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Selbstverständnis des Fachs und Schwerpunkte in Basel

1. Das Bachelorstudienfach Altertumswissenschaften an der Phil.-Hist. Fakultät der

1.1 Selbstverständnis des Fachs und Schwerpunkte in Basel

Ägyptologie, Alte Geschichte, Gräzistik, Klassische Archäologie, Latinistik, Natur-wissenschaftliche Archäologie, Ur- und Frühgeschichtliche und Provinzialrömi-sche Archäologie bilden den Kern der Basler Altertumswissenschaften, der durch das interdisziplinäre Angebot der Historisch-vergleichenden Sprachwissen-schaft und punktuell durch Lehrange-bote der Vorderasiatischen Altertumswis-senschaft ergänzt wird. Mit jeweils spezi-fischen Interessensschwerpunkten und Methoden beschäftigen sich die oben ge-nannten Disziplinen mit der ägyptischen, griechischen, römischen und vorderori-entalischen Kultur vom 3. Jahrtausend v.

Chr. bis in die ausgehende Spätantike und mit der mitteleuropäischen Ur- und Frühgeschichte sowie deren Interaktion mit den Nachbarkulturen. Damit umfas-sen die Altertumswisumfas-senschaften in Basel das gesamte zeitliche Spektrum von der Urgeschichte bis zum Ende der Spätan-tike, teilweise sogar darüber hinaus, von den ersten Artefakten und der Hinterlas-senschaft der ältesten schriftführenden Kulturen bis hin zu hochdifferenzierten

Zeugnissen der materiellen Kultur, der Literatur, Kunst und Wissenschaft.

Nachfolgend werden die einzelnen Schwerpunkte eingehend erläutert.

Ägyptologie

Der Forschungsgegenstand der Ägyptolo-gie umfasst die Kultur und Geschichte des Alten Ägyptens von der Frühzeit (4.

Jahrtausend v. Chr.) bis in die koptische Spätantike. Den Ausgangspunkt für das Verständnis der altägyptischen Kultur stellen die textliche und materielle Hin-terlassenschaft dar. Die Erschliessung der textlichen Hinterlassenschaft basiert auf den verschiedenen Sprach- und Schrift-stufen und den zahlreichen Textquellen literarischen, religiösen oder administra-tiven Inhalts; die materielle Hinterlassen-schaft umfasst Tempel, Gräber, Siedlun-gen sowie unterschiedliche Objektgrup-pen wie Skulptur, Stelen, Gefässe, Mobi-liar, etc. Das Fach Ägyptologie verfolgt das Ziel, die altägyptische Kultur in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Dieses Verständ-nis wird durch historische, archäologi-sche, gesellschafts- und religionshistori-sche, kulturhistorireligionshistori-sche, kunstwissen-schaftliche sowie literatur- und sprach-wissenschaftliche Fragestellungen und Forschungsschwerpunkte erworben und vertieft. Das Studium basiert mehrheit-lich auf Literaturrecherche, schliesst aber auch Exkursionen in Museen und gegebe-nenfalls die Teilnahme an Ausgrabungen ein.

Die Ägyptologie ist eine Disziplin, in der im Verlaufe des Studiums die gesamte Kultur als Einheit unterrichtet wird: Es besteht keine Aufteilung der Bereiche

Sprache, Geschichte, Archäologie/Kunst und Religion auf unterschiedliche Fä-cher.

Dies führt sowohl methodisch als auch inhaltlich zu verschiedenen Berührungs-punkten mit anderen Fachbereichen. Zu nennen sind hierbei unter anderem die Klassische Archäologie, die Kunstwissen-schaft, die Ur- und frühgeschichtliche Ar-chäologie, die Fächer, die sich mit der klassischen Antike beschäftigen (Alte Ge-schichte, Lateinische und Griechische Philologie) sowie auch die Geschichte, Sprach- und Literaturwissenschaft, Theo-logie und die Religionswissenschaft.

Alte Geschichte

Die Alte Geschichte leistet einen transdis-ziplinären Beitrag zum Studium der Al-tertumswissenschaften, weil sie sich als Teil sowohl der allgemeinen Geschichte wie auch der Altertumswissenschaften versteht. Die Alte Geschichte behandelt die griechischen und römischen Kulturen von den Anfängen bis zum Ende der An-tike nach allen Fragestellungen und Per-spektiven, wie sie die Geschichtswissen-schaft insgesamt entwickelt hat. Dabei gilt das Interesse ebenso sehr den einzel-nen Phänomeeinzel-nen der antiken Kulturen in ihrer Eigenständigkeit und Fremdheit wie auch denjenigen Entwicklungen, die über das Altertum hinaus als immer wie-der neu konstruiertes Bild wie-der Antike bis in unsere Zeiten normativ gewirkt haben (z. B. die athenische Demokratie oder das römische Staatsdenken). Das Studienob-jekt der Alten Geschichte bietet darüber hinaus eine einzigartige Gelegenheit, die antiken Kulturen des Mittelmeerraums

in ihrer Verflechtung und in ihrem Aus-tausch, in den Prozessen von Abgrenzung und Integration zwischen Eigenem und Fremden unter den Aspekten der Inter-kulturalität zu untersuchen.

