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Steingesicht - Romananalyse

2. Romananalysen mit dem Schwerpunkt sexuelle Orientierung als eins der Themen

2.2. Karen S. Fessel: Steingesicht

2.2.2. Steingesicht

2.2.2.3 Steingesicht - Romananalyse

Der Roman ist in der Ich- Perspektive geschrieben, was Lesern einen Innenblick in Leos Gedanken bietet.

Die Autorin verwendet die Komposition mit zwei Erzählperspektiven, das chronologische und retrospektive Erzählen. Der chronologisch erzählte Handlungsstrang spielt sich, wie erwähnt, in Braunschweig, also in einer kleinen Stadt ab. Die Nebenhandlungslinie der Geschichte wird retrospektiv erzählt; Leo erinnert sich an ihr Leben mit ihrer Mutter in Berlin und erklärt den Lesern, woran sie gewöhnt ist. Man sollte betonen, dass sich die zwei Linien nicht nur von verschiedenen Zeiträumen erzählen, sondern auch an verschiedenen Handlungsorten spielen. Die eine Handlungslinie spielt in der Gegenwart in Braunschweig und die andere in der Vergangenheit in der Großstadt in Berlin. Verschiedene Ereignisse aus Leos Leben werden erläutert, wenn sie glaubt, dass es wichtig ist, um sich selbst zu erklären. Ich, persönlich, finde den Zusammenhang zwischen Zeitraum und Ort sehr für den Leser sehr wichtig, denn man kann die zwei Linien von sich einfacher unterscheiden und der Geschichte besser folgen.

Karen-Susan Fessel verwendet in diesem Roman eine lebendige Sprache:

besonders die direkte Rede, die die Leser in den Text hineinzieht. Es ist zu beobachten, dass der Anteil der direkten Rede wirklich nicht gering ist. Obwohl dieser Roman ein sehr schwieriges Thema erörtert, wurde er in einer ziemlich einfachen Sprache geschrieben, was auch für ihre Jugendromane typisch ist.

Der Roman ist in drei Kapitel gegliedert, wobei das erste Kapitel nach einem kurzen Vorwort beginnt. Mit dem kurzen Vorwort ist hier eine Einleitung von Leo selbst gemeint. Leo eröffnet ihre Gefühle gegenüber ihrer Mutter und erklärt, in welcher Situation sie sich selbst befindet. Sie weiht die Leser in der Tatsache ein,

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dass ihre Mutter an AIDS gestorben ist und erklärt, dass sie immer noch über ihre Mutter verärgert ist, denn ihre Mutter hätte es ihr früher sagen sollen, dass sie bald sterben wird. Dank diesem Vorwort sind die Leser über die Verhältnisse in Leos Leben gut informiert. Das erste Kapitel beginnt mit Leos Aufenthalt bei ihrer Tante Wanda, konkret mit ihrem ersten Tag in der neuen Schule.

Der Roman erzählt mit einer Art Empathie darüber, wie sich junge Erwachsene, die in zerrütteten Verhältnissen aufgewachsen sind, fühlen und wie sehr sie von diesen beeinflusst und hauptsächlich verletzt werden können. Leo hatte bis jetzt kaum Zeit für solche Gedanken wie zum Beispiel „Wer bin ich?“ oder „Wer möchte ich werden?“, denn es hat sie immer sehr viel Mühe gekostet etwas zum Essen zu beschaffen. Unter den Motiven kann man außer den schwierigen Familienverhältnissen auch homosexuelle Orientierung und ihre Akzeptanz, sowohl bei Leo als auch bei ihrer Tante Wanda, finden. Der Roman erörtert das Thema der Sonderlinge und behandelt sie als etwas Normales, etwas überall Anwesendes.

Wobei es den Lesern ermöglicht ist, sich mit der Hauptheldin zu identifizieren und zu lernen ihrem Beispiel folgend sich selbst zu akzeptieren.

A) Romantitel

Steingesicht ist hier sowohl als autonom stehendes Symbol, als auch als die im Text angesetzte literarische Figur im Text zu interpretieren.

