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4. Ergebnisse und Diskussion

4.4 STDD-NMR-Spektroskopie der Leitstruktur 2 und Liposomen

4.4.2 STDD-NMR-Titration

Um die Ergebnisse der Bestimmung der Dissoziationskonstanten mittels Durchflusszytometrie zu verifizieren, wurde eine STDD-NMR-Titration des Peptids 2 mit Liposomen der GHOST(3)-Hi5-Zellen durchgeführt. Bei diesem Verfahren werden die STD-Effekte einzelner Ligandprotonen aus entsprechenden NMR-Experimenten bestimmt, die STD-Amplifikationsfaktoren STDampl ermittelt (Gleichung 2) und diese gegen die verwendeten Ligandkonzentrationen aufgetragen. Durch Anpassen des One-Site-Binding-Modells an die Datenpunkte wird die Dissoziationskonstante KD erhalten.

Für die STDD-NMR-Titration wurden 150 µL einer 58 nM, bezogen auf CCR5, Liposomensuspension, aus GHOST(3)-Hi5-Zellen dargestellt. Dies entspricht einer Zellkonzentration von 17.108 Zellen/100 µL. Diese Suspension wurde mit jeweils 2 µL des Liganden 2 vermessen, wobei die Ligandkonzentrationen 5, 10, 15, 20 und 36.5 mM betrugen.

Sowohl die Liposomen als auch das Peptid lagen in LUV-EDTA-NMR-Puffer vor. Da das Peptid in dem Puffer nicht vollständig gelöst vorlag, wurden 2 µL H2O/D2O (9:1, pH 3.0) zur Peptidstammlösung hinzugefügt. Die NMR-Messungen wurden bei einer Temperatur von 285 K durchgeführt, um die Stabilität der Liposomen zu gewährleisten. Die Unterdrückung des Wassersignals der NMR-Spektren erfolgte durch eine excitation-sculpting-Pulssequenz142, der Einstrahlpunkt lag bei den on-resonance-Spektren bei -1.0 ppm, bei den off-resonance-Spektren lag der Einstrahlpunkt bei 40 ppm.

Durch Subtraktion der off-resonance-Spektren von den dazugehörigen on-resonance-Spektren wurden die STD-Spektren erhalten. Eine erneute Subtraktion des STD-Spektrums ohne Ligand von den STD-Spektren mit Ligand lieferte die STDD-NMR-Spektren der einzelnen Ligandkonzentrationen. In Abbildung 45 sind die erhaltenen STDD NMR-Spektren dargestellt, mit A: STDD-Spektrum der Liposomen, B: STDD-Spektrum mit 5 mM Peptidlösung, C: STDD-Spektrum mit 10 mM Peptidlösung, D: STDD-Spektrum mit 15 mM Peptidlösung, E: STDD-Spektrum mit 20 mM Peptidlösung und F: STDD-Spektrum mit 36.5 mM

Peptidlösung. Das Signal bei 2.73 ppm zeigt Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan und stammt aus dem verwendeten Puffer.

Abbildung 45: NMR-Spektren mit einer excitation-sculpting–Pulssequenz von 58 nM Liposomen aus GHOST(3)-Hi5-Zellen und unterschiedlichen Ligandkonzentrationen. A: STDD-Spektrum der Liposomen, B: STDD-Spektrum mit 5 mM Peptidlösung, C: STDD-Spektrum mit 10 mM Peptid, D: STDD-Spektrum mit 15 mM Peptidlösung, E: STDD-Spektrum mit 20 mM Peptidlösung und F: STDD-Spektrum mit 36.5 mM Peptidlösung. Hervorgehoben ist die Spur der Signale des Protons E440-Hγ im aliphatischen Bereich.

Es ist ein deutlicher Anstieg der Signale mit steigender Ligandkonzentration zu verzeichnen.

Bei dem STDD-Spektrum der niedrigsten Ligandkonzentration von 5 mM (Abbildung 45B) sind ein Signal im aliphatischen Bereich und Signale amidischer Protonen observierbar, die bedingt durch die Zugabe von 2 µL H2O/D2O-Lösung detektiert wurden.

Für das Proton Hγ der Aminosäure E440 konnte eine Bindungskurve aufgestellt werden, in der die STD-Amplifikationsfaktoren als Produkt aus STD-Effekt und Ligandüberschuss gegen die Ligandkonzentrationen aufgetragen wurden. Durch Anpassen des One-Site-Binding-Modells an die experimentell bestimmten Datenpunkte konnte eine Dissoziationskonstante von 14 ± 10 mM bestimmt werden (Abbildung 46).

Abbildung 46: Kurve zur Bestimmung der Dissoziationskonstanten. Es sind die STD-Amplifikationsfaktoren des E440-Hγ gegen die Ligandkonzentrationen aufgetragen und das One-Site-Binding-Modell an die Datenpunkte angepasst.

