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Sondervorschriften für Sammeldepotanteile

III. Recht der Namenspapiere 1. Vorbemerkung

8. Sondervorschriften für Sammeldepotanteile

Das D e p G regelt eine Reihe von K o m p l e x e n , die für eine Einbeziehung in das Wertpapier-recht des B G B in Betracht kommen. Schon der Titel des Gesetzes (Gesetz ü b e r die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren) charakterisiert die heterogene Zusam-mensetzung der Vorschriften. D e r erste Abschnitt ist dem privatrechtlichen V e r h ä l t n i s zwischen dem Hinterleger von Wertpapieren und dem Verwahrer gewidmet. Im zweiten Abschnitt finden sich Sondervorschriften für den Handel mit Wertpapieren einschließlich verstreuter N o r m e n , die den E i g e n t u m s ü b e r g a n g abweichend vom B G B gestalten. D e r dritte und vierte Abschnitt enthält konkursrechtliche und strafrechtliche N o r m e n .

Im Lichte der Frage, ob das Wertpapierrecht des B G B ergänzt und neu geordnet werden soll, braucht auf die depotrechtliche Regelung des Handels mit Wertpapieren nicht n ä h e r eingegangen zu werden. Dieser K o m p l e x m u ß in engem Zusammenhang mit einer B ö r s e n -reform untersucht werden. Gleiches läßt sich vom ersten Abschnitt des D e p G nicht ohne weiteres behaupten, der die Verwahrung von Wertpapieren regelt. H i e r hat der Gesetzge-ber aus wirtschaftlicher Sicht mit dem Instrument der Sammelverwahrung mittelbar einen neuen Typus „ W e r t p a p i e r " geschaffen, der es durchaus verdient, im B G B nicht gänzlich übergangen zu werden. Eine isolierte Ü b e r n a h m e der Vorschriften des D e p G ü b e r die Sammelverwahrung in das B G B und ihre E r g ä n z u n g läßt sich auch unter einem anderen Aspekt b e g r ü n d e n . D i e im ersten Abschnitt des D e p G geregelten Verwahrungsformen der Sonder-, Tausch- und Pfandverwahrung sowie die uneigentliche Verwahrung und das Wertpapierdarlehen spielen heute und wohl auch in Zukunft im V e r h ä l t n i s zu Privatperso-nen keine wesentliche R o l l e . Anders ist die Situation bei der Sammelverwahrung. E n d e WO hatte die Privatkundschaft 86 Prozent der A n l e i h e n und 82 Prozent der A k t i e n auf

Sammelverwahrungskonten (Andreas/Schmidtgall, Z K W 72, 818). D e r Prozentsatz dürfte inzwischen weiter gestiegen sein. Geht man von der Prämisse aus, d a ß alle Normen in Sondergesetzen, die die Rechte von Privaten stark tangieren, in das B G B einzufügen sind, so kommt man nicht umhin, diesen Schritt im Hinblick auf den Komplex Sammelverwah-rung zu tun. A u s spezifisch-wertpapierrechtlicher Sicht kann das D e p G im übrigen als Torso stehen bleiben. Soweit gemeinsame Vorschriften alle Verwahrungsarten erfassen, sind Verweisungsnormen zu schaffen. Daraus folgt, d a ß der Komplex der §§ 5-9 a D e p G in seinen G r u n d z ü g e n in das B G B zu überführen ist. Die in § 5 ( 1 ) D e p G verwandten Begriffe

„ W e r t p a p i e r " , ..Verwahrer" und „ W e r t p a p i e r s a m m e l b a n k " ( W S B ) haben in § 1 eine definition erfahren. Eine Verweisungsvorschrift im B G B m u ß sicherstellen, d a ß die Legal-definition wirksam bleibt.

Die Ü b e r n a h m e der §§ 5-9 a D e p G in das B G B bietet Gelegenheit. Schwächen dieser Normen zu beseitigen, die in der Zwischenzeit ins Blickfeld getreten sind.

G e m ä ß § 5 (1) D e p G bedarf der Verwahrer zu jeder Sammelverwahrung einer E r m ä c h t i -gung. Sie m u ß in besonderer F o r m ausgestellt werden, falls der Verwahrer die Wertpapiere in Haussammeiverwahrung nehmen will. Das Erfordernis einer G i r o s a m m e l d e p o t E r m ä c h -tigung erscheint heute nicht mehr als zeitgerecht. Sie sollte durch die Regelung ersetzt werden, d a ß der Verwahrer dazu ermächtigt ist. die Wertpapiere bei einer W S B zu verwahren, sofern nichts anderes vereinbart wird (Canaris, G r o ß k o m m e n t a r z. H G B , A n h .

