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B. Der Begriff des Gewerbebetriebs

I. Begriffsbestimmung 1. Allgemeines

2. Selbständigkeit

Schrifttum: Hromadka, Zur Begriffsbestimmung des Arbeitnehmers – unter Berücksichtigung der neueren Gesetzentwürfe –, DB 1998 S. 195;Kloubert, Steuer-licher oder sozialversicherungsrechtSteuer-licher oder arbeitsrechtSteuer-licher (Arbeitneh-mer) – keine Konkordanz zwischen Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht, FR 1999 S. 1 108; Boemke, Scheinselbständigkeit im Arbeitsrecht, DStR 2000 S. 1 694;Laber, Die Korrektur des „Korrekturgesetzes“ – Das neue Gesetz zur För-derung der Selbständigkeit, DStR 2000 S. 114;Greiner, Die Ich-AG als Arbeitneh-mer, DB 2003 S. 1 058;Schade/Bechtel, Die steuerrechtliche Einstufung von Ein-künften eines Chefarztes aus Privatliquidation, DB 2005 S. 358.

a) Begriff

Selbständig tätig ist, wer eine Tätigkeitauf eigene Rechnung und Gefahrausübt und dabei das Erfolgsrisiko der eigenen Betätigung trägt (Unternehmerrisiko) und des Weiteren weitgehend frei darüber entscheiden kann, ob und in welcher Art und in welchem Umfang er die Tätigkeit ausüben will (Unternehmerinitiative), vgl. z. B. BFH, Urteil vom 13.2.1980 I R 17/78, BStBl II 1980 S. 303; vom 27.9.1988 VIII R 193/83, BStBl II 1989 S. 414, vom 31.7.1990 I R 173/83, BStBl II 1991 S. 66.

Erforderlich ist die persönliche Selbständigkeit, BFH, Urteil vom 17.1.1973 I R 191/72, BStBl II 1973 S. 260; Urteil vom 24.9.1991 VIII R 349/83, BStBl II 1992 S. 330, 332. Ob Telefoninterviewer als Arbeitnehmer anzusehen sind, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Ver-hältnisse zu beurteilen. In diese Gesamtwürdigung ist auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernstlich gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind (BFH, Urteil vom 29.5.2008 VI R 11/07, BStBl II 2008 S. 933; Urteil vom 18.6.2015 VI R 77/12, BStBl II 2015 S. 904 mit Anm.Bergkemper, FR 2015 S. 1 086, 1 087 f.;Hilbert, StB 2015 S. 438, 439 f.;Olgemöller, Stbg 2015 S. 456;

Brandt, DB 2015, 0 991 099). Das Erfordernis der Selbständigkeit grenzt die gewerbliche Tätigkeit von nichtselbständiger Arbeit i. S. von § 19 EStG ab. Gegen-begriff ist insoweit die Arbeitnehmereigenschaft. Hinsichtlich ein und derselben Betätigung schließen sich die gewerbliche Unternehmereigenschaft gem. § 15 EStG und die Arbeitnehmereigenschaft gem. § 19 EStG tatbestandlich aus. Eine natürliche Person kann jedoch selbständige und unselbständige Tätigkeiten nebeneinander ausüben, BFH-Urteil vom 3.7.1991 X R 163-164/87, BStBl II 1991 S. 802 zu Eigengeschäften eines Bankangestellten: Nach diesem Urteil führt selbst die Ausnutzung der aus einer Anstellung resultierenden Vertrauensstellung nicht zur Unselbständigkeit einer Tätigkeit, wenn diese aus eigenem Antrieb ohne Wei-sung des Arbeitgebers außerhalb der arbeitsvertraglichen Pflichten durchgeführt wird. Zur gewerblichen Tätigkeit einer GbR und nichtselbständiger Tätigkeit ihrer Gesellschafter bei sogenannten beliehenen Unternehmen siehe BFH, Urteil vom 24.10.1995 VIII R 2/92, BFH/NV 1996 S. 325. Bloße Nebenverpflichtungen sind allerdings der Haupttätigkeit zuzuordnen: Im Fall von BFH, Urteil vom 20.12.2000 XI R 32/00, BStBl II 2001 S. 496 hatte ein angestellter Hoteldirektor seinen Arbeit-geber im Zusammenhang mit der Veräußerung seines Hotels gegen Honorar

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umfangreich beraten. Der BFH hat das Honorar den Einkünften des Hoteldirektors aus nichtselbständiger Arbeit zugeordnet und dies damit begründet, dass es sich um Entgelt für eine rechtliche oder faktische Nebenverpflichtung aus dem Arbeits-verhältnis handele.

