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PROZESSE UND WECHSELWIRKUNGEN

9.1. Meereis als Sedimentfalle fiir Salisches Material?

Die feinkörnige Ruß und Tonpartikel in 'sauberen' Eiskernab- schnitten könnte auf einen geringen Hintergrundeintrag von äolische Material hinweisen, da Rußpartike ebenfalls in 'Arctic Haze' nachgewiesen wurden (CLARKE & NOONE 1985, RAHN 1982). Die ausgedehnte Erstreckung der Eisdecke in Verbindung mit dem relativ hohen Alter des Eises von bis zu 16 Jahren im Beaufort Wirbel und der kontinentalen Umrahmung des Arktischen Ozeans läà vermuten, da sich Windstaub übe Jahre auf der Eisoberfläch ablagern und anreichern kann (KINDLE 1924, POSER 1933, ARNOLD 1961). Ziel dieses Kapitels ist es, die Bedeutung des Windtransportes fü die Meereissedimente darzustellen.

Bei der Diskussion von Wind als Eintragsmechanismus anhand sedimentologischer Parameter muà grundsätzlic zwischen proximalem und distalem Transport unterschieden werden, da beide zu sehr unterschiedlichen Sedimentzusammensetzungen führe könne (PYE 1989, SCHUTZ 1989). Proximaler Windtransport zeigt ein charakteris- tisches Korngrößenverteilungsmust mit einem Maximum im Feinsand- bereich (Kurve 1 , Abb. 27). Küstennah Stäub weisen aufgrund der Kombination von Schweb-, Roll- und Springfracht ein weites Korn- größenspektr von Ca. 10 Gew.% Sand,

77

Gew.% Silt und 13 Gew.5 Ton (PYE 1987)auf. Diese Verteilung resultiert aus den unterschied- lichen Erosionseigenschaften von Feinsand, Silt und Ton, wobei Ton aufgrund des hohen Wassergehaltes und der Kohäsività nur schwer aufgenommen werden kann (PYE 1987). Deshalb könnten im Gegensatz

zu den durchfeuchteten Moor- und Tundrengebieten der arktischen Küstengebiete besonders die subaerischen Sandbänk der Flußdelta gute Möglichkeite der Materialaufnahme durch den Wind bieten. Dem widersprechen aber die nur sehr geringen Feinsandanteile von

< 5

Gew.%, die hohen Tonanteile von 25 - 50 Gew.% und die gute Sortierung der Eissedimente mit einem Mittelwert (Mean) im Fein- siltbereich (Abb. 27). Proximaler Windtransport würd zudem in der Hauptsache küstennahe Eis beeinflussen; ein Großtei davon ist aber durch Eispressungen am Meeresboden und an der Küst verankert. Zahlreiche Sandbänke Untiefen und Inseln halten dieses Eis zusätzlic bis zum Abschmelzen am Bildungsort fest (NAUGLER 1967, HOLMES 1967, REIMNITZ et al. 1978). Bei Betrachtung der Windverhältniss entlang der Küst auf den sibirischen Schelfen zeigt sich, da im Jahresdurchschnitt die großräumi atmosphäri sche Zirkulation im Herbst und Winter (September bis Februar) stärke ausgepräg als im Sommer (Abb. 28

-

BORISOV 1965, HOLMES 1967, PARKINSON et al. 1987, SUSLOV 1961). Das größ Potential zur Materialaufnahme hat der Wind aber gerade währen der Sommer- monate, wenn die küstennahe kontinentalen Gebiete und die vorge- lagerten Sandbänk aufgetaut und frei von Schnee und Eis sind (REIMNITZ & MAURER 1979). Zu dieser Zeit sind die Schelfe größte teils ebenfalls eisfrei und das Material würd hauptsächlic auf dem Meeresboden abgelagert werden.

Diameter ( u m )

Abb. 27: Korngrößenverteilu von Stäube aus verschiedenen. Höhe übe Grund nach PYE (1987) [I = 0-2m. 2 = 1-2 m,

3

= 2-3 m,

4

= 3-

4

m,

5

=

4-6

m,

6

= 5-8 m]

Falls die die arktische Tundra die Quelle fü den Staub ist, der Ca. 10% zur pelagischen Sedimentation im Arktischen Ozean beitragen soll (WINDOM 1969), so müßt charakteristische Pollen und Sporen häufi sein. Es wurden aber weder im Eissediment noch in großvolumige Oberflächenschnee und Eisproben signifikante Mengen gefunden (P. MUDIE unpubl. Daten). Die wenigen vorhandenen Exemplare im Oberflächenschne deuten eher auf einen Transport in Suspension im Meerwasser und einen Eintrag bei der Eisbildung als auf Windtransport hin (freundl. mdl. Mitt. P. MUDIE).