§ 357 A n m . 947; K u m p e l , Bankrecht, und Bankpraxis. Teil 8 A n m . 84).

§ 6 D e p G regelt die Frage, wer und wann jemand in Fällen einer Einlieferung von Wertpapieren beim Sammelverwahrer M i t e i g e n t ü m e r der zum Sammelbestand g e h ö r e n d e n Wertpapiere wird. In Absatz 2 des § 6 D e p G wird der Verwahrer e r m ä c h t i g t , dem Hinterle-ger die ihm g e b ü h r e n d e Menge an Wertpapieren auszuliefern. Diese Vorschrift scheint nicht ganz praxisgerecht ausgeformt zu sein. Z u m einen bereitet sie Schwierigkeiten bei der rechtlichen Qualifikation des sogenannten V o r - und Nachgirodepots. Z u m anderen sagt sie nicht klar, wer E i g e n t ü m e r der Stücke wird, die an den Hinterleger ausgeliefert werden.

Z u r Erleichterung des G e s c h ä f t s v e r k e h r s , insbesondere um zeitraubende Buchungen und den aus wirtschaftlicher Sicht u n n ö t i g e n Transport von und zur W S B zu vermeiden, sowie um V e r k a u f s a u f t r ä g e rascher d u r c h z u f ü h r e n , ist es bei vielen Banken üblich, einen Handbe-stand zu unterhalten, in dem die zur Girosammei Verwahrung bestimmten Wertpapiere (Vorgirodepot) und die von der W S B ausgelieferten Wertpapiere (Nachgirodepot) vorläufig verwahrt werden. A u s dem Handbestand pflegen die als Zwischenverwahrer tätigen Banken die täglichen E i n - und Auslieferungen durch Kompensation zu besorgen und nur noch die Spitzen an die W S B weiterzuleiten bzw. sich von ihr aushändigen zu lassen (Heinsius/Horn/

Than, D e p G , § 5 A n m . 53 ff.; K u m p e l , Bankrecht, a.a.O., Teil 8 A n m . 55). Die rechtliche Zulässigkeit dieses Verfahrens ist streitig. Eine ältere Lehre vertrat die Ansicht, d a ß die im Handbestand vereinigten Wertpapiere wirtschaftlich als zum Sammelbestand gehörig zu behandeln seien. Dies sei durch die Unentbehrlichkeit des Handbestandes gerechtfertigt.

§ 5 D e p G stehe dieser Praxis nicht entgegen, zumal § 5 (2) D e p G nur im Zusammenhang mit dem Vorgirodepot einen Sinn habe. In der neueren Literatur wird diese Rechtfertigung zutreffend für unhaltbar erklärt. D e r Gesetzgeber unterscheidet klar zwischen Haus- und Girosammeiverwahrung und privilegiert die Girosammeiverwahrung, weil seiner Ansicht nach die von den besonders ausgesuchten (§ 1 (3) D e p G ) Wertpapiersammelbanken praktizierte Girosammeiverwahrung den Hinterlegern besondere Sicherheit bietet. G e m ä ß

§ 6 (1) D e p G entsteht aber Miteigentum der Hinterleger am Sammelbestand der W7SB erst mit Eingang der Papiere bei der W S B . Gleichwohl wird das V o r - und Nachgirodepot für zulässig e r k l ä r t , weil es sich gewohnheitsrechtlich durchgesetzt habe (Heinsius/Horn/Than, D e p G § 5 A n m . 57; K u m p e l , Bankrecht, a.a.O., Teil 8 A n m . 55).

O b die These von der gewohnheitsrechtlichen Legitimation des Handbestandes richtig ist, erscheint indessen als sehr zweifelhaft, wenn man berücksichtigt, d a ß kritische Stimmen zu dieser Praxis bis heute nicht verstummt sind. So will Canaris ( G r o ß k o m m e n t a r z. H G B , A n h . § 357 A n m . 956) den Handbestand nur dann tolerieren, wenn das rechtliche Schicksal der eingelieferten Effekten individualisierbar bleibt und, z . B . durch Nummernvermerke, jederzeit feststellbar ist. Hingegen hätten die Depotbanken als Zwischenverwahrer nicht die Befugnis, sich die Effekten ununterscheidbar einzuverleiben. A u c h Hefermehl hat zutref-fend die Unzulässigkeit eines entindividualisierten Handbestandes und einer Kompensation bekräftigt (Schlegelberger/Hefermehl, H G B , 5. A u f l . , A n h . § 406 A n m . 296).