Der Titel des Buches verweist erstens auf den Spitznamen, den Leos Tante Wanda für ihre Nichte erfand. Zweitens dient der Ausdruck Steingesicht als ein Name für die Gartendekoration. Konkret geht es um Steine, in die man ein Gesicht hineinmeißelte. Deshalb ist hier der Spitzname als Metapher zu interpretieren, denn es basiert auf einer Ähnlichkeit zwischen Leos Gesichtsausdrücken und den Gesichtern, die in Steine gemeißelt wurden. Aus diesem Grund nennt ihre Tante Wanda Leo Steingesicht, denn Leo nie eine Miene verzieht. Leo äußert sich zu dieser Problematik:

„Es mir nie leicht gefallen, freundlich zu sein oder zu lächeln. Nie, schon als Kind nicht.

Egal, wer mich angelächelt hat- ich habe keine Miene verzogen. Als wenn bei mir da, wo bei anderen Leuten Freundlichkeit einprogrammiert ist, gähnende Leere herrscht.“141

141 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 18. ISBN 3-7891-3505-4.

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Wie schon erwähnt, erklärt die Protagonistin in diesem Textabsschnitt, dass sie ihr ganzes Leben Schwierigkeiten hatte ihre Gefühle zu zeigen. Das ist ein Beweis dafür, dass Leo eine nicht sehr entfaltete emotionale Intelligenz hat.

Emotionale Intelligenz ist erlernbar und es ist die Aufgabe der Eltern den Kindern beizubringen, eigene Gefühle wahrzunehmen und sie zum Ausdruck zu bringen.142 Deswegen ist zu behaupten, dass ihre Mutter am Anfang dieser Probleme stand.

Der Ausdruck „gähnende Leere“ weist daraufhin, dass sich Leo leer fühlt.

Leos innere Welt und ihre Art des Denkens ist durch eine ständige Trauer gekennzeichnet. Leos Verhalten ist nicht arm an Erregungen und Aggressionen.

Daraus kann man ableiten, dass sie ihre Traumata aus der Kindheit noch nicht überwindete. 143

Leos Verwandlung spielt in dem Roman eine grundlegende Rolle, denn dies ist der Kern des Romans: Ein psychologisches Porträt einer jungen Erwachsenen, die sich entwickelt und die Probleme ihres Erwachsenwerdens erfolgreich lösen kann.

Die Umwandlung beginnt mit Leos Umzug zur ihren Tante, bei der sie endlich ein stabiles und freundliches Zuhause findet. Es scheint für Leo so zu sein, als ob sie in einem Traum lebe, so sicher fühlt sich Leo bei Wanda. Das erste Mal in ihrem Leben hat sie das Gefühl, auf dem richtigen Ort und zur richtigen Zeit zu sein.

Wie sich Leos Leben ändert, so ändert sich auch Leo selbst. Leo lernt schrittweise, wie man sich mit Klassenkameraden anfreundet und wie man wieder lachen kann:

„Ich betrachte sie misstrauisch. Sie lächelt mich immer noch an. Und dann gebe ich mir einen Ruck und lächele langsam zurück. Klingt vielleicht ein bisschen komisch- so, als hätte ich mich anstrengen müssen, um freundlich zu Tinka zu sein. Aber so war es tatsächlich. Ich musste mich sogar sehr anstrengen, um freundlich zu sein. “144

Aus diesem Textabschnitt ist es abzuleiten, dass Leo gerne liebevoller reagieren würde, aber ihre Erfahrungen raten ihr, sich zurück zu halten. Es ist zu behaupten, dass es fast unmöglich ist, Leo zum Lachen zu bringen wegen ihrer Traumata, die sie in der früheren Kindheit wegen ihrer drogensüchtigen Mutter erlitt.

Aus dem oben erwähnten Textabschnitt ergibt sich auch, dass Leo einige Zeit haben

142 Vgl. Co očekávat od dospívajících. CARR-GREGG, Michael. Psychické problémy v dospívání.

Praha: Portál, 2012, s. 25-31. ISBN 978-80-262-0062-8.