Nach der Rechtsprechung ist für die Beurteilung einer Tätigkeit dasGesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung maßgeblich (z.. B. BFH, Urteil vom 18.1.1991 VI R 122/87, BStBl II 1991 S. 409m. w. N; BFH, Urteil vom 5.10.2005 VI R 152/01, BStBl II 2006 S. 94). Im Rahmen dieser Würdi-gung sind die für und gegen die Selbständigkeit bzw. Unselbständigkeit sprechen-den Merkmale gegeneinander abzuwägen, BFH, Urteil vom 18.1.1995 XI R 71/93, BStBl II 1995 S. 559m. w. N.). Entscheidend für die Abwägung ist primär das rechtlich erhebliche tatsächliche Verhalten im Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien, wobei in Grenzfällen zusätzlich dasAuftreten nach außenzur Beurteilung herangezogen werden kann, BFH, Urteil vom 14.12.1978 I R 121/76, BStBl II 1979 S. 188. Sind die Umstände auch unter Berücksichtigung aller vorge-nannten Kriterien gleichwertig, kommt ausnahmsweise demVertragswillen der Parteien Bedeutung zu, BFH, Urteil vom 23.2.1961 IV 313/59 U, BStBl III 1961 S. 194. Bei Chefärztenist beispielsweise auch das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Kriterien für die Unselbständigkeit eines Chefarztes können ein geringes Unternehmerrisiko (z.. B. Versicherung der Patienten, Kostenerstattun-gen, Vorteilsausgleiche nach tatsächlichen Geldeingängen), fehlende Unterneh-merinitiative (z.. B. direkter Vertragsabschluss über wahlärztliche Leistungen zwi-schen Krankenhausträger und Patient), dienstvertragliche Urlaubsregelungen, Weisungsrecht des Krankenhausträgers sowie ausdrückliche Einräumung eines Liquidationsrechts im Dienstvertrag sein, vgl. BFH, Urteil vom 5.10.2005 VI R 152/01, BStBl II 2006 S. 94. Aus diesem Urteil kann nicht allgemein abgeleitet werden, dass sämtliche Privatliquidationen bei Chefärzten zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen. Es kommt dabei stets auf den Einzelfall an, vgl.

auchSchade/Bechtel, DB 2005 S. 358.

Die Begriffe der selbständigen bzw. unselbständigen Tätigkeit sind nach steuer-lichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Der arbeits- und sozialrechtliche nehmerbegriff überschneidet sich zwar weitgehend mit dem Begriff des Arbeit-nehmers im Steuerrecht; die Begriffe sind jedoch nicht identisch. So sind beispielsweiseVorstandsmitgliederundGeschäftsführervon Kapitalgesellschaf-ten aus Sicht des Arbeitsrechts keine Arbeitnehmer, steuerlich sind sie jedoch regelmäßig als unselbständig tätig zu qualifizieren, da sie gegenüber Aufsichtsor-ganen weisungsgebunden sind und regelmäßig nicht das Unternehmerrisiko tra-gen, z. B. BFH-Urteil vom 13.2.1980 I R 17/78, BStBl II 1980 S. 303.

Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbstän-dig ausübt, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Die Frage der Selbständigkeit natürli-cher Personen ist für die Einkommen-, die Gewerbe- und die Umsatzsteuer grund-sätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen; dabei kommt der jeweiligen sozial- und arbeits- oder steuerrechtlichen Beurteilung zwar indizielle Bedeutung zu, eine rechtliche Bindung besteht aber nicht. Bei Vertretern juristischer Perso-nen ist zu unterscheiden zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde lie-genden Anstellungsverhältnis. Auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des GmbH-Geschäftsführers ist vornehmlich auf die Umstände des Einzelfalles und nicht auf dessen organschaftliche Stellung abzustellen. GmbH-Gesellschafter sind

regelmä-ßig Selbständige, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 v. H. des Stammkapitals innehaben (BFH, Urteil vom 20.10.2010 VIII R 34/08, BFH/NV 2011 S. 585; Urteil vom 23.4.2009 VI R 81/06, BStBl II 2012 S. 262).

