftigen Perioden an.

Ihre Abschreibung würde sich dann nach der Restnutzungsdauer des Gebäudes richten. Exakter, aber aufwendiger, wäre eine Abschreibung über gesonderte Afa-Tabellen. Theoretisch könnte ein Steuerpflichtiger durch laufende Reinve-stition (mit technisch verbesserten Materialien)1 das Gebäude in seinem

Neu-1 "Eine deutliche Verbesserung (mit der Annahme von Herstellungsaufwand, Anm.

d.Verf.) ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil mit notwendigen Erhaltungsmaß-nahmen eine dem technischen Fortschritt entsprechende übliche Modernisierung verbunden ist.# Abschnitt 175 Abs. 3, S. 5, EStR, Okt. 1991.

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wert erhalten und zusätzlich die normalen Abschreibungen in Anspruch neh-men. Dies liefe faktisch auf eine Abschreibung zu Wiederbeschaffungspreisen hinaus, wobei der steuerlichen Normalabschreibung nach § 7 Abs. 4 EStG zusätzlich ein Freibetragscharakter zukäme.

Die sofortige Abschreibung von Reinvestitionen bedeutet zunächst nur einen Zinsvorteil. Bereits in der zweiten Periode nach der Reinvestition setzen Nach-holwirkungen ein, da jedes Wirtschaftsgut nur einmal abgeschrieben werden kann. Die Subvention ist umso höher, je länger die tatsächliche Nutzungsdauer der ersetzten Teile und je höher der individuelle Grenzsteuersatz ist.

Es könnte argumentiert werden, daß diese Regelung aus dem Zwang zur Ver-einfachung der Steuererhebung zu erklären ist. Dazu wäre es aber notwendig, daß sie in ihrer Höhe begrenzt ist. Eine völlige Renovierung und Moderni-sierung eines Gebäudes wird aber nur in wenigen Ausnahmen zur Annahme von Herstellungsaufwand (mit entsprechender Aktivierungspflicht) führen. 1 Dies käme nur in Betracht, wenn auch erhebliche Teile des Mauerwerks erneuert würden und das Gebäude gleichzeitig umgebaut wird. 2 Beträge von 100.000 DM scheinen durchaus im Bereich des Möglichen zu liegen.3

Allerdings treffen diese Regelungen nur für Investoren zu, die nach längerer Vermietertätigkeit lnstandsetzungsmaßnahmen vornehmen. Wird ein Objekt neu erworben und werden Aufwendungen getätigt, die im Normalfall Instandset-zungsaufwendungen darstellen, müssen diese als sogenannte anschaffungsnahe Aufwendungen aktiviert werden (Abschnitt 157 Abs. 5 EStR, Jan. 1991), sofern sie in den ersten 3 Jahren nach dem Erwerb insgesamt 20 v .H. der Anschaffungskosten des Gebäudes überschreiten (Abschnitt 157 Abs. 5 Satz 7 EStR, Jan. 1991). Insoweit bestehen auch hier Begünstigungen. Beim Erwerber, der höhere Aufwendungen tätigt, wird implizit davon ausgegangen, daß sein eingesetztes Kapital der Summe der Anschaffungskosten und der Instandset-zungsmaßnahmen entspricht und als Einheit abzuschreiben ist.

1 Vgl. Jaser, G., Werbungskosten beim Haus und Grundbesitz, in: Schönhofer/

Reinisch, HuG, Loseblattsammlung Gruppe 15 I S. 70/1987.

2 Vgl. ebenda, S. 70.

3 Vgl. ebenda, Beispiel S. 75.

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Überschreiten die lnstandsetzungsaufwendungen im Verhältnis zur steuerlichen Bemessungsgrundlage bestimmte Grenzen, so kann der Sofortabzug allerdings zum Nachteil werden. Dies kann zum einen dadurch der Fall sein, daß die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht ausreicht, um die vollen Kosten in einem Jahr geltend zu machen. Zum anderen wird bei großen Abzügen in-nerhalb der Progressionszone der durchschnittliche Grenzsteuersatz, der auf den Abzugsbetrag angewandt wird, unter dem liegen, der bei einer Verteilung über mehrere Jahre zur Anwendung käme. Damit der Steuerpflichtige die relativen Nachteile der Sofortabschreibung nicht hinnehmen muß, kann er bei größeren lnstandsetzungsaufwendungen auch eine gleichmäßige Verteilung auf bis zu fünf Jahr vornehmen (§ 82d EStDV). Die Entscheidung über die Verteilung auf mehrere Jahre ist ein Optimierungskalkül unter Abwägung der Progressions-wirkungen einerseits und der zwischenzeitlichen Kapitalverzinsung andererseits.

Für Investoren, deren Einkommen in der oberen Proportionalzone des Steuerta-rifs besteuert wird, ist ein Sofortabzug in jedem Fall von Vorteil.

Die Nachholwirkungen der Sofortabschreibung der Instandsetzungsmaßnahmen können ebenso wie zu hoch vorgenommene Abschreibungen im allgemeinen durch Veräußerung umgangen werden. Die Problematik der steuerlichen Nicht-erfassung von Veräußerungserlösen wird an dieser Stelle besonders deutlich. So kann es interessant sein, den Marktwert eines Objektes vor der Veräußerung durch umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen zu erhöhen. Diese W erterhö-hung wird in dem Jahr, in dem sie geltend gemacht wird, in Abhängigkeit vom individuellen Grenzsteuersatz vom Staat begünstigt. In dem Umfang, in dem diese Aufwendungen im anschließenden Veräußerungserlös werterhöhend ihren Niederschlag finden, können sie ebenso wie der gesamte Veräußerungserlös steuerfrei realisiert werden. Fiskalisch läuft das darauf hinaus, daß der gleiche Tatbestand einmal beim Veräußerer als Instandsetzungsaufwendungen steuerlich geltend gemacht wird und einmal beim Erwerber im Rahmen der Abschreibun-gen aufgrund der erhöhten Anschaffungskosten. Sofern der Investor den gesam-ten Werteverschleiß, der in seine Vermieterzeit fällt, vor der Veräußerung reinvestiert, heißt dies, daß der bis zum Veräußerungszeitpunkt vorgenommenen steuerlichen Normalabschreibung ex post ein Freibetragscharakter zukommt.

Am Beispiel der oben erwähnten 100.000 DM kann somit der Vorteil, Instand-setzungsmaßnahmen vor Veräußerung noch durchzuführen, gegenüber einer Veräußerung im unrenovierten Zustand im Extremfall zu einem Nettovermö-gensvorteil von 53.000 DM führen. Insgesamt würde in diesem Beispiel der 88

tatsächliche Werteverzehr aus fiskalischer Sicht dreimal abgeschrieben werden, zweimal im Form von Abschreibungen und einmal in Form von Instandset-zungsaufwendungen.

Wurde eine Verteilung der lnstandsetzungskosten auf bis zu fünf Jahre vor-genommen und wird das Objekt innerhalb dieses Zeitraums veräußert, können die noch nicht vorgenommenen Abzugsbeträge trotzdem geltend gemacht werden, jedoch besteht die Verpflichtung, dies vorzeitig im Jahr der Veräuße-rung zu tun (§ 82b Abs. 2 EStDV).

lnstandsetzungsaufwendungen stellen mithin eine doppelte Berücksichtigung des gleichen ökonomischen Sachverhaltes dar, einmal durch die Vornahme der allgemeinen Abschreibungen und einmal durch die sofortige Berücksichtigung im Jahr der Verausgabung. Konsequent wäre eine Verteilung der Instandset-zungsaufwendungen auf die zukünftigen Perioden der Nutzung. Da die Ab-schreibungsregelung des § 7 Abs. 4 EStG bei den Überschußeinkunftsarten wegen der Möglichkeit der steuerfreien Auflösung stiller Reserven ohnehin problematisch ist, wäre zu erwägen, die Normalabschreibung bei Gebäuden des Privatvermögens abzuschaffen. Damit wäre das Problem der Nachversteuerung des Teiles der stillen Reserven, der allein auf einer Überabschreibung beruht, gelöst.

An der Trennung zwischen Herstellungs- und Instandsetzungsaufwand müßte jedoch festgehalten werden. Praktisch würde dies bedeuten, daß die Steuer-pflichtigen den Werteverzehr in Form von Instandhaltungsaufwendungen gel-tend machen können, sofern sie ihn reinvestieren. Wird das Gebäude veräußert, legt der Markt den angefallenen Werteverzehr durch die Bewertung fest. Die Differenz zu den historischen Anschaffungskosten kann der Investor als offen-sichtlichen Werteverzehr ex post geltend machen, 1 sofern der Veräußerungs-erlös unter den historischen Anschaffungskosten liegt. Die Problematik der

1 Allerdings würde dies dazu führen, daß der tatsächliche bzw. reale Werteverzehr in den späteren Veräußerungsperioden steuerlich nicht mehr hinreichend zur Geltung käme, da er inflationär entwertet wurde - ein Problem, das auf das Nominalwert-prinzip zurückzuführen ist. Es handelt sich dabei zwar um einen absoluten Nachteil, nicht aber um einen relativen, verglichen mit anderen Vermögensbesitzern. Deren Vermögen wird ebenfalls inflationär entwertet, ohne daß sie dies geltend machen können. Dieses Problem bedarf daher einer einheitlichen Lösung für alle Formen der Vermögensanlage.

Erfassung von Wertsteigerungen im engeren Sinne bliebe davon jedoch unbe-rührt. Es handelt sich daher um eine wenig befriedigende Lösung.

Befriedigender wäre ein Versteuerung des Veräußerungserlöses unter Beibehal-tung der linearen Abschreibung. Sofern die Instandsetzungsmaßnahmen dann weiterhin sofort abzugsfähig bleiben, reduziert sich dieser Vorteil zunächst auf einen Zinsvorteil. Schlagen sich die lnstandsetzungsmaßnahmen in einer Wert-erhöhung des Objektes nieder und veräußert der Investor das Objekt, würde sich der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn entsprechend erhöhen. Insofern könnten die Nachholwirkungen nicht mehr umgangen werden. Würde man lnstandsetzungsmaßnahmen aktivierungspflichtig machen, was dem Gedanken der Einkommensteuer am ehesten entspricht, mindert sich der steuerpflichtige Teil des Veräußerungserlöses gegenüber dem Fall des Sofortabzuges, da dem Veräußerungserlös ein höherer steuerlicher Restbuchwert gegenüberstünde.

Entschließt sich der Gesetzgeber nicht, den Veräußerungsgewinn zu versteuern und an der linearen Abschreibung festzuhalten, müßte man in jedem Fall dazu übergehen, lnstandsetzungsaufwendungen zu aktivieren, da es nicht sinnvoll sein kann, daß der gleiche Tatbestand bis zu dreimal abgeschrieben wird.

Im Rahmen der second best Lösung, einer Fortführung der Abschreibungen durch den Erwerber, wie dies bei der Analyse der linearen Abschreibung vorgeschlagen wurde, könnte man an einem Sofortabzug von Instandsetzungs-maßnahmen festhalten. Dadurch wäre aus wohnungspolitischer Sicht gewähr-leistet, daß Instandsetzungsaufwendungen nicht unterlassen werden. Veräußert der Investor das Objekt anschließend, verhält sich die Veräußerung fiskalisch neutral, da der Erwerber nicht von den dadurch erhöhten Anschaffungskosten abschreiben kann. Bei effizienten Märkten würde dies dazu führen, daß sich der Veräußerungserlös nicht um die Bruttoinstandsetzungsaufwendungen erhöht, sondern um die Nettoinstandsetzungsaufwendungen. Für Veräußerer mit einem überdurchschnittlichen Grenzsteuersatz wäre es dann allerdings immer noch rational, lnstandsetzungsaufwendungen vor der Veräußerung durchzuführen.