Es läßt sich nicht bestreiten, d a ß für die F ü h r u n g eines Handbestandes ein Bedürfnis besteht, da er unrationelle Wertpapierbewegungen vermeiden hilft, wenngleich dieses B e d ü r f n i s mit der Ausdehnung des Effektengiroverkehrs und dem Zwangsgiro kleiner geworden ist. M a n sollte daher die Praxis legalisieren, wenn dies ohne allzu g r o ß e Risiken für die Hinterleger möglich ist.

B e i den Ü b e r l e g u n g e n zu einer Legalisierung des V o r - und Nachgirodepots ist zu beachten, d a ß der Kunde als Hinterleger unter zweierlei Aspekten ein Interesse daran hat, d a ß sein Wertpapier möglichst schnell in den Besitz der W S B gelangt. Die W S B gelten zum einen im Vergleich zu normalen Verwahrern als v e r t r a u e n s w ü r d i g e r . Z u m anderen trifft den einzelnen Hinterleger ein Verlust am Sammelbestand einer W S B nicht so hart, weil der Verlust auf eine viel g r ö ß e r e Z a h l von M i t e i g e n t ü m e r n verteilt w i r d , als wenn der Verlust auf die M i t e i g e n t ü m e r des Handbestandes umgelegt werden w ü r d e .

Denkbar wäre eine Legalisierung des Handbestandes der B a n k e n in der F o r m , d a ß der Handbestand dem Sammelbestand der W S B zugerechnet w i r d . Diese L ö s u n g steht jedoch mit einer sachgerechten Verteilung des Verlustrisikos nicht im E i n k l a n g . Es ist angemessen, d a ß jeder Hinterleger einen Verlust entsprechend seinem A n t e i l am Sammelbestand erleidet, wenn die als besonders sicher geltende W S B einen Verlust hinnehmen m u ß . Sachgerecht ist es auch, d a ß Hinterleger den vollen Verlust in Kauf zu nehmen haben, den eine der von ihnen eingeschalteten Zwischenbanken verursacht. Es ist mit der besonderen Position der W S B jedoch nicht vereinbar, d a ß sich alle Hinterleger eine Minderung ihrer Anteile gefallen lassen m ü s s e n , weil einzelne der Zwischenbanken, die sie nicht eingeschal-tet haben, Verluste am Flandbestand verursachen. Das Risiko eines Verlustes am Handbe-stand m u ß mithin allein die Kunden derjenigen Bank treffen, die den Verlust verursacht hat. Zwar wäre de lege ferenda eine derartige Regelung in Abweichung von § 7 (2) 1 D e p G ohne weiteres denkbar. Sie w ü r d e aber das Verlustrisiko der einzelnen Hinterleger in einer für sie nicht kalkulierbaren Weise e r h ö h e n , da sie nicht wissen, in welchem Umfang ihre Bank einen Handbestand hält und wann „ihr A n t e i l " aus dem Handbestand in den von der W S B gehaltenen Sammelbestand überführt ist. Somit scheidet diese Variante der Legalisie-rung des Handbestandes aus.

Z u erwägen ist ferner, ob man den Zwischenverwahrern nicht wenigstens zum Zwecke einer sofort möglichen Kompensation erlauben sollte, die eingelieferten Papiere mit W i r -kung für den Sammelbestand an die Auslieferung begehrenden Hinterleger auszugeben.

