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Naturwaldreservat Hohestein

4.5.5 Soziologische Artengruppen

In einer Dezimalskala von ELLENBERG et al. (1992) werden die 50 Vegetationsklassen Mit-teleuropas in acht Gruppen unterteilt. Die prozentualen Anteile der soziologischen Arten-gruppen in den wichtigsten Vegetationseinheiten des Naturwaldreservats wurden mit SORT 3.4 qualitativ berechnet. Es sind folgende Gruppen in diesen Pfianzengesellschaften vorhan-den:

3. Gruppe: Krautige Vegetation oft gestörter Plätze 5. Gruppe: Anthropo-zoogene Heiden und Rasen 6. Gruppe: Waldnahe Staudenfluren und Gebüsche 7. Gruppe: Nadelwälder und verwandte Heiden 8. Gruppe: Laubwälder und verwandte Gebüsche

In Abb. 61 werden die prozentualen Artenanteile der sechs Vegetationseinheiten auf die soziologischen Artengruppen von ELLENBERG et al. (1992) bezogen.

Carici-Fagetum

• Carici-Fagetum • Laserpitium 1.-Variante ö Lamiaslrum g.-Variante

Hordelymo-Fagetum

D Hordelymo-Fagetum • H.F. latbyretosum D H.F. typicum

A

1 2 3 4 5 6

Soziologische Artengruppen 1 = Laubwälder und verwandte Gebüsche 3 = Krautige Vegetation oft gestörter Plätze 5 = Nadelwälder und verwandte Heiden

2 3 4 5 6

Soziologische Artengruppen

2 = Waldnahe Staudenfluren und Gebüsche 4 = Anthropo-zoogene Heiden und Rasen 6 = Begleiter

Abb. 61: Relativer Anteil soziologischer Artengruppen in den Vegetationseinheiten.

Abb. 61 zeigt, daß beide Assoziationen zum überwiegenden Teil durch Pflanzen der Laub-wälder charakterisiert werden und damit naturnahe Laubwaldgesellschaften sind. Arten der

„waldnahen Staudenfluren und Gebüsche" sind am häufigsten in der Laserpitium latifolium-Variante vorhanden. Diese Arten, die in Trifolio-Geranietea- und Epilobietea-Gesellschaften zu finden sind, weisen auf den hohen Lichtgenuß des stark südexponierten Standorts hin. La-serpitium latifolium ist ebenfalls dieser Gruppe zuzuordnen und macht als namengebende Differentialart die Sonderstellung der Variante im Untersuchungsgebiet deutlich. Die Licht-begünstigung wird auch durch die Vertreter der „anthropo-zoogenen Heiden und Rasen" her-ausgestellt, die ausschließlich in dieser Untereinheit vorkommen. Neben Pflanzen der Weide-gesellschaften, die vermutlich aus Viehweiden in der Nähe des Untersuchungsgebiets einge-wandert sind, handelt es sich dabei um Arten der Kalk-Magerrasen. Das verwundert kaum, denn umgekehrt stellen Mesobromion-Rasen Ersatzgesellschaften des Carici-Fagetum dar.

Störungszeiger sind in beiden Assoziationen nur in geringer Zahl vorhanden, es ergeben sich dabei keine deutlichen Unterschiede. Auch die Arten der Nadelwälder sind nur durch wenige Pflanzen repräsentiert. Im Carici-Fagetum wird die soziologische Artengruppe „Nadelwälder und verwandte Heiden" durch Epipactis atrorubens als Verbandscharakterart des Erico-Pinion repräsentiert.

4.5.6 Lebensformen

Die Gliederung der Lebensformen nach RAUNKIAER (1937) basiert auf der Lage und dem Schutz der Überdauerungsorgane in der ungünstigen Jahreszeit. Dabei handelt es sich um An-passungen an die rhythmischen Erscheinungen des Makroklimas, also an den Jahreszeiten-wechsel. Für die einzelnen Vegetationseinheiten wurden die Anteile solcher Lebensformen

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mit SORT 3.4 qualitativ ermittelt. Die dabei verwendete Einteilung mit der Abkürzung durch Großbuchstaben orientiert sich an ELLENBERG et al. (1992):

Baum (> 5 m)

Strauch oder Kleinbaum (0,5-5 m) Zwergstrauch (bis 0,5 m)

Knospen über der Erde, Überwinterung im Schneeschutz Knospen nahe der Erdoberfläche überwinternd

Überwinterungsorgane unter der Erdoberfläche kurzlebig, ungünstige Zeiten als Samen überdauernd In der folgenden Abbildung sind die prozentualen Artenanteile bezüglich der Lebensfor-men für die Pflanzengesellschaften des Naturwaldreservats dargestellt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit bleibt die Graphik auf jeweils zwei Untereinheiten der Assoziationen be-schränkt.