Ein geschäftsführender Komplementär einer KG kann umsatzsteuerrechtlich unselbständig sein (so BFH, Urteil vom 14.4.2010 XI R 14/09, BStBl II 2011 S. 433).

Das Vorliegen von Selbständigkeit oder Unselbständigkeit bestimmt sich für die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer, darüber hinaus auch für die Umsatz-steuer nach gleichen Grundsätzen, vgl. BFH, Urteil vom 20.4.1988 X R 40/81, BStBl II 1988 S. 804; BFH, Urteil vom 10.3.2005 V R 29/03, BStBl II 2005 S. 730, wobei eine Bindung an die ertragsteuerrechtliche Beurteilung für das Umsatzsteu-errecht jedoch nicht besteht. So übt derjenige eine unselbständige Tätigkeit aus, der aufgrund der Eingliederung und Weisungsgebundenheit einkommensteuer-rechtlich Arbeitnehmer ist, vgl. dazu § 1 Abs. 2 LStDV. Dieselben Merkmale wer-den bei der Bestimmung der Selbständigkeit des umsatzsteuerlichen Unterneh-mers, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, grundsätzlich (allerdings differenzierter) herangezogen.

DemInhalt einer Tätigkeitkommt im Hinblick auf die steuerliche Einordnung als selbständig oder unselbständig allenfalls indizielle Bedeutung zu, da im Grundsatz jede Tätigkeit selbständig oder unselbständig ausgeübt werden kann, gleichgültig worin sie besteht, vgl. auch BFH, Urteil vom 14.6.1985 VI R 150-152/82, BStBl II 1985 S. 661. In einer neueren Entscheidung hat der BFH folgende Kriterien aufgestellt, die im Rahmen der Abwägung für eine unselbständige Tätig-keit sprechen können. Dazu gehören u. a. diese:

– persönliche Abhängigkeit

– Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, – feste Arbeitszeiten,

– Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, – feste Bezüge,

– Urlaubsanspruch,

– Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, – Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, – Überstundenvergütung,

– zeitlicher Umfang der Dienstleistungen,

– Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, – fehlendes Unternehmerrisiko,

– fehlende Unternehmerinitiative, – kein Kapitaleinsatz,

– keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln,

– Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, – Eingliederung in den Betrieb,

– geschuldet wird die Arbeitskraft, nicht aber ein Arbeitserfolg,

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– Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist (so BFH, Urteil vom 22.2.2012 X R 14/10, BStBl II 2012, S. 511, 514; betr. die Qualifizierung von Werbeeinkünften eines Fußballnationalspie-lers).

DieBezeichnung der Tätigkeitoder vertragliche Vereinbarungen über den Sta-tus derselben ist bzw. sind regelmäßig nicht entscheidend; es ist vorrangig, wegen der Maßgeblichkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen, vgl. BFH, Urteil vom 24.7.1992 VI R 126/88, BStBl II 1993 S. 155).

b) Abwägungsgesichtspunkte

Eine Beurteilung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse macht eine Einzelfall-abwägung erforderlich. Beispiele aus der Rechtsprechung:

– Nach BFH-Urteil vom 14.12.1978 I R 121/76, BStBl II 1979 S. 188 spricht für eine Selbständigkeit, wenn der Stpfl. bei erfolgsabhängiger Vergütung seine sämtlichen beruflichen Unkosten aus diesen Einnahmen bestreiten muss und dabei ein Überschuss allein von der frei zu bestimmenden Aktivität des Stpfl abhängt, denn insoweit trägt er ein Unternehmerrisiko.

– Nach BFH-Urteil vom 24.11.1961 VI 183/59 S, BStBl III 1962 S. 37 spricht gegen eine selbständige Tätigkeit, wenn der Stpfl die Tätigkeiten in der Betriebsstätte seines Auftraggebers leisten muss, da er dann über den Ort seiner Tätigkeit nicht frei bestimmen kann. Gleiches gilt nach dieser Entscheidung, wenn der Stpfl. die Tätigkeit zu vom Auftraggeber gesetzten Zeiten leisten muss, da ein selbständig Tätiger regelmäßig auch über die Zeit der Tätigkeit selbst entschei-den kann.