M a n k ö n n t e de lege ferenda eine A r t dinglicher Surrogation in der F o r m anordnen, d a ß der Einlieferer mit der Auslieferung seiner Papiere den Miteigentumsanteil des die Ausliefe-rung begehrenden Hinterlegers erwirbt. E i n Verlustrisiko des Einlieferers darf dadurch nicht geschaffen werden. D e r Einlieferer m u ß auf jeden Fall einen Miteigentumsanteil erwerben. Problematisch ist die Zurechnung des Verlustes, falls der die Auslieferung Begehrende gar nicht Hinterleger gewesen war. W e n i g sachgerecht erscheint es, das Verlustrisiko alle M i t e i g e n t ü m e r des Sammelbestandes tragen zu lassen; denn der Fehler ist in der S p h ä r e einer bestimmten Zwischendepotbank gemacht worden. M a n m ü ß t e also den Verlust sämtlichen Depotkunden der zwischengeschalteten Depotbanken a u f b ü r d e n . Diese

Regelung ist an sich generalisierungsfähig. Wie auch sonst bei Auslieferungen an „Schein-"

Hinterleger sollte das Verlustrisiko nicht immer alle M i t e i g e n t ü m e r des Sammelbestandes, sondern sämtliche, aber auch nur die Depotkunden derjenigen Depotbanken treffen, die eine vom Hinterlegerwillen nicht getragene Auslieferung veranlaßt haben. Etwas anderes gilt, wenn die Zwischenbank für einen existierenden und individualisierbaren Hinterleger ohne dessen Willen die Auslieferung in die Wege geleitet hatte. E i n Versuch, diese Regelung in eine Gesetzesform zu gießen, die all den unterschiedlichen Konstellationen Rechnung trägt, stößt jedoch auf beträchtliche Hindernisse. Es erscheint daher als sehr fraglich, ob es richtig ist, das Depotrecht durch eine umfangreiche N o r m aufzublähen, die auf längere Zeit gesehen wohl nur eine Randfrage betrifft. M a n sollte es daher insoweit beim gegenwärtigen Rechtszustand belassen.

In § 6 D e p G ist die Rechtsfolge einer Auslieferung nicht angeordnet. Es ist deshalb vor allem unklar, wer E i g e n t ü m e r der ausgelieferten Stücke wird. Eine ältere Lehre vertritt die Auffassung, d a ß mit der Auslieferung eine Ü b e r e i g n u n g verbunden sei. Heute geht die ganz h . M . dahin, d a ß in analoger Anwendung des § 6 ( 1 ) D e p G das Eigentum an den früheren M i t e i g e n t ü m e r fällt, wenn der Hinterleger nicht M i t e i g e n t ü m e r des Sammelbestandes geworden ist (Schlegelberger/Hefermehl. H G B , A n h . § 406 A n m . 286; Heinsius/Horn/

T h a n . D e p G § 6 A n m . 65; K u m p e l . Bankrecht, a.a.O., Teil 8 A n m . 65; i . E . auch Canaris, G r o ß k o m m e n t a r z. H G B , A n h . § 357 A n m . 964). Diese Lücke ist somit heute durch eine gesicherte Rechtsfortbildung geschlossen. A n l a ß zur gesetzgeberischen Tätigkeit besteht daher nur, wenn man anstrebt, d a ß sich der Rechtszustand weitgehend im Gesetzestext widerspiegelt. M . E . steht das angesprochene Problem aber nicht derart im Mittelpunkt des Interesses, als d a ß es bei einer Ü b e r a r b e i t u n g des Wertpapierrechts beachtet werden m ü ß t e . Eine Ü b e r a r b e i t u n g des Depotrechts k ö n n t e sich weiter zum Z i e l setzen, die Verlustrege-lung des § 7 (2) D e p G zu verdeutlichen. § 7 (2) D e p G spricht nur davon, d a ß der Sammelverwahrer die Auslieferung insoweit verweigern kann, als sich infolge eines V e r l u -stes am Sammelbestand die nach § 6 D e p G dem Hinterleger g e b ü h r e n d e Menge verringert hat. Offen läßt die N o r m , was man unter Verlust zu verstehen hat: Verlust des Besitzes und/

oder Verlust des Miteigentums, z . B . durch gutgläubigen Erwerb Dritter? Stärker noch harrt der K l ä r u n g die Frage, wie die Begriffe „die dem Hinterleger g e b ü h r e n d e Menge verringert hat" auszulegen sind, welche Faktoren also geeignet sind, die Miteigentümerposition des einzelnen M i t e i g e n t ü m e r s zu beeinträchtigen. Geht infolge von allein dem Sammelverwah-rer zurechenbaren Handlungen oder Unterlassungen Eigentum verloren, so ist es sachge-recht, d a ß der Verlust die Anteile sämtlicher M i t e i g e n t ü m e r betrifft. Eine andere Verlust-verteilung ist aber möglicherweise dann gerechtfertigt, wenn die Verringerung des Sammel-bestandes einzelnen M i t e i g e n t ü m e r n oder Hinterlegern zuzurechnen ist. Dies zeigt sich, wenn man sich verschiedene Fallgruppen der Auslieferung vor Augen hält. Dabei ist davon auszugehen, d a ß , von N o s t r o b e s t ä n d e n abgesehen, im Verhältnis zu den W S B nicht die M i t e i g e n t ü m e r , sondern die Depotbanken als Hinterleger auftreten, die ihrerseits wieder im Verhältnis zu ihren Kunden als Hinterleger fungieren. Liefern die W S B S a m m e l b e s t ä n d e auf Wunsch der Hinterleger, also der Depotbanken, aus. so machen sie sich keine Gedan-ken d a r ü b e r , an wen das Eigentum an den einzelnen StücGedan-ken fallen soll (Heinsius/Horn/

Than, D e p G , § 6 A n m . 65). F ü r sie genügt es, d a ß der von den Depotbanken g e ä u ß e r t e Hinterlegungswunsch durch die in ihren Büchern ausgewiesenen Guthaben gedeckt ist.

Das hat für das Auslieferungsverfahren, wenn man sich der These anschließt, d a ß in dem Moment, in dem das Wertpapier mit Willen der W S B zum Zweck der Auslieferung den Sammelbestand verläßt, der Miteigentümer Eigentum an den Einzelstücken erwirbt, fol-gende Konsequenzen. Verlangt die Depotbank als Zwischenverwahrer für einen bestimm-ten Kunden die diesem g e b ü h r e n d e Menge zurück, so erwirbt dieser Eigentum an den S t ü c k e n . Übersteigt die ausgelieferte Menge die diesem Kunden g e b ü h r e n d e Menge, weil

die Depotbank versehentlich zuviel herausverlangt hat, so sind zwei Lösungen denkbar.

Z u m einen k ö n n t e man die Ansicht vertreten, d a ß in H ö h e des ü b e r s c h i e ß e n d e n Teils s ä m t l i c h e am Sammelbestand beteiligten Personen M i t e i g e n t ü m e r bleiben, wobei sich dann das Problem der Individualisierung stellt. D a die W S B aber nicht weiß, welche Menge den K u n d e n der Depotbank g e b ü h r t und sie an „ i h r e n " Hinterleger ausgeliefert hat, ist es sachgerechter, die Gefahr eines Verlustes nach der Auslieferung nicht allen am Sammelbe-stand beteiligten M i t e i g e n t ü m e r n zuzuordnen. M a n m u ß deshalb davon ausgehen, d a ß an den gesamten ausgelieferten Stücken Miteigentum aller Kunden der Depotbank entsteht.

E i n etwaiger Verlust dieses Miteigentums geht daher nur mehr zu Lasten der Kunden der Depotbank, die den Fehler zu verantworten hat. Dies erscheint als angemessen, weil nur diese Kunden ihre Depotbank als Zwischenverwahrer eingeschaltet haben. Liefert nun die Depotbank dem Auslieferung begehrenden Kunden die ihm g e b ü h r e n d e Menge aus, so m u ß man analog § 6 (2) D e p G annehmen, d a ß dieser die Einzelstücke zu Alleineigentum e r h ä l t . A m ü b e r s c h i e ß e n d e n Teil bleibt das Miteigentum aller Kunden der Depotbank in der F o r m der Haussammeiverwahrung bestehen, bis zu dem Moment, in dem die Depot-bank die Papiere wieder an die W S B z u r ü c k g e g e b e n hat. Liefert die DepotDepot-bank versehent-lich eine g r ö ß e r e Z a h l von Stücken an den Kunden aus, als diesem zusteht, so kommt man mangels Individualisierung nicht umhin anzunehmen, d a ß das Miteigentum aller Kunden der Depotbank bestehen bleibt. Jede Verfügung ü b e r die Wertpapiere erfolgt daher durch einen Nichtberechtigten, so d a ß § 816 B G B zur Anwendung kommt.

