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B. Der Begriff des Gewerbebetriebs

I. Begriffsbestimmung 1. Allgemeines

4. Liebhaberei im Brennpunkt der Betriebsprüfung

Schrifttum: Birk, Liebhaberei im Ertragsteuerrecht, BB 2009 S. 860;Brehm, Die Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, Steuer und Studium 2009 S. 127; Dorn/Hauf/Barg, Die Totalerfolgsprognose:

Bedeutung und aktuelle Entwicklungen – Anwendungsbereich und Anwendungs-fragen bei Gewinn- und Überschusseinkunftsarten, NWB 2019, Beilage zu Heft 52 S. 1; Dreßler, Einkünfte oder Verluste aus sog. „Liebhaberei“ nach neuerem deutschen und internationalen Steuerrecht, aus DBA-Ländern oder dem sonstigen Ausland, StBp 2019 S. 251;Drüen, Über den Totalgewinn, FR 1999 S. 1 097; Falk-ner, Die Einkunftserzielungsabsicht im Spannungsfeld von Dogmatik und Praxis, DStR 2010 S. 788;Geberth/Bartelt, Werbungskosten für Homeoffice bei Vermie-tung an Arbeitgeber – Einkünfteerzielungsabsicht, GmbHR 2018, R 280;Gommers, Die Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen von künstlerischen Tätigkeiten, DB 2019 S. 270;Groh, Der Beschluss des Großen Senats vom 25.6.1984 zur Besteue-rung der GmbH & Co. KG, WPg 1984 S. 655;ders., Gewinnerzielungsabsicht und Mitunternehmerschaft, DB 1984 S. 2 424;Günther, Einkünfteerzielung bei unbe-bauten Grundstücken, EStB 2014, S. 186;Hage/Hoffmann, Liebhaberei – das ver-spätete Handeln der FinVerw kann der Änderung von Steuerbescheiden entgegen-stehen, Stbg 2020 S. 169;Haisch/Krampe, Überschusserzielungsabsicht bei der Kapitalanlage unter der Abgeltungssteuer, DStR 2011 S. 2178;Hermes, Gewinner-zielungsabsicht einer Rechtsanwältin, DB 2012, Heft 20 vom 18.5.2012, M 18;

Herrmann, Einkommensteuerrechtliche Fragen der Gestaltung geschlossener Immobilienfonds, StuW 1989 S. 97;Heuermann, Können wir auf die Überschuss-erzielungsabsicht verzichten?, DStZ 2010 S. 825;Hübner, Subjektive Elemente der Liebhaberei, DStR 2013 S. 1 520;Iser, Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung – Das (Dauer-)Problem Leerstand, immobilien intern; Beilage 23 vom 30.10.2013 S. 1;Ismer/Riemer, Der zweigliedrige Liebhabereibegriff: Negative Totalgewinnprognose und fehlende Einkünfteerzielungsabsicht, FR 2011 S. 455;

Jachmann-Michel,Zur Einkünfteerzielungsabsicht bei Einkünften aus Kapitalver-mögen, DStR 2017 S. 1849;dies.,Zur Abgeltungssteuer: Erste Rechtsprechungsli-nien und offene Fragen, StuW 2018 S. 9;Jakob/Hörmann, Einkünfteerzielungsab-sicht oder Liebhaberei im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, FR 1989 S. 665;dies., Zur Einkünfteerzielungsabsicht bei gemeinsa-mer wirtschaftlicher Betätigung, FR 1990 S. 33;Kaligin,Probleme bei der Doku-mentation der Gewinnerzielungsabsicht bei sog. Leerstandsimmobilen, StBp 2016 S. 76;Kraft/Schaz, Liebhaberei bei vermögenden Privatpersonen – ein Rechtspre-chungskompendium, DStR 2016 S. 2 936;Kreft, Überschusserzielungsabsicht bei

der Vermietung einer Ferienwohnung trotz geringfügiger Selbstnutzung (entgegen der Rspr. des BFH), DB 2012, Heft 22 vom 1.6.2012, M 10;ders., Nachweis der Vermietungsabsicht bei vorausgegangener, auf Dauer angelegter Vermietung, DB 2013, Heft 5 vom 1.2.2013, M 9;ders., Vermietungsabsicht bei mehrjährigem Leer-stand infolge unterbliebener Sanierung, DB 2013, Heft 18 vom 3.5.2013, M 19;

