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5 DISKUSSION

5.6 SNPs in der Untereinheit NCF4

Das Protein p40phox, kodiert durch NCF4, erfüllt die Aufgabe, die zytosolischen NAD(P)H-Oxidase-Untereinheiten p67phox und p47phox zum membranständigen Flavocytochrom b558

zu transportieren. Da Mutationen des NCF4-Gens nicht zur Entstehung einer chronischen Granulomatose führen, wurde lange Zeit vermutet, dass p40phox nicht essentiell zur Aktivierung des Enzymkomplexes benötigt wird. Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass das Protein die phagozytäre NAD(P)H-Oxidase sowohl aktivieren (Tsunawaki et al., 1996) als auch inhibieren kann (Sathyamoorthy et al., 1997). In einer aktuelleren Arbeit wird vermutet, dass das Protein durch gerichtete Rekrutierung der zytosolischen Untereinheiten p47phox und p67phox gezielt die Enzymaktivität in Endosomen oder an der Plasmamembran steuern kann (Ueyama et al., 2007). Unsere Ergebnisse lassen ebenfalls

vermuten, dass die p40phox-Untereinheit eine wichtige Komponente der phagozytären NAD(P)H-Oxidase ist, deren Einfluss auf die Enzymfunktion nicht unterschätzt werden sollte.

5.6.1 SNP rs1883113

Die Untersuchung der NCF4-Polymorphismen ergab, dass der Promotor-SNP rs1883113 mit p < 0,05 mit der NAD(P)H-Oxidase-Aktivität assoziiert war. Wegen der Seltenheit dieses SNPs waren in der Stichprobe keine homozygoten Varianten-Allelträger enthalten.

Auf die Genexpression von NCF4 wirkte sich dieser SNP jedoch nicht aus, weder in Gesamtblut noch in PBMCs. Der fehlende Zusammenhang mit der Expression lässt eine Beziehung des Promotor-SNPs zur Enzymaktivität fragwürdig erscheinen. SNPs in Promotorregionen können die Bindungseffizienz wichtiger regulierender Proteine der Transkriptionsmaschinerie beeinflussen und dadurch die Genexpression beeinträchtigen.

Inwiefern dies hier der Fall ist, bleibt zunächst ungeklärt.

5.6.2 SNP rs10854694

Der Polymorphismus rs10854694 ist ebenfalls im Promotorbereich dieses Gens lokalisiert.

Es zeigte sich ein Trend (p = 0,06) für eine Assoziation mit der Aktivitätsmessung. Auf die Genexpression zeigte dieser SNP jedoch keinen Einfluss.

Interessanterweise weist der SNP rs10854694 ein hohes Kopplungsungleichgewicht mit der durch Wojnowski et al., 2005, beschriebenen Promotorvariante rs1883112 auf (r2 = 94) mit Bezug zu einer chronischen Doxorubicin-induzierten Kardiotoxizität. Im Vergleich zu rs1883112 war die Assoziaton von rs10854694 mit einer chronischen Kardiomyopathie unter Doxorubicin-Therapie sogar stärker ausgeprägt. Zudem zeigte sich ein weiterer Zusammenhang mit der Entwicklung einer Doxorubicin-unabhängigen hypertrophen Kardiomyopathie. Diese Ergebnisse lassen rs10854694 als eine klinisch möglicherweise wichtige Variante erscheinen, und auch die Enzymaktivität könnte durch diesen SNP moduliert werden. Auf welchen Mechanismen dies beruht, bleibt noch unklar. Naheliegend wäre eine Veränderung der Promotor-Aktivität. An RNA-Isolaten aus Zellen mit diversem genetischen Hintergrund (Gesamtblut) konnte ein solcher Zusammenhang nicht gesehen werden. Zur weiteren Klärung könnten Reportergen-Assays mit Konstrukten entsprechend den Genotypausprägungen dieser Variante durchgeführt werden. Oxidativer Stress kann – wie bereits erwähnt – sowohl die Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen begünstigen (Cave et al., 2006) als auch die zellschädigenden Eigenschaften von Doxorubicin

