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PROZESSE UND WECHSELWIRKUNGEN

9.3. Sedimenteintrag währen der Eisbildung aus der Suspension irn Meerwasser

Der in der Natur häufi beobachtete Eintrag von Partikeln währen der Eisbildung ist in kleinen Tanks simuliert worden, um die notwendigen Rahmenbedingungen kennenzulernen und fest- zustellen, ob Meereis Partikel gegenübe der Wassersäul anreichert und inkorporiert (REIMNITZ et al. 1990, SHEN &

ACKERMANN 1990). Bislang sind nur wenig Aussagen darübe möglich da es schwierig ist die natürliche Bedingungen zu simulieren. Es gibt verschiedene Modelle dieses Prozesses. Währen NAIDU (1980), OSTERKAMP & GOSINK (1984) und REIMNITZ & KEMPEMA (1986) einen Eintrag durch aufsteigende 'frazilt-Eiskristalle favorisieren, nehmen SHEN & ACKERMANN (1990) eine Anreicherung im losen Eisbrei

(slush) währen der ersten Stunden der Eisbildung durch Wellenbe- wegung an (s. Kap. 4.5.). übereinstimmen wird jedoch ein Sediment- eintrag währen der initialen Eisbildungsperiode postuliert.

Der durchweg sehr feinkörnig Charakter von Meereissedimenten aus allen Teilen der Arktis (BARNES et al. 1982, ELVERH0I 1989, ELVERH0I et al. 1989, KINDLE 1924, OSTERKAMP & GOSINK 1984.

PFIRMAN et al. 1989b. REIMNITZ et al. 1989, SHARMA 1979) läà bereits einen speziellen, überal wirkenden Mechanismus des Sedi- menteintrages vermuten. Zunächs könnt man argumentieren, da die arktischen Schelfgebiete in weiten Teilen ebenfalls eine sehr ähnlich Sand-Silt-Ton-Verteilung zeigen (ALEXANDER 1973, HOLMES &

CREAGER 1974, NAUGLER et al. 1974, REIMNITZ & BARNES 1974, SASSEVILLE & ANDERSON 1976, SHARMA 1979), doch gibt es in allen Regionen ebenfalls ausgedehnte Gebiete mit gröbere Material. Es gibt viele Sandbänk und verbreitet Oberfläche mit Material von Kies-KorngröÃ

(>64

mm) (HOLMES & CREAGER 1974, NAUGLER et al.

1974, SILVERBERG 1972). Die Sedimente der Chukchisee beispiels- weise bestehen zu

4

Gew.% aus Kies,

38

Gew.% aus Sand, zu 42 Gew.;

aus Silt und nur zu 16 Gew.% (5-35 Gew.%) aus Ton (SHARMA 1979).

Bereits bei einem Vergleich der Sand-Silt-Tongehalte einiger Eissedimente mit rezenten Bodensedimenten der Laptev- und Ostsibi- rischen See zeigt sich die bessere Sortierung der Eissedimente (Abb. 33). Dennoch könnte die untersuchten Meereissedimente der Eurasischen Arktis aus der Ostsibirischen See stammen. Dort gibt es ausgedehnte Flachwassergebiete (häufi

<

10 m Wassertiefe), die Neusibirische Flachwasserplattform und das Zentrale Plateau, die mit besser sortierten siltigen Tonen aus dem Indigirka bedeckt sind (HOLMES & CREAGER 1974, NAUGLER et al. 1974), die den Meereissedimenten sehr ähnlic sind. Da aber die Tonmineralverge- sellschaftung der Eissedimente eindeutig auf zwei verschiedene Liefergebiete hinweist und dennoch die beobachteten Sortierungs-

effekte bei allen Eissedimenten vorherrschen, kann es sich nur um ein Signal des Sedimenteintrages handeln. SHARMA (1979) beobach- tete an einigen untersuchten Eissedimenten der Beringsee, da das Eissediment deutlich feiner als das Schelfsediment des Herkunftsge- bietes ist (Abb. 34). Er fand