– Dem (unterlassenen)Lohnsteuerabzugkann nach BFH-Urteil vom 8.6.1967 IV 162/63, BStBl III 1967 S. 598 wesentliche Indizwirkung für die Abgrenzung zukommen. Bei der Gesamtbildbetrachtung kann auch die arbeits- und sozial-versicherungsrechtliche Behandlung eine Rolle spielen (BFH-Urteil vom 29.11.1978 I R 159/76, BStBl II 1979 S. 182). Zwingend ist dies aber schon des-halb nicht, weil der Begriff ArbN im Steuerrecht nicht immer mit dem in ande-ren Rechtsgebieten verwendeten ArbN-Begriff übereinstimmt.

– EineAushilfs-oderNebentätigkeitist grundsätzlich nach der Art der Tätigkeit selbst und unabhängig von der Art der Haupttätigkeit zu beurteilen, es sei denn, dass die Nebentätigkeit mit der Ausübung des Hauptberufs unmittelbar zusam-menhängt und ihn zur Voraussetzung hat (BFH-Urteil vom 24.11.1961 VI 183/59 S, BStBl III 1962 S. 37; Urteil vom 21.3.1975 VI R 60/73, BStBl II 1975 S. 513; Urteil vom 4.12.1975 IV R 162/72, BStBl II 1976 S. 291; Urteil vom 20.2.1979 VIII R 52/77, BStBl II 1979 S. 414). Ein solcher Zusammenhang ist bei der Urlaubsvertretung eines Apothekers nicht gegeben, weil sich die gewerbliche Tätigkeit des Apothekers von der seines Urlaubsvertreters trennen lässt und auch nicht Voraussetzung für die Ausübung der Nebentätigkeit des Apothekervertreters ist (BFH-Urteil vom 20.2.1979 VIII R 52/77, BStBl II 1979 S. 414).

– Ist zu entscheiden, ob der Stpflweisungsgebunden ist, so kommt es auf das Innenverhältnis zum Auftraggeber, nicht auf das Auftreten des Beschäftigten nach außen an (BFH-Urteil vom 14.12.1978 I R 121/76, BStBl II 1979 S. 188;

vom 20.2.1979 VIII R 52/77, BStBl II 1979 S. 414). Nur ausnahmsweise ist auch

das Auftreten nach außen heranzuziehen, wenn sich die für und gegen die Selb-ständigkeit sprechenden Umstände nicht eindeutig ermitteln und abgrenzen lassen (BFH-Urteil vom 14.12.1978 I R 121/76, BStBl II 1979 S. 188).

Zur Selbständigkeit von Handels- bzw. Versicherungsvertretern vgl. Anm. 45 zu

§ 19 „Vertreter“. Zur Selbständigkeit von Heimarbeitern, Zwischenmeistern und Hausgewerbetreibenden vgl. Anm. 63 ff.

3. Nachhaltigkeit

Schrifttum: Söffing, Anmerkungen zum Urteil des BFH – BFH/NV 1987, S. 92, NWB 1987, Fach 3 S. 6 481;ders., Gewerblicher Grundstückshandel (Teil I), DB 1998 S. 1 683; Söffing, BB-Forum: Nachhaltigkeit ohne Wiederholungsabsicht:

Bedenkliche Entwicklungen in der Rechtsprechung zum gewerblichen Grund-stückshandel, BB 2005 S. 2101;Kempermann,Gewerblicher Grundstückshandel:

Nachhaltigkeit in „Ein-Objekt-Fällen“ – Zugleich Besprechung des BFH-Urteils vom 1.12.2005, DStR 2006 S. 265.

Eine Tätigkeit ist nachhaltig, wenn sievon der Absicht getragenist, sie zu wie-derholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen (subjektives ment), und wenn diese Absicht nach außen hin erkennbar ist (objektives Ele-ment), dies wird regelmäßig durch dietatsächliche Wiederholungoffenbar, z. B.

