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Sprecherische Gestaltung bei der Textgattung: Informieren

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Sprecherische Anforderungen

2.2 Sprecherische Gestaltung bei der Textgattung: Informieren

15 Jüngst 2010, S. 110. (Quelle:

http://de.wikipedia.org/wiki/Audiodeskription#

mediaviewer/File:Audiodeskriptio.svg.

letzter Zugriff am 07.02.2015)

16 vgl. Weißbach 2012, S. 358.

17 Poethe, M.: Audiodeskription – Entstehung und Wesen einer Textsorte. In: Hörfilm – Bildkom-pensation durch Sprache, 2004, S. 36.

angeführt, die Hinweise im Bezug auf das Sprechen selbst geben. Dabei beziehe ich mich vorwiegend auf vier Quellen:

1. „Hörfilm – Bildkompensation durch Sprache“ von Ulla Fix (2005)

2. „Audiodeskription – Entstehung und Wesen einer Textsorte“ von Maria Poethe (2004)

3. „Audiovisuelle Übersetzungen“ von Heike Elisabeth Jüngst (2010)

4. „Filmübersetzung: Probleme bei Syn-chronisation, Untertitelung, Audio-deskription" von Marleen Weißbach (2012)

2.1 Vorgegebener Text

Der Sprecher einer Audiodeskription muss sich an ein vorgefertigtes Audiodeskripti-onsskript halten und kann nicht frei und mündlich sprechen.18 Zudem ist im Skript ein Timecode angegeben, der ebenfalls eingehalten werden sollte. Somit ist so-wohl das Sprechtempo als auch die Pau-sengestaltung eingeschränkt und teilweise vorgegeben. Laut Henrike Morgner und Steffen Pappert entspricht die Sprache an sich somit lediglich einer „Reprodukti-on[en] schriftlich konzipierter, detailliert vorbereiteter und exakt auf den Filmver-lauf abgestimmter Aufzeichnungen“.19

2.2 Sprecherische Gestaltung bei der Textgattung: Informieren

Da die Audiodeskription relevante und zum Verstehen der Handlung wichtige In-formationen verbalisiert und somit über-mittelt, kommt sie dem Genre Nachrichten nahe. Maria Poethe schreibt: „Dabei über-wiegt das sachbetonte Informieren durch

18 vgl. Morgner, H. und Pappert, S.: Darstellung des Untersuchungsmaterials – Sequenz-protokoll, Einstellungsanalyse und

Transkription, In: Hörfilm – Bildkompensation durch Sprache, Hrsg.: Ulla Fix. Berlin, 2005, S.

13–32.

19 vgl. Morgner und Pappert, 2005, S. 29

Beschreiben von Vorgängen und Hand-lungen, Situationen, Orten und Personen, was aber erlebnisbetontes Informieren, Wiedergeben von Eindrücken durch die meist als „Schildern“ bezeichnete Sprach-handlung nicht völlig ausschließt.“20 Für die sprecherische Gestaltung gibt sie fol-gende Hinweise: „Die Sprechweise für den Audiodeskriptionstext sollte sachlich-informierend sein, d. h. kaum Variationen in der Klangfarbe der Stimme und der Sprechspannung, nur geringe Variationen in Tempo, Lautheit, Artikulationspräzision, flachere Melodiebögen, Akzent und Glie-derung entsprechend den Regeln für die Sachaussage aufweisen.“21 Sie verdeut-licht weiter, dass sich durch die dargelegte Sprechweise, die Stimme der Audio-deskription deutlich von den Dialogstim-men abhebt. Vielmehr gewährleistet die Neutralität der Audiodeskription, laut Maria Poethe, dass in das Filmgeschehen nicht eingriffen wird, sondern dieses lediglich durch eine sich im Hintergrund haltende Stimme ergänzt wird. Dies wird auch dadurch erreicht, dass der Sprecher der Audiodeskription in der Regel kein am Film beteiligter Schauspieler ist.

Diese Auflistung von Anforderungen, die beim Sprechen einer Audiodeskription be-achtet werden müssen, geben erste Hin-weise, wie ein Sprecher sprechen sollte.