Lang, Liebhaberei im Einkommensteuerrecht, StuW 1981 S. 223;Leingärtner,Zur Liebhaberei im Einkommensteuerrecht, FR 1979 S. 105; Leisner-Egensperger, Zulässigkeit von Überschussprognosen bei Vermietung?, DStZ 2010 S. 790; Lüde-mann, Zur Kontroverse um die Einkünfteerzielungsabsicht bei gewerblich gepräg-ten Personengesellschafgepräg-ten gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, BB 1996 S. 2 650; Minder-mann, Liebhaberei – eine rein steuerliche Angelegenheit, NWB 2012 S. 182;

Neufang,Vermietung von Ferienwohnungen, StB 2017 S. 248;Paus, Absicht der Einkünfteerzielung bei leerstehenden Räumen: Umbau erforderlich?, DStZ 2010 S. 23;ders.,Anerkennung von Verlusten bei der Vermietung unter Angehörigen, FR 2016 S. 212;ders.,Spätere Realisationstatbestände für die stillen Reserven bei Wechsel zur Liebhaberei, DStZ 2017 S. 377;Pieske-Kontny, Zur Einkünfteerzie-lungsabsicht bei Vermietung einer Ferienwohnung, StBp 2020 S. 327; Ritzrow, Abgrenzung der Liebhaberei von den Einkünften aus selbständiger Arbeit, Steuer und Studium 2009 S. 66;ders., Abgrenzung der Liebhaberei von den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Steuer und Studium 2011 S. 364;ders., Gewinner-zielungsabsicht bei Gewerbebetrieben, Steuer & Studium 2013 S. 703; ders., Gewinnerzielungsabsicht bei selbständig tätigen Rechtsanwälten, EStB 2015 S. 448;Rödder, Die Beurteilung bei der Feststellung der Einkünfteerzielungsab-sicht mittels „Totalerfolg“, DB 1986 S. 2 241;Schallmoser, Neues zu Immobilien im Einkommensteuerrecht, DStR 2013 S. 501;Schießl, Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, Steuer und Studium 2007 S. 529;Spindler, Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung, DB 2007 S. 185;Stein, Einflüsse der Fördergesetze auf die Totalüberschussermitt-lung, DStZ 2000 S. 780;ders., Aktuelle Problemfelder bei der Prüfung der Über-schusserzielungsabsicht im Rahmen des § 21 EStG, StBp 2001 S. 294; ders., Abgrenzung von Einkunftserzielungsabsicht und Liebhaberei bei der Vermietung von Grundstücken – Teil I, INF 2001 S. 641;ders., Neues zur Abgrenzung von Einkunftserzielungsabsicht und Liebhaberei bei der Vermietung von Grundstü-cken, INF 2003 S. 902;ders., Praxisprobleme des Nachweises der Vermietungsab-sicht bei leerstehenden Immobilien, DStR 2009 S. 1 079;ders., Keine Liebhaberei bei Wohnvermietung auf Dauer?, DStZ 2009 S. 768;ders., Einkunftserzielung und Einkunftsermittlung bei der Vermietung von Ferienwohnungen, StBp 2010 S. 101;

ders., Einkunftserzielungsabsicht bei Wohnraumvermietung, StBp 2010 S. 217 (Teil I) und S. 246 (Teil II);ders., Gesetzgebungsvorbehalt einer unwiderlegbaren Vermutung, DStZ 2011 S. 442;ders.,Einkünfteerzielungsabsicht und Werbungs-kostenabzug bei verbilligter Wohnraumvermietung an Angehörige, DStZ 2011 S. 580;ders., Rechtsfolgen verbilligter Wohnraumvermietung, DStZ 2012 S. 19;

ders., Zur Feststellung ernsthafter und nachhaltiger Vermietungsabsicht bei Leer-stand von Wohn- und Gewerberäumen sowie bei unbebauten Grundstücken, StBp 2012 S. 225 (Teil I) und S. 262 (Teil II);ders., Einige Gedanken zur Einkunftserzie-lungsabsicht bei der Vermietung von Immobilien, DStZ 2013 S. 33 (Teil I) und S. 114 (Teil II);ders., An den Arbeitgeber vermietetes Büro (Homeoffice) als Lieb-habereiobjekt?, StBp 2018 S. 376;ders., Die Hürde der Liebhaberei für Vermie-tungsverluste, 2. Aufl. 2019, Berlin;ders.; Zur Feststellung der

