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3. Ergebnisse

3.4 Selektion ciprofloxacinresistenter Mutanten von E. coli MIIQ und E. coli MII

3.4.3 Sequenzanalyse der Mutanten

Die molekulargenetische Grundlage der Resistenz der selektierten E. coli MIIQ-CS-Mutanten gegenüber Fluorchinolonen wurde durch Sequenzierung der quinolone resistance determining regions (QRDRs) untersucht [157]. Die Gene gyrA und parC, die für die beiden primären Zielstrukturen der Fluorchinolone codieren, wurden zuerst partiell sequenziert.

Abbildung 3.19 zeigt links den Bereich von Codon 82 bis 88 von gyrA und rechts den Bereich von Codon 79 bis 85 von parC der jeweiligen Stämme. Die erhaltenen Sequenzen wurden mit online verfügbaren Sequenzen von E. coli K12 MG1655 (NCBI Referenznummer NC_000913.2) und E. coli CFT073 (NCBI Referenznummer NC_004431.1) verglichen. Zudem ist ein Vergleich mit dem Ausgangsstamm E. coli MIIQ (mit identischen Zielstrukturmutationen wie E. coli MII) und der Mutante E. coli MIII möglich. Das PCR-Fragment für die Sequenzierung des Abschnittes von gyrA wurde mit den Primern gyrA_5-1 und gyrA_3-1 (Fragmentgröße 524 bp) erzeugt. Das PCR-Fragment für die Sequenzierung des parC-Abschnittes wurde mit den Primern parC_S und parC_U (Fragmentgröße 236 bp) hergestellt.

Abbildung 3.19: DNA-Sequenzchromatogramm der QRDRs (Ausschnitt) von gyrA und parC der E. coli MIIQ-CS-Mutanten;

Erläuterungen im Text

Das Chromatogramm zeigt, dass alle Stämme die Punktmutation des Ausgangsstammes E. coli MII in Codon 83 von gyrA aufweisen. Diese Punktmutation führt im GyrA-Protein zu einem Aminosäureaustausch von Serin zu Leucin. Sechs E. coli MIIQ-CS-Mutanten weisen eine zusätzliche Punktmutation in Codon 87 auf, die Ausgangsstamm E. coli MIIQ nicht zeigt.

Diese Mutation ändert Aminosäure 87 von GyrA von Asparaginsäure zu Glycin oder Asparagin.

Die DNA-Sequenz von parC bei E. coli MIIQ entspricht in dem sequenzierten Bereich der Wildtypsequenz. Mutationen in parC wurden in sechs E. coli MIIQ-CS-Mutanten entweder in Codon 80 oder Codon 84 gefunden. Serin an Position 80 wird dadurch durch Isoleucin oder Arginin ersetzt. Glutaminsäure an Position 84 wird durch die DNA-Punktmutation durch Lysin ersetzt. An Position 80 findet sich bei den isolierten Mutanten in der Regel Arginin, im Vergleich zu Isoleucin bei E. coli MIII. Beide Mutationen erfordern nur den Austausch einer DNA-Base im relevanten Codon.

Die Stämme MIIQ-CS9, MIIQ-CS10, MIIQ-CS20, MIIQ-CS23 und MIIQ-CS32. weisen demnach im Vergleich mit E. coli MIIQ zwei zusätzliche Mutationen in den QRDRs der Gene gyrA und parC auf. Die Anzahl von jeweils drei chromosomalen Targetmutationen, wie bei E. coli MIII, wurde in diesen Stämmen gefunden. Mit diesen Ergebnissen können die in Tabelle 3.3 aufgeführten MHK-Werte für Ciprofloxacin erklärt werden (siehe auch Kapitel 4.4).

Die Gene gyrB und parE, die für die sekundären Zielstrukturen GyrB und ParE codieren, wurden in den übrigen Stämmen E. coli MIIQ-CS12, E. coli MIIQ-CS45 und E. coli MIIQ-CS15 sequenziert. Das PCR-Fragment für die Sequenzierung von gyrB wurde mit den Primern gyrB_5B9_+871 und gyrB_3B2_+1508 erzeugt (Fragmentgröße 638 bp). Ein Teil von parE wurde mit den Primern parE_RT_1679R und parE_T_1189 amplifiziert (Fragmentgröße 491 bp). Abbildung 3.20 zeigt den Bereich von Codon 463 bis 465 von gyrB der jeweiligen Stämme. Andere Bereiche von gyrB, in denen Resistenzmutationen auftreten können (zum Beispiel Codon 426 oder Codon 447) zeigten keine Veränderungen im Vergleich zu den Referenzstämmen.