143 Vgl. Je mé dospívající dítě ohroženo? CARR-GREGG, Michael. Psychické problémy v dospívání. Praha: Portál, 2012, s. 32-39. ISBN 978-80-262-0062-8.

144 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 18. ISBN 3-7891-3505-4.

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muss, bevor sie es schafft ihr Gehirn aus dem Modus der Feindlichkeit ins Modus der Freundlichkeit umzuprogrammieren. Leos Tante Wanda vergleicht Leos Benehmen mit dem Benehmen eines misstrauischen Hundes. Das bedeutet, dass Leo ihre Unfreundlichkeit und die Unleserlichkeit ihres Gesichts als Verteidigung und eine Waffe benutzt. Wie sich Leo im Laufe des Prozesses verändert, beschreibt diese Aussage:

„Aber wenn jemand sich Mühe gibt und ausreichend Zeit nimmt, dann wedeln und vielleicht sogar sich streicheln lassen.“ 145

Nach der Umwandlung wirkte Leo nicht mehr ängstlich, nervös oder feindlich. Sie lernte sich unter Kontrolle halten und wies keine Neigung zur Aggressionen mehr auf. Als sie endlich aufhörte, wie Steingesicht zu leben, veränderte sie sich zum Nichterkennen. Deswegen könnte man den Titel des Romans, Steingesicht, auch als Symbol für die Befreiung von ihrer kaputten Vergangenheit verstehen. Nur wenn Leo ihre Traumata überwindet, fortschreitet sie in dem Prozess Erwachsenwerden.

B, Die Spaltung zwischen zwei Leos Welten: Die Welt in der Leo mit ihrer Mutter lebte und die neue Welt, in der Leo bei ihrer Tante Wanda lebt

Die Hauptfigur des zweiten Romans Leo, mit dem Spitznamen Steingesicht, hatte kaum Zeit zum Träumen und ihre Zukunft zu planen, denn sie lebte ein sehr hartes Leben mit ihrer drogensüchtigen Mutter. Deshalb wäre es nutzlos hier zu diskutieren wer sie ist und wer sie sein möchte. Dennoch findet man bei Leo zwei Welten, eine kaputte Welt, in der sie ihre Kindheit verbrachte, und eine heile Welt, die ihr das Leben rettet.

Die Romanprotagonistin, Leo, kommt aus einem kaputten familiären Umfeld. Leo ist nicht nur auf der Welt unehelich gekommen, sondern verlässt ihr Vater auch bald ihre Mutter, die drogensüchtig war. Das heiβt, dass Leo in einem Umfeld aufwuchs, das für Kinder gar nicht geeignet war, ohne Sicherheit, Zärtlichkeit, Aufmerksamkeit und Verständnis. Die Tatsache, dass Leo kein stabiles liebevolles Zuhause hatte, beeinflusste ihr Heranreifen sehr. Ihre daraus

145 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 18. ISBN 3-7891-3505-4.

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resultierende Unsicherheit beeinflusste sowohl Leos Benehmen als auch ihre Fähigkeit zu vertrauen.

Als Kleinkind wusste Leo nicht, wie man Freundschafft mit anderen Kindern aufbauen soll, denn sie kam aus einer asozialen Umgebung. Ihre Mutter schaffte nicht ihrer Tochter beizubringen, wie man sich sozialisiert, denn sie war stark auf Drogen fixiert. Und weil Leo ein sehr kluges und empfindliches Kind war, sperrte sie ihr Herz vor der ganzen Welt ab. Leo versuchte jeden Kontakt zu vermeiden, denn es für sie einfacher war sich nur auf sich selbst zu verlassen, als immer wieder Enttäuschungen erleben zu müssen.

Leo musste sich manchmal selbst darum kümmern, etwas zu essen zu bekommen, oder um einen Schlafplatz:

„Mit sechs war ich einmal zwei Tage auf der Trebe. Damals hing immer ein ganzer Haufen von fertigen Leuten bei uns rum, und irgendwann hatte ich's über. Danach, als ich wieder zurück war, hat meine Mutter ihren ersten Entzug gemacht.“146

Aus diesem Textabschnitt kann man nicht nur die Tatsache ableiten, dass Leo von klein auf unglaublich mutig und selbständig war, sondern auch, dass ihre Mutter versuchte mit den Drogen aufzuhören. Ihre Mutter unternahm ihren ersten Entzug nur für ihre Tochter. Leos Mutter liebte ihre Tochter und war sich der Tatsache bewusst, dass sie bis jetzt kein freundliches und kindergerechtes Umfeld für Ihre Tochter aufbaute. Sie wollte alles richtigmachen. Unglücklicherweise, gelang ihr dies nicht, wie man im nächsten Textabschnitt lesen kann: „Manchmal taumelte sie im Zeitlupentempo herum, bis sie hinfiel. Dann zog ich sie hoch und gab ihr Wasser zu trinken, und nach' ner Weile ging es dann wieder.“147 Unter normalen Umständen ist es die Mutter, die für das Kind sorgt. In Leos Familie war es umgekehrt. Dieser Textausschnitt zeigt, dass Leo sehr verantwortungsbewusst ist.

Man könnte auch sagen, dass sich Leo als ein erwachsener Mensch benimmt, in dem sie Verantwortung für andere übernimmt. Leo musste sehr schnell gegen ihren eigenen Willen erwachsen werden und auf ihre Kindheit verzichten. Aus diesem Grund verfügt sie über niedrige emotionale Intelligenz, denn sie keine Gelegenheit

146 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 38. ISBN 3-7891-3505-4.

147 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 40. ISBN 3-7891-3505-4.

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hatte, mit anderen Kindern sorgenlos spielen zu dürfen und dadurch Beziehungen aufzubauen. 148

Es ist zwar wahr, dass Leo ihre Emotionen nicht nach außen zeigt, aber glücklicherweise verlor sie nicht die Möglichkeit Emotionen zu fühlen, was der nächste Textabschnitt beweist:

„Die Angst, dass meine Mutter eines Tages eine Überdosis abbekommen, umkippen und nicht mehr aufwachen würde. … Diese Angst, die war schrecklich. Die bin ich nie losgeworden und das Komische ist, ich spüre sie immer noch manchmal.“149

Die Tatsache, dass Leo aufpassen musste, damit ihre Mutter keine Überdosis nimmt, musste bestimmt für sie eine unglaublich schwierige psychische Belastung gewesen sein. Durch diese unaufhörliche Angst entsteht Leos Neigung zur Aggressionen, die ihre Nervosität wieder steigert. Hier liegt auch die Ursache von Leos Wegrennen, denn für sie scheint es so, als ob es keine andere Lösung gäbe. Ihre Unsicherheit und immer anwesende Nervosität verursachten, dass Leo mit ihren Gefühlen nicht klarkommt. Dies hängt wiederrum mit der Tatsache zusammen, dass sich ihre emotionale Intelligenz nicht voll entwickeln konnte.150

Obwohl Leo ein sehr schwieriges Leben mit ihrer Mutter führte, liebte sie ihre Mutter trotz allem. Die Liebe und Zärtlichkeit mit der Leo ihre Mutter ansah kann man dem nächsten Textausschnitt entnehmen:

„Wenn meine Mutter gelacht hat, sah sie unheimlich schön aus. Dann war nichts mehr zu sehen von den Drogen, den Sorgen, der Krankheit, dem ganzen Scheiß.“151

Es ist nicht nur die allwesende Angst, sondern auch die bedingungslose Liebe, die Leo nicht vergaß zu fühlen. Sowohl negative als auch positive Gefühle.

Dieser Textausschnitt weist nach, dass ihre Seele nicht so schlimm zerbrochen wurde, so dass sie nicht mehr fähig wäre, Liebe zu fühlen.

Nach dem Tod ihrer Mutter hat Leo sehr lange darauf bestanden zu ihrer Tante Wanda kommen zu können, denn sie hatte ihre Tante seit ihrer Kindheit sehr lieb.

148 Vgl. Co očekávat od dospívajících. CARR-GREGG, Michael. Psychické problémy v dospívání.

Praha: Portál, 2012, s. 25-31. ISBN 978-80-262-0062-8.

