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2 Literaturübersicht

2.1 Einschätzung des Gesundheitsstatus von Schlachttieren

2.1.1 Schlachttier- und Fleischuntersuchung

Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung ist in Deutschland seit über 100 Jahren gesetzlich einheitlich geregelt. Zunächst im Gesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, heute im Fleischhygienegesetz (FlHG) und in der Verordnung über die hygienischen Anforderungen und amtlichen Untersuchungen beim Verkehr mit Fleisch (Fleischhygiene-Verordnung - FlHV).

Die Schlachttieruntersuchung stellt hierbei eine klinische Untersuchung der noch lebenden, zur Schlachtung vorgesehenen Tiere dar. Sie soll sicherstellen, dass die einzelnen Tiere nicht von einer auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheit befallen sind und dass die Tiere keine Störungen des Allgemeinbefindens oder Erscheinungen einer Krankheit aufweisen. Auch soll sie ausschließen, dass Tiere für den menschlichen Verzehr geschlachtet werden, denen Stoffe mit pharmakologischer Wirkung verabreicht worden sind oder bei denen Rückstände, welche die menschliche Gesundheit beeinflussen könnten, vorhanden sind.

Bei der Anlieferung der Tiere am Schlachthof wird durch den amtlichen Tierarzt jedes einzelne Tier im Rahmen einer Adspektion am Tag der Schlachtung begutachtet. Ein Vorbericht zu den Tieren liegt in der Regel nicht vor. Ergeben sich Zweifel an der Gesundheit des Tieres oder an der Genusstauglichkeit seines Fleisches, werden weitergehende Untersuchungen durchgeführt.

Die Fleischuntersuchung findet unmittelbar im Anschluss an die Schlachtung im Schlachtbetrieb durch den amtlichen Tierarzt und staatliche geprüfte Fleischkontrolleure statt. Es handelt sich hierbei um eine pathologisch-anatomische Untersuchung des Tieres (Schlachtkörper) und seiner Organe (Geschlinge und Magen-Darm-Paket). Die Untersuchung selbst besteht im Grundsatz aus der Triade Adspektion-Palpation-Inzision. Ergibt sich im Rahmen dieser „Grunduntersuchung“

der Verdacht auf eine Erkrankung oder sonstige Tatsachen, welche die menschliche Gesundheit beeinflussen könnten, so werden weitere Untersuchungen wie die bakteriologische Untersuchung (BU) oder Rückstandsuntersuchungen durchgeführt.

Seit mehr als 10 Jahren, ausgehend von der Verabschiedung der EU-Richtlinie 93/43/EWG (Richtlinie „Lebensmittelhygiene“) und des Weißbuches zur Lebensmittelsicherheit (KOM 99/719), gibt es jedoch Bestrebungen, das Lebensmittelrecht EU-weit zu vereinheitlichen. Leitgedanke des Weißbuches ist u. a.

die Verlagerung der Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit auf den Landwirt und den Lebensmittelerzeuger (HARTIG u. UNTERMANN 2003). Die zuständigen Behörden sollen dann mittels nationaler Überwachungssysteme für eine „Kontrolle der Eigenkontrolle“ sorgen.

Als Basis der Vereinheitlichung dient die Verordnung (EG) 178/2002, auch schlicht

„Basis-Verordnung“ oder „General Food Law“ genannt, welche in vollem Umfang seit dem 01.01.2005 in Kraft ist. In dieser Verordnung wurden schon im Jahr 2002 die allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts und Verfahren zur Lebensmittelsicherheit festgelegt. Auch die Errichtung einer Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ist hierin geregelt. Dass die lebensmittelrechtlichen Regelungen der Europäischen Union in Form einer Verordnung erlassen wurden, zeigt deren zunehmende Wichtigkeit. Müssen

EU-Richtlinien, wie die Richtlinie „Lebensmittelhygiene“ im Jahr 1993, unter Nutzung von Übergangsvorschriften in jedem Mitgliedsstaat erst in nationales Recht umgesetzt werden, so sind EU-Verordnungen in jedem Mitgliedstaat unmittelbar geltendes Recht.

Mit der Basis-Verordnung als Grundlage erfolgte durch die Verabschiedung des so genannten Hygienepakets im Jahr 2004 eine weitere Ausgestaltung des europäischen Lebensmittelrechts. Auch hier wurde der direkte Weg der EU-Verordnung gewählt. Kern dieses Pakets sind die EU-Verordnungen (EG) 852/2004, 853/2004 und 854/2004. Die Vorgaben dieser Verordnungen sind ab dem 19.01.2006 anzuwenden und werden eine tief greifende Umgestaltung des nationalen Hygienerechts nach sich ziehen (STÄHLE 2004).