In gleicher Weise hat man das Problem zu lösen, das entsteht, falls die Depotbank gleichzeitig für mehrere ihrer Kunden Wertpapiere zurückfordert. M i t Auslieferung werden diese Kunden nach M a ß g a b e ihres Auslieferungsbegehrens M i t e i g e n t ü m e r , sofern sich die Auslieferung im Rahmen der ihnen g e b ü h r e n d e n Menge hält. D i e Depotbank kann ihnen dann analog § 6 (2) D e p G Sondereigentum verschaffen. Verluste treffen die M i t e i g e n t ü m e r entsprechend ihrer Quote. Hat die Depotbank versehentlich eine zu große Menge zurückge-fordert, so gilt das für die Einzelauslieferung Gesagte entsprechend.

D e r Verlust ist auch dann auf alle Kunden der Depotbank und nur auf diese Kunden zu verteilen, wenn die Depotbank ohne Weisung ihrer Kunden Wertpapiere aus der Girosam-meiverwahrung nimmt und in ihren B ü c h e r n nicht deutlich macht, für wen sie die Papiere z u r ü c k g e n o m m e n hat. A u c h hier sollte der Verlust nur die Kunden der Depotbank treffen, die diese Bank mit der Funktion der Zwischenverwahrerin betraut und ihr Vertrauen geschenkt haben.

Diese Form der Risikoverteilung wird heute allgemein de lege lata für die Fälle gutgläubi-gen Erwerbs von Sammelgiroanteilen vertreten (Canaris, G r o ß k o m m e n t a r z. H G B , A n h .

§ 357 A n m . 894; Heinsius/Horn/Than, D e p G , § 7 A n m . 18; Schlegelberger/Hefermehl, F I G B , A n h . § 406 A n m . 327); K u m p e l , Bankrecht, a.a.O., Teil 8 A n m . 77). Sie ist generalisierungsfähig und sollte zur Verdeutlichung der Rechtslage in den die Sammelgiro-verwahrung regelnden Normenkomplex aufgenommen werden. Es bietet sich an, in § 7 D e p G einen dritten Absatz anzufügen, in dem geregelt ist, d a ß Verluste an ausgelieferten Wertpapieren, die einzelnen M i t e i g e n t ü m e r n nicht zugerechnet werden k ö n n e n , von allen M i t e i g e n t ü m e r n zu tragen sind, deren Depots vom Zwischenverwahrer geführt werden.

D i e Einrichtung der Sammelurkunde (§ 9 a D e p G ) hat sich b e w ä h r t . Dies gilt auch für das Institut des Zwangsgiros. F ü r eine weitere Ausbreitung des kostengünstigen Zwangsgi-ros sind allerdings noch einige gesetzliche Korrekturen wünschenswert.

Z u m einen m ü ß t e n die Voraussetzungen für eine Emission von A k t i e n als de-facto-Bucheffekten verbessert werden. Nach h . M . kann weder durch die Satzung noch durch einen M e h r h e i t s b e s c h l u ß in der Hauptversammlung die Verbriefung der einzelnen A k t i e n -rechte und die Begebung der A k t i e n an die einzelnen A k t i o n ä r e ausgeschlossen werden (vgl. Nachweise bei Heinsius/Horn/Than D e p G , § 9 a A n m . 60). Peters (Wertpapierfreies

Effektensystem, a.a.O., S. 127) plädiert deshalb dafür, de lege ferenda den Ausschluß des Anspruches auf individuelle Verbriefung zuzulassen. Heinsius/Horn/Than ( D e p G , § 9 a A n m . 60) neigen zum gleichen Ergebnis, geben aber zu bedenken, d a ß es keine zwingenden G r ü n d e für einen dauernden Ausschluß der Einzelverbriefung gäbe. W ä h r e n d eine Anleihe von vornherein nur für einen befristeten Zeitraum aufgelegt werde, würden A k t i e n regel-m ä ß i g auf Dauer eregel-mittiert, so d a ß der Verbriefungsaufwand vertretbar sei. Es bleibt aber das Problem, d a ß entweder von vornherein eine Vielzahl von A k t i e n in Einzelstücken hergestellt werden m u ß , deren Aufbewahrung viel Raum einnimmt und deren Verwaltung kostspielig ist, oder d a ß später mit hohem Aufwand von Fall zu Fall A k t i e n nachgedruckt werden m ü ß t e n . Es spricht daher vieles dafür, die Frage der K o s t e n / N u t z e n - Ü b e r l e g u n g e n auf die A k t i o n ä r e zu verlagern und ihnen zu erlauben, in den Satzungen die Ausgabe von Sammelurkunden mit vollem oder partiellem Zwangsgiro zu verankern. Diese Lösung wird auch von vielen Stimmen in der Literatur befürwortet (Canaris. G r o ß k o m m e n t a r z. H G B . A n h . § 357 A n m . 976; Kraft. Kölner Kommentar z. A k t G § 10 A n m . 13: Schlegelbergen Hefermehl. H G B . A n h . § 406. A n m . 309; i . E . auch Peters. a.a.O.. S. 128).

D e r Gesetzgeber hatte bei E r l a ß des D e p G den Problemen des Effektengiroverkehrs zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. M a n ging davon aus. d a ß auf der Basis von Miteigen-tumsanteilen am Sammelbestand ebenso ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten möglich sein w ü r d e wie beim Erwerb vom A l l e i n e i g e n t ü m e r . M a n ü b e r s a h , d a ß der Mitbesitz keine ausreichende Rechtsscheinsgrundlage für einen gutgläubigen Erwerb abgibt ( K o l l e r , J Z 72, 649). Heute ist freilich allgemein anerkannt, d a ß kraft Rechtsfortbildung neben dem Mitbesitz die Buchung im Verwahrungsbuch die maßgebliche Rechtsscheins-grundlage darstellt (Canaris, G r o ß k o m m e n t a r z. H G B . A n h . § 357 A n m . 893 ff.; Heinsius/

H o r n / T h a n , D e p G , § 6 A n m . 91; K u m p e l , Bankrecht, a.a.O., Teil 8 A n m . 72; Schlegelber-ger/Hefermehl, H G B , A n h . § 406 A n m . 327 jeweils mit weiteren Nachweisen). Angesichts der Bedeutung des gutgläubigen Erwerbes für ein funktionierendes Effektengirosystem sollte diese Frage gesetzgeberisch endgültig geklärt werden. Problematisch ist nämlich der Umfang des gutgläubigen Erwerbes. Die wohl h . M . sieht die Buchung im Verwahrungsbuch einer jeden Bank als T r ä g e r des Rechtsscheins an, auf den der gutgläubige Erwerb gestützt werden kann. D e m k ö n n t e man entgegenhalten, d a ß nur die Buchung im Verwahrungsbuch der W S B als maßgebliches Vertrauenselement in Betracht k ä m e ; denn der Gesetzgeber habe, wie die §§ 5 (1) 3, 9 a, 24 D e p G zeigen, lediglich den W S B , die besonders ausgesucht sind (§ 1 (3) D e p G ) , gesteigertes Vertrauen in die Zuverlässigkeit ihres Geschäftsgebarens geschenkt (vgl. auch K o l l e r , D B 72, 1906 ff.). Konsequenz dieser Privilegierung der W S B ist allerdings, d a ß man den gutgläubigen Erwerb stark einschränken w ü r d e . Z w a r wäre heute nahezu jeder Erwerber von börsennotierten Wertpapieren geschützt, da diese nicht im Wege der Kompensation „ g e h a n d e l t " , sondern die Verkaufs- und Kaufaufträge an der B ö r s e abgewickelt werden. Dadurch wird immer eine Einschaltung der W S B erforderlich.

U n g e s c h ü t z t blieben aber andere Erwerber, z . B . solche, die sich unmittelbar von einem angeblichen M i t e i g e n t ü m e r dessen Anteile g e m ä ß § 931 B G B haben ü b e r t r a g e n lassen und von der als Zwischenverwahrer eingeschalteten Depotbank nach Anzeige der Abtretung des Herausgabeanspruchs eine Gutschrift erhalten haben. Ungeschützt blieben auch die Erwer-ber von A n t e i l e n , die sie von einem Kunden des Zwischenverwahrers erwerben, und die ihnen ohne Einschaltung der W S B in den Büchern des Zwischenverwahrers gutgeschrieben werden. Eine Buchung im Verwahrungsbuch der W S B unterbleibt, da in den Unterlagen der W S B nur der Zwischenverwahrer als Hinterleger aufgeführt ist und sich durch die Ü b e r t r a g u n g an „seinem'4 bei der W S B gehaltenen Bestand nichts ä n d e r t . U m einen reibungslosen Geschäftsverkehr mit Sammeldepotanteilen zu gewährleisten, m u ß deshalb das Verwahrungsbuch (§ 14 D e p G ) einer jeden Bank zur maßgeblichen Rechtsscheins-grundlage erhoben werden. D i e Zuordnung der durch den gutgläubigen Erwerb

entstehen-den Verluste erfolgt nach M a ß g a b e des § 7 D e p G in seiner Modifikation durch die oben vorgeschlagene Regel.