35

bis 80 Gew.% Silt, 12 bis 60 Gew.% Ton und 1 bis

8

Gew.% Sand. Dagegen bestehen die Meeresboden- sedimente aus demselben Gebiet aus fein- bis mittelkörnige Sanden. Diese Zusammensetzung entspricht der der untersuchten Eis- sedimente und belegt die These, da rezent der Sedimenteintrag in das Meereis mit einem Prozeà verbunden ist, der selektiv bestimmte Korngröß fördert

Sand Sand

Sand Sand Sand

Clay Sllt Clay SR1 Clay Slll

Abb. 33: Sand/Silt/Ton-Gehalte von Meereissedimenten aus der Fram- straß (A

-

LARSSEN et al. 1987) und dem westlichen Arktischen Ozean (B

-

CLARK & HANSON 1983) im Vergleich mit Meeresbodensedi- menten aus der Chukchisee (C

-

SHARMA 1979), der Ostsibirischen

(D

-

SILVERBERG 1972) und der Laptevsee (E

-

HOLMES 1967).

Einige Proben mit erhöhte Sandgehalten aber ohne grobkörni ges biogenes und lithogenes Material zeigen eine ähnlich mittlere Sand-Silt-Tonverteilung von bis zu 25 Gew.% Sand wie die sibiri- schen Oberflächensediment (Abb. 33). Hier sind verschiedene Mög lichkeiten des Sedimenteintrages denkbar. Sie könne durch direk- tes Anfrieren an die Eisunterseite oder ebenfalls durch 'anchor ice'-Bildung eingebracht werden. Eine weitere Möglichkei wär ein Ursprung in sehr geringer Wassertiefe ( < 10 m), wodurch gröbere Material bis an die Oberfläch und die Eisdecke aufgewirbelt werden könnte z.B. in der Näh einer der auf den arktischen Schelfen häufige Sandbänk oder Untiefen. Durch etwas höherenerge tische Bedingungen bei der Eisbildung wär eine Aufwirbelung von

Feinsand auch in gröfiere Wassertiefen denkbar. Die Eissediment- probe (310) aus dem östliche Arktischen Ozean mit einem Sandge- halt von

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Gew.% zeigt sehr deutliche Indizien fü eine Herkunft des Materials von einer der arktischen Schelfsandbänke Die Unter- suchung der Sandfraktion mit der Sedimentationswaage ergab eine fast symmetrische Korngrößenverteilu (Normalverteilung) und damit eine sehr gute Sortierung. Nach SILVERBERG (1972) sind das die Kennzeichen flacher Sandbarren, die auf den Sibirischen Schelfen mit Wassertiefen ( <

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m) an der Küst und im Deltabereich der Flüss vorkommen.

Abb.

34:

Vergleichsplot von Mittelwert und Summenprozenten zwischen Meeresboden- und Eissedimenten aus der Beringsee (nach SHARMA 1979).

Aufgrund der feinkörnige Oberflächensediment und der meist geringen Wassertiefe ist eine Resuspension der Schelfsedimente relativ einfach, so da schon bei leicht höhere Windgeschwindig- ketten oder durch tidale Kräft eine Resuspension erfolgen kann (SHARMA 1979). Eine hohe Sedimentationsrate durch eine ständig fluviatile Materialanlieferung und ein anhaltend hoher Gehalt an suspendiertem Material in der Wassersäule wie er von SHARMA (1979) angenommen wird, scheinen aber nicht vorzuherrschen, da die Funde von Manganknollen und -krusten in der Laptevsee (HOLMES &

CREAGER 1974) eher auf geringen terrigenen Eintrag und geringe

Sedimentationsraten schließe lassen (HALE 1990). Dies unter- stütze auch die Daten des Flußeintrags Sie zeigen, da es sich hierbei um relativ kurzzeitige Ereignisse im Frühjah handelt, währen im Rest des Jahres nur geringe Materialmengen angeliefert werden (CODISPOTI & RICHARDS 1968, HOLMES 1967, KULIKOV 1961, NAUGLER et al. 1974). Im Vergleichsdiagramm von SiltITon-Rate gegen Mittelwert zeigt sich, da die Eissedimente, ebenso wie die sibirischen Schelfsedimente, grundsätzlic einem Milieu mit rela- tiv niedrig-energetischen Verhältnisse zugeordnet werden könne (Abb.