P:

N:

Z:

C:

H:

G:

T:

Phanerophyt Nanophanerophyt holziger Chamaephyt krautiger Chamaephyt Hemikryptophyt Geophyt Therophyt

Carici-Fagetum Hordelymo-Fagetum

D Carici-Fagetum • Laserpitium 1.-Variante DLamiastrum g,-Variante • Hordelymo-Fagetum • H.-Flathyrctosum DH.-Ftypicu

.lÜTm-^n

H 0

G P N C

Lebensformen Lebensformen

Abb. 62: Lebensformenspektren der Pfianzengesellschaften, angegeben in prozentualen Artenanteilen.

Abb. 62 veranschaulicht, daß in beiden Assoziationen der Hauptanteil der Lebensformen von Hemikryptophyten gebildet wird. Sie sind dem Klimarhythmus Mitteleuropas optimal an-gepaßt, indem ihre Erneuerungsknospen in unmittelbarer Nähe zum Erdboden, also durch die Schneedecke geschützt, überwintern (ELLENBERG, 1996). Zwischen den Assoziationen und den Untereinheiten ergeben sich leichte Unterschiede bei den Hemikryptophytenanteilen.

Diese sind in den lichtbegünstigteren Pflanzengesellschaften höher. Die Geophyten stellen insgesamt die zweithäufigste Lebensform dar. Sie finden in den Laubwäldern eine Nische, da sie infolge ihrer raschen Austriebsfähigkeit die günstigen Lichtverhältnisse im Frühjahr vor

der Laubentfaltung nutzen können. Die Geophytenanteile zwischen den Assoziationen und den Varianten des Carici-Fagetum besitzen leichte Differenzen. Die Geophyten lassen umge-kehrte Schwerpunkte wie die Hemikryptophyten erkennen, da sie in den dunkleren Beständen konkurrenzkräftiger sind. Phanerophyten sind überall einigermaßen zahlreich vertreten. Wäl-der zeichnen sich naturgemäß durch einen hohen Anteil dieser Lebensform aus. Bei den Na-nophanerophyten fällt vor allem der hohe Artenanteil in der Laserpitium latifolium-Vaiiantt des Carici-Fagetum auf, der sich stark von dem Artenvorkommen dieser Lebensform in den anderen Einheiten unterscheidet. Hier wird deutlich, daß sich dort aufgrund der günstigen Lichtverhältnisse viele Straucharten etablieren konnten. Der Nanophanerophytenanteil der Lamicistrum galeobdolon-Variante ähnelt dem des Hordelymo-Fagetum. Es wird wiederum die floristische und standörtliche Nähe dieser Übergangsgesellschaft zum Waldgersten-Bu-chenwald erkennbar. Bei den krautigen Chamaephyten ist der relative Artenanteil in der La-serpitium /Ö?//O//MH7-Variante geringer als in den anderen Gesellschaften. Vermutlich spielt hier die Nachtfrostgefahr eine Rolle, der vor allem die Knospen der Chamaephyten ausgesetzt sind. Durch das frühzeitige Abtauen der Schneedecke auf den südexponierten Hängen verlie-ren sie ihverlie-ren Schutz. Der Anteil an Zwergsträuchern ist in allen Einheiten etwa gleich gering.

Therophyten sind kaum vorhanden, was für Wälder als typisch zu bezeichnen ist. Wichtigster Vertreter dieser Lebensform im Untersuchungsgebiet ist Galeopsis tetrahit.

4.5.7 Diversität

Unter Diversität wird im Rahmen dieser Arbeit die innere Vielfalt der Pflanzengesell-schaften verstanden, die neben der Artenzahl auch durch den Entropiegrad charakterisiert wird. Als Diversitätsmaß, in dem beide Faktoren berücksichtigt werden, findet der Shannon-Index Verwendung. Die Diversität H' wird folgendermaßen berechnet:

n

H ' = ^ T PiiogPi

H' = Artendiversität

Pi = relativer Mengenanteil der Art i n( = Deckungsgrad der Art i

N = Gesamtdeckungsgrad innerhalb einer Aufnahme

Um Bestände unterschiedlicher Artenzahlen hinsichtlich ihrer Dominanzstruktur zu ver-gleichen, läßt sich die Evenness aus der Shannon-Formel ableiten. Sie ist ein relatives Maß der Gleichverteilung, mit dem das Verhältnis zwischen dem reellen Grad der Verteilung und dem mathematisch maximal möglichen ermittelt wird. Die Evenness E berechnet sich wie folgt:

E= Tr^*

100

= üS^*

100

ttmax lOg n

n = Artenzahl

Weder bei Ermittlung der Shannon-Indices noch bei den Evenness-Werten fand die Baumschicht Berücksichtigung.

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Die Artendiversität der Vegetationseinheiten bis zur Ebene der Varianten wird in Form eines Vielfältigkeitsdiagrammes nach HAEUPLER (1982) dargestellt. Der Vorteil dieser Dar-stellungsform besteht darin, daß der Artenreichtum sowie die Dominanzverhältnisse der ein-zelnen Pflanzengesellschaften getrennt, aber in Beziehung zueinander abgebildet werden kön-nen.