Die Verordnung (EG) 852/2004 regelt europaweit den Bereich der Lebensmittelhygiene. Im Gegensatz zu der bisher in Deutschland geltenden Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) wird hier im Rahmen eines integrierten Ansatzes auch der Bereich der Primärproduktion einbezogen. Zusätzlich zu den ähnlichen Anforderungen an Räumlichkeiten und Personal in lebensmittelverarbeitenden Betrieben wird in der EU-Verordnung jedoch ein stärkeres Gewicht auf vorbeugende Gefahrenanalysen im Sinne eines Hazard Analysis and Critical Control Point (HACCP)-Konzepts (ANONYM 1996; SINELL 1996) gelegt. Zwar fordert auch die LMHV in § 4 Abs. 1 „ein Konzept, dass der Gefahrenidentifizierung und -bewertung dient, zu deren Beherrschung beiträgt“ und legt fest, welchen Grundsätzen dieses genügen muss, die Forderung bleibt jedoch sehr allgemein gehalten und es ist nicht verpflichtend, dass das Konzept schriftlich festgelegt werden muss. Im Gegensatz dazu müssen Lebensmittelunternehmer laut Anhang I Kapitel III der Verordnung (EG) 852/2004 über die Maßnahmen zur Eindämmung von Gefahren Buch führen und diese Bücher während eines angemessenen Zeitraums aufbewahren. Die Lebensmittelunternehmer müssen diese Dokumentationen den zuständigen Behörden und den belieferten Lebensmittelunternehmern auf Verlangen zur Verfügung stellen. Für Lebensmittelunternehmer, die Tiere halten oder Primärerzeugnisse tierischen Ursprungs gewinnen, sind Dokumentationspflichten für folgende Punkte festgelegt:

a) Art und Herkunft der an die Tiere verfütterten Futtermittel, b) die den Tieren verabreichten Tierarzneimittel und die sonstigen

Behandlungen, denen die Tiere unterzogen wurden, die Daten der Verabreichung und die Wartefristen,

c) aufgetretene Krankheiten, die die Sicherheit von Erzeugnissen tierischen Ursprungs beeinträchtigen können,

d) die Ergebnisse von Analysen von Tiermaterialproben oder sonstiger für Diagnosezwecke genommener Proben, die für die menschliche Gesundheit von Belang sind, und

e) einschlägige Berichte über Untersuchungen, die an den Tieren oder Erzeugnissen tierischen Ursprungs vorgenommen wurden.

Spezielle Regelungen für Hygienevorschriften für tierische Lebensmittel sind in der Verordnung (EG) 853/2004 niedergelegt. Als Grund für diese zusätzlichen Regelungen ist in der Präambel der Verordnung angeführt, dass vor allem für Lebensmittel tierischen Ursprungs häufig mikrobiologische oder chemische Gefahren gemeldet werden. Derartige Lebensmittel bergen besondere Gefahren für die menschliche Gesundheit und machen daher spezifische Hygienevorschriften erforderlich.

Eine Regelung zur Beherrschung dieser Gefahren ist, dass auch Schlachthofbetreiber entsprechend Anhang I Abschnitt II zur Durchführung von HACCP-Verfahren verpflichtet sind. Insbesondere sind sie verpflichtet für alle Tiere, die in den Schlachthof verbracht werden, „Informationen zur Lebensmittelkette“

einzuholen, zu prüfen und diesen Informationen entsprechend handeln. Die Informationen müssen dem Betreiber und dem zuständigen amtlichen Tierarzt spätestens 24 Stunden vor der Ankunft der Tiere zur Verfügung stehen. Tiere, zu denen diese Informationen nicht vorliegen, darf der Schlachthofbetreiber nicht in den Räumlichkeiten des Schlachthofs zulassen.

