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2.2 Methodik

2.2.3 Standardverfahren

Um jedem Patienten die gleiche hochwertige Behandlung zukommen lassen zu können gibt es im Klinikum Rechts der Isar prä-, sowie postoperative, an die S3-Leitlininien von 2015 adaptierte Standardverfahren, die hier kurz erörtert werden sollen.

Jeder Patient erhält alle erforderlichen Staging-Untersuchungen, wie eine körperliche Untersuchung auf tastbare Veränderungen der Lymphknoten, eine Gastroskopie mit der Entnahme von Probebiopsien, eine Endosonographie zur Beurteilung der Infiltrationstiefe und des lokalen Lymphknotenbefalls, sowie eine Computertomographie des Thorax und des Abdomens. Um die Diagnose so gut wie möglich abzusichern erfolgt im Klinikum Rechts der Isar die histopathologische Begutachtung der Probeexzisionen aus den tumorsuspekten Arealen durch zwei unabhängige Fachärzte für Pathologie. Klassifiziert wird das Karzinom nach dem TNM-Schema der UICC und ferner nach dem Regressionsgrad nach Becker.

Je nach der Lokalisation des Ösophaguskarzinoms muss für die Tumorresektion aus verschiedenen Operationstechniken gewählt werden (Siewert J. R., 2012). Für fortgeschrittene Karzinome gibt es bis heute keinen Goldstandard (Hosoda et al., 2015).

Proximale bzw. zervikale Tumore sind meist Plattenepithelkarzinome und können durch eine limitierte zervikale Ösophagusresektion behandelt werden.

Bei Adenokarzinomen des ösophago-gastralen Übergangs Typ I und distalen Plattenepithelkarzinomen wird meist eine subtotale transthorakale En-bloc-Ösophagusresektion nach Ivor-Lewis mit einer hohen thorakalen Anastomose und einer proximaler Magenresektion durchgeführt (Allum et al., 2014, Hosoda et al., 2015, von Rahden et al., 2006, S3-Leitlinienprogramm, 2015). Diese Technik hat sich hinsichtlich der Sicherheit der R0-Resektion (nach der UICC) und der Überlebensdauer der Patienten durchgesetzt (Hulscher and van Lanschot, 2005, Kutup et al., 2014). Ein weiterer Vorteil der transthorakalen Resektion ist die Möglichkeit der problemlosen Erweiterung der Resektion oder der Lymphadnektomie (Li et al., 2015, Siewert J. R., 2010). Ein Nachteil ist jedoch ein erhöhtes Auftreten von pulmonalen Komplikationen, die durch die Thorakotomie ausgelöst werden

34 Material und Methoden

34 können (Wei et al., 2014). Es handelt sich bei der transthorakalen Resektionsmethode um einen Zwei-Höhlen-Eingriff bei dem erst die Bauch- und dann die rechte Brusthöhle eröffnet wird um den resezierten Ösophagus en-bloc zusammen mit der Kardia, der kleinen Magenkurvatur und den zugehörigen Lymphknotenpaketen zu entfernen (Siewert J. R., 2010).

Am zweithäufigsten wird eine transhiatale Ösophagusresektion durchgeführt. Hierbei wird die Brusthöhle nicht eröffnet und die Anastomosierung erfolgt im Halsbereich durch eine zusätzliche zervikale Inzision (S3-Leitlinienprogramm, 2015). Man vermeidet dadurch die Eröffnung der Brusthöhle und reduziert damit das Auftreten von pulmonalen Komplikationen.

Ein weiterer Vorteil dieser Technik ist die verringerte 30-Tage-Mortalität, sowie die verkürzte Dauer des Krankenhausaufenthaltes (Wei et al., 2014). Eine en-bloc-Resektion oder radikale Lymphadenektomie jedoch kann bedeutend schlechter durchgeführt werden (Siewert J. R., 2012, Wei et al., 2014).

