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Standardansichten, Dokumentation, Befundpräsentation

4.1 Datensatzakquisition und 3D-Nachverarbeitung .1 2D-Datensatzakquisition mittels helikaler MS-CT

4.3.2 Standardansichten, Dokumentation, Befundpräsentation

Bei der VE des Mittelohres in dieser Studie wurden 6 standardisierte Ansichten erstellt, um den Vergleich von pathologischen Befunden mit der korrelierenden Ansicht bei Normalpatienten zu ermöglichen. Dadurch, daß bereits eine ähnliche Orientierung der VE-Ansichten den Mitarbeitern der Abt. HNO der MHH durch die Vorarbeiten vertraut war, wurde die klinische Präsentation der Pathologien vereinfacht. Die Ansichtstandardisierung wurde zuvor von anderen Autoren mit zumindest zum Teil unterschiedlichen Blickwinkeln durchgeführt [Klingebiel et al. 2000, Neri et al. 2001, Pozzi Mucelli et al. 1997, Rodt 2002]. Warum auf eine Standardisierung der Ansichten in der VE bei anderen Studien verzichtet wurde, bleibt unklar [Himi et al. 2000, Seemann et al. 1998, Seemann et al. 1999, Frankenthaler et al. 1998].

Die in dieser Arbeit angewandten VE-Ansichten 1, 2, 4 und 6 wurden modifiziert beschrieben [Klingebiel et al. 2000, Neri et al. 2001, Pozzi Mucelli et al. 1997].

Standardansichten, die außerhalb des Meatus acusticus externus lagen oder eine Positionierung in seinen lateralen Anteilen mit Blickwinkel nach medial aufwiesen [Klingebiel 2002], haben sich im klinischen Gebrauch nicht als hilfreich erwiesen und trugen zur eigentlichen Beurteilung der Mittelohrstrukturen nur unwesentlich bei. Unter Berücksichtigung der Erfahrungen an einem größeren Patientenkollektiv wurden die Standardansichten 1, 2 und 5 nach Rodt [2002] leicht modifiziert. Standardansichten 1 und 2 wurden einander angeglichen und zur neuen ersten Standardansicht.

Standardansicht 2 wurde leicht nach medial und dorsal verlagert, um einen vergrößerten Bildausschnitt der Strukturen in Ansicht 2 zu erreichen. Bei Standardansicht 5 erfolgt die Ausrichtung nun anhand der Höhe der Oberkanten von Hammerkopf und Amboßkörper, um bei variabler Ausprägung der Höhe des Epitympanons die konstantere Darstellung der Strukturen in Ansicht 5 zu gewährleisten (siehe Abb. 14). Die Beurteilungen bei ausgeprägten Mittelohrmißbildungen und bei Z.n.

Prothesenimplantation (Artefaktentstehung) mittels VE haben gezeigt, daß die

Standardisierung zum Teil starken Einschränkungen unterliegt und die Ansichten der Pathologie individuell angepaßt werden müssen. Insbesondere bei ausgeprägten Mittelohrmißbildungen scheint relativ häufig ein im Verhältnis zur Lage der dysplastischen Ossikel hohes Epitympanon vorhanden, so daß neben den Standardansichten S1-S6 eine Ergänzungsansicht E1 (Abb. 34) mit Blickpunkt unter dem Tegmen tympani und Blickrichtung nach inferior auf die dysplastischen Ossikel sinnvoll erschien. Die Einführung der Ansicht E1 ist ebenfalls im Hinblick auf die Lagebeurteilung der Prothesenspitze in Relation zum Amboßkörper bei Z.n.

Otologics®-Implantation zu erwägen. Bei Gehörgangsatresie ist, falls aufgrund der möglicherweise miteinhergehenden Mittelohrdysplasie durchführbar, eine weitere Ergänzungsansicht E2 (Abb. 34) mit Blickpunkt mesotympanal an der medialen Wandbegrenzung des Cavum tympani und Blickrichtung nach lateral als sinnvoll zu erachten. Bei der sog. „kleinen Mittelohrmißbildung“ war die Ansicht 6 insbesondere zur Beurteilung der Lagerelation der verschiedenen Aberationen des N. facialis [Nager 1991] zur Nische des ovalen Fensters unersetzlich und sollte in jedem Falle beibehalten werden.

Abbildung 34: Ergänzungsansichten E1 und E2: 05 Caput mallei, 09 Corpus incudis, 10 Proc. brevis incudis, 13 Lig. posterius incudis, 30 Tegmen tympani, 33 Antrum mastoideum

Standardisierte Ansichten der 3D-Darstellung der isolierten Ossikelkette zur Diagnose der Pathologien wurden bisher nur in der Arbeit von Rodt [2002] empfohlen.

Die Anzahl und die Ausrichtung der Blickrichtungen wurden modifiziert. Mit Hilfe der Programmtasten zur Blickrichtungsausrichtung entsprechend der Orientierung des 2D-Datensatzes (Ansicht von superior, inferior, lateral, medial, anterior und posterior) wurden sechs Standardansichten generiert, die jederzeit exakt reproduzierbar waren.