Abbildung 3.20: Ausschnitt des DNA-Sequenzchromatogramms von gyrB von E. coli MIIQ-CS-Mutanten; Erläuterungen im Text

E. coli MIIQ-CS15. weist eine Punktmutation in Codon 464 auf. Im GyrB-Protein führt diese Mutation zu einem Aminosäureaustausch von Serin zu Tyrosin. Die Mutation liegt nicht in der ausgewiesenen QRDR [157], wurde jedoch in verschiedenen anderen Spezies bereits beschrieben [158, 159, 160]. Der sequenzierte Bereich von parE (inklusive der nicht in Abbildung 3.20 gezeigten QRDR) zeigt in den Mutanten keine von E. coli MIIQ abweichende Sequenz. Bei E. coli MIIQ-CS12 ist ein Doppelpeak in Codon 465 zu erkennen. Spätere Sequenzierungen zeigten keine Mutation an dieser Position. Es lag eine Mischkultur vor, die ausgeeinzelt werden musste (siehe auch Ergebnisse zur kompletten Sequenzierung von parC in diesem Kapitel).

Die MHK-Werte für Ciprofloxacin von E. coli MIIQ-CS12 und E. coli MIIQ-CS45. sind höher als die von Stämmen mit ähnlichen Targetmutationen. E. coli MII-3 mit einem MHK-Wert für Ciprofloxacin von 16 µg/mL weist genauso wie E. coli MIIQ-CS12 Punktmutationen in den Codons 83 und 87 von gyrA auf (Mutation in Codon 87 wurde durch in-vitro Mutagenese bei E. coli MII-3 eingeführt, siehe Tabelle 2.1). E. coli MII mit einem MHK-Wert für Ciprofloxacin von 2 µg/mL besitzt dieselben Fluorchinolonresistenzmutationen wie E. coli MIIQ-CS45 (GyrA S83L und ΔmarR). Die Gene gyrA, gyrB, parC und parE wurden daher in E. coli MIIQ-CS12 und E. coli MIIQ-CS45 komplett sequenziert. Die für die Sequenzierung verwendeten Primer sind in Tabelle 2.3 aufgeführt. Die Sequenzen von E. coli MIIQ als Ausgangsstamm wurden parallel als Referenzen für Vergleiche ermittelt.

In den nachfolgenden Abbildung 3.21 bis Abbildung 3.24 sind die aus den Nukleotidsequenzen übersetzten Aminosäuresequenzen aufgeführt.

Abbildung 3.21: Aminosäuresequenz von GyrA der sequenzierten Stämme; Erläuterungen im Text

Abbildung 3.21 zeigt die bisher in den Stämmen gefundenen Mutationen an Position 83 und 87. Farblich hervorgehoben sind zudem zwei Variationen zwischen E. coli K12 MG1655 und E. coli CFT073. Die Sequenz von E. coli CFT073 als nahem Verwandten von E. coli WT und somit auch von E. coli MII [155] diente als primäre Referenz in diesem Versuch.

Abbildung 3.22: Aminosäuresequenz von GyrB der sequenzierten Stämme; Erläuterungen im Text

Abbildung 3.22 zeigt für E. coli CFT073 eine von den anderen Stämmen abweichende Sequenz an Position 185. Die Sequenz der Mutanten stimmt vollständig mit der Sequenz von E. coli K12 MG1655 überein. E. coli K12 MG1655 weist keinen erhöhten MHK-Wert für Ciprofloxacin auf [ 161 ]. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass weder Asparaginsäure noch Glutaminsäure an Position 185 von GyrB Einfluss auf die Fluorchinolonresistenz haben.

Abbildung 3.23: Aminosäuresequenz von ParC der sequenzierten Stämme; Erläuterungen im Text

Abbildung 3.23 zeigt, dass bei E. coli MIIQ, E. coli MIIQ-CS12 und E. coli MIIQ-CS45 an Position 522 ein Prolin insertiert ist. Eine Sequenzanalyse ergab, dass diese Insertion bereits in E. coli MII, dem Ausgangstamm für die ortsspezifische Mutagenese, anzufinden ist [A.

Heisig, persönliche Mitteilung]. Stromabwärts des Strukturgens ist bei diesen Stämmen ein Basen-Triplett deletiert. Der Einfluss dieser Mutation auf die Funktion von ParC wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht untersucht. Die beiden E. coli MIIQ-CS-Mutanten zeigen in ParC keine von E. coli MIIQ abweichende Aminosäuresequenz.