Der Wert der Dissoziationskonstante liegt im gleichen Größenbereich des Wertes der Dissoziationskonstante von 25 ± 4 mM, der mit Hilfe der Durchflusszytometrie bestimmt wurde. Bei dem Vergleich muss in Betracht gezogen werden, dass der Ligand 2 bei der durchflusszytometrischen Bestimmung der Dissoziationskonstante mit einem Fluorophor markiert war, der ebenfalls eine Interaktion zum CCR5-Rezeptor oder anderen Zellfragmenten eingehen kann. Da die KD-Werte jedoch bei beiden Methoden in derselben Größenordnung liegen, ist davon auszugehen, dass eine eventuelle Wechselwirkung des Fluorophors vernachlässigbar ist.

Neben den Liposomen aus GHOST(3)-Hi5-Zellen wurden auch Liposomen aus Parentalzellen als Negativkontrolle vermessen. Die Liposomen wurden auf gleiche Weise dargestellt, die Zellkonzentration der Suspension betrug 17.108 Zellen in 100 µL LUV-EDTA-NMR-Puffer.

Zum einen wurden nur die Liposomen vermessen, zum anderen wurden 2 µL einer 15 mM Lösung der Leitstruktur 2 hinzugefügt. In Abbildung 47 sind das STDD-NMR-Spektrum der Liposomen (A) und das STDD-NMR-Spektrum der Liposomen und 15 mM Ligand 2 (B) abgebildet.

Abbildung 47: NMR-Spektren einer Liposomenlösung aus Parentalzellen. Die Zellkonzentration betrug 17.108 Zellen/100 µL LUV-EDTA-NMR-Puffer. Mit A: STDD-NMR-Spektrum der Liposomen und B: STDD-NMR-Spektrum von Liposomen mit 15 mM Peptidlösung.

Aus den Messungen der Liposomen aus Parentalzellen geht hervor, dass im STDD-NMR-Spektrum mit 15 mM Ligandlösung STD-Effekte observiert werden konnten. In Tabelle 4 sind die Daten beider STDD-NMR-Messungen zusammengefasst. Angegeben sind dabei die Zellarten der verwendeten Liposomen mit der gegebenen Ligandkonzentration, der daraus resultierende Ligandüberschuss und den STD-Effekten des Protons E440-Hγ. Es wurden jeweils Suspensionen mit Zellkonzentrationen von 17.108 Zellen/100 µL verwendet.

Tabelle 4: Übersicht der STDD-NMR-Titration. Für die einzelnen Titrationspunkte der Liposomen aus GHOST(3)-Hi5-Zellen sind die Überschüsse an Ligand, bezogen auf eine Konzentration von 56 nM CCR5-Rezeptor, angegeben. Die Liposomen aus Parentalzellen wurden, genauso wie die Liposomen mit CCR5-Rezeptor, mit einer Zellkonzentration von 17.108 Zellen/100 µL eingesetzt. Aus den Ligandüberschüssen und den observierten STD-Effekten wurden die STD-Amplifikationsfaktoren (STDampl) bestimmt, die für das Proton E440-Hγ gelistet sind.

Zellen + Ligandkonzentration Überschuss (Ligand)

STD-Effekt (E440-Hγ)

STDampl

(E440-Hγ)

GHOST(3)-Hi5 + 5 mM 86870 0.033 2874

GHOST(3)-Hi5 + 10 mM 173730 0.044 7645

GHOST(3)-Hi5 + 15 mM 260600 0.018 4678

GHOST(3)-Hi5 + 20 mM 347460 0.021 7450

GHOST(3)-Hi5 + 36.5 mM 634120 0.015 9700

Parental + 15 mM / 0.008 /

Aus den Daten geht hervor, dass auch die Liposomen der Parentalzellen eine Interaktion mit der Leitstruktur 2 eingehen, wobei der STD-Effekt der Negativkontrolle des Protons E440-Hγ geringer ist als der Wert der Titration, die im gleichen Größenbereich der Ligandkonzentration liegen. Es erweist sich jedoch als schwierig, die beiden Zellsysteme miteinander zu vergleichen und somit die Parentalzellen als Negativkontrolle für diese Art von Bindungsstudien zu verwenden. Die GHOST(3)-Hi5-Zellen und Parentalzellen leiten sich zwar beide von den humanen Osteosarkomzellen ab, es ist jedoch naheliegend, dass diese Zellen in ihrer Struktur völlig verschieden sind. Da in der Membran der GHOST(3)-Hi5-Zellen ungefähr 40000 CCR5-Rezeptoren, einem Siebenhelixtransmembranrezeptor, vorliegen, liegt die Wahrscheinlichkeit einer strukturellen Veränderung der Zellmembran nahe. Daher ist es gut möglich, dass sich die Liposomen der GHOST(3)-Hi5- und Parentalzellen in den durchgeführten Bindungsstudien unterscheiden und somit die Parentalzellen als Negativkontrolle ungeeignet sind.

Schlussfolgernd ist festzuhalten, dass die durch STDD-NMR-Titration ermittelte Dissoziationskonstante im gleichen Größenbereich liegt wie der Wert, der aus der Durchflusszytometrie hervorging. Leider ist das System der Negativkontrolle unzureichend genau und mit Ungewissheiten bezüglich der Zellstruktur und möglichen unspezifischen Wechselwirkungen behaftet.