149 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 40. ISBN 3-7891-3505-4.

150 Vgl. Co očekávat od dospívajících. CARR-GREGG, Michael. Psychické problémy v dospívání.

Praha: Portál, 2012, s. 25-31. ISBN 978-80-262-0062-8.

151 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 25. ISBN 3-7891-3505-4.

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„Ich mochte sie fruchtbar gerne, und nicht nur, weil sie mich in den Zoo mitnahm oder mir Bücher mitbrachte und manchmal auch Geld für meine Mutter. Wanda war wie ein Sonnenstrahl, der in den grauen Alltag hereinfiel.“ 152

Wanda präsentierte für Leo den Weg aus dem grauen Alltag in eine normale Welt ohne Unsicherheiten, eine Welt, in der man sich entspannen und erholen kann.

Eine Welt, in der man vielleicht irgendwann die Angst loswerden kann. Wanda ist die einzige Person in Leos Leben, die wirklich an ihrem Leben interessiert und um ihr Wohlergehen besorgt ist. Aus diesen Gründen schätzt Leo Wanda sehr und hält Wanda für einen Engel.

Als Leo zu ihrer Tante Wanda kommt, beginnt für sie ein neues Leben. Leo selbst kommentiert das so: „Aber irgendwie habe ich vorher nie so richtig in mein eigenes Leben hineingepasst. … Erst jetzt fühlt sich das anders an.“153 Wanda übernimmt die Rolle, die Leos Mutter spielen soll und hilft ihre Nichte ihre emotionale Intelligenz zu entwickeln. Wanda achtet sowohl auf Leos Wohlfühlen als auch auf ihre Erziehung. Obwohl die 15-jährige lieber keine Ratschläge bekommen würde, weiß sie, dass Wanda es gut mit ihr meint und aus diesem Grund entscheidet sie sich ihre Ratschläge in Erwägung zu ziehen und auf ihren eigenen Stolz ein bisschen zu verzichten. Dies zeigt Leos Reife. Diese Entscheidung beweist, dass sie sich trotz ihrem niedrigen Alter in der Spätadoleszenz befindet, weil die Beziehungen zwischen Jugendlichen und Erwachsener in dieser Entwicklungsphase meistens auf Respekt und Liebe basieren. Die Jugendlichen begreifen nämlich in diesem Alter, dass sie ihre Eltern vielleicht wirklich als ihre Beschützer wahrnehmen sollten.154

Wanda hilft Leo bei ihrem Heranreifen und sorgt für deren psychische Gesundheit. Sie hilft Leo mit Sozialisierung: „Leben heiβt auch Risiken eingehen, Leo. “155 Erst nach einem seriösen Gespräch mit ihrer Tante Wanda versteht Leo, dass sie Freunde braucht und dass sie Tinka näher an sich heran lassen sollte. Mit Wandas Hilfe kann Leo alles nachholen, was sie wegen ihrer schwierigen Kindheit

152 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 24. ISBN 3-7891-3505-4.

153 DTTO s. 8.

154 Vgl. Co očekávat od dospívajících. CARR-GREGG, Michael. Psychické problémy v dospívání.

Praha: Portál, 2012, s. 25-31. ISBN 978-80-262-0062-8.

155 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 164. ISBN 3-7891-3505-4.

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vorher nicht lernen und erleben durfte. Am Ende des Romans ist Leo fähig ihre Zukunft zu planen und ihr Leben ohne Angst zu genießen. Die Zukunft zu planen ist ein anderes Merkmal von den Jugendlichen in der Spätadoleszenz.156 Man könnte auch sagen, dass Leos Seele geheilt wurde, als sie endlich verstand, dass sie bei Wanda tatsächlich „angekommen“ ist.

