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Status Quo der Schweiz und Beispiele Ausland

3.4 Grundmodelle der Netz-Markt-Koordination

3.4.1 Status Quo der Schweiz und Beispiele Ausland

Im Folgenden werden zuerst der Status Quo der Schweiz analysiert sowie Fallbeispiele aus anderen Ländern vorgestellt. Hierzu wird jeweils die Ausgestaltung der Koordinationsaufgaben in den ver-schiedenen Ländern betrachtet. Das bedeutet, dass jeder Koordinationsanforderung eine der Koordi-nationsformen zugeordnet wird. Tabelle 2 fasst die Ergebnisse der Betrachtung für den Status Quo in der Schweiz sowie die Fallbeispiele Deutschland, Irland und USA (Northwest) zusammen.

In der Schweiz werden die fünf Koordinationsaufgaben durch verschiedene Koordinationsformen wie folgt bereitgestellt:

1. Die zentrale Flexibilität für den Systembilanzausgleich wird durch das Angebot von Re-gelenergie bereitgestellt. Der Schweizer Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid ist für den Ein-satz von Systemdienstleistungen im Schweizer Übertragungsnetz zum sicheren, zuverlässi-gen und leistungsfähizuverlässi-gen Betrieb des Übertragungsnetzes verantwortlich. Die Swissgrid schreibt hierzu die benötigte Menge Regelleistung in Form von verschiedenen Produkten aus.

Neben grossen Erzeugern haben auch kleinere Anbieter die Möglichkeit Regelleistung am Markt anzubieten. Regelpooling ermöglicht dabei kleinen Energieerzeugern und –verbrau-chern sich zu virtuellen Kraftwerken zusammen zu schliessen und gemeinsam Regelleistung am Markt anzubieten (VSE 2013).

2. Die zentrale Flexibilitätsbereitstellung zum Engpassmanagement auf Übertragungs-netzebene ist stark reguliert. Die Swissgrid ist nach StromVG Art. 17 bei Engpässen im

Übertragungsnetz dazu aufgefordert, die verfügbare Kapazität nach marktbasierten Verfah-ren wie Auktionen zuzuteilen. Besteht ein Engpass im Übertragungsnetz kann Swissgrid mit-tels Redispatch in den Kraftwerkseinsatz eingreifen. Hierfür muss Swissgrid bei den Kraft-werksbetreibern Redispatchenergie beschaffen, um im Falle eines Netzengpasses diese anzu-weisen, ihre Produktion anzupassen. Die Vergütung der Kraftwerksbetreiber erfolgt je nach positiver oder negativer Redispatchenergie in unterschiedlicher Ausführung in Anlehnung an die Marktpreise (Swissgrid AG 2010a).

3. Die Koordinationsform zur dezentralen Flexibilitätsbereitstellung zum Netzengpass-management auf Übertragungsnetzebene wurde bisher nicht ausgestaltet.

4. Die dezentrale Flexibilität zum Netzengpassmanagement auf Verteilnetzebene wird über feste Verträge, ggf. mit einer festgelegten Vergütung bereitgestellt. Während die Flexi-bilitäten von normalen Endkunden meist per AGB durch die Stromversorger als unentgeltlich nutzbar ausbedungen werden, erfolgt die Vergütung für grössere Flexibilitätsanbieter per vertraglich festgelegtem Entgelt. Überlagert wird dieser unregulierte Zustand durch eine Ab-nahmepflicht für erneuerbare Energie (Art. 7 Abs. 1 EnG). Schliesslich werden reduzierte Netzentgelte und/oder Energietarife für unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen (Nachtspei-cherheizungen, Wärmepumpen) vereinbart. Sofern ihre Unterbrechbarkeit aufgrund von Netzrestriktionen erforderlich ist, handelt es sich hierbei um eine Vergütung für eine dezent-rale Flexibilität zum Netzengpassmanagement.

5. Die dezentrale Flexibilität für den Systembilanzausgleich wird mit der zentralen Flexi-bilitätsbereitstellung von Swissgrid am Markt für Regelenergie beschafft. Das seit 2013 ein-geführte Regelpooling erlaubt insbesondere kleinen ans Verteilnetz angeschlossenen Erzeu-gern und Verbrauchern die Teilnahme am Regelenergiemarkt, vgl. (VSE 2013).

Tabelle 2: Zuordnung der Koordinationsformen zu den Koordinationsaufgaben für die Schweiz sowie ausgewählte internationale Beispielländer, Quelle: eigene Darstellung (Ecofys).

Koordinations-anforderung

Status quo

Schweiz Deutschland Irland USA (North-west)

1. Zentrale Flexibil-itätsbereitstellung für Systembi-lanzausgleich

Zentraler Marktplatz zentraler Marktplatz

Zentraler

Marktplatz feste Verträge

2. Zentrale Vergü-tung in Anlehnung an Marktpreise

feste Verträge Zentraler Marktplatz

direkte Steuer-ung

Koordinations-anforderung

Status quo

Schweiz Deutschland Irland USA (North-west)

feste Verträge Prozess nicht festgelegt

fest-gelegter Vergütung feste Verträge feste Verträge Prozess nicht festgelegt

5. Dezentrale Flexi- bilitätsbereitstel-lung für Systembi-lanzausgleich

Zentraler Marktplatz Zentraler Marktplatz

Zentraler Marktplatz

Prozess nicht festgelegt

Tabelle 2 zeigt einen Vergleich der Ausprägungen von Koordinationsformen in der Schweiz mit Deutschland, Irland sowie dem Nordwesten der USA.

Deutschland verfolgt bisher einen ähnlichen Ansatz wie die Schweiz. Darüber hinaus existieren jedoch bereits Regelungen für die dezentrale Flexibilitätsbereitstellung zum Netzengpassmanagement auf Übertragungsnetzebene. Dies erfolgt beispielsweise durch die Abschaltverordnung für steuerbare Las-ten. In dieser werden in einem monatlichen Ausschreibungsverfahren Lasten der Grössenordnung 50 bis 200 MW kontrahiert (Poolung an einem Netzknoten zulässig). Die Anlagen müssen mindestens an der 110 kV-Netzebene angeschlossen sein und können durch unterschiedliche Abschaltzeiten defi-nierte Produkte anbieten.

Auf der Verteilnetzebene existiert derzeit kein Marktprozess zur Allokation der Flexibilitäten. Aller-dings werden Vorschläge zur Ausgestaltung der dezentralen Flexibilitätsbereitstellung derzeit vom Branchenverband BDEW ausgearbeitet. Der Zugriff der ÜNB auf die im Verteilnetz angeschlossenen erneuerbaren Energien kann jedoch aus Netzsicherheitsgründen erfolgen (Einspeisemanagement).

Irland hat in seinem Markdesign des „Single Electricity Market“ traditionell einen stark zentralisierten Marktansatz Ansatz verfolgt. In diesem Ansatz wird eine Optimierung des Kraftwerkseinsatzes unter Berücksichtigung der Netzrestriktionen durchgeführt. Allerdings wird in diesen Prozess gegenwärtig nur das Übertragungsnetz einbezogen, so dass keine Berücksichtigung von Verteilnetzrestriktionen erfolgt. Dem entsprechend wird Redispatchkapazität auch nicht im Verteilnetz bereitgestellt. Der Zu-griff auf Flexibilitäten im Verteilnetz erfolgt vielmehr nur wenn kritische Netzzustände bereits erreicht wurden.

In den USA existiert kein einheitliches Strommarktdesign. Vielmehr werden die EVU in den Bundes-staaten unterschiedlich reguliert. Gleichzeitig haben sich EVU zu regionalen Power Pools zusammen-geschlossen, innerhalb derer Regelungen harmonisiert werden. Im Bereich des Northwest Power Pool sind Erzeugung und Netzbetrieb grösstenteils integriert. Dem zufolge werden dezentrale Flexibilitäten direkt gesteuert. Der Zugriff auf nicht-unernehmensinterne Flexibilitäten wie Warmwasserboiler wird derzeit technisch getestet. Bei erfolgreichen Tests wird erwartet, dass für die Bereitstellung der Flexi-bilität von Lasten eine Ermässigung auf den Tarif gewährt wird.