Eine besondere Chance des Studiums in Alter Geschichte ist die Quellenlage: Für die Erforschung der Antike steht ein be-grenztes Korpus von Quellen zur Verfü-gung, das gerade deswegen vertieft kri-tisch und umfassend befragt werden kann. Der Zwang zur Methodenreflexion lädt dazu ein, mit vergleichendem Vorge-hen Erkenntnismodelle und Ansätze an-derer Wissenschaftszweige (Sozialanthro-pologie, Politikwissenschaft, Soziologie, Sprach-, Literatur- und Bildtheorie etc.) und der Neueren Geschichte (z. B. Ge-schlechter-, Umwelt-, Kulturgeschichte) für die Erforschung des Altertums frucht-bar zu machen.

Gräzistik

Gegenstand der Gräzistik ist die gesamte schriftliche Hinterlassenschaft der grie-chischen Antike. Zur Sprache und Litera-tur beginnend mit Homer (7. Jh. v. Chr.) bis zu Texten der Spätantike am Über-gang zur Byzantinistik (3.-6. Jh. n. Chr.) als traditionellem Zentrum des Faches treten die Erforschung der griechischen Kultur auf der Basis schriftlicher Quellen (auch mithilfe der Papyrologie und Epi-graphik) sowie die Rezeption der griechi-schen Literatur und Mythologie in den Li-teraturen sowie in allen übrigen Formen der Kunst. Da die kanonischen Texte der Gräzistik (bes. Homer, frühgriechische Lyrik, Vorsokratik, attisches Drama, He-rodot, Thukydides, Platon, Aristoteles) die europäische Geistesgeschichte bis in

die Gegenwart mitbestimmen, kommt als ein weiterer Schwerpunkt des Faches die Behandlung von Grundfragen der eu-ropäischen Philosophie, der Gesellschaft und der menschlichen Existenz hinzu, die in diesen Texten formuliert sind.

Als Grundlage für die wissenschaftliche Erschliessung altgriechischer Texte steht im Zentrum des Studiums eine gute Sprachausbildung, unter Einbezug der Historisch-vergleichenden Sprachwissen-schaft und der griechischen Dialektolo-gie. Übersetzung, Kommentierung und Interpretation basieren auf der philolo-gisch-historischen Methode, wobei An-sätze der Anthropologie sowie der mo-dernen Literatur-, Religions- und Kultur-wissenschaft einbezogen werden. In der Forschung und Lehre ist die Gräzistik eng mit den anderen altertumswissenschaftli-chen Teildisziplinen, mit der Philoso-phie, der Religions- und Medienwissen-schaft, den Neuen Philologien und den Geschichts- und Bildwissenschaften ver-bunden.

Klassische Archäologie

Im Mittelpunkt der Klassischen Archäolo-gie steht die materielle Hinterlassen-schaft der von der griechischen und rö-mischen Kultur geprägten und beein-flussten Regionen des Mittelmeerraumes und der angrenzenden Gebiete von der Prähistorie bis in die Spätantike. Sie stützt sich dabei sowohl auf archäologi-sche Zeugnisse (einzelne Gebäude und ganze Anlagen, Gefässe, Skulpturen und Geräte) als auch auf schriftliche Quellen (antike Autoren und Inschriften). Grosse Bedeutung kommt ferner den bildlichen

Darstellungen (Vasenmalerei, Wandmale-rei u. a.) zu, die durch alle Epochen eine Fülle von Informationen zu den antiken Lebensverhältnissen und den ideellen Vorstellungen ihrer Produzenten und Re-zipienten liefern.

Das Studium der Klassischen Archäologie vermittelt die Fähigkeit, die materiellen Zeugnisse der Antike in ihrem histori-schen und kulturellen Kontext einzuord-nen und zu verstehen. Neben den her-kömmlichen Methoden der Form- und Stilanalyse, der Ikonographie und der Ausgrabung spielen natur- und kultur-wissenschaftliche Methoden und Theo-rien eine wichtige Rolle. Durch ihre me-thodische Interaktion mit den Nachbar-disziplinen ist die Klassische Archäologie gleichermassen mit den Altertums- und den Kunstwissenschaften verbunden. Be-sonderes Gewicht wird ausserdem auf die praktische Ausbildung gelegt,die in Form von Museumspraktika im Antiken-museum Basel und Sammlung Ludwig und Lehrgrabungen ins Lehrangebot inte-griert ist.