Allerdings werden die Hinweise nicht wei-ter spezifiziert. Beispielsweise bleibt offen, wie die Betonungsregeln einer Sachaus-sage wirklich zu realisieren sind. Eine mögliche Realisierungshilfe könnten die Betonungsregeln von Michael Rossié sein, der in seinem Buch „Sprechertraining:

Texte präsentieren in Radio, Fernsehen und vor Publikum“ auf das neutrale Spre-chen von Nachrichten eingeht und im Zu-ge dessen BetonungsreZu-geln auflistet. Un-klar ist zudem, was Maria Poethe genau mit „Abheben von den Dialogstimmen“

meint.

20 Poethe, M.: Audiodeskription – Entstehung einer Textsorte, In: Hörflim – Bildkompensation durch Sprach, Berlin, 2005, S. 41.

21 Poethe, 2005, S. 41

Auch Heike Elisabeth Jüngst diskutiert in ihrem Buch inwieweit der Sprecher neutral oder emotional involviert sein sollte.22 Ihre Hauptthese ist, dass der Zuschauer einen eigenen Interpretationsspielraum behalten sollte. Jedoch behandelt sie das Thema nur knapp. Sie stimmt mit Maria Poethe überein, wenn sie schreibt: „Der neutrale Sprecher ist der typische, ursprüngliche Audiodeskriptionssprecher. Er gehört nicht zu den Schauspielern, die in dem Film auftreten.“23 Sie ergänzt darüber hinaus:

„Die Stimme ist klar und deutlich wie die eines Nachrichtensprechers, nicht dialek-tal verfärbt. Der Vortragsstil ist zwar pro-sodisch klar gegliedert, aber frei von Emo-tionen.“24

Dass ein Sprecher keine Emotionen zei-gen sollte, schränkt Heike Elisabeth Jüngst aber in zwei Punkten ein. Erstens, wenn ein Schauspieler aus dem Film die Audiodeskription selbst einspricht.25 Bei-spielsweise übernimmt Ulrich Noethen in dem Film „Bibi Blocksberg – und die blau-en Eulblau-en“ nicht nur die Rolle des Vaters von Bibi, sondern realisiert auch die Audi-odeskription. Somit spricht er nicht aus ei-ner neutralen Rolle heraus, sondern aus der Vaterrolle von Bibi Blocksberg. Würde er zwei verschiedene Sprechweisen ver-wenden – einmal neutral als Audiodeskrip-tionssprecher und einmal mit Emotionen in seine Rolle – wären die Blinden und Seh-behinderten dadurch irritiert. Zweitens, so merkt Heike Elisabeth Jüngst an, gibt es auch Filme, bei denen ein neutraler Spre-cher unpassend wäre. Als Beispiel führt sie „Dinner for one“ an.26

Die Frage der Neutralität behandelt auch Marion Weißbach. Sie verweist darauf, dass es unterschiedliche Vorstellungen gibt, wie ein Sprecher die Audiodeskription sprechen sollte. Einige würden sich eine neutrale, andere eine diskrete, wiederum

andere eine lebendige Beschreibung wünschen, also jemanden, der mit der Handlung des Films „mitgeht“. Als An-haltspunkt schlägt sie vor, abhängig vom Genre individuell zu entschieden, welche Sprechweise ein Sprecher wählt. Bei Ko-mödien und Kinderfilmen empfiehlt sie vorzugsweise eine emotionale Beschrei-bung, bei Krimis oder Dramen dagegen eine neutrale Variante. Das Wichtigste sei jedoch nicht nur das Filmgenre zu beach-ten, sondern vielmehr, dass Beschreibung und Film im Einklang zueinander stehen.27 2.3 Beim Einsprechen

Auch über das Einsprechen gibt es in der Literatur Hinweise. So schreibt Marion Weißbach: „Der Sprecher achtet auf eine klare und fehlerfreie Aussprache und muss versuchen, mit der Beschreibung an der richtigen Stelle einzusetzen.“28. Sie verweist darauf, dass im Nachhinein der Tontechniker eventuelle Ungenauigkeiten und Fehler beheben kann.

2.4 Übungshinweise

In ihrem Buch gibt Heike Elisabeth Jüngst sogar Übungsaufgaben, verschiedene Sprechweisen zu trainieren. So wird der Leser motiviert, Texte in verschiedenen Emotionen zu sprechen und Gegenstände wie ein Gemälde zu beschreiben.29 Prakti-sche Hilfestellungen, wie ein Sprecher zum Beispiel eine neutrale Wirkung erzie-len kann, gibt sie jedoch nicht.