Nach der Resektion des Tumors folgt die Rekonstruktion der Speisepassage. Bevorzugt wird die Rekonstruktion durch die Bildung eines Schlauchmagens (auch Magenhochzug genannt) mit einer hohen intrathorakalen Anastomose (Allum et al., 2014, Siewert J. R., 2012).

Das bedeutet, dass man nach der Resektion der kleinen Kurvatur die offenen Enden wieder miteinander vernäht und das proximale Ende des länglichen Schlauches mit dem distalen Absetzungsrand des Ösophagus anastomosiert. Ein Nachteil dieser Methode ist die fehlende Reservoirfunktion und die fehlende Peristaltik des Restmagens (Siewert, 2007). Jedoch zeigt diese Rekonstruktionsmethode eine gute postoperative health-related quality of life für die Patienten (Akkerman et al., 2015, Zhang et al., 2015).

Falls eine Schlauchmagenbildung nicht möglich ist, ist eine Wiederherstellung der Speisepassage durch ein Colon-Interponat (isoperistaltische Interposition des Colon transversum mit der linken Kolonflexur, gestielt an der Arteria colica sinistra) oder ein Dünndarm-Interponat (wegen der selten ausreichend langen Stielung in Ausnahmefällen als freies Dünndarminterponat mit mikrovaskulärem Gefäßanschluss an die Halsgefäße) möglich (Siewert J. R., 2012). Der Ösophagusersatz liegt meistens im hinteren Mediastinum, kann aber auch retro- oder prästernal (subkutan) liegen (Siewert J. R., 2010).

Handelt es sich bei AEG I oder AEG II-Tumoren um Frühkarzinome können diese durch eine Operation nach Merendino behandelt werden. Hierbei handelt es sich um eine limitierte Kardiaresektion mit der Überbrückung des Speisepassagendefekts durch ein gestieltes isoperistaltisches Jejunuminterponat (Siewert J. R., 2010).

35 Material und Methoden

35 Bei fortgeschrittenen Adenokarzinomen des ösophago-gastralen Übergangs Typ II besteht die Möglichkeit einer Ivor-Lewis-Operation mit einer proximalen Hemigastrektomie oder einer totalen Gastrektomie mit einer transhiatalen Resektion des distalen Ösophagus. Es gibt bis heute keinen eindeutigen Beweis für die Überlegenheit eine der beiden Operationstechniken (Allum et al., 2014), obwohl in manchen Studien die transhiatal erweiterte Gastrektomie bezüglich der 5-Jahre Überlebensrate leicht im Vorteil zu sein scheint (Omloo et al., 2007, Sasako et al., 2006, Wei et al., 2014).

Adenokarzinome des ösophago-gastralen Übergangs Typ III werden standardmäßig durch eine totale Gastrektomie mit einer transhiatal erweiterter Resektion des distalen Ösophagus behandelt. Auch hier handelt es sich um einen Zwei-Höhlen-Eingriff, bei dem der Magen und der distale Teil des Ösophagus entfernt werden (Allum et al., 2014, von Rahden et al., 2006). Bei dieser Methode zeigt sich bei Patienten mit einem AEG III ein Vorteil gegenüber anderen Operationstechniken im 5-Jahres-Überleben (Wei et al., 2014).

Wiederhergestellt wird die Speisepassage dann oft mit einer Roux-Y-Rekonstruktion. Hierbei wird nach der Resektion des Magens das angrenzende Duodenum blind verschlossen und auf Höhe einer Jejunalschlinge abgesetzt. Die Jejunalschlinge wird nun zum Ösophagus hochgezogen und mittels einer End-zu-Seit-Anastomose miteinander verbunden. Das distale Ende des Duodenalstumpfes wird mit dem Jejunum mittels einer End-zu-Seit-Anastomose verbunden (Siewert J. R., 2012).

