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3.1.1 Notwendigkeit innovativer Analyseverfahren in der Papierindustrie Papier als

kom-plexes Produkt bzw. Werkstoff

Papier ist, von einigen Ausnahmen abgesehen, ein sehr komplex aufgebautes Produkt. Neben dem Faserstoff enthält es viele verschiedene Komponenten, wie Füllstoffe, Pigmente, Leimungs- und Nassfestmittel, sowie andere chemi-sche Additive, die für die Gebrauchseigenschaften und die Qualität des Papiers wichtig sind. Auch die Papieroberfläche besteht oft aus Beschichtungen, die mehrere Komponenten enthalten und mehrlagig sein können.

Neue Herausfor-derungen für die Papierindustrie

Die Entwicklung von neuen Eigenschaften und Anwendungen für Papier ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Die Papierindustrie steht vor der Herausforderung, dem Rückgang bei der Produktion von Massenpapieren, be-dingt durch die Konkurrenz außerhalb Europas und durch die neuen elektroni-schen Medien, kontinuierlich neue innovative Papierprodukte entgegenzusetzen und auf den Markt zu bringen [1]. Insbesondere die Verpackungs- und Spezial-papiere werden mit immer neuen Eigenschaften und Funktionen ausgestattet.

Des Weiteren werden dem Papier, u. a. durch die Kombination mit anderen Werkstoffen, neue Anwendungsgebiete erschlossen [2].

Bedeutung von Kenntnissen zur Komponenten-verteilung

Die Verteilung von Inhaltsstoffen und Additiven entlang des Papierquerschnitts (z-Richtung) hat wesentlichen Einfluss auf die Gebrauchs- und Verarbeitungs-eigenschaften sowie auf die neuen Funktionalitäten von Papieren. Kenntnisse zur z-Verteilung von Papierkomponenten sind deshalb wichtig.

Neue Anforde-rungen an Papieranalyse-verfahren

Die komplexere Zusammensetzung von Papieren stellt eine große Herausfor-derung an die Papieranalyse dar, insbesondere dann, wenn Inhaltsstoffe in geringen Konzentrationen vorliegen und deren mikroskopische Verteilung im Papierquerschnitt untersucht werden soll. Bisher ist jedoch die Analyse des Aufbaus und der Zusammensetzung von Papier in z-Richtung weitaus weniger entwickelt als die Oberflächenanalytik (x-y-Richtung). Sie stellt immer noch eine große messtechnische Herausforderung dar, in Bezug auf die erforderliche örtliche Auflösung und die stoffliche Spezifität.

3.1.2 Neue Möglichkeiten der Papieranalyse mittels Raman-Spektroskopie

Einleitung Die Raman-Spektroskopie hat sich seit ca. 15 Jahren, Dank der technologi-schen Entwicklung der ihr zu Grunde liegenden Messtechnik, von einer rein wissenschaftlich nutzbaren Analysenmethode zu einer routinemäßig im Labor anwendbaren Methode entwickelt [3, 4]. Sie bietet gegenüber anderen spektro-skopischen Techniken wesentliche Vorteile, die insbesondere für die örtlich hoch aufgelöste chemische Analyse genutzt werden können.

Messmethode Die Raman-Spektroskopie ist eine schwingungsspektroskopische Messmetho-de mit Messmetho-der Molekülschwingungen beobachtet werMessmetho-den [3]. Die Raman-BanMessmetho-den in den Spektren können bestimmten Molekülgruppen und damit bestimmten che-mischen Verbindungen zugeordnet werden. Die Bandenintensitäten bzw. deren Verhältnisse enthalten quantitative Informationen [5].

Raman-Spektrum von der Oberfläche eines gestrichen Papiers mit charakteristischen Banden verschiedener chemischer Komponenten [12]

Spektrometer-technik Zur Erzeugung der Raman-Spektren werden die Proben mit einem Laser be-strahlt. Gemessen wird die Strahlung, die von der Probe (den Molekülen) zu-rückgestreut wird.

Die Anregungslaser können Wellenlängen im UV/VIS-Bereich (z. B. 532 nm) oder im NIR-Bereich (z. B. 1064 nm) besitzen. Lange Zeit war durch eine kom-plizierte und viel Raum einnehmende Lasertechnik, die Anwendung der Ra-man-Spektroskopie beschränkt. Seit ca. 10 Jahren sind die Raman-Spektrometer, durch die Verfügbarkeit von abstimmbaren Diodenlasern, holo-graphischen Spektrographen und leistungsfähigen Detektoren, deutlich kom-pakter und mobiler geworden [3]. In Kombination mit einem konfokalen Mikro-skop können mit der Raman-SpektroMikro-skopie örtlich hoch aufgelöste chemische Analysen an vielfältigen Materialien durchgeführt [6] und alle Vorteile der Ra-man-Spektroskopie voll genutzt werden.