35).

Die Schelfsedimente lassen aber einen geringfügi höher energetischen Transport als die Eissedimente erkennen (Abb. 3 5 ) , was mit der 0.a. Massenanlieferung der Flüss beim frühjährlich Hochwasser zu erkläre wäre

Siberian Sheli Suriace Sediments Sea Ice Sediments

o 1 2 3 4 5 6 7 8 9 [* values]

Mean

Abb. 35: SiltiTon-Rate gegen mittlere Korngröà fü die Meereisse- dimente und die sibirischen Schelfproben (energetische Levels nach PELLETIER 1975).

Bedeutsam fü den quantitativen und qualitativen Sedimentein- trag sind vor allem die turbulenten Bedingungen bei der Bildung von 'frazili und besonders von 'anchorf-Eis (BARNES et al. 1982, OSTERKAMP & GOSINK 1984, REIMNITZ et al. 1990, SHARMA 1979, ZUBOV 1945). Diese Turbulenz bewirkt die Aufwirbelung von Meeresbodense- diment und die Aufnahme durch die aufsteigenden Eiskristalle (REIMNITZ & KEMPEMA 1987) oder durch einen welleninduzierten Sedi- menteintrag in die 'slushi-Eislage (SHEN & ACKERMANN 1990). Da die Auswirkung von turbulenten Bedingungen auf die Sedimente stark von lokalen Verhältnissen wie Wassertiefe und verfügbare KorngröÃ

abhängi ist, läà sich die Uniformitä in der Korngrößenve teilung der Siltfraktion nur in einem Sortierungseffekt der auf- steigenden Eiskristalle und nicht der Turbulenz an sich erklären Die untersuchten Eissedimente heben sich im Vergleich zu den sibirischen Schelfsedimenten durch eine mäßi bis gute Sortierung und eine etwas feinkörniger mittlere Korngröà (median) deutlich ab (Abb. 36). Die sibirischen Schelfsedimente lassen sich dem Feld der langsamen Sedimentation aus ruhigem Wasser, ähnlic dem der pelagischen Sedimentation oder Suspension, zuordnen (HOLMES 1967, NAUGLER 1967, SILVERBERG 1972), währen die Eissedimente ein eigenes Feld bilden (Abb. 36). Eine ähnlich Milieu-Zuordnung zeigt auch das Diagramm von Schiefe und Median-Wert (Abb. 36).

1 2 3 4 5 6 7 I

L - - . - - - - J Median ( p h i )

6.0 7.0

Median

. .

sorted

-10-

moderately sorted

-071-

moderately well sorted

-0.5j,

I

I,+;, ,

-0.7

4.0 5.0 8.0 7.0 8.0 3 . 0 1 * v " u w i

Median

Abb. 36: Korngrößenparamet (Schiefe und Sortierung gegen Median) als Anzeiger fü bestimmte sedimentär Milieus nach STEWARD (1958).

Einige Meereissedimente enthielten grobe Partikel bis Kies- korngröà (bis

4

cm) und Muschelschalen (Tabelle 5). die nach bisherigem Kenntnisstand nicht durch 'frazil ice' eingetragen werden könne (REIMNITZ et al. 1986). Ähnliche Sediment, meist nur fleckenhaft und kleinräumi verteilt, wurde bereits häufige auf dem Meereis beobachtet und einem Eintrag durch 'anchor ice' zugeordnet (CAMPBELL & COLLIN 1958, DAYTON et al. 1969, KEMPEMA et al. 1989, KINDLE 1924, SVERDRUP 1931). Der zunächs vermutete Eintrag durch Vöge oder Robben wird durch die stets aufgefundene Kombination von Muscheln und Sediment unwahrscheinlich. Es wurden niemals Muscheln in sauberem Oberflächenschne gefunden. Die Funde wurden außerde auf altem, dickem Eis gemacht, welches Robben meiden. Gegen Vöge spricht, da ebenfalls juvenile, sehr kleine Formen gefunden wurden und da die Muscheln beim Eintrag bereits länger Zeit tot waren, d.h. kein Fleisch enthielten. Marine planktonische Organismen, wie Radiolarien, Copepoden und Foramini- feren könne durch einen Eintrag währen der Eisdrift durch über schwappendes Meerwasser (Wellen, Sturm) oder durch Einfrieren bei der Eisbildung im Winter erklär werden. Da planktonische Foramini- feren und Copepoden fast ausschließlic in in 'sauberen' Abschnitten der Eiskerne gefunden wurden, erfolgt ihr Eintrag sehr wahrscheinlich währen der Eisdrift im offenen Ozean. Vereinzelte benthische kalkschalige Foraminiferen wurden auch in Plankton- fänge in den oberen Wassermassen des zentralen Ozeans beobachtet, müsse also nicht unbedingt auf einen Eintrag im Flachwasser hinweisen (freundl. pers. Mitt. J. CARSTENS).

