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Sektion Methoden der empirischen Sozialforschung

Jahresbericht 2014

Der folgende Bericht stellt die Aktivitäten der Sektion Methoden der empi-rischen Sozialforschung während des Jahres 2014 dar. Es wurden zwei Sektionsveranstaltungen durchgeführt. Die Frühjahrstagung fand an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt statt, die Herbsttagung war in den Rahmen des DGS-Kongresses an der Universität Trier eingebettet.

Frühjahrstagung: »Experimentelle Techniken in den Sozialwissenschaften«

Die mit etwa 50 Personen gut besuchte Frühjahrstagung der Sektion Metho-den der empirischen Sozialforschung fand am 4. und 5. April 2014 am Fach-bereich Soziologie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt statt. Das Ziel der Tagung bestand darin, einen intensiven Austausch über experimen-telle Forschungstechniken in den Sozialwissenschaften zu ermöglichen.

Haben in angrenzenden Disziplinen wie der Psychologie und der Öko-nomie experimentelle Designs zur Untersuchung kausaler Mechanismen eine lange Tradition, so werden sie in den Sozialwissenschaften erst in den letzten Jahren wieder vermehrt und innovativ umgesetzt. Die Bandbreite schließt neben natürlichen Experimenten, Feld- und Laborexperimenten auch Techniken ein, die experimentelle Strategien mit den Methoden der Umfrageforschung kombinieren. Vor diesem Hintergrund sollte die Tagung insbesondere eine kritische Auseinandersetzung mit Fragen der Anwendbar-keit experimenteller Forschungsstrategien ermöglichen.

Nach der Begrüßung durch die lokale Organisatorin der Frühjahrstagung 2014 Stefanie Eifler haben sich Andreas Tutic und Sascha Grehl (Leipzig) in ihrem Vortrag kritisch mit den Grundannahmen der experimentellen Spiel-theorie auseinandergesetzt. Im Anschluss daran diskutierten Sonja Pointner und Axel Franzen (Köln) Anonymitätstechniken in Laborexperimenten. Verschie-dene Formen von Experimenten zur Analyse sozialer Kontrollprozesse in Be-zug auf unehrliches Verhalten – nämlich Laborexperimente und Online-Experimente – waren Gegenstand des Beitrags von Martina Kroher (Hannover) und Tobias Wolbring (Zürich). Hermann Dülmer (Köln) nahm anhand eines Ver-gleichs von Zufalls- und Quotendesigns die Reliabilität und interne Validität von faktoriellen Surveys in den Blick. Der faktorielle Survey stand ebenfalls

im Mittelpunkt des Vortrags von Christopher Osiander und Martin Dietz (Nürn-berg), die dieses Verfahren auf die Analyse der Bedeutung von Opportunitäts-kosten bei Weiterbildungsentscheidungen angewendet haben.

Im Anschluss an die Mittagspause hat Norma Osterberg-Kaufmann (Lüne-burg) in ihrem Beitrag zum Thema Einstellungsmessung die Möglichkeiten der Repertory Grid Technik erörtert. Das Split-Ballot-Experiment stand im Mittelpunkt des Vortrags von Bettina Westle und Tina Lenz (Marburg), die sich mit den Effekten unterschiedlicher Frage- und Antwortformate bei der Erhebung politischen Wissens beschäftigt haben. Stimulus- und Reihenfol-geneffekte waren Gegenstand des Vortrags von Horst-Alfred Heinrich (Pas-sau), der sich mit der Messung von Emotionen zur Nation beschäftigt hat.

Den Abschluss des ersten Tages bildeten zwei Aufnahmevorträge von Knut Petzold und Susanne Vogl. Knut Petzold (Eichstätt-Ingolstadt) hat die Me-thode des faktoriellen Surveys systematisch mit der Bevölkerungsumfrage verglichen, und zwar im Hinblick auf die Analyse von Effekten des Aus-landsstudiums auf Employability. Thema des Beitrags von Susanne Vogl (Wien) war die systematische Analyse von Mode-Effekten in Leitfaden-Interviews mit Kindern, die telefonisch oder Face-to-Face durchgeführt wurden. Den Auftakt des zweiten Tagungstages bildete ein Vortrag von Juliane Böhme (Ber-lin), in dem sie sich mit der Methodologie des qualitativen Experiments be-schäftigte. Möglichkeiten eines Methoden-Mix in sozialwissenschaftlichen Experimenten haben Nina Baur, Cornelia Thierbach und Susanne Vogl (Berlin) am Beispiel der Orientierung und Interaktion mit Karten in Räumen gezeigt.

Gerhard Krug (Erlangen-Nürnberg) hat sich in seinem Vortrag mit einer Un-tersuchung über das Zusammenspiel von Responserate, Item Nonresponse und Messfehlerreduktion im CATI/CAWI Mixed-Mode Design beschäftigt und zentrale Ergebnisse aus einem randomisierten Experiment vorgestellt.

Den Abschluss der Tagung bildete ein Beitrag von Stephan Schlosser und Anja Mays (Göttingen), die sich kritisch mit der experimentellen Analyse der Da-tenqualität von mobilen Online-Umfragen beschäftigt haben.

Herbsttagung: »Empirische Analyse von Krisen und Umbrüchen«

Die Herbsttagung fand im Rahmen des Kongresses der DGS an der Uni-versität Trier statt. Die Sektion Methoden der empirischen Sozialforschung war dort am 7. und 8. Oktober 2014 mit zwei Veranstaltungen vertreten.

Beide Veranstaltungen knüpften unmittelbar an das Thema des Kongresses an und stellten methodische Aspekte einer Analyse von Krisen und Um-brüchen in den Mittelpunkt. In einem weiteren Sinne waren beide Veran-staltungen auf die Analyse von Veränderungen und Verläufen bzw. Ver-laufsmustern bezogen. Im Mittelpunkt der ersten Veranstaltung am 7. Ok-tober stand dabei der Aspekt der Datenerhebung, während auf der zweiten Veranstaltung am 8. Oktober Aspekte der Datenanalyse fokussiert wurden.

Mit jeweils etwa 30 Teilnehmern waren beide Sektionsveranstaltungen rela-tiv gut besucht. Die Begrüßung der Teilnehmenden wurde von Stefanie Eifler und Jürgen Hoffmeyer-Zlotnik vorgenommen.

Die erste Veranstaltung der Sektion Methoden der empirischen Sozial-forschung fand zum Thema »Empirische Analyse von Krisen und Umbrü-chen I – Forschungsdesigns« statt. Die Veranstaltung begann mit dem Vor-trag von Andreas Daniel (Bielefeld) zum Thema »Der Übergang in das Er-werbsleben und Delinquenz«. Analysiert wurden unterschiedliche Entwick-lungspfade des Erwerbsstatus über vier Jahre nach Beendigung von Klasse 10 mittels einer Repeated Measurement Latent Class Analysis mit Daten aus der DFG-Panel-Studie »Kriminalität in der modernen Stadt«. Der zweite Vortrag gehalten von Claudia Globisch (Innsbruck) behandelte die Krise als Entschei-dungssituation bei arbeitslosen Transferleistungsempfängern/innen. Die Un-tersuchung basierte auf narrativ-biographischen Interviews, die biographie-theoretisch hermeneutisch analysiert wurden. Wolfgang Aschauer (Salzburg) analysierte im dritten Vortrag Daten des European Social Surveys zum Thema »Dimensionen gesellschaftlichen Unbehagens« mittels Strukturglei-chungsmodellen, wobei die Methode der Multi Group Confirmatory Factor Ana-lysis zur Anwendung kommt. Im die Sitzung abschließenden Vortrag be-schäftigte sich Sebastian Kurtenbach (Köln) mit einem fallbezogenen Mehrme-thodendesign zum sozialen Wandel in westdeutschen Großsiedlungen. Er analysiert zunächst, ausgehend von Daten der amtlichen Statistik, mittels einer deskriptiven Shift-and-Share-Analyse die Marko-Entwicklung der Großsiedlung im Verhältnis zur Gesamtstadt. Im Anschluss werden retro-spektive Interviews mit ehemaligen und derzeitigen Bewohner über Zeitdo-kumente fokussiert und analysiert.

Die zweite Sektionsveranstaltung beim DGS-Kongress war mit dem Titel »Empirische Analyse von Krisen und Umbrüchen II – Datenanalyse«

überschrieben und stellte empirische Befunde zum gesellschaftlichen Wan-del und dessen Konsequenzen in den Mittelpunkt. Dina Frommert (Berlin)

beschäftigte sich mit der Differenzierung und Destandardisierung von Er-werbsverläufen. Auf der Grundlage von Verfahren der Sequenzmusteranalyse konnte sie einen leichten Anstieg der Häufigkeit von Wechseln des Erwerbs-status (d.h. Differenzierung), aber keine signifikante Abnahme der Bedeutung etablierter Muster (d.h. keine Destandardisierung) in der Erwerbsbiographie empirisch festmachen.