BFH-Urteil vom 10.12.1998 III R 61/97, BStBl II 1999 S. 390m. w. N. Gegenbegriff ist die bloßgelegentliche Tätigkeit, bei der die Wiederholungs- und Gewinnab-sicht fehlt. Hierdurch wird die gewerbliche Tätigkeit von einmaligen Veräuße-rungsvorgängen im privaten Bereich, insbesondere im Bereich der privaten Ver-mögensverwaltung, abgegrenzt. Die Nachhaltigkeit setzt keine über einen bestimmten Zeitraum ununterbrochen fortgeführte Tätigkeit, sondern nur die zwischen einzelnen Tätigkeiten bestehende Wiederholungsabsicht voraus. Die Nachhaltigkeit hat auch nichts mit demArbeitsaufwandzu tun, der mit bestimm-ten Tätigkeibestimm-ten verbunden ist. Auch dieGröße des Handelsobjektsspielt für die Annahme einer nachhaltigen Tätigkeit keine Rolle (BFH-Urteil vom 31.7.1990 I R 173/83, BStBl II 1991 S. 66).

Stellt ein Steuerpflichtiger die Verwertungsreife seiner Erfindung erst im Laufe des Patent- bzw. Gebrauchsmustererteilungsverfahrens mittels sukzessiver Fehler-bereinigung sowie weiterer Konkretisierungen der Anmeldeunterlagen und eines Berechnungsbeispiels her, liegt darin eine nachhaltige Erfindertätigkeit (FG Düs-seldorf, Urteil vom 6.4.2016 2 K 896/14 E, EFG 2017 S. 288 mit Anmerkung Ble-schick, zwischenzeitlich rkr.).

Die wiederholte Gründung von sog. Vorratsgesellschaften – hier: Gründung und Veräußerung von insgesamt 40 GmbHs – überschreitet die Grenzen der priva-ten Vermögensverwaltung (BFH, Urteil vom 27.6.2017 IX R 3/17, BFH/NV 2018 S. 20).

a) Einmalige oder mehrmalige Tätigkeiten

Entscheidend ist dieNachhaltigkeit der Tätigkeit, nicht die Nachhaltigkeit der Einkünfte. Wird durch eine einmalige Betätigung ohne Wiederholungsabsicht ein Dauerzustand geschaffen, der über einen längeren Zeitraum zu Einkünften führt, ist dies nicht nachhaltig, BFH, Urteil vom 14.11.1963 IV 6/60 U, BStBl III 1964 S. 139 für den Fall einer Vielzahl von Provisionen aus einem durch einen Nichtge-werbetreibenden ohne Wiederholungsabsicht vermittelten Vertrag über Dauerleis-tungen. Nachhaltigkeit erfordert jedoch nicht die (wiederholte) Betätigung über

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einen längeren Zeitraum, vielmehr kann auch eine auf nur wenige Wochen ange-legte Tätigkeit nachhaltig sein, vgl. BFH-Urteil vom 31.7.1990 I R 173/83, BStBl II 1991 S. 66: Der An- und Verkauf von Wertpapieren, auch wenn nachweisbar von vornherein nur auf den Zeitraum von fünf Wochen angelegt, ist nachhaltig, wenn die Geschäfte von der erkennbaren Absicht des Handelnden getragen sind, sie zu wiederholen und – für die voraussichtliche Dauer der Tätigkeit – eine Erwerbs-quelle zu schaffen. Die Nachhaltigkeit ist jedoch zu verneinen, wenn sich die Tätigkeit (ggf. im Sinne einer Gesamthandlung) nur auf eine einmalige Veranstal-tung erstreckt. Praktischen Schwierigkeiten dürfte indes die Abgrenzung begeg-nen, ob es sich im Einzelfall um eine (einmalige) Gesamthandlung handelt, in deren Rahmen einzelne Verkäufe als unselbständige Teile zu werten sind, vgl.