Zu einer kompletten Lymphadenektomie muss bei Patienten mit einem Ösophaguskarzinom mindestens eine sog. Zwei-Feld-Lymphadenektomie erfolgen (S3-Leitlinienprogramm, 2015, Songun et al., 2010). Hierbei wird zusätzlich zur Ausräumung der mediastinalen Lymphknoten die Exstirpation der abdominellen Lymphknoten im Bereich des Truncus coeliacus durchgeführt. Bei proximalen Tumoren kann zusätzlich die Exstirpation der zervikalen Lymphknoten erfolgen. (Drei-Feld-Lymphadenektomie) (Allum et al., 2014, Fujita et al., 1995, Siewert J. R., 2012, Yamasaki et al., 2015). Kontrovers wird diskutiert, ob eine allgemeine Ausweitung der Zwei-Feld-Lymphadenektomie zu einer Drei-Feld-Lymphadenektomie die Prognose der Patienten positiv beeinflusst. Es zeigen sich in einigen Studien Beweise dafür (Allum et al., 2014, Kang et al., 2007, Ma et al., 2014), jedoch ebenso dagegen (van der Schaaf et al., 2015).

Bei fortgeschrittenen Tumoren wird eine neoadjuvante Radiochemotherapie bzw.

perioperative Chemotherapie durchgeführt. Patienten mit einem Adenokarzinom werden in unserer Studie nach dem MUNICON-Schema behandelt. Hierbei werden die Patienten mit

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36 einer Platin- und 5-Flourouracil-basierten Chemotherapie für zwei Wochen behandelt. Danach folgt eine FDG-PET-Untersuchung und eine Einteilung der Patienten in Responder (Tumorregression um mindestens 35%) und Non-Responder (Tumorregression weniger als 35%). Responder führen die Chemotherapie für weitere 12 Wochen fort, bei Nicht-Responder folgt gleich nach der Evaluationsperiode die Tumorresektion (Lordick F. , 2007). Eine allgemeine Empfehlung wurde für dieses Schema jedoch nicht ausgesprochen (S3-Leitlinienprogramm, 2015). Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom werden in unserer Studie nach dem FOLFOX-Schema therapiert. Es basierte auf einer Chemotherapie mit 5-Flourouracil, Leucovorin und Oxaliplatin, sowie einer Radiotherapie mit durchschnittlich 50 Grey (Conroy et al., 2014).

Der postoperative Kostaufbau erfolgt für jeden Patienten nach demselben Schema. Am ersten und zweiten postoperativen Tag werden die Patienten mit einer Infusionstherapie mit einem Liter Ringer-Infusionslösung, einem Liter 5%-Glukose-Lösung und nach Mehrfachmessung eines Blutzuckerwertes unter 60 mg/dl mit zusätzlich einem Liter 10%-Glukose-Lösung behandelt. Am dritten postoperativen Tag darf zusätzlich schluckweise Tee zu sich genommen werden. Am vierten Tag ist das Trinken frei. Am fünften Tag darf versucht werden Vollkost zu sich zu nehmen, allerding nur in kleinen Portionen (Hartel M., 2007). Eine enterale Ernährung sollte innerhalb von 24 Stunden nach der Ösophaguskarzinomresektion begonnen werden (S3-Leitlinienprogramm, 2015).

Tabelle 2-4: Schematische Darstellung des Kostaufbaus postoperativ (Hartel M., 2007)

Die Tumornachsorge wird im Klinikum Rechts der Isar durch das angeschlossene Tumor-Therapie-Zentrum durchgeführt. Der erste Nachsorgetermin findet drei Monate nach der Operation statt. Danach folgen die Kontrollen leitliniengerecht alle drei Monate bis zur Vollendung des ersten Jahres. Im nächsten Jahr erfolgt die Nachsorge halbjährlich. Danach werden jährliche Kontrollen bis zum fünften postoperativen Jahr durchgeführt (S3-Leitlinienprogramm, 2015).

*1l Ringer-Lösung, 1l 5%-Glukose-Lösung, ggf. 1l 10%-Glukose-Lösung

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