9.4. Weitere Mechanismen des Materialeintrages in Meereis Das 'Pumpen' von Meeresbodensediment durch Gezeiten oder Wellenaktivitä auf das Eis (s. Kap. 4.5.

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GILBERT 1989, SASSEVILLE & ANDERSON 1976) könnt wegen des relativ große Tiden- hubs von übe 2 m in Teilen der Laptevsee eine gewisse Bedeutung (GIERLOFF-EMDEN 1982, HOLMES 1967) haben. In den anderen sibiri- schen Schelfgebieten tritt nur ein geringer Tidenhub von 20 cm auf (NAUGLER 1967). Dieser Vorgang mag vereinzelt Sediment auf das Eis bringen, ist insgesamtaber zu selten und auf einen sehr schmalen Streifen entlang der Küste und der Inseln beschränkt um die weite Verteilung von Sediment-beladenem Eis z.B. in der Transpolar- drift zu erklären In jedem Fall würd dieser Prozeà hauptsächlic festgefrorenes Küstenei betreffen (GILBERT 1989), welches wie bereits erwähn kaum etwas zur Eisdecke der zentralen Arktis beiträg (s. 8.2.).

Wegen der allgemein niedrigen Küstenlini gibt es nur wenige Stellen an denen Material von Kliffs 0.ä auf das Eis fallen kann.

Auf den sibirischen Schelfen weist nur das Gebiet östlic des Kolyma (s. Anhang) eine größe Verbreitung von Kliffs an der Küst auf (NAUGLER et al. 1974). Dort und vereinzelt an anderen Stellen mag dieser Prozeà lokal auftreten, betrifft dann aber ebenfalls das Küstenfesteis In den bearbeiteten Sedimenten wurde kein Material wie Bodenbildungen, Gesteinsbruchstücke Grassoden etc. gefunden, welches auf einen solchen Prozeà hinweisen könnte In der Beaufortsee sind das Durchpflüge des Schelfbodens durch Preßeisrück (15-45 m Wassertiefe) und der erosive Charak- ter von Eispressungen an der Küst wichtige geologische und geo- morphologische Prozesse der Umlagerung und Umschichtung von Sedi- menten (BARNES et al. 1987). Dabei könne Bodensedimente, sehr ähnlic dem Material aus dem 'anchor icet-Eintrag, durch Fest-

frieren an der Unterseite in das Eis eingebracht werden. Wegen des Bodenkontaktes und dem Auftürme an der Küst träg dieses Eis aber nur wenig zur Eisdecke der zentralen Arktis bei. Die Bedeutung dieses Prozesses liegt darin begründet da auch sehr grobes Sediment mit einer dem Eisberg-transportiertem Material ähnliche Textur in das Meereis gelangen kann (BARNES et al. 1978, 1987). Bei stärkere Windverhältnissen die zu einem Verdriften dieser Eisschollen in tieferes Wasser führe könnten würd man eine Sedimentzusammensetzung in pelagischen Gebieten erhalten, die bisher als charakteristisch fürEisberg angesehen wurde (CLARK &

HANSON 1983).

10. Herkunftsgebiete der Meereissedimente in der Eurasischen