BFH vom 31.7.1990 I R 173/83, BStBl II 1991 S. 66, oder ob es sich um mehrere (selbständige) Einzelhandlungen handelt, die auch im Rahmen einer einzelnen (mehrtägigen) Veranstaltung die Nachhaltigkeit begründen können, vgl. BFH vom 23.2.1961 IV 313/59 U, BStBl III 1961 S. 194 für eine Arbeitsgemeinschaft zwi-schen Baufirmen, die sich für einen einzigen Auftrag gebildet hat und im Rahmen dieses Auftrages bzgl. mehrerer Einzelhandlungen nach außen hin in Erscheinung getreten ist. Letztlich dürfte in derartigen Fällen wohl die Verkehrsanschauung maßgebend sein. Hierzu ein weiteres Beispiel aus der Rechtsprechung: Eine Mehr-zahl von Veräußerungshandlungen, die auf einem einmaligen Entschluss beru-hen, sind stets nachhaltig. Werden beispielsweise mehrere Einzeltätigkeiten zur Ausführung eines einzelnen Bauauftrags ausgeführt, wird der Begriff Nachhaltig-keit erfüllt, da es nicht entscheidend auf das lang dauernde Erzielen von Einnah-men, sondern auf das Wiederholen der eigentlichen (Einzel-)Tätigkeiten ankommt, vgl. BFH-Urteil vom 21.8.1985 I R 60/80, BStBl II 1986 S. 88. Nach dieser Entscheidung ist die Nachhaltigkeit nicht schon deshalb zu verneinen, weil die wiederholten Einzeltätigkeiten unselbständige Teile einer in organisatori-scher, technischer und finanzieller Hinsicht aufeinander abgestimmten Gesamttä-tigkeit waren. Ausnahmsweise kann NachhalGesamttä-tigkeit vorliegen, wenn der Steuer-pflichtige nur eineinziges Geschäftoder eineneinzigen Vertragabschließt und sichkeine Wiederholungsabsichtfeststellen lässt. Dies ist dann der Fall, wenn die Erfüllung dieses Geschäfts oder Vertrags eine Vielzahl von unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert, die in ihrer Gesamtheit die Würdigung rechtfertigen, der Steuerpflichtige sei nachhaltig tätig geworden. Beispiele aus der Rechtspre-chung: Nachhaltigkeit aus zahlreichen und mit unbedingter Veräußerungsabsicht entfalteten Aktivitäten im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundbe-sitzes, BFH-Urteil vom 9.12.2002 VIII R 40/01, BStBl II 2003 S. 294. Ein Steuer-pflichtiger wird nachhaltig tätig, wenn zehn Personengesellschaften, an denen er beteiligt ist, in einer notariellen Urkunde, die eigenständige und voneinander unabhängige Kaufverträge beinhaltet, insgesamt zehn Grundstücke innerhalb von fünf Jahren nach dem jeweiligen Erwerb an acht verschiedene Erwerber-Kapitalge-sellschaften veräußern, selbst wenn diese KapitalgeErwerber-Kapitalge-sellschaften jeweils dieselbe Muttergesellschaft haben (BFH, Urteil vom 22.4.2015 X R 25/13, BStBl II 2015 S. 897, DStR 2015 S. 2171). Andererseits reichen für die Annahme der Nachhaltig-keit EinzeltätigNachhaltig-keiten nicht aus, die beim Bau eines jeden Hauses erforderlich werden, gleichgültig ob es selbst genutzt, vermietet oder veräußert werden soll.

Dann wäre die Nachhaltigkeit bei der Veräußerung eines einzigen selbst bebauten Grundstücks nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Nur wenn ein Steuerpflich-tiger beim Verkauf eines selbst bebauten Grundstücksüber einen längeren

Zeit-raumAktivitäten entwickelt, die nach Umfang und Gewicht hinter denen, die zum Bau mehrerer Objekte notwendig sind, nicht zurückbleiben, kann die Gesamttätigkeit als nachhaltig beurteilt werden, BFH, Urteil vom 28.4.2005 IV R 17/04, BStBl II 2005 S. 606. Nachhaltigkeit beim Verkauf eines Grundstücks, wenn der Steuerpflichtige in unbedingter Veräußerungsabsicht einen Bauträger-vertrag mit Bezug auf die MaBV nimmt, eine eigene zweijährige Gewährleistungs-pflicht übernimmt, eine Bauplanung für das Grundstück erstellen lässt, im Inte-resse der potenziellen Erwerber Mietverträge abschließt, bei Gesamtbaukosten von rd. 12,4 Mio. DM und einem Gewinn von fast 4 Mio. DM mehrere Bauunterneh-mer beauftragt und sich zur Zahlung von Schadensersatz für Mietausfälle bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung verpflichtet, BFH-Urteil vom 1.12.2005 IV R 65/04, BStBl II 2006 S. 259 (Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung ange-nommen 2 BvR 360/06). Vgl. auch BFH-Urteil vom 26.9.2006 X R 27/03, BFH/NV 2007 S. 412.