2.5 Fazit

Die bestehenden Veröffentlichungen ge-ben zwar erste Hinweise und Andeutun-gen, wie ein Sprecher eine Audiodeskrip-tion sprechen sollte. Konkrete Anforde-rungen bleiben jedoch aus.

27 vgl. Weißbach, S. 359

28 Weißbach, S. 359

29 vgl. Jüngst 2010, S. 119

3 Sprecherische Kriterien für Audiodeskriptionen erarbeiten

Da die bisherigen Veröffentlichungen vor-wiegend von Linguisten erstellt wurden, habe ich in meiner Bachelorarbeit, die Au-diodeskription speziell unter sprecheri-scher Sicht analysiert, um als Ergebnis dif-ferenzierte Hinweise aufzulisten, was ein Sprecher gezielt beachten sollte.

Methodisch habe ich zunächst eine Grup-pendiskussion mit der Zielgruppe von Au-diodeskriptionen, also mit Blinden und Sehbehinderten, durchgeführt. Anschlie-ßend habe ich bei zwei Produktionen von Audiodeskriptionen des ZDFs in Berlin hospitiert, wobei ich Gelegenheit hatte, mit den beteiligten Personen zu sprechen. Die Ergebnisse aus den Gesprächen mit der Zielgruppe und die Erkenntnisse aus den Hospitationen weisen große Übereinstim-mungen auf.

Die erarbeiteten Parameter umfassen drei große Bereiche: erstens die allgemeine Wirkung, zweitens die Sprechtechnik und drittens weitere Anforderungen, die im All-gemeinen für den Sprecher von Bedeu-tung sind. Die ersten beiden Aspekte sind oft eng miteinander verbunden, da durch den Einsatz von Sprechtechniken häufig eine spezielle Wirkung erzielt werden kann. Der dritte Aspekt fördert den Pro-zess der Sprachaufnahmen, indem er die-sen beispielsweise beschleunigen kann.

Die größte Übereinstimmung hat sich ins-besondere bei drei Anforderungen ge-zeigt: das Anstreben einer neutralen und sachlichen Beschreibungsweise, das Be-achten des Timings und das Zurückneh-men (im Hintergrund halten) des Spre-chers.

Die Sehbehinderten und Blinden nannten vorwiegend Eigenschaften zur Wirkung eines Audiodeskriptionssprechers. Bei den Hospitationen hingegen wurden vorwie-gend Aspekte zur Sprechweise und zur Sprechtechnik in den Fokus gestellt. Auf-fallend ist hierbei, dass die Ergebnisse

sich überschneiden. Es gab lediglich ge-ringfügig unterschiedliche Meinungen bei der Zielgruppe, die sich aber durch sub-jektive Vorlieben begründen lassen und die bereits in der Literatur thematisiert werden. Beispielsweise gibt es unter-schiedliche Auffassungen dazu, wie viel und inwieweit ein Sprecher den Film und dessen Wirkung beeinflussen darf.

Auf die Aspekte Körper und Atmung, die sonst für das Sprechen von Texten eine wichtige Grundlage bilden, wurde sowohl bei der Gruppendiskussion als auch wäh-rend der Hospitationen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht einge-gangen. So verbessert sich der Stimm-klang sowohl durch eine physiologische und eutone Körperspannung als auch durch eine costo-abdominale Atmung. Die Einatmung, die bei Audiodeskriptionen meist unhörbar ist, kann zudem durch technische Möglichkeiten problemlos her-ausgeschnitten werden, ohne dass die Bearbeitung zu hören ist.

Im Folgenden werden nun alle herausge-arbeiteten sprecherischen Anforderungen für Audiodeskriptionen genannt. Die Spie-gelstriche zeigen mögliche (sprecheri-sche) Maßnahmen auf, die zum Erreichen der genannten Anforderungen dienen können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einzelne Maßnahmen auf die Um-setzung mehrerer Anforderungen hinwir-ken. Beispielsweise trägt das „emotions-freie und kommentarlose Sprechen“ so-wohl zu einer „sachlich, neutralen und dis-tanzierten Beschreibungsweise“ als auch dem „sich Zurücknehmen und im Hinter-grund halten“ bei. Aus diesem Grund wer-den einzelne Maßnahmen unten stehend wiederholt genannt.

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