Die geforderten Informationen müssen die in Anhang I Abschnitt III Nr.3 genannten Punkte umfassen:

a) den Status des Herkunftsbetriebs oder den Status der Region in Bezug auf

die Tiergesundheit,

b) den Gesundheitszustand der Tiere,

c) die den Tieren innerhalb eines sicherheitserheblichen Zeitraums verab-reichten und mit Wartezeiten größer als Null verbundenen Tierarzneimittel, sowie die sonstigen Behandlungen, denen die Tiere während dieser Zeit unterzogen wurden, unter Angabe der Daten der Verabreichung und der Wartezeiten,

d) das Auftreten von Krankheiten, die die Sicherheit des Fleisches beein-trächtigen können,

e) die Ergebnisse der Analysen von Proben, die Tieren entnommen wurden, sowie anderer zur Diagnose von Krankheiten, die die Sicherheit des Fleisches beeinträchtigen können, entnommener Proben, einschließlich Proben, die im Rahmen der Zoonosen- und Rückstandsüberwachung und -bekämpfung entnommen werden, soweit diese Ergebnisse für den Schutz der öffentlichen Gesundheit von Bedeutung sind,

f) einschlägige Berichte über die Ergebnisse früherer Schlachttier- und Schlachtkörperuntersuchungen von Tieren aus demselben Herkunftsbetrieb, einschließlich insbesondere der Berichte des amtlichen Tierarztes,

g) Produktionsdaten, wenn dies das Auftreten einer Krankheit anzeigen könnte, h) Name und Anschrift des privaten Tierarztes, den der Betreiber des

Herkunfts-betriebs normalerweise hinzuzieht.

Der Lieferant der Schlachttiere ist somit verpflichtet, die Informationen aus den Aufzeichnungen, die er als Herkunftsbetrieb gemäß der Verordnung (EG) 852/2004 führen muss, dem Schlachthofbetreiber tierbegleitend zu übermitteln.

Der amtlichen Überwachung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs widmet sich die Verordnung (EG) 854/2004. Prinzipiell unterscheidet die Verordnung bei den Prüfungen durch den amtlichen Tierarzt zwischen

"Überprüfung (Audit)", welche eine Prüfung der HACCP-Konzepte darstellt, um festzustellen, ob Tätigkeiten und damit

zusammen-hängende Ergebnisse mit geplanten Vereinbarungen übereinstimmen und ob diese Vereinbarungen wirksam umgesetzt werden und zur Erreichung der Ziele geeignet sind;

und

"Inspektion", welche eine unmittelbare Prüfung von u.a. Betrieben, Tieren, Lebensmitteln, Verfahren und Methoden, einschließlich der Unterlagen darstellt, um zu verifizieren, ob in allen Fällen den gesetzlichen Anforderungen genügt wird.

Entsprechend Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung werden Inspektionen bei Frischfleisch durch den amtlichen Tierarzt vor allem in Bezug auf folgende Punkte durchgeführt:

a) Informationen zur Lebensmittelkette;

b) Schlachttieruntersuchung;

c) Wohlbefinden der Tiere;

d) Fleischuntersuchung;

e) spezifiziertes Risikomaterial und andere tierische Nebenprodukte;

f) Labortests.

Bezüglich der „Informationen zur Lebensmittelkette“ hat der amtliche Tierarzt entsprechend Anhang I Abschnitt I Kapitel II Buchst. A der Verordnung bei der Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung die Informationen aus den Aufzeichnungen des Herkunftsbetriebs der Schlachttiere zu prüfen, zu analysieren und deren Ergebnisse zu berücksichtigen.

Sind bei Tieren einzelner Herkünfte zusätzliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit angewendet worden (z. B. integrierte Systeme, eigene Qualitätskontrollsysteme, unabhängige Zertifizierung), so kann der amtliche Tierarzt dies bei den Inspektionen und der Überprüfung der HACCP-Verfahren berücksichtigen. Eine Möglichkeit der Berücksichtigung stellt es dar, wenn die zuständige Behörde, wie es Anhang I Abschnitt IV Kapitel IV Buchst. B Nr. 2 der Verordnung freistellt, auf der Grundlage betriebsspezifischer epidemiologischer Daten entscheidet, dass Mastschweine, die seit dem Absetzen in kontrollierter

Haltung in integrierten Produktionssystemen gehalten wurden, in einigen oder allen Punkten der Fleischuntersuchung lediglich einer Besichtung statt der „klassischen“

Fleischuntersuchung unterzogen werden müssen.