Ebenfalls mit arbeitsmarktsoziologischen Aspekten, jedoch in Verbindung mit einer gesundheitssoziologischen Fragestellung beschäftigten sich Monika Jungbauer-Gans und Gerhard Krug (Erlangen-Nürnberg). Die Hartz-Reformen wurden dabei als natürliches Experiment gefasst und auf Grundlage wieder-holter Querschnittsuntersuchungen wurde der Frage nachgegangen, ob sich das Gesundheitsverhalten von Personen in unsicherer Beschäftigung durch die Intervention verändert hat. Empirisch zeigte sich u.a. eine Reduktion der Zahl an Krankmeldungen trotz einer Zunahme auftretender Beschwerden, was auf einen (unintendierten) kausalen Effekt der Reformen hindeutet.

Der Vortrag von Göran Köber, Dietrich Oberwittler und Dina Hummelsheim (Freiburg) behandelte den Zusammenhang zwischen Alter und Kriminali-tätsfurcht. Im Vordergrund stand dabei das sogenannte APC-Problem, wo-nach Alters-, Perioden- und Kohorteneffekte empirisch oft nur schwer zu separieren sind. Mittels der hierarchischen APC-Analysen, einem Verfahren zur Lösung dieses Problems, konnten die Autoren deutliche Alterseffekte aufzeigen, wobei der Effekt von Bildung und Gesundheitszustand der Be-fragten moderiert wird. Zudem konnten Verschiebung in der Verteilung der Kriminalitätsfurcht im Zeitverlauf aufgezeigt werden. Malte Langeheine, Niels Winkler und Hermann Pohlhabeln (Bremen) beschäftigen sich demgegenüber mit einem typischen Problem der Survey-Methodologie, das in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen hat: Non-Response-Bias. Anhand von Daten der IDEFICS-Studie wurde dabei gezeigt, dass die Anzahl der not-wendigen Kontaktversuche systematisch mit dem Einkommen, der Bildung und der Tatsache, ob es sich um alleinerziehendes Elternteil handelt, zusam-menhängt. Gleichwohl die Befunde zur Erreichbarkeit keinen direkten Schluss auf die Determinanten von Non-Response zulassen, zeigen sie, dass Paradaten interessante neue Möglichkeiten für die Survey-Forschung bieten.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete der Vortrag »Dyadische Modellie-rung regionaler Arbeitsmarktmobilität« von Petra Stein und Christoph Kern (Duisburg-Essen). Nach einer Einführung in die eigens entwickelten Struk-turgleichungsmodelle zur Schätzung von Effekten auf Ebene des Indivi-duums, des Haushalts und der Region wurde das Potenzial der komplexen

statistischen Verfahren am Beispiel von Mobilitätsdispositionen und -ent-scheidungen in Partnerschaften illustriert. Auf empirischer Ebene konnte da-bei u.a. gezeigt werden, dass der Partner einen Einfluss auf die individuellen Mobilitätsdispositionen hat.

Im Berichtsjahr wurden die Sektionsveranstaltungen des Jahres 2015 vor-bereitet. Hier ist die Frühjahrstagung zu nennen, die Sonja Drobnis zum Thema »Relationale Daten« in Bremen ausrichtet, sowie die Herbsttagung, die gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Sozialwissenschaftlicher Insti-tute e. V. veranstaltet wird und voraussichtlich bei der Gesis – Leibniz-In-stitut für Sozialwissenschaften in Köln stattfindet. Der Vorstand der Sektion hat seine Beschäftigung mit Fragen der Methodenausbildung im Rahmen der AG »Lehre«, bestehend aus Jürgen H. P. Hoffmeyer-Zlotnik, Dagmar Krebs und Stefanie Eifler fortgesetzt (siehe dazu den Beitrag ab Seite 292 in diesem Heft). Die Sektion ist Mitglied in der Deutschen Arbeitsgemein-schaft Statistik, in der verschiedene FachgesellArbeitsgemein-schaften daran arbeiten, einen qualifizierten Umgang mit Daten und Analysen zu fördern und die öffent-liche Sichtbarkeit der Statistik zu erhöhen.

Stefanie Eifler, Jürgen H. P. Hoffmeyer-Zlotnik und Tobias Wolbring