C, Leos Einstellung zum Finden ihrer eigenen sexuellen Orientierung und die Einstellung der anderen

Im Vergleich zu Miriam, die sich ihrer homosexuellen Orientierung vorher nie bewusst war, fragt sich Leo selbst seit langer Zeit: „Aber welcher Junge ist schon nach meinem Geschmack?“157 Leo ist nicht fähig diese Frage zu beantworten, denn sie ist unfähig ihre Gefühle wahrzunehmen. Diese Frage könnte man mit der Frage

„Bin ich normal?“ bei Miriam vergleichen. Sowohl die Art der Frage als auch die Tatsache, dass Leo mit ihren Gefühlen nicht klarkommt und drückt sie unter beweist, dass sie sich in der Frühadoleszenz befindet, mindestens in dem Gebiet Emotionen, emotionale Intelligenz.158 Obwohl die 15- jährige versucht ihre Homosexualität zu verbergen, kann man von Anfang an spüren, dass sie lesbisch ist, denn Leo beobachtet sehr oft das dunkelhaarige Mädchen, das Malin heißt, in der Schulkantine. Während Leo Malin ansieht, zieht sich ihr Magen zusammen. Dies kann man als Aufregung erklären, die deswegen entsteht, weil Leo Malin attraktiv findet. Man könnte es auch als Schmetterlinge im Bauch beschreiben.

Leo und Malin werden Freundinnen und Leo erzählt Malin von ihrer Mutter. Dies ist von höchster Bedeutung, denn dieses Gespräch ist ein Beweis dafür, dass Leo dank der Hilfe ihrer Tante mehr erfahrener im Ausdruck der Emotionen geworden ist. Aus der Tatsache, dass sich Leo viel Mühe gibt und weiht Malin in ihre Familienverhältnisse ein, ist es offensichtlich, dass Malin ihr viel bedeutet.

Malin umarmt Leo, was Leo überrascht und sie nervös macht. Trotz diesen Gefühlen findet sie es angenehm und wiederholt die Umarmung. Dann versucht Malin Leo zu küssen. Doch das Küssen ist für sie im Bereich des körperlichen Kontakts zu viel.

156 Vgl. Co očekávat od dospívajících. CARR-GREGG, Michael. Psychické problémy v dospívání.

Praha: Portál, 2012, s. 25-31. ISBN 978-80-262-0062-8.

157 FESSEL, Karen-Susan. Steingesicht. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger, 2001, s. 79. ISBN 3-7891-3505-4.

158 Vgl. Co očekávat od dospívajících. CARR-GREGG, Michael. Psychické problémy v dospívání.

Praha: Portál, 2012, s. 25-31. ISBN 978-80-262-0062-8.

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Obwohl Leo schon einen Schritt weitermacht, in dem sie Malin über ihre Emotionen gegenüber ihrer gestorbener Mutter erzählt, ist sie immer noch nicht auf eine Beziehung vorbereitet, und besonders nicht auf eine homosexuelle Beziehung. Leo fürchtet noch mehr anders als die Mehrheit zu sein. Sie schämt sich wegen ihrer lesbischen Gefühle obwohl sie sich dessen bewusst ist, dass es normal ist, sich in das gleiche Geschlecht zu verlieben.

„Noch nie habe ich solche Gefühle gehabt, wenn mich jemand umarmt hat. Noch nie. Dieses Kribbeln. Dieses Herzrasen. Diese Sehnsucht nach mehr, ohne zu wissen, was dieses 'mehr' eigentlich sein könnte. Und dann- diese Angst. Wenn Malin ein Junge wäre, hätte ich sie nicht, diese Angst, das ist schon klar. Oder doch? Ich weiß nicht. Aber vielleicht weiß ich es doch. Vielleicht will ich's nur nicht wissen.“159

Aus diesem Textausschnitt kann man entschließen, dass Leo nicht besonders den Beginn einer homosexuellen Beziehung fürchtet, sondern sie fürchtet allgemein eine Beziehung zu beginnen. Zusätzlich bekennt sich Leo in diesem Textausschnitt, dass sie mit ihren Gefühlen schon lange vertraut ist, aber sie

Aus diesem Textausschnitt kann man entschließen, dass Leo nicht besonders den Beginn einer homosexuellen Beziehung fürchtet, sondern sie fürchtet allgemein eine Beziehung zu beginnen. Zusätzlich bekennt sich Leo in diesem Textausschnitt, dass sie mit ihren Gefühlen schon lange vertraut ist, aber sie