Serin ist an Position 80 von E. coli MIIQ-CS12 anhand dieser Sequenzierung durch Arginin ersetzt. Die vorangegangene Sequenzierung des QRDRs ergab an dieser Position einen Doppelpeak. Die Dauerkultur wurde deshalb vereinzelt und die Sequenzierung des Ausschnitts von parC wiederholt. Diese Ergebnisse zeigten, dass eine Mischkultur vorlag mit einem Stamm ohne parC-Mutationen und einen MHK-Wert für Ciprofloxacin von 32 µg/mL

und einem Stamm mit parC-Mutation in Codon 80 und einem MHK-Wert für Ciprofloxacin von 64 µg/mL. Die Wiederholung der Sequenzierung von gyrB zeigte, dass es sich bei dem Doppelpeak in Codon 465 bei E. coli MIIQ-CS12 nicht um eine Mutation handelt.

Abbildung 3.24: Aminosäuresequenz von ParE der sequenzierten Stämme; Erläuterungen im Text

Abbildung 3.24 zeigt, dass die Aminosäuresequenzen von ParE von E. coli MIIQ und den daraus hervorgegangenen Mutanten übereinstimmt. Keine Mutation, die zu einem Aminosäureaustausch führt, wurde gefunden.

Zusammenfassend sind in Tabelle 3.6 alle Mutationen der sequenzierten Stämme aufgeführt. Mutante E. coli MIIQ-CS45 zeigt keine zusätzliche Mutation in den Zielstrukturen der Fluorchinolone. Die übrigen sieben E. coli MIIQ-CS-Mutanten unterscheiden sich von E. coli MIIQ durch zwei zusätzliche Targetmutationen, jeweils eine in einer Gyrase-Untereinheit und eine in der A-Gyrase-Untereinheit von Topoisomerase IV.

Tabelle 3.6: Zusammenfassung der Fluorchinolonresistenzmutationen der sequenzierten Stämme; Erläuterungen im Text

Stamm GyrA ParC GyrB ParE

MIIQ-CS9 S83L / D87N S80R MIIQ-CS10 S83L / D87N E84K

MIIQ-CS12 S83L / D87G S80R - -

MIIQ-CS20 S83L / D87N E84K MIIQ-CS23 S83L / D87G E84K

MIIQ-CS45 S83L - - -

MIIQ-CS15. S83L S80R S464Y -

MIIQ-CS32. S83L / D87N S80R

MIIQ S83L - - -

MII S83L

MIII S83L / D87G S80I

Die durch Selektion aus E. coli MIIQ hervorgegangenen Mutanten zeigen verschiedene Punktmutationen an bekannten Positionen der Zielstrukturen. Der Vergleich des Mutationsmusters mit den MHK-Werten aus Tabelle 3.3 zeigt, dass zusätzliche Mutationen in GyrB und ParC die MHK in geringerem Maße erhöhen als die Kombination GyrA und ParC.

Die detaillierte Diskussion des Vergleichs der MHK-Werte mit den Targetmutationen erfolgt in Kapitel 4.4.

Die Ergebnisse der bisherigen Experimente belegten, dass bei Vorhandensein eines DnaQ-bedingten Mutatorphänotyps, die Anzahl an Fluorchinolonresistenzmutationen bei Selektion mit Ciprofloxacin deutlich zunimmt. Ebenso nahm die Frequenz von Doppelmutationen innerhalb eines Selektionsschrittes zu. Der Kern der Fragestellung (Übt DnaQ einen Einfluss auf die Entstehung von Fluorchinolonresistenz aus?) ist somit zumindest für eine dominante DnaQ-Mutatormutation beantwortet. Ob diese artifizielle Laborbedingung auf klinische Isolate übertragbar ist, kann durch die Umkehr des experimentellen Weges untersucht werden. Dazu wurde nicht wie bislang der Einfluss einer DnaQ-Mutation auf die Entstehung von Fluorchinolonresistenz untersucht, sondern klinische Isolate, die natürlich Resistenz erworben haben, hinsichtlich Veränderungen von DnaQ charakterisiert. Können DnaQ-Mutatormutationen in den klinischen Isolaten identifiziert werden, so ist dies ein Hinweis für die Beteiligung chromosomaler Veränderungen in DnaQ bei der Entstehung von Fluorchinolonresistenz im natürlichen Umfeld.