Vermietungsab-sicht bei Leerstand von Wohnraum, StBp 2019 S. 100; ders.; Die Totalüberschussprognose bei den Vermietungseinkünften, StBp 2020 S. 8;Stöber, Die subjektübergreifende Einkünfteerzielungsabsicht, FR 2017 S. 801;Thiele,Die ertragsteuerliche Behandlung von Ferienimmobilien in der Praxis, FR 2017 S. 904;

Tipke, Über „erwirtschaftete“ Einkünfte mit Einkünfteerzielungsabsicht, FR 1983 S. 580;Wassermeyer, Liebhaberei und Spendenabzug bei der Einkommensermitt-lung im Körperschaftsteuerrecht, DB 2011 S. 1828;Weber-Grellet, Wo beginnt die Grenze zur „Liebhaberei“? (Teil I), DStR 1992 S. 561;Weiss,Zur Einkünfteerzie-lungsabsicht bei der Abgeltungssteuer, StuB 2016 S. 852;Werth, Vermietung eines Homeoffice an Arbeitgeber, DB 2018 S. 2 334.

Verwaltungsanweisungen:

1. BMF, Schreiben vom 23.7.1992 IV B 3 – S 2 253 – 29/92, BStBl I 1992 S. 434 betr. Einkunftserzielung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung;

2. FinMin Thüringen, Schreiben vom 18.3.1993 S 2 253 a A – 6/93 – 2.04.2, DStR 1993 S. 725 betr. Einkunftserzielungsabsicht bei Gesellschaftern oder Gemein-schaften von geschlossenen Fonds oder BauherrengemeinGemein-schaften: Beurtei-lung von sog. Rückkauf- und Wiederverkaufsgarantien;

3. BMF, Schreiben vom 14.7.2000 IV D 1 – S 7 303a – 5/00, DStR 2000 S. 1 264 betr. umsatzsteuerliche Behandlung von Tätigkeiten, die als Liebhaberei anzu-sehen sind;

4. BMF, Schreiben vom 20.5.2003 IV A 2 – S 2 724 – 26/03, BStBl I 2003 S. 333 betr. durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Durchführung von Risiko-geschäften mit einer Kapitalgesellschaft;

5. BMF, Schreiben vom 8.10.2004 IV A 3 – S 2 253 – 91/04, BStBl I 2004 S. 933 betr. Einkunftserzielungabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Ver-pachtung:

6. OFD Niedersachsen, Verfügung vom 20.1.2010 S 7 303 a – St 174, DStR 2010 S. 758 betr. Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei Aufwendungen für „ähnliche Zwecke“ i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG – Repräsentationsaufwand – bei man-gelnder Gewinnerzielungsabsicht (Liebhaberei);

7. BMF, Schreiben vom 13.12.2005 IV C 3 – S 2 253 – 112/05, BStBl I 2006 S. 4 betr. Vermietung eines Büroraums an den Arbeitgeber; Anwendung des BFH-Urteils vom 16. September 2004 (BStBl II 2006 S. 10);

8. FinMin Niedersachsen, Erlass vom 18.6.2010 S 2 254 – 52 – St 233/St 234, DStR 2010 S. 1842 betr. einkommensteuerrechtliche Behandlung von Ferien-wohnungen; Ergänzungen zum BMF-Schreiben vom 8.10.2004;

9. SenFin Berlin, Erlass vom 19.12.2012 III B – S 2 253–1/2012 – 1, DB 2013 S. 259 betr. Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Gewerbeim-mobilien;

10. Leitfaden des Bayerisches Landesamts für Steuern, Stand Juni 2015 betr. Ein-künfteerzielung bei Vermietung und Verpachtung;

11. BMF, Schreiben vom 27.7.2015 IV C 1 – S 2 211/11/10 001, 2015/0 644 430, BStBl. I 2015 S. 581 betreffend Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskos-ten bei den EinkünfWerbungskos-ten aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung

des Mietobjekts oder nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht; Anwen-dung der BFH-Urteile vom 21.1.2014 IX R 37/12, vom 11.2.2014 IX R 42/13 und vom 8.4.2014 IX R 45/13;

12. OFD Frankfurt a. M., Rundverfügung vom 21.8.2018 – S 2 253A – 48 – St 242, DStR 2018 S. 2 385 betr. Einkunftserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – Nicht auf Dauer angelegte Vermietungstätig-keit;

13. Bayerisches Landesamt für Steuern vom 1.12.2018, EStB 2019 S. 99 = StuB 2019 S. 209 betr. Leitfaden zur Einkünfteerzielung bei Vermietung und Ver-pachtung.

14. BMF-Schreiben vom 18.4.2019 IV C 1 – S 2 211/16/10003:005 DOK 2019/0 046 116, BStBl I 2019 S. 461 betr. Vermietung eines Arbeitszimmers oder einer als Homeoffice genutzten Wohnung an den Arbeitgeber; Anwen-dung der BFH-Urteile vom 16. September 2004 (BStBl II 2006 S. 10) und vom 17. April 2016 (BStBl II 2019 S. 219).

a) Keine Berücksichtigung von Verlusten bei Liebhaberei

Eine Vielzahl von gut verdienenden Stpfl. hat das Ansinnen in diesem Hoch-steuerland, die Steuern dadurch zu minimieren, dass neben den positiven (guten) Einkunftsquellen simultan „steuerliche Verluste produziert“ werden, um so die Gesamtsteuerlast zu senken oder gar auf Null zurückzufahren. Dieses Ansinnen widerspricht natürlich den Interessen des Fiskus, positive Einkünfte einer effekti-ven Besteuerung zuzuführen und somit simultanen „unechten“ Verlusten mög-lichst die steuerliche Anerkennung unter der Fahne „Liebhaberei“ zu versagen.

Zur Terminologie ist anzumerken, dass man bei den Gewinneinkunftsarten (Land-und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständige Arbeit) die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht benötigt bzw. bei den Überschusseinkunftsarten (Ein-künfte aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen, sonstige Ein(Ein-künfte) die entsprechende Überschusserzielungsabsicht vom Stpfl. dokumentiert werden kann. Kann dieses Ziel nicht erreicht werden, so werden die Verluste unter der Überschrift „Liebhaberei“ auf Null festgesetzt und somit steuerlich im Ergebnis neutralisiert.

Eher eine akademische Frage ist die Rechtsgrundlage für das steuerliche Institut der Liebhaberei. Für die Rechtsprechung ist Einkunftserzielungsabsicht als allge-meines, alle Einkunftstatbestände betreffendes Tatbestandsmerkmal im Gesetz angelegt. Danach unterliegen Einkünfte, die der Stpfl. erzielt, der Einkommen-steuer. Mit dem „Erzielen“ stellt das Gesetz für alle Einkunftsarten einen Zusam-menhang her zwischen den Einkünften und der Tätigkeit, durch die sie erzielt, d. h. erwirtschaftet werden. Tätigkeit in diesem Sinne ist auch die Vermögensnut-zung. Einkünfte werden grundsätzlich durch zielgerichtetes Handeln erwirtschaf-tet (§ 2 Abs. 1 Satz 1 EStG; BFH, Urteil vom 30.9.1997 IX R 80/94, BStBl II 1998 S. 771, 772; BFH, Urteil vom 14.9.1999 IX R 88/95, BStBl II 1999 S. 776, 777 – st.

Rspr.).

Im Gesetzestext findet sich normalerweise keine ausdrückliche Formulierung der Einkunftserzielungsabsicht. Nur für die Einkunftsart Gewerbebetrieb verlangt das Gesetz eine Gewinnerzielungsabsicht (§ 15 Abs. 2 EStG). Teilweise wird das Institut der Liebhaberei mit dem Anwendungsbereich der Vorschrift des § 12 EStG begründet (BFH, Urteil vom 22.1.1980 VIII R 134/78, BStBl II 1980 S. 447,

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448). Zutreffenderweise wird man der Auffassung zuneigen müssen, dass die Nichtsteuerbarkeit liebhaberischer Tätigkeiten letztlich ein Produkt von Richter-recht ist. Geltendes Recht sei es deswegen, weil der Gesetzgeber diese Rechtspre-chung nicht korrigiert habe: Der Gesetzgeber hätte nämlich die Ausgrenzung der Liebhabereieinkünfte positiv geregelt, wenn er die richterliche Einengung des Ein-künftekatalogs als nicht gesetzmäßig bezweifelt hätte (Lang, StuW 1981 S. 223, 229).

In dem folgenden Beitrag wird nun die Kasuistik des Richterrechts zur Liebha-berei anhand typischer Fallgruppen in der Bp exemplarisch dargestellt. Die Recht-sprechung rechtfertigt das Institut der steuerlichen Unbeachtlichkeit von durch Liebhaberei verursachten Verlusten „aus dem Zweck des EStG, Mittel für die öffentliche Hand zu beschaffen und dabei den Stpfl. entsprechend seiner Leis-tungsfähigkeit heranzuziehen“. Dieser Zweck ist nur zu erreichen, wenn auf Dauer gesehen positive Einkünfte für die Besteuerung erfasst werden können.

Dass Steuergesetze auch durch nicht an die Leistungsfähigkeit anknüpfende finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische, steuertechnische oder andere Erwägungen motiviert sein können, steht dem nicht entgegen. Auch solche Erwägungen sind letztlich von der Absicht auf Einnahmeerzielung durch die öffentliche Hand getragen (BFH, Beschluss vom 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984 S. 751, 766; BFH, Urteil vom 25.6.1996 VIII R 28/94, BStBl II 1997 S. 202; hierzu Spindler, DB 2007 S. 185 ff.; Schießl, Steuer und Studium 2007 S. 529 ff.). Als weitere These wird vertreten, dass der Grundsatz der Besteuerung nach der wirt-schaftlichen Leistungsfähigkeit dazu führt, dass die Liebhaberei als private Ein-kunftsverwendung zu qualifizieren ist (§ 12 EStG). Ferner wird die Anwendung der Liebhaberei mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes begründet (Art. 3 GG).

Schließlich hat die Rechtsprechung den auch auf den Gleichheitsgrundsatz gegründeten Sinn und Zweck zu verhindern, dass hohe Aufwendungen und damit zusammenhängende Verluste, die bei einer Liebhaberei der privaten Lebensfüh-rung anfallen und nur wegen anderer zur Verfügung stehender Geldquellen finanziell verkraftet werden können, über den Verlustausgleich getragen werden (ein Aspekt der Belastungs- und Verteilungsgerechtigkeit; soLeingärtner, FR 1979 S. 105, 113;Tipke, FR 1983 S. 580, 581;Weber-Grellet, DStR 1992 S. 561, 563).

Unstreitig ist, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Liebhabereigrund-sätze auch unter Hinzuziehung des Einkunftsbegriffs i. S. von § 2 EStG mit dem Rechtsstaatsprinzip konform geht (Art. 20 Abs. 3 GG; BVerfG, Beschluss vom 18.11.1986 1 BvR 330/86, HFR 1988 S. 34, 35 zu BFH, Urteil vom 19.11.1985 VIII R 4/83, BStBl II 1986 S. 289, 292; BVerfG, Beschluss vom 24.4.1990 2 BvR 2/90, HFR 1991 S. 111). Durch die steuerliche Nichterfassung von Liebhabereieinkünf-ten wird auch die Eigentumsgarantie nicht verletzt, weil das Grundgesetz grund-sätzlich nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt (Art. 14 GG; BFH, Urteil vom 25.6.1996 VIII R 28/94, BStBl II 1997 S. 202, 206).

Es gehört somit zum „Basis-Know-how“ eines Beraters, die steuerlichen Grund-sätze der Liebhaberei, wie sie von der Rechtsprechung konzipiert und weiter fort-entwickelt werden, zu kennen und sich mit ihnen auch i. R. der Fortbildung aus-einanderzusetzen. Die Negierung der Einkunftserzielungsabsicht ist schließlich für die Finanzverwaltung ein scharfes Schwert, simultan pro forma erwirtschaf-tete Verluste steuerlich zu neutralisieren. Darüber hinaus sind sie für Initiatoren

von steuerlichen Verlustzuweisungsmodellen ein Damoklesschwert, das bei Nichtbeachtung der Liebhabereigrundsätze zu erheblichen zivilrechtlichen Ver-antwortlichkeiten i. R. der Prospekthaftung etc. führen kann (zu betriebswirt-schaftlichen Aspekten der Liebhaberei eingehend Mindermann, NWB 2012 S. 182 ff.).

b) Grundsätze der Liebhaberei

Grundlegend sind die Rechtsprechungsgrundsätze des Großen Senats des BFH, der seine bis dahin zwischen subjektiver und objektiver Beurteilung schwankende Rechtsprechung zur Liebhaberei dahingehend präzisiert, dass Kennzeichen der Liebhaberei die fehlende Einkünfteerzielungsabsicht ist, während objektive Krite-rien, durch die bisher das Vorliegen oder Fehlen einer Einkünfteerzielung belegt wurde, nunmehr nur noch „Beweisanzeichen“ darstellen.

Die nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH zur Liebhaberei geltenden Grundsätze haben weiter „dadurch eine neue Perspektive erhalten, dass der Große Senat – im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung – die Gewinnerzielungsab-sicht als Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns, d. h. eines positiven Gesamtergebnisses des Betriebs von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation, definiert“. Für die Berücksichtigung sol-cher Verluste genügte „bisher die Feststellung, dass in Zukunft nachhaltige, wenn auch bescheidene Gewinne erwirtschaftet werden können, wobei das Gewicht auf der Nachhaltigkeit der Gewinne, nicht auf ihrer Höhe lag“. Merkmale der neuen Liebhabereirechtsprechung sind (BFH, Beschluss vom 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984 S. 751 ff.; BFH, Urteil vom 21.3.1985 IV R 25/82, BStBl II 1985 S. 399, 400; hierzu auch grundlegendBirk, BB 2009 S. 860 ff.):

– fehlende Einkünfteerzielungsabsicht als Voraussetzung der Liebhaberei, statt-dessen Tätigkeit aus persönlichen (nicht wirtschaftlichen) Gründen;

– Einkünfteerzielungsabsicht als Streben nach einem Totalgewinn bzw. Total-überschuss i. S. der steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften;

– Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht als inneres Tatbestandsmerkmal anhand äußerer (objektiver) Merkmale (Beweisanzeichen);

– Erforderlichkeit einer in die Zukunft gerichteten und langfristigen Beurteilung für den jeweiligen VZ, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeit-raums wichtige Anhaltspunkte bieten können.

In der o. g. Grundsatzentscheidung des Großen Senats des BFH hat sich dieser den subjektiven Liebhabereibegriff zu eigen gemacht. Der Stpfl. müsse die Absicht haben, auf Dauer gesehen nachhaltig einen Gewinn bzw. einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Maßgebend sei der sog. Totalge-winn, d. h. nicht der Periodenerfolg, sondern das Gesamtergebnis von der Grün-dung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation. Allerdings dürfe nur „aus objektiven Umständen“ auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Als Beispiel für ein Beweiszeichen nennt der Große Senat eine Betriebs-führung, „bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirt-schaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten“. Allein eine längere Verlustperiode erlaube noch nicht den Schluss auf das Fehlen dieser Absicht.

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Erzielt der Stpfl. Einkünfte als Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw.

Gemeinschafter eines wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses, muss die Absicht der Gewinnerzielung bei der Gesellschaft und auf der Ebene des einzelnen Gesellschafters vorliegen (BFH, Urteil vom 7.4.1987 IX R 103/85, BStBl II 1987 S. 707, 710; BFH, Urteil vom 1.12.1987 IX R 170/83, BFHE 152 S. 101, 107 f.; BFH, Beschluss vom 3.3.1989 IX B 70/88, BFH/NV 1990 S. 26f.;

BFH, Beschluss vom 3.7.1995 GrS 1/93, BStBl II 1995 S. 617, 622).

Im Schrifttum sind die Thesen und Lösungsansätze des Großen Senats weitge-hend übernommen worden und haben kaum Widerspruch gefunden (Jäschkein Lademann, § 2 EStG Anm. 194 m. w. N.). In der Argumentation wird von einem zweigliedrigen Tatbestand der Gewinnerzielungsabsicht gesprochen. Liebhaberei setze objektiv eine negative Totalgewinnprognose aus der Sicht des Stpfl. bzw.

langjährige Verluste der Vergangenheit voraus. Auf der subjektiven Seite ist die Ausübung der Tätigkeit aus persönlicher Neigung oder sonstigen einkommensteu-errechtlich unbeachtlichen Motiven der allgemeinen Lebensführung ein Merkmal.

Bei einer positiven Ergebnisprognose kommt es also auf die Motive des Stpfl.

nicht an (Weber-Grellet, DStR 1992 S. 561, 563;ders., in Schmidt, EStG, 39. Aufl.

2020, § 2 Rz. 23;Ismer/Riemer, FR 2011 S. 455 ff.;Hübner, DStR 2013 S. 1 520 ff.;

vgl. aber BFH, Urteil vom 20.9.2012 IV R 43/10, BFH/NV 2013 S. 408).

Im Rahmen der zweistufigen Prüfung zu der Liebhaberei sind private Motive bei länger anhaltenden Verlusten wie folgt zu berücksichtigen:

Liebhaberei liegt auch dann vor, wenn neben einer negativen Ergebnisprognose die Tätigkeit auf einkommensteuerlich unbeachtlichen Motiven beruht und sich der Stpfl. nicht wie ein Gewerbetreibender verhält. Wohnungsnahe Beschäftigung von Angehörigen und die Möglichkeit der Steuerersparnis durch Verlustverrech-nung können als private Motive bei länger anhaltenden Verlusten berücksichtigt werden (BFH, Beschluss vom 7.11.2012 X B 4/12, BFH/NV 2013 S. 370).

Zu Recht wird kritisiert, dass die Rechtsprechung mit ihrem subjektiven Ansatz den Stpfl. überfordert. Deutlich wird das im Bereich der Überschusseinkünfte: Es reicht nicht der unbestimmte Wille, sein Vermögen zu mehren. Vielmehr soll der Stpfl. den endgültigen Entschluss gefasst haben, ohne Berücksichtigung von steu-erlichen Effekten (Einkommensteuererstattungen aufgrund von Verlustzuweisun-gen), ohne Berücksichtigung von (steuerfreien) Veräußerungsgewinnen und nach Ansicht der Rechtsprechung unter „Herausrechnen“ von Sonderabschreibungen einen Totalüberschuss oder zumindest langfristig ein positives Ergebnis zu erzie-len, wobei sich diese Absicht gerade auf eine Summe von Tätigkeiten beziehen muss, die in ihrer Gesamtheit eine (von Gesetz wegen vorgegebene) Beurteilungs-einheit bilden.

c) Fehlende Einkünfteerzielungsabsicht

Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt Einkünfteerzielungsabsicht als Voraussetzung der Einkommensteuerpflicht und damit auch als Voraussetzung für den Verlustausgleich. Die Absicht der Gewinnerzielung ist eine innere Tatsa-che. Die Feststellung, dass der Betrieb bei objektiver Beurteilung nicht geeignet war, nachhaltig Gewinne zu erwirtschaften, lässt allerdings nicht den Schluss zu, dass der Stpfl. in den Streitjahren keine Gewinnerzielungsabsicht hatte. Maßge-bend ist immer, wie sich die Verhältnisse aus der Sicht des an objektiven

Gege-benheiten orientierten Stpfl. dargestellt haben (BFH, Urteil vom 19.11.1985 VIII R 4/83, BStBl II 1986 S. 289, 291;Groh, DB 1984 S. 2 424, 2 426;ders., WPg 1984.

S. 655, 658;Woerner, BB 1985 S. 908).

Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige beabsichtigte, langfristig Einkünfte aus einem Immobilienobjekt zu erzielen, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen. Diese Fest-stellung ist als Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung vom Revisionsgericht nur daraufhin zu prüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungs-sätze verstößt. Die Schlussfolgerungen des FG haben schon dann Bestand und sind bindend, wenn sie möglich sind (so klarstellend BFH, Urteil vom 16.2.2016 IX R 28/15 BFH/NV 2016 S. 1 006; mit AnmerkungGünther, EStB 2016 S. 219f.).

Die Einkünfteerzielungsabsicht kann von Anfang an fehlen, wenn der Betrieb nach Art der Betriebsführung des Stpfl. von vornherein nicht in der Lage war, Gewinn zu erzielen, und lediglich aus „privaten Gründen“ betrieben wird. Dies hat die Rechtsprechung bei landwirtschaftlichen Betrieben, Gestüten und ähnli-chen Betrieben angenommen (BFH, Urteil vom 15.11.1984 IV R 139/81, BStBl II 1985 S. 205, 207; BFH, Beschluss vom 4.6.2009 IV B 69/08, BFH/NV 2009 S. 1 644; BFH, Beschluss vom 31.7.2009 IV B 96/08, BFH/NV 2010 S. 207; BFH, Beschluss vom 10.1.2012 IV B 137/10, BFH/NV 2012 S. 732; BFH, Beschluss vom 10.5.2012 X B 57/11, BFH/NV 2012 S. 1 307; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.6.2015 8 K 1 493/13, DStRE 2017 S. 729 rkr.; zur Segmentierung bei verlust-bringender Pferdezucht und gewinnverlust-bringender Pferdepension s. FG Köln, Urteil vom 9.9.2010 10 K 2 460/07, EFG 2012 S. 1 621, rkr.; zur Segmentierung verschie-dener, wirtschaftlich eigenständiger gewerblicher Betätigungen bei einem Yacht-betrieb, siehe BFH, Urteil vom 23.8.2017 X R 27/16, BFH/NV 2018 S. 36. Bei einer schriftstellerischen Tätigkeit fehlt die Gewinnerzielungsabsicht dann von vornhe-rein, wenn die Tätigkeit nicht um des Erwerbs willen, sondern allein zwecks Ver-öffentlichung von Erkenntnissen, Ideen oder Auffassungen betrieben wird.

Ansonsten ist Schriftstellern auch dann eine – nicht zu kurz bemessene – Anlauf-zeit zuzugestehen, wenn die Tätigkeit nur im Nebenberuf ausgeübt wird (BFH, Beschluss vom 24.8.2012 III B 21/12, BFH/NV 2012 S. 1973; auf gleicher Linie FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.9.2019 3 K 2083/18 DStRE 2020 S. 391 rkr.).

Die Gewinnerzielungsabsicht kann aber auch später einsetzen oder wegfallen, Letzteres z. B., wenn ein Gewinn objektiv unmöglich ist, der Betrieb aber aus „pri-vaten Gründen“ weitergeführt wird (BFH, Beschluss vom 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984 S. 751, 76; zum Wechsel von der Liebhaberei zum Gewerbebetrieb mit Eintritt der Gewinnerzielungsabsicht s. BFH, Beschluss vom 16.3.2012 IV B 155/11, BFH/NV 2012 S. 950).

Zur Einkunfterzielungsabsicht im Spannungsfeld zwischen Dogmatik und Pra-xis instruktivFalkner, DStR 2010 S. 788 ff.

Zu Einkünften oder Verlusten aus sog. „Liebhaberei“ im Blickwinkel des inter-nationalen Steuerrechts, aus DBA-Ländern oder dem sonstigen Ausland einge-hendDreßler, StBp 2019 S. 251 ff.

aa) Persönliche Gründe der Lebensführung

Liebhaberei ist eine Betätigung, die nicht Ausdruck eines wirtschaftlichen, auf Erzielung von Erträgen gerichteten Verhaltens ist, sondern auf privaten Neigungen beruht. Ergibt eine betriebswirtschaftliche Beurteilung, dass das Unternehmen auf absehbare Zeit nicht zur Einkunftserzielung geeignet sei, so muss geprüft werden,

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ob diese objektiven Feststellungen den Rückschluss auf ein Handeln des Stpfl.

aus persönlichen Motiven zulassen. Persönliche Gründe (Neigungen) sind solche, die typisch der privaten Lebensführung eines Stpfl. zuzurechnen sind (BFH,

aus persönlichen Motiven zulassen. Persönliche Gründe (Neigungen) sind solche, die typisch der privaten Lebensführung eines Stpfl. zuzurechnen sind (BFH,