Die zweite Möglichkei des Sedimenteintrages durch den Wind wär der Transport übe groß Entfernungen. Sahara-Staub beispiels- weise wurde bis nach Tromsà in Nord-Norwegen getragen. Auch wenn solche Ereignisse Ausnahmen darstellen, so belegen sie doch die Möglichkei des Windes, Staub in höher Luftschichten zu inji-

zieren und übe groß Entfernungen zu verfrachten. Das höher durchschnittliche Alter des Meereises im Amerasischen Teil des Arktischen Ozeans (KORNER 1973) könnt zu einer stärkere Staubak- kumulation führen wogegen die höhere durchschnittlichen Wind- geschwindigkeiten im eurasischen Teil der Arktis ein größer Potential fü den Windtransport darstellen würde (Abb. 2 und 28).

Staubflußmessunge auf dem grönländisch Inlandeis belegen einen maximalen Staubeintrag im Frühjah (HAMMER 1977, SERREZE & BARRY 1988, STEFFENSEN 1988), der vermutlich auf eine Verlagerung der atmosphärische Polarfront im Herbst nach Süde zurückzuführ ist (BARRIE 1986, STEFFENSEN 1988), und damit den Einstrom von kon- tinentalem Staub in die Arktis ermöglicht

Bei distalem Windtransport würd man sehr geringe Korngröß erwarten, da mit der Entfernung von der Staubquelle die Korngröà sehr schnell abnimmt (Abb. 29

-

SCHUTZ 1989). Nach PYE (1987) liegt die mittlere Korngröà von Langstrecken-Staub bei Ca. <l6 um, selbst Staub der übe wenige 100 km transportiert wurde, enthäl nur wenig Körne >l6pm (Abb. 29

-

SCHUTZ 1989). Unter- suchungen der Partikel im Oberflächenschne auf dem Meereis des Amerasischen Beckens zeigten Korngröß

<5

pm , wobei der Durch- schnitt der Körne

>5

pm bei 18 pm lag (MULLEN et al. 1972). SHAW (1984) fand eine bimodale Verteilung mit zwei Maxima bei 0.2 und

<0.015 pm und BAILEY et al. (1984) bezeichnen Partikel > 2 pm im arktischen Staub als 'Giant Particles'. Der Staub im grönländ sehen Inlandeis in Ca. 2000 m Ü.NN. der auf distalen Transport zurückgefüh wird, enthielt Korngröß zwischen 0.1 - 2 pm (HAMMER et al. 1985). Die mittleren Korngröß der distalen arkti- schen Stäub sind danach zu klein, um die Korngröß in den Eissedimenten zu erklären Außerde sind die im Arktischen Ozean bestimmten Staubflußrate zu niedrig, um die hohen Sedimentkonzent- rationen auf dem Meereis zu erklären Untersuchungen an Schnee- proben der Driftinsel T-3 und von Meereisoberflächenschne Ca. 500 km nördlic der Küst Alaskas ergaben Fallout-Raten zwischen 3.3 und 14 pg/cm2 yr ( = 0.36 bis 1.04 mg/kg) (DARBY et al. 1974, MULLEN et al. 1972) mit Partikelgröß kleiner 2 um. Man schätzt den Beitrag des atmosphärische Niederschlags zur pelagischen Sedimen- tation auf 0.09-0.02 mm/ka fü das Amerasische Becken (Kanada Becken, Chukchi Ebene und Alpha Rücken) Basierend auf diesen Daten würd man einen minimalen atmosphärische Niederschlag von 3.3-21pg/cm2yr erwarten (PFIRMAN et al. 1989b). Selbst bei altem Meereis, z.B. 5 Jahre, würde sich sich aus diesen Daten nur geringe Konzentrationen von 0.02-0.13 mm/yr X

5

Jahre = 0.1-0.65 mm/yr ergeben (bei einer Dichte von 1.6 g/cm3 und dem kompletten Abtauen des Oberflächenschnees

.

Dieser minimale Staubfluà könnt die geringen Mengen von Rußpartikel und feinkörnige terrigenen Partikeln in den Eiskernen erklären fü die hohen Sedimentakkumu- lationen mit Werten bis zu 700 mg/l reicht diese Rate aber nicht aus.

Gegen einen Anreicherungsprozeà von Staubmaterial übe Jahre auf der Eisoberfläch sprechen die geringen Konzentrationen die in den obersten Schichten von 'sauberen' mehrjährige Eisschollen gefunden wurden. Bei einem bedeutenden distalen äolische Eintrag müßt alle 'alten' Eisschollen partikuläre Material auf der Oberfläch anreichern. In den Eiskernen wurde zudem nur wenig terrigenes Material und extrem selten wurden gröber Komponenten

( > Feinsilt) beobachtet. Bei den Partikeln handelte es sich in der

Mehrzahl um Quarze, die weder gut gerundet, noch die fü Windtrans- port charakteristischen Oberflächentexture ('mattiert', Schlag- marken) aufwiesen. Auch die Oberflächentexture und die Rundungs-

grade von Quarzkörner aus den Oberflächenprobe zeigen keine eindeutigen Hinweise auf äolische Transport ergeben. Ein distaler Transport müß sich in gut gerundeten, mattierten Partikeln äußer Die untersuchten Proben zeigen vorwiegend eckige Kornfor- men und Schlagmarken, die eher auf einen höherenergetische oder längere subaquatischen Transport hinweisen.