Soweit ersichtlich blieb bislang auch die Frage weitgehend unbeachtet, inwieweit der für Inhaber- und Orderpapiere typische Einwendungsausschluß im Effektengiroverkehr zum Tragen kommt. Dies mag damit z u s a m m e n h ä n g e n , d a ß bei der Emission von Effekten kaum jemals Fehler gemacht werden, aus denen Einwendungen hergeleitet werden k ö n n -ten. Immerhin sind solche Einwendungen denkbar. Werden nun einwendungsbehaftete Papiere in ein Sammeldepot aufgenommen, so stellt sich die Frage, gegen wen der Emittent Einwendungen zu erheben imstande ist. Ferner m ü ß t e in dem Fallkomplex eine besondere gesetzliche Regelung geschaffen werden, in dem ein Sammeldepotinhaber einen „ e i n w e n -dungsbehafteten" A n t e i l w e i t e r v e r ä u ß e r t . Es m u ß geklärt wenden, worauf sich der für den E i n w e n d u n g s a u s s c h l u ß erforderliche gute Glaube bezieht: auf einzelne Wertpapiere oder auf die Miteigentumsanteile als solche.

Geht man de lege lata vom § 6 ( 1 ) 1 D e p G aus. so erscheint eine Lösung des Problems nur in der Form möglich, d a ß man entweder mit der Einbringung einwendungsbehafteter Wertpapiere in einen Sammelbestand keinen Miteigentumserwerb verbindet, weil diese Wertpapiere nicht „gleichartig" mit den einwendungsfreien Papieren sind, oder d a ß man alle bisherigen Anteilsinhaber Miteigentum an den einwendungsbehafteten Papieren erwer-ben läßt. Derjenige, der die einwendungsbehafteten Papiere einbringt, m u ß dann Miteigen-tum an den einwendungsfreien Papieren erwerben. Es liegt auf der H a n d , d a ß die zweite L ö s u n g s v a r i a n t e untragbar ist. Sie ist de lege lata ohne A k t der Rechtsfortbildung jedoch nicht zu umgehen, wenn man zu dem Ergebnis kommt, d a ß mit der Einbringung der einwendungsbehafteten Papiere Miteigentum entsteht; denn die bisherigen Anteilsinhaber k ö n n e n an den einwendungsbehafteten Wertpapieren kein einwendungsfreies Miteigentum erwerben, da die Verbringung der Wertpapiere in ein Sammeldepot kein Verkehrsgeschäft darstellt (vgl. Hueck/Canaris. a.a.O., S. 138 f.). Das Miteigentum entsteht g e m ä ß § 6 (1) D e p G kraft Gesetzes, ohne d a ß es auf den guten oder bösen Glauben einer Partei a n k ä m e . Andererseits wird man in aller Regel nicht umhin kommen, die Entstehung von Miteigen-tum zu bejahen. A u c h wenn man davon ausgeht, d a ß einwendungsbehaftete Wertpapiere nicht von der A r t einwendungsfreier Wertpapiere sind, so k ö n n e n sie doch mit letzteren untrennbar vermischt worden sein.

Es erscheint daher als sinnvoll, das Sammeldepotrecht de lege ferenda dahin fortzubilden, d a ß der Einlieferer mit der Einlieferung einwendungsbehafteter Wertpapiere in H ö h e der eingelieferten Menge Miteigentum erwirbt, das seinerseits einwendungsbehaftet ist. Wer-den ihm Wertpapiere ausgeliefert, so setzen sich die Einwendungen an Wer-den ausgelieferten Wertpapieren fort. D i e anderen M i t e i g e n t ü m e r erwerben das Miteigentum an den

Es erscheint daher als sinnvoll, das Sammeldepotrecht de lege ferenda dahin fortzubilden, d a ß der Einlieferer mit der Einlieferung einwendungsbehafteter Wertpapiere in H ö h e der eingelieferten Menge Miteigentum erwirbt, das seinerseits einwendungsbehaftet ist. Wer-den ihm Wertpapiere ausgeliefert, so setzen sich die Einwendungen an Wer-den ausgelieferten Wertpapieren fort. D i e anderen M i t e i g e n t ü m e r erwerben das Miteigentum an den