verstärken (Mordente et al., 2001). Es erscheint daher durchaus plausibel, dass das mit einer erhöhten ROS-Produktion assoziierte Allel von rs10854694 auch ein höheres Risiko für Kardiomyopathien darstellt. Allerdings sind diese Befunde noch mit Zweifeln behaftet, da nicht alle Daten eine eindeutige Hypothese stützen. Es erscheint jedoch gerechtfertigt, diesen interessanten Ergebnissen weiter nachzugehen.

5.6.3 Weitere möglicherweise funktionelle SNPs in NCF4

Der Polymorphismus rs4821544 in Intron 1 von NCF4 zeigte bei den Funktionsmessungen nur eine Assoziation mit der Genexpression in PBMCs. Obwohl das Varianten-Allel zu reduzierten NCF4-Transkriptmengen führte, war keine Veränderung der ROS-Produktion zu beobachten. Nach den Studien von Rioux et al., 2007, ist dieser Polymorphismus mit der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn assoziiert. Als Erklärung vermuten Rioux et al., 2007, eine mögliche Abschwächung der NAD(P)H-Oxidase-Aktivität. Durch die ineffiziente Immunabwehr können körperfremde Organismen nicht vollständig beseitigt werden und verursachen dadurch einen chronischen Entzündungs-prozess. In unserem experimentellen Design ließ sich die Theorie einer verminderten ROS-Bildung in Abhängigkeit von dieser Variante nicht bestätigen. Allerdings sollte berück-sichtigt werden, dass die Funktionsmessungen an Zellen gesunder Menschen durchgeführt wurden.

Weitere NCF4-SNPs zeigten zwar in PBMCs einen Effekt auf die Genexpression, nicht aber in Gesamtblut. Ebenso war kein Zusammenhang mit der Enzymaktivität oder klinischen Phänotypen der Herzinsuffizienz zu erkennen. Der Intron 7-Polymorphismus rs3788524, der nach unseren Untersuchungen ebenfalls nur mit der Genexpression assoziiert war, befand sich jedoch im Kopplungsungleichgewicht mit der Intron 4-Variante rs729749. Letztere war in der Fall-Kontroll-Studie von Olsson et al., 2007, statistisch signifikant mit rheumatoider Arthritis assoziiert. Hinweise auf eine Lokalisation dieses SNPs in einer regulatorischen Sequenz konnten allerdings nicht gefunden werden.

Für eine NCF4-Variante in der 3’-Region dieses Gens, rs8137602, ergaben sich Zusammenhänge mit der Doxorubicin-Empfindlichkeit von PBMCs. Das relativ seltene Varianten-Allel des Polymorphismus scheint ein Schutz gegenüber einer Doxorubicin-induzierten Apoptose zu sein. In der statistischen Analyse der Funktionsmessungen zeigte dieser Polymorphismus keine signifikanten Assoziationen, wobei es keine homozygoten Variantenträger gab. Es wurde jedoch ein Trend (p = 0,1) für eine gesteigerte

ROS-Produktion in Granulozyten heterozygoter Personen verglichen mit homozygoten Wildtyp-Trägern beobachtet. Dies steht allerdings im Widerspruch zu der Annahme, dass erhöhter oxidativer Stress die Doxorubicin-induzierte Apoptose begünstigt, wie oben bei CYBB-Polymorphismen diskutiert (5.4).

Die Ergebnisse dieser Dissertation lassen den SNP rs10854694 als den medizinisch bedeutsamsten der untersuchten NCF4-Genpolymorphismen erscheinen, zumindest in Bezug auf das Risiko für Kardiomyopathien. Dieser Hypothese sollte in weiteren Untersuchungen nachgegangen werden.