Eine manuelle Ausrichtung der Ossikel entfiel, die Bearbeitungszeit sank und die Darstellung aller zu beurteilenden Strukturen im Hinblick auf den Vergleich zwischen normalen und pathologischen Befunden war weiterhin gegeben. Das Ziel, durch eine entsprechende Ausrichtung der Ossikel in der PVR-Technik eine erleichterte Beurteilung der anatomischen und/oder pathologischen Befunde der Ossikel in den VE-Standardansichten zu erreichen, wurde verworfen. Dies geschah aufgrund der Tatsache, daß die VE die feinen ossikulären Strukturen zu inkonstant abbildet, die Beurteilung der Gehörknöchelchen mittels der sensitiveren PVR-Technik erfolgen sollte und die Stellung der Gehörknöchelchen im Cavum tympani auch mit einer leicht abweichenden Ausrichtung der Ossikel in der PVR-Technik gut zu beurteilen war.

Innerhalb der weiteren Anwendung der 3D-Darstellungen des Mittelohres muß auf die weitere Bestätigung der Standardansichten und die Entwicklung von pathologieabhängigen Ergänzungsansichten im Sinne einer erweiterten Standardisierung geachtet werden.

Bei allen 107 Patienten wurde der klinische Einsatz der VE des Mittelohres und der 3D-Darstellung der isolierten Ossikelkette im Rahmen der interdisziplinären Konferenz mit den Kollegen der Abt. HNO-Heilkunde demonstriert. In dem Untersuchungszeitraum von 9 Monaten wurde beobachtet, wie sich, bzgl. der Gesamtzahl der für eine 3D-Darstellung des Mittelohres in Frage kommenden, untersuchten Kasuistiken, das Anforderungsverhalten seitens der Abt. HNO-Heilkunde der MHH verhielt (Tab. 7). Die Anzahl der Anforderungen einer Virtuellen Endoskopie wurde als indirekter Parameter für die Akzeptanz der Methode und auch die Bewertung der Methodenergebnisse seitens der Kollegen der Abt. HNO-Heilkunde der MHH gewertet, da eine konstante Rückmeldung bzgl. der diagnostischen Ergebnisse z.B.

nach explorativer Tympanoskopie oder intraoperativer Befunderhebung nicht erfolgte.

Bei der weiteren klinischen Bewertung dieser Methodik sollte auf der kontinuierlichen Erhebung von Daten zur Verifizierung der Befundergebnisse durch operative Maßnahmen bestanden werden. Abgesehen von unvermeidlichen saisonalen

Einschnitten im August und Dezember konnte ein im Durchschnitt hohes Anforderungsverhalten von 46,9% erreicht werden. Nach den Einschnitten stieg das Anforderungsverhalten auf einem jeweils höheren Niveau wieder ein, steigerte sich konstant und zeigte auf diese Weise gegen Ende des Untersuchungszeitraums mit einem Wert von 76,9% die Tendenz, daß bei korrekter Indikationsstellung eine Bewertung der Pathologie des Mittelohres und die Befundpräsentation durch die hier angewandte 3D-Darstellungskombination zumindest ergänzt werden sollte.

ANFORDERUNG * MONAT Kreuztabelle

110 53,1% 97 46,9% 207 100,0%

JUL-2001

Anzahl % von MONAT Anzahl % von MONAT Anzahl % von MONAT

nein ja

ANFORDERUNG

Gesamt

Tabelle 7: Anforderungen * Monat Kreuztabelle

Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß 3D-Techniken den Radiologen einerseits beim Diagnostizieren von Pathologien unterstützen sollen, müssen sie anderseits auch den weiteren Ansprüchen, die an die Radiologie gestellt werden, gerecht werden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit sollte beinhalten, daß der Radiologe dem die Untersuchung anfordernden Arzt durch adäquate Befundpräsentation die Möglichkeit eröffnet, bei der Erläuterung der Diagnose diese auch aktiv visuell nachvollziehen zu können, obwohl der ärztliche Kollege in der Betrachtung und Rekognition des relevanten radiologischen Befundes weniger geübt ist. Die Ergänzung der Präsentation eines 2D-Befundes durch einen 3D-Befund eröffnet somit neue Aussichten. Nicht-stereoskopische 3D-Abbildungen vereinfachen zwar das

Information auf der 2D-Fläche ausgewertet werden [Leuwer et al. 2001]. Die Dokumentation und Präsentation eines 3D-Befundes mittels zweidimensionaler Medien schränkt nicht nur die Befundvermittlung ein, sondern erscheint geradezu paradox.

Stereoskopiefördernde Maßnahmen [Seemann et al. 2000] ermöglichen es dem Radiologen, seiner Mittlerrolle besser gerecht zu werden. 2D-Fly-Through-Filmsequenzen, virtuelle Flugsequenzen durch das Mittelohr oder eine 3D-Animation der segmentierten Ossikelkette stellen Möglichkeiten dazu dar. Eine freie Navigation innerhalb animierter SR- und PVR-Darstellungen war nur manuell während des eigentlichen 3D-Bearbeitungsprozesses möglich und erwies sich bei der SR-Darstellung als nur eingeschränkt praktikabel. Da die maximalen Möglichkeiten der Dreidimensionalität nicht allein dem Diagnostiker während des Arbeitsprozesses oder der Lehre und Forschung vorbehalten sein sollten, erfolgte im Rahmen der klinischen Routine trotz der Erhöhung des Arbeitsaufwandes eine Befundpräsentation ausgewählter Kasuistiken mittels 3D-Filmsequenzen, wie sie auf der beigelegten CD-ROM zu finden sind. Die Flugrichtung in den VE-Filmsequenzen orientiert sich an den anatomischen Gegebenheiten und den in dieser Arbeit verwendeten Standardansichten.