Latinistik

Die Latinistik erforscht die Texte der rö-mischen Antike von ihren Anfängen im 3. Jh. v. Chr. bis in die ausgehende Spät-antike im 6. Jh. n. Chr. Die Aufgabe der Latinistik ist es, die Texte zu edieren, zu kommentieren, zu übersetzen und zu in-terpretieren. Dieser traditionelle Rahmen des Faches wird durch Übersetzung und Interpretation des lateinischen Schrift-tums nachantiker Epochen (Renaissance und Humanismus) erweitert. Die Rezep-tion der römischen Literatur in den nach-antiken Literaturen und ihr Fortleben in

anderen Künsten bis hin zu jüngsten Ak-tualisierungen in der zeitgenössischen Kunst, den neuen Medien und der All-tagskultur treten ergänzend hinzu.

Das Studium vermittelt profunde Kennt-nisse der lateinischen Sprache, die für die wissenschaftliche Erschliessung latei-nischer Texte unverzichtbar sind. Über-setzung, Kommentierung und Interpreta-tion lateinischer Texte gründen auf der philologisch-historischen Methode. Der traditionelle Weg der Ausbildung wird durch die Integration neuerer Theorien der Literatur- und Kulturwissenschaft fortwährend bereichert und modifiziert.

In Forschung und Lehre arbeitet die Lati-nistik selbstverständlich mit den anderen altertumswissenschaftlichen Disziplinen, mit den Neuen Philologien aber auch den historischen Wissenschaften und Kunst-wissenschaften zusammen.

Naturwissenschaftliche Archäologie Der Schwerpunkt Naturwissenschaftliche Archäologie zielt auf eine breite Ausbil-dung in den wichtigsten naturwissen-schaftlichen Methoden, welche in den Al-tertumswissenschaften zur Anwendung gelangen (in Basel im speziellen Archä-obotanik, Archäozoologie, Archäoanthro-pologie, Geoarchäologie). Die Methoden der Naturwissenschaftlichen Archäologie sind an keine zeitlichen und geographi-schen Grenzen gebunden. Ihre Ergeb-nisse erlauben Aussagen zur Umwelt, zur Wirtschaftsweise, zur Ernährung, zum Gesundheitszustand, zum Aussehen, zur Mobilität und zum körperlichen Entwick-lungszustand von Mensch und Tier. Zu-dem helfen Naturwissenschaften bei der

funktionellen Interpretation von Gra-bungsbefunden und -strukturen. Es wer-den einerseits die naturwissenschaftli-chen Grundlagen behandelt, andererseits liegt der Schwerpunkt der Ausbildung auf den spezifischen, in der Archäologie zur Anwendung gelangenden Methoden.

Ur- und Frühgeschichtliche und Provinzi-alrömische Archäologie

Ur- und Frühgeschichte ist eine histori-sche Wissenschaft, die sich mit den Men-schen, ihrer Lebensweise und Umwelt so-wie ihren Kulturen in schriftlosen (Urge-schichte) und schriftarmen (Frühge-schichte) Epochen beschäftigt. Ihre Quel-len bestehen aus materielQuel-len Hinterlas-senschaften (v. a. Artefakte, Bodenstruk-turen, Ruinen), die durch Ausgrabungen gewonnen werden. Zu den Besonderhei-ten der Ur- und Frühgeschichte gehören folgende Punkte: 1. die grosse Spanne der hier behandelten Zeit von den Anfängen der Menschheitsgeschichte bis zum Frü-hen Mittelalter, die epocFrü-henübergrei- epochenübergrei-fende Vergleiche und die Beobachtung langfristiger Veränderungen erlaubt; 2.

der weite zeitliche und geographische Fo-kus, der Einblick in die kulturelle Vielfalt menschlicher Gesellschaften ermöglicht und 3. die sehr konkreten Erkenntnisse über das Alltagsleben, die sich aus der materiellen Kultur erschliessen lassen. In Basel liegt der räumliche Fokus auf der Schweiz und den Nachbarländern.

Die Provinzialrömische Archäologie be-schäftigt sich mit archäologischen Fun-den und BefunFun-den in Fun-den römischen Pro-vinzen; sie arbeitet mit ähnlichen Metho-den wie die Ur- und Frühgeschichte. Mit ihrem Fokus auf der materiellen Kultur

liefert sie Erkenntnisse über Themenbe-reiche, die in den vorhandenen Schrift-quellen nur wenig oder überhaupt nicht behandelt werden. Dazu gehören bei-spielsweise das Alltagsleben sowie der Wandel und die Persistenz von Traditio-nen der einheimischen Bevölkerung.

Fachgeschichtlich bedingt liegt der geo-graphische Schwerpunkt in den Nord-west-Provinzen. In Basel werden vor al-lem die Schweiz und ihr weiteres geogra-phischen Umfeld behandelt.

1.2 Weitere Studienangebote der