Parallel zu der Entwicklung dieser neuen rechtlichen Grundlagen über die letzten 10 Jahre trat bei der Schlachttier- und Fleischuntersuchung auch die Steigerung der erzeugten Fleischqualität immer mehr ins Zentrum der Betrachtung. Unterstützt wurde dies auch durch die Verbesserungen in der Tiergesundheit und der konsequenten Bekämpfung von Zoonosen in den letzten 100 Jahren. Dies führte u.a.

dazu, dass die gegenwärtigen Gesundheitsrisiken für den Verbraucher zuerst mit dem symptomlosen Trägertum von pathogenen Mikroorganismen wie Salmonella spp. oder Camphylobacter spp. und weniger mit eindeutigen pathologisch-anatomischen Veränderungen, wie bei der Tuberkulose, assoziiert sind (FEHLHABER 1994, SMULDERS u. PAULSEN 1997). Der technische Ablauf der Schlachttier- und Fleischuntersuchung erwies sich infolgedessen in einigen Punkten als überprüfungsbedürftig (MOUSING et al. 1997; STOCK et al. 1999; ANHALT 2000; FRIES 2001). Neue, hieraus resultierende Ansätze zeigen sich in der sog.

„Alternativen Fleischbeschau“ als einem Bestandteil eines „Integrierten Qualitätssicherungssystems“ (BLAHA u. BLAHA 1995). Wo die traditionelle Schlachttier- und Fleischuntersuchung nur eine „Endproduktkontrolle“ darstellt (HATHAWAY u. RICHARDS 1993; SNIJDERS 2000), würde ein Integriertes Qualitätssicherungssystem die Möglichkeit einer Stufenkontrolle nach Art des HACCP eröffnen (HATHAWAY 1997). Denn obwohl der Erzeuger als erster verantwortlich ist für die Qualität und Sicherheit seiner Produkte, so wurde Informationen aus der Erzeugerstufe im traditionellen System kein Platz eingeräumt (SNIJDERS et al. 1989).

Im Rahmen der Alternativen Fleischbeschau soll die traditionelle Fleischbeschau durch eine rein visuelle Fleischuntersuchung ersetzt werden (KOBE et al. 2000).

MÖBIUS (2002) kommt im Rahmen ihrer Arbeit jedoch zu dem Schluss, dass diese Art der Fleischuntersuchung unter den gegenwärtigen landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen und ohne rechtlich vorgeschriebene Sicherung der Tierherkunft, sowie der Rückmeldung der Befunde, noch nicht vertretbar ist. Eine rein visuelle Fleischuntersuchung kann weiterhin nur unter zu Hilfenahme von in den

Herkunftsbetrieben ermittelten Vorinformationen geschehen (DAVID 1994, FRIES et al. 1997). Hierzu muss zeitgleich ein Integriertes Qualitätssicherungssystem implementiert werden, damit der entstehende Informationsfluss gebündelt wird (SMULDERS u. PAULSEN 1997). Das Ziel ist, Erkrankungen und Kontaminationen so früh wie möglich im Vorfeld der Schlachtung, d. h. im schon im Herkunftsbetrieb, zu erkennen und zu reduzieren.

Das Integrierte Qualitätssicherungssystem, angesiedelt am jeweiligen Schlachthof, bedient sich einer standardisierten Erfassung von Organbefunden als wichtigem Informationsinstrument (BLAHA u. PREDOIU 1993; POINTON et al. 1999). Die Organbefundung lässt sowohl Rückschlüsse auf die Tier-/Herdengesundheit (BLAHA u. PREDOIU 1993; HARMS 1995; KÖFER et al. 2001), als auch auf die Schlachtkörperqualität zu (VON HAMMEL u. BLAHA 1993; BLAHA u. BLAHA 1995).

So gewonnene Daten ergeben zusammen mit den im Herkunftsbetrieb anfallenden Informationen (z. B. vorliegende Erkrankungen, erfolgte Behandlungen, Ergebnisse durchgeführter Untersuchungen) einen Gesamtüberblick über die Bestandsgesundheit und die bei der Schlachtung in Zukunft zu erwartenden Befunde. Zentraler Punkt ist daher ein funktionierendes Informationssystem, über welches die Informationen zu den Schlachttieren gesammelt und zugänglich gemacht werden (FRIES 2000; PREDOIU 2000; PETERSEN et al. 2002 a;

SCHULZE ALTHOFF et al. 2002). In praxi würde z. B. der Landwirt im System vermerken, wenn Tiere aufgrund einer Pneumonie mit Antibiotika behandelt wurden.

Der Schlachtbetrieb kann hieraus schließen, dass bei diesen Tieren mit einem erhöhten Anteil pathologisch veränderter Lungen zu rechnen ist. Nach der Schlachtung erfolgt dann wiederum eine Meldung, ob diese Vermutung im Rahmen der Organbefundung bestätigt wurde. Aufgrund einer solchen Rückkopplung kann der Landwirt dann seine Betