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IV Überörtliche Kommunalprüfung

2. Steuerabzug bei Bauleistungen

Seit 1. Januar 2002 sind unternehmerisch tätige Auftraggeber von Bauleistungen (Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwer-ken dienen), hierzu zählen auch die Kommunen, gemäß §§ 48 ff EStG verpflichtet, 15 % des Rechnungsbetrages einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.

Die sogenannte Bauabzugssteuer ist eine Form der Besteuerung, die die illegale Beschäftigung im Baugewerbe eindämmen soll, um die Konkurrenzfähigkeit „seriöser“ Bauunternehmen zu stärken und die Steueransprüche bei Bauleistungen auch gegenüber „unseriösen“ Unterneh-mern zu sichern.

Der Abzug ist vorzunehmen, wenn die Bauleistungen im Inland ausgeführt werden. Bei einem jährlichen Auftragsvolumen von mehr als 5.000 € (bei Steuerbefreiungen über 15.000 €) ist zu prüfen, ob vom Auftragnehmer eine gültige Freistellungsbescheinigung vorliegt. Wird die Baga-tellgrenze überschritten, unterliegt der gesamte Betrag der Bauabzugsteuer.

Liegt allerdings eine gültige Freistellungsbescheinigung des für den Auftragnehmer zuständigen Finanzamtes vor, entfällt die Pflicht, 15 % des Rechnungsbetrages einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.

Dabei ist zu beachten, dass bei der Ermittlung des Betrages die Werte der von demselben Leis-tungserbringer erbrachten bzw. voraussichtlich zu erbringenden Bauleistungen innerhalb eines Haushaltsjahres zu addieren sind.

Der Auftraggeber trägt das Haftungsrisiko (§ 48 a Abs. 3 EStG). Wird bei Nichtvorlage einer gültigen Freistellungsbescheinigung die Bauabzugssteuer nicht einbehalten, droht ein Bußgeld von bis zu 25.000 €. In besonders schweren Fällen kommt eine Haftstrafe in Betracht.

Freistellungsbescheinigungen gelten in der Regel für einen Zeitraum von drei Jahren. Nur im Fall der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung für eine bestimmte Bauleistung (projektbe-zogene Freistellungsbescheinigungen bilden eher die Ausnahme) erfolgt die Mitteilung über eine Änderung oder Aufhebung der Freistellungsbescheinigung durch das zuständige Finanz-amt beim Leistungsempfänger (Auftraggeber).

Wegen der hohen Bausummen und der daraus resultierenden Haftungsrisiken ist es für die Kommunen besonders wichtig, das Verfahren eindeutig zu regeln und die Einhaltung der Rege-lungen zu überwachen.

Bei den Turnusprüfungen in den Landkreisen Jerichower Land, Börde und Salzlandkreis und in der Stadt Wernigerode hat der Landesrechnungshof in den letzten Jahren unterschiedliche Mängel beim Umgang mit dem Steuerabzug bei Bauleistungen festgestellt.

Die Dienstanweisung zur Bauabzugssteuer vom 3. Mai 2002 des Landkreises Jerichower Land regelte die Verfahrensweise zur Überprüfung des Steuerabzugs bei Bauleistungen.

„Der zuständige Haushaltssachbearbeiter des haushaltsbewirtschaftenden Bereichs“ ist für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zuständig (Pkt. 6 der Dienstanweisung). Dazu gehör-ten gemäß Pkt. 4.1 der Dienstanweisung die Sammlung der Freistellungsbescheinigungen so-wie die Überprüfung der Rechnungslegung mit der Freistellungsbescheinigung.

Die Onlineprüfung der nicht auftragsbezogenen Freistellungsbescheinigung war zwar benannt.

Es fehlte jedoch an einer konkreten Zuständigkeitsregelung.

Die für die fachtechnische Prüfung zuständigen Mitarbeiter waren gemäß Dienstanweisung ver-pflichtet, der jeweiligen Auszahlungsanordnung/Rechnung für Bauleistungen eine Kopie der Freistellungsbescheinigung beizufügen, d. h. ggf. jeder Abschlags- und Schlussrechnung.

Die Prüfung zeigte, dass diese Aufgaben durch die Mitarbeiter des Sachgebietes Gebäudema-nagement und Liegenschaften im Bereich Hochbau wahrgenommen und die Anforderungen der Dienstanweisung erfüllt wurden.

Dagegen gab es im Bereich Tiefbau weder eine Sammlung noch eine Übersicht der eingegan-genen Freistellungsbescheinigungen. Auch eine Kopie war der jeweiligen Auszahlungsanord-nung entgegen der Festlegungen der Dienstanweisung nicht beigefügt.

Eine Onlineprüfung der Freistellungsbescheinigungen erfolgte bisher nicht. Auch einen Steuer-abzug wegen fehlender Freistellungsbescheinigung und dessen Abführung an das zuständige Finanzamt des Leistungserbringers hatte der Landesrechnungshof bei seiner Prüfung nicht festgestellt.

Um die gesetzlichen Anforderungen praktikabel zu erfüllen und den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, hat der Landesrechnungshof dem Landkreis empfohlen, auf das Beifügen einer Kopie der Freistellungsbescheinigung in jedem Vorgang nach Überprüfung und Dokumentation zu verzichten.

Jedoch sollten die Festlegungen in der Dienstanweisung nach Ansicht des Landesrechnungs-hofes um folgende Regelungen ergänzt werden:

zentrale Sammlung aller in der Kreisverwaltung eingehenden Freistellungsbescheinigun-gen,

Überprüfung der Freistellungsbescheinigungen (gut lesbare Kopie mit Dienstsiegel und Sicherheitsnummer) auf ihre Gültigkeit,

Ablage der Freistellungsbescheinigungen in alphabetischer Folge,

Kennzeichnung jeder Freistellungsbescheinigung mit einem Eingangsvermerk und einer Registriernummer, die eine Verbindung zur zentral geführten Übersicht herstellt,

Erarbeitung und ständige Pflege einer zentralen Übersicht (schreibgeschützte Datei),

Einräumung von Leseberechtigungen für die mit der Überprüfung der Auszahlungsanord-nung/Rechnung von Bauleistungen beauftragten Mitarbeiter,

Benennung der zuständigen Mitarbeiter bezüglich der Onlineprüfung,

Beantragung des Zugriffs auf die elektronische Abfrage beim Bundeszentralamt für Steu-ern (IntSteu-ernetportal des BZSt: unter EIBE-Bauabzugssteuer),

Abgleich der Rechnungslegungen mit den Angaben der Freistellungsbescheinigung (Un-ternehmensbezeichnung und -sitz, Steuer- und Sicherheitsnummer),

personelle Festlegungen zu Vertretungsregelungen sowie

Festlegung der Mindest-Aufbewahrungsfristen (gemäß § 147 Abs. 3 AO sechs Jahre).

Schon aus Gründen der Haftung in Höhe des Steuerbetrages sollte vor einer Zahlung an den Leistungserbringer die Gültigkeit der Freistellungsbescheinigung überprüft werden. Das Ergeb-nis der Onlinebestätigung sollte elektroErgeb-nisch verwaltet werden (Zuleitung an zentrale Stelle zwecks zentraler Archivierung). Zur Vereinfachung der Dokumentation der Überprüfung durch entsprechenden Vermerk auf der Auszahlungsanordnung hat der Landesrechnungshof die Verwendung eines gesonderten Stempels empfohlen (z. B. „Gültige Freistellungsbescheinigung liegt vor!“), handschriftlich ergänzt um Registriernummer, Datum und Unterschrift durch den zuständigen Bediensteten.

In seiner Stellungnahme zum Prüfungsbericht vom 21. Juni 2017 führt der Landkreis Jerichower Land aus, dass im Ergebnis der Hinweise und Feststel-lungen des Landesrechnungshofes insgesamt vorgesehen ist, die Abläufe zu vereinfachen. Allerdings konnte dies aufgrund anderer vorrangiger Aufgaben noch nicht umgesetzt werden.

Zur Vereinfachung der Dokumentation der Überprüfung auf der Auszahlungs-anordnung wurde bereits ein entsprechender Stempel beantragt und fortan verwendet.

Auch die anderen geprüften Kommunen haben ihr Verfahren inzwischen ange-passt.

Da die dargestellten Feststellungen keine Einzelfälle sind, regt der Landesrechnungshof an, dass auf Ebene des Landkreistages und des Städte- und Gemeindebundes

Muster-dienstanweisungen für die Bauabzugssteuer erarbeitet und den Mitgliedern zur Verfü-gung gestellt werden. Auch die Zweckverbände, Anstalten und kommunalen Unterneh-men sollten als öffentliche Auftraggeber die Musterdienstanweisungen entsprechend anwenden.