Heute wird die Raman-Spektroskopie bereits in vielen Bereichen, wie der pharmazeutischen Industrie [7], der Medizin [8], der Kunststoffindustrie [9] so-wie bei der Untersuchung von Kunstwerken [10] und in der Forensik [11] einge-setzt.

Möglichkeiten und Vorteile der

Raman-Spektroskopie

Die wesentlichen Vorteile der Raman-Spektroskopie gegenüber anderen Messmethoden bzw. anderen schwingungsspektroskopischen Verfahren sind im Folgenden kurz erläutert.

Probenpräparation. Die Proben können direkt vermessen werden. Es ist keine spezielle Probenpräparation notwendig. Einige Proben müssen nur auf eine entsprechende Größe gebracht werden. Dadurch verringert sich die Gesamt-analysezeit gegenüber anderen Messmethoden erheblich.

Örtliche Auflösung. Mittels des Lasers und des Mikroskops kann eine örtliche Auflösung von bis zu 1 µm erreicht werden, die sonst nur bei den REM-Messungen zur Verfügung steht.

Spezifität. In den Raman-Spektren können chemische Substanzen sehr genau identifiziert werden. Ein Raman-Spektrum kann gleichzeitig alle zur Analyse notwendigen Informationen für mehrere Substanzen enthalten. Es werden auch visuell nicht erfassbare Substanzen sichtbar gemacht.

Niedrige Nachweisgrenzen. Viele Additive kommen nur in sehr geringen Kon-zentrationen im Papier vor und sind daher schwierig oder gar nicht zu detektie-ren, vor allem dann, wenn nur integrierende Messungen über einen größeren Messfleck durchgeführt werden können. Durch die hohe örtliche Auflösung der Raman-Mikroskopie kann die Detektion erheblich verbessert werden, da die Messung genau an den Punkten von Substanzablagerungen erfolgt, z.B. an einer Faser oder in Hohlräumen des Fasernetzwerkes [12].

Auswertung der

Raman-Messungen

Für die Bestimmung der örtlichen Verteilung von chemischen Komponenten werden die zu messenden Flächen Punkt für Punkt abgerastert (Mapping). Die Mapping-Datei kann dann als spektrales chemisches Bild (Chemical Imaging) dargestellt werden.

Für die Darstellung der spektralen Bilder, d. h. für die Farbkodierung der Mess-punkte gibt es folgende Möglichkeiten.

• Intensität einer charakteristischen Schwingungsbande

• Verhältnisse von Intensitäten oder Flächen zweier Banden, z. B der Matrix und des zu bestimmenden Inhaltsstoffs [5]

• Klassifizierung der Spektren mit chemometrischen Methoden, wie Hauptkomponenten- oder Clusteranalyse [8]

• Berechnung quantitativer Gehaltsangaben mit chemometrischen Kalibriermodellen [5]

Weiterhin können aus den für die Farbkodierung ermittelten Werten relative und absolute Verteilungskurven über den Papierquerschnitt erstellt werden.

Raman-Bild des Querschnitts eines Photo-Inkjet-Papiers. Farbkodierung durch Scorewerte der zweiten Hauptkomponente aus der Hauptkomponentenanalyse. A und B – Obere bzw.

untere Farbempfangsschicht, C – Polyethylen(PE)-Schicht mit TiO2 , D – Rohpapier und

Auswertung der chemischen Bilder

Die Auswertung der erhaltenen chemischen Bilder kann zum einen rein visuell erfolgen. Ziel der Analyse muss es jedoch sein die Verteilungen auch quantita-tiv zu bewerten. Dazu stehen verschiedene Methoden und Verfahren zur Verfü-gung. Anhand der erhaltenen Zahlenwerte für jeden Bildpunkt können Vertei-lungskurven oder Histogramme erstellt werden [12]. Des Weiteren kann man die Homogenität von Verteilungen durch Verteilungs- oder Bewertungsindexe beurteilen [13]. Weiterhin können die chemischen Bilder als Grau- oder RGB-Bilder abgespeichert und mit klassischen bildanalytischen Methoden ausgewer-tet werden.