b) Wiederholungsabsicht

Ob das subjektive Element der Wiederholungsabsicht vorliegt, kann nur anhand äußerer Merkmale ermittelt werden, BFH-Urteil vom 12.7.1991 III R 47/88, BStBl II 1992 S. 143. Äußeres Merkmal sind in erster Linietatsächliche Wiederho-lungen, d. h. eine Mehrzahl von Tätigkeiten, die regelmäßig auf das Vorliegen einer Wiederholungsabsicht schließen lassen. Jedoch ist eine tatsächliche Wieder-holung nicht zwingend für den Nachweis WiederWieder-holungsabsicht erforderlich:

Nach BFH-Urteil vom 29.10.1997 X R 112, 153/94, BFH/NV 1998 S. 853 genügt es, wenn sich die Wiederholungsabsicht aus anderen objektiven Umständen ergibt. In diesem Fall wurde die Nachhaltigkeit im Hinblick auf eine Veräußerung mehrerer Immobilien in einem einzigen Rechtsgeschäft angenommen, da aufgrund der sonstigen Umstände (Tätigkeit im Immobilienbereich) nachweisbar feststand, dass der Veräußerer zumindest weitere Grundstücksgeschäfte geplant hatte. Für die Bejahung der Nachhaltigkeit genügt auch, wenn der Entschluss zur Wiederholung nachweisbar gefasst ist, auch wenn die tatsächliche Wiederholung in Ermange-lung einer geeigneten Gelegenheit unterbleibt, vgl. BFH-Urteil vom 13.12.1995 XI R 43-45/89, BStBl II 1996 S. 232 für den Fall, dass ein nachweisbar dokumentier-ter beabsichtigdokumentier-ter Verkauf aufgrund der fehlenden öffentlich-rechtlichen Geneh-migungen nicht tatsächlich durchgeführt werden konnte. Andererseits führt die tatsächliche Wiederholung nicht zwangsläufig zur Annahme einer Wiederho-lungsabsicht i. S. d. Nachhaltigkeit: Kann der (praktisch schwer zu führende) Nachweis erbracht werden, dass die erste, später dann wiederholte Betätigung nicht mit Wiederholungsabsicht erfolgt, wird man die Nachhaltigkeit verneinen müssen, BFH-Urteil vom 28.6.1984 IV R 156/81, BStBl II 1984 S. 798.

Ist ein Steuerpflichtiger im Bereich der gewerblichen Vermittlung von Immobi-lien tätig, ist auch ein Entgelt, das ihm für den Nichtankauf einer Immobilie gezahlt wird, bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen (FG München, Urteil vom 30.9.2013 8 K 173/12, EFG 2014 S. 369, DStRE 2015 S. 349 rkr.).

c) Zeitlicher Zusammenhang

Ob einem zeitlichen Zusammenhang zwischen den Wiederholungen Indizwir-kung zukommt, und wie dieser im Einzelfall zu bestimmen ist, ist bisher nur für den Fall des gewerblichen Grundstückshandels entschieden, vgl. BFH-Urteil vom 18.9.1991 XI R 23/90, BStBl II 1992 S. 135: Nach dieser Entscheidung ist ein

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Jahres-Zeitraum jedenfalls ausreichend, um von einer Wiederholungsabsicht aus-zugehen. Zum Merkmal der Nachhaltigkeit für die Abgrenzung von gewerblichem Grundstückshandel und privater Vermögensverwaltung siehe unten Anm. 84 ff.

d) Verfahren

DieNichtfeststellbarkeitder Tatsachen, ob eine bestimmte Tätigkeit von einer Wiederholungsabsicht getragen war und ob sie sich objektiv als nachhaltig dar-stellt, geht entweder zu Lasten des FA oder zu Lasten des Stpfl, je nachdem, ob das FA oder der Stpfl sich zur Ableitung bestimmter Rechtsfolgen darauf beruft, dass ein GewBetr vorliegt (BFH-Urteil vom 28.4.1977 IV R 98/73, BStBl II 1977 S. 728, BFH-Urteil vom 21.8.1985 I R 60/80, BStBl II 1986 S. 88).