Evenness [%]

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0

Vielfältigkeitsdiagramm

A

7 ~ I ik

A ,

J - • • I

Ä

10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 Mittlere Artenzahl

0Carici-Fagetum (2,8*) AC.F Laserpitium 1.-Variante (3,1) AC.FLainiastrnm g.-Variante (2.3)

# Hordelymo-Fagetum (1,5) • H.Ftypicum (1,6) • H.FIathyretosum (1.5) AH.Fi.Atriciinm u.-Variante (1,7) • H.FF Typische Variante (1,3) AH.FI. Convallaria m,-Variante (3,3)

* Die Zahlen in den Klammern geben je wcils den Shannon-Wert an

Abb. 63: Vielfältigkeitsdiagramm der Pflanzenaesellschaften.

Aus den Shannon-Indices geht klar hervor, daß die Diversität im Carici-Fagetum deutlich höher ist als im Hordelymo-Fagetum. In Abb. 63 kann nachvollzogen werden, daß dieser Un-terschied neben der höheren Evenness zugleich auf die höhere Artenzahl zurückzuführen ist.

Während im Carici-Fagetum Dominanzaspekte fehlen, geht mit den dominanten Beständen von Mercuhalis perennis und Anemone nemorosa im Hordelymo-Fagetum eine geringere En-tropie einher. Vermutlich trägt die starke Konkurrenz der dominanten Arten auch zur geringe-ren mittlegeringe-ren Artenzahl des Waldgersten-Buchenwaldes bei. Die hohe Diffegeringe-renz der Artenzah-len zwischen den Assoziationen ist vorwiegend dadurch erklärbar, daß sich das Arteninventar des Seggen-Hangbuchenwaldes neben vielen Arten des Hordelymo-Fagetum auch durch Pflanzen auszeichnet, die standörtlich an die südexponierte Hanglage gebunden sind und nicht auf das Plateau übergreifen. Umgekehrt finden sich nur wenige Arten ausschließlich im Hord-elymo-Fagetum, so daß die mittlere Artenzahl mit 27 deutlich hinter der des Carici-Fagetum mit 38 zurückbleibt. Innerhalb der Assoziationen ergeben sich ebenfalls Unterschiede. Die La-miastrum galeobdolon-Variante des Carici-Fagetum besitzt eine geringere Artenzahl als die Laserpitium latifolium-Vaiiante. Hier kommt der gleiche Erklärungsansatz in Frage, der zuvor in Bezug auf die Artenzahldifferenzen zwischen den Assoziationen diskutiert wurde. Die Va-riante mit Lamiastrum galeobdolon nähert sich standörtlich dem Hordelymo-Fagetum, so daß bereits viele Arten, die auf trockene, lichtbegünstigte Standorte angewiesen sind, ausfallen.

Auch die Evenness ist gegenüber der Laserpitium latifolium-Variante herabgesetzt, was auf das dominante Auftreten von Mercuricilis perennis zurückzuführen ist. Innerhalb des Hord-elymo-Fagetum besitzen die Atrichum undulatum- und die Convallaria majalis-Var'iante. die höchsten Artenzahlen. Beide Untereinheiten zeichnen sich durch eine starke Heterogenität der Bodentypen aus, die das Arteninventar durch das Nebeneinander von Säure- und Basenzeigern erweitert. Allerdings ergeben sich starke Unterschiede hinsichtlich der Diversität, was auf den sehr hohen Evenness-Wert der Convallaria majalis-Variante zurückzuführen ist.

Offensicht-lieh können sich hier die sonst sehr dominanten Arten des Hordelymo-Fagetum nicht optimal entfalten9. Bezeichnenderweise erreicht die stark von Mercurialis perennis dominierte typi-sche Variante des Hordelymo-Fagetum lathyretosum den geringsten durchschnittlichen Evenness-Wert. Die geringste Artenzahl weist dagegen das Hordelymo-Fagetum typicum auf, was mit dem verminderten Anteil an Basenzeigern erklärt werden kann, die aufgrund des star-ken Übergewichts lößlehmbeeinflußter Böden ausfallen. HAEUPLER (1982) hat aus umfangrei-chem Datenmaterial die mittleren Evenness-Werte verschiedener Pflanzengesellschaften er-mittelt. Im Vergleich zu den Assoziationen des Untersuchungsgebiets ergeben sich nur für das Carici-Fagetum erwähnenswerte Abweichungen, denn der Evenness-Wert dieser Gesellschaft ist im Naturwaldreservat deutlich höher. Im Gegensatz zu den mittleren Artenzahlen, die

DIERSCHKE (1989) für das Carici- und Hordelymo-Fagetum in Nordwestdeutschland angibt, zeichnen sich beide Assoziationen im Untersuchungsgebiet durch einen größeren Artenreich-tum aus.

9 Dies wird auch durch Abb. 60 verdeutlicht.

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