December-February

135 'E

June-August

March-May

September-November

Abb. 28: Mittlere monatliche Verteilung der geostrophischen Winde übe dem Arktischen Ozean (nach PARKINSON et al.

1987).

Die Pfeile kennzeichnen Richtung und Stärk der Winde.

Die Tonmineralzusammensetzung des rezenten arktischen Staub- materials auf Grönlan und in der Amerasischen Arktis wurde mit 40- 60 % Illite, 15-25 % Chlorit und 15-36 % Kaolinit bestimmt. Smektit

wurde nicht oder in nur geringen Quantitäte gefunden (MULLEN et al. 1972, WINDOM 1969). Die Zusammensetzung entspricht zwar der Tonmineralverteilung eines Großteil der Eissedimente (s. Abb. 22), schließ aber einen äolische Eintrag fü die Smektit-reichen Sedimente der südliche randlichen Eurasischen Beckens aus.

Distaler äolische Transport würd aber die gesamte Eisoberfläch gleichermaße betreffen. Außerde lassen die sehr ähnliche Korngrößenverteilung aller Eissedimente lassen auf einen einheit- lichen Eintragsmechanismus schließen

Trotz aller gegen Windtransport sprechenden Indizien lassen einige Proben aufgrund ihrer Korngrößenverteilu auf Windtrans- port schließe (Abb. 30). KOOPMANN (1981) entwickelte aus den Beobachtungen im östliche äquatoriale Atlantik, nach denen der Anteil gröbere Partikel in Richtung auf eine Staubquelle zunimmt, ein Diagramm, in dem die gleichmäßi Zunahme des Anteiles

>

6 pm der Siltfraktion mit dem Modalwert dieser Subfrak- tion äolische Transport anzeigt (Feld 1.; Abb. 30). Demnach weist die gute Sortierung einiger Eissedimente auf einen äolische Eintrag hin (Feld 1.; Abb. 30), währen nur wenige Proben mit einem Feinkornüberschu in Feld 11. liegen (Abb. 30), welches fluviatilen Transport anzeigen soll. Ein Großtei der Meereissedi- mente zeigt eine unterrepräsentiert Feinfraktion und liegt im Identifikationsbereich fü Auswaschung am Meeresboden (Feld 111.;

Abb. 30). Die sibirischen Schelfsedimente verteilen sich übe den gesamten Bereich, zeigen aber im fluviatilen und marinen Bereich Maxima.

Survey of tha Conceruration Ranges of Mineral Dust in Ihe Trowphere

aoi 0.1 10 I0 100 in00 IWon

~ u s t Concentrabm ,ug/m3

Abb. 29: Gegenüberstellun der Staubkonzentrationen verschiedener Luftmassen in der Troposphär und die durchschnittliche Korngröà in Stäube in Abhängigkei vom Transportweg (nach SCHUTZ 1989).

Bei genauer Betrachtung der Proben, die in das Indikations- feld fü äolische Transport fallen, zeigt sich, da einige dieser Proben rezente, benthisch-marine Organismenreste (Foraminferen) enthalten. Die Schwierigkeiten bei der Anwendung des KOOPMANN- Diagrams auf die Meereissedimente könne darin begründe sein, da der Sedimenteintrag währen der Eisbildung zu einer Sortierung

führt die ähnlic der von Windtransport ist. Außerde könnt auf den Schelfgebieten Material aus Löss und Wüstenablagerunge zur Verfügun stehen, welches dann vom Eis aufgenommen wird. Dafü spricht das 'Wind-Signal' in einigen Schelfsedimenten.

Terrigenous silt ( >6p )

Abb. 30: Prozentualer Anteil der Siltfraktion

>

6 um in Abhängig keit vom Modalwert dieser Subfraktion nach KOOPMAN (1981). Feld I.

typisch fü windtransportiertes Material; 11. Überschu an Fein- Fraktion, typisch fü fluviatilen Transport; 111. wenig Feinfrak- tion, typisch fü Auswaschung arn Meeresboden.

Insgesamt zeigen die Eissedimente nur wenige Anzeichen fü einen Partikeleintrag durch Wind. Aus den Korngrößenverteilung könnt man auf einen untergeordneten äolische Eintrag schließen in Verbindung mit den häufi gefundenen Flachwasserorganismen und den sehr geringen Gehalten von Pollen und Sporen scheinen diese Daten aber auf einem anderen, Meereis-spezifischen Prozeà in rela- tiver Landnäh zu beruhen. In wie weit sich Aerosole und Spuren- stoffe übe den globalen Hintergrund ('Arctic Haze') hinaus irn Meereis akkumulieren, konnte anhand der vorliegenden Daten nicht beurteilt werden. Dazu wäre spezielle luftchemische und spuren- stoffanalytische Arbeiten notwendig.

9.2. Beitrag der arktischen Flußsystem zu den