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Spiel als Förderung der Entwicklung

Im Dokument Wir spielen mit unseren Kindern (Seite 10-13)

2. Das Spiel und die Bedeutung für die kindliche Entwicklung

2.1. Spiel als Förderung der Entwicklung

Prinzipiell kann durch das Spiel die gesamte kindliche Entwicklung angesprochen werden.

Sowohl kognitive Aspekte, als auch soziale und emotionale Aspekte können durch das Spiel gefördert werden.

„Die wesentliche Rolle des Spiels für die Entwicklung besteht darin, daß eine Reihe von kognitiven, motorischen, sensomotorischen und sozialen Lernprozessen überhaupt nur über das Spiel vollzogen werden können“ (Schenk-Danzinger 1983, S.383).

Gerade in der sozialen Entwicklung kann gesagt werden, dass das Spiel ein Freiraum für Kinder ist, in dem sie mit Verhaltensformen und Reaktionsweisen experimentieren. Es werden Lösungsmöglichkeiten im Miteinander gefunden. Weiters kann man sagen, dass die Spielgruppe ein verkleinertes Abbild der Gesellschaft darstellt und somit zu einem bedeutenden Sozialisationsträger geworden ist.

Bei der emotionalen Entwicklung erfährt das Kind eine Stärkung oder Schwächung seiner Position. Nach Erikson (1959) kann das Kind im Spiel schwierige Erlebnisse überdenken und nachträglich lösen, um sein Selbstbewusstsein wiederherzustellen.

Auch die kognitive Entwicklung wird im Spiel gefördert. Es werden verschiedene Bereiche wie die Aufmerksamkeit und die Wahrnehmung, die eine wichtige Voraussetzung für das schulische Lernen sind, sowie das reflexive und impulsive Verhalten angesprochen. Auch wird Flexibilität und Umstellungsfähigkeit erlernt und geübt sowie das logische, planende Denken.

Schließlich darf die Sprache nicht vergessen werden. Denn durch das Besprechen der Spielregel, das Planen des Spiels und das Formulieren eigener Ideen wird die sprachliche Fähigkeit des Kindes permanent gefordert und gefördert (Pachner, 1990).

Man darf das kindliche Spiel jedoch nicht nur von dieser Seite betrachten, es müssen auch andere Bezugsebenen einbezogen werden. In diesem Sinne hat Heimlich (1993) in seiner Einführung in die Spielpädagogik dem kindlichen Spiel drei Ebenen zugewiesen: eine personale, eine soziale und eine ökologische Spielebene.

2.1.1. Personale Spielebene

Die personale Spielebene bestimmt Heimlich (1993) im Anschluss an Langeveld (1968) als die Ebene der personalen Entwicklung des Kindes. Das Kind bewältigt vorerst im Spiel seine grundlegenden Entwicklungsaufgaben, nämlich die Welt von uns allen kennen zu lernen und gleichzeitig selbst jemand zu werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass sich das Kind sicher fühlen muss und Vertrauen im Umgang mit Erwachsenen gefunden hat. Erst dann ist es in der Lage, sich in spielerischer Weise mit der Welt auseinanderzusetzen. Langeveld meint außerdem, dass kindliche Spielwelten als etwas Unfertiges angesehen werden müssen, welche offen sind für neue Ideen und unkonventionelle Betrachtungen. Im Spiel kann jederzeit die Bedeutung eines Gegenstandes außer Kraft gesetzt werden um einer neuen Idee Platz zu machen. Auf diese Weise deuten Kinder im Spiel die soziale Wirklichkeit um, verleihen Gegenständen im Spiel andere, wenn auch fiktive Eigenschaften, und fordern die sie begleitenden Personen zu neuen Spielrollen heraus. Langeveld spricht daher von einer „Hin- und Herbewegung“, die zwischen Spielwirklichkeit und Alltagswirklichkeit hin und her pendelt und nach beiden Seiten offen ist. In dieser Pendelbewegung liegt auch das kreative Potential des Spiels verborgen wodurch die Vorstellung der Welt erweitert wird.

Nach Langeveld kann die personale Ebene folgender Maßen definiert werden: „Im Spiel … beginnt das Kind seine Personwerdung, lernt es sich mit der Welt von uns allen zu nähern und sich zugleich als etwas Eigenständiges von ihr zu distanzieren“ (Heimlich 1993, S.21).

Weiters misst Langeveld den Umgang zwischen Kindern und Erwachsenen eine große Rolle für die kindliche Entwicklung zu. Es geht also nicht nur um die personale Auseinandersetzung mit Räumen und Dingen, sondern auch um die Beziehung zu den Personen, auf deren Hilfe und Unterstützung das Kind angewiesen ist. Das Eltern-Kind-Spiel sollte daher zum festen Bestandteil des Familienlebens gehören (Heimlich, 1993).

2.1.2. Soziale Spielebene

Die soziale Spielebene betrifft im engeren Sinne die soziale Interaktion. „Mit Goffman können wir deshalb das Spiel definieren als Beginn der Sozialwerdung des Kindes, in deren Verlauf es durch die Möglichkeit des So-tun-als-ob lernt, die Perspektiven anderer zu übernehmen, gemeinsame Perspektiven zu entwickeln und eigene Perspektiven davon abzugrenzen“ (Heimlich 1993, S. 26). Heimlich bringt damit zum Ausdruck, dass die eigenständige Wirklichkeit des Spiels sich auch aus sozialen Interaktionen heraus erklären lässt, damit wird das Spiel zur notwendigen Basis für alles nachfolgende soziale Lernen in der weiteren Entwicklung. Auch Krappmann (1975) stellt fest, dass insbesondere das spontane Spiel der Kinder mit der Entwicklung der sozialen Grundfähigkeit zusammenhängt. Gerade die Fähigkeiten unterschiedliche und widersprüchliche Erwartungshaltungen zu tolerieren oder in Distanz zur eigenen Rolle zu treten, sowie Einfühlungsvermögen für die Ideen anderer zu entwickeln sind in der sozialen Spieltätigkeit gefordert und werden auch weiterentwickelt.

So betrachtet kann sogar gesagt werden, dass die Identitätsentwicklung des Kindes wesentlich durch die soziale Spieltätigkeit mit ausgeprägt wird. „Im Spiel lernen die Kinder somit auch, die Balance zu halten zwischen der Übernahme der Erwartungshaltung anderer (soziale Identität) und der Ausprägung ihrer eigenen Unverwechselbarkeit (personale Identität)“ (S.

27). Erst durch das Kennen lernen der Sichtweisen des anderen kann eine Abgrenzung der eigenen Sichtweisen stattfinden, wodurch Kindern sich selbst im Spiel kennen lernen. Kinder sehen so zwangsläufig die soziale Interaktion auch aus der Sicht eines anderen und lernen auf diese Weise, die verschiedenen Wahrnehmungsweisen (Fremd- und Selbstwahrnehmung) zu unterscheiden.

Jedoch muss auch erwähnt werden, dass der Wohnort heutzutage die Bedeutung für das kindliche Spiel verloren hat. Kinder sind heute meist darauf angewiesen weit entfernte Spielorte aufzusuchen, die größtenteils speziell für sie gestaltet sind (z.B.: Spielplätze).

Dadurch entstehen eine erhöhte Erwachsenenabhängigkeit und eine institutionelle Überformung kindlicher Spielsituationen, die als Risiken für die Entfaltung der kindlichen Identität angesehen werden. Es sollten also Situationen geschaffen werden wo Kinder die Chance haben „eigenständige Situationsdefinitionen im Spiel bereitzustellen, die ihnen als Ausgangspunkt für die Herausbildung personaler Identität dienen können“ (ebd., S.30).

2.1.3. Ökologische Spielebene

Die ökologischen Aspekte des Spiels sind bei Heimlich (1993) definiert als „… Interaktion mit Objekten und Personen auf verschiedenen Umweltebenen, in deren Verlauf personal-soziale, räumlich-materielle sowie temporale Bestandteile der Umweltebenen zur Spielumwelt transformiert werden“ (S. 35). Heimlich meint damit, dass neben den sozialen Interaktionen jetzt auch Spielmittel und Spielräume eine Einwirkung auf das kindliche Spiel haben. Das Spiel erscheint jetzt nicht nur mehr als soziales Geschehen, sondern als Verknüpfung der Personen mit einem Ausschnitt der sozialen Umwelt und zwar auch in seiner dinglichen Qualität.

Auch Hetzer (1986) spricht von einer materiellen Umwelt in der Kinder Objekte betasten und ergreifen und so für ihre Zwecke benutzen und dadurch verändern. Hetzer unterscheidet aber auch in einen immateriellen Bereich, der einen entscheidenden Teil unserer Kultur ausmacht.

Sie zählt dazu die Spielregeln einer Mutter beim Spielen sowie Denkspiele.

Zusätzlich sollte noch darauf hingewiesen werden, dass verschiedene positive Einflüsse des Spiels nicht ohne bestimmte äußere Voraussetzung zu realisieren sind. Die wichtigste Voraussetzung ist die emotionale Geborgenheit des Kindes. Nur aus einer gefestigten Beziehung zur ständigen Bezugsperson heraus kann das Kind Lernschritte machen. In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen Exkurs zur Bindungstheorie machen.

Im Dokument Wir spielen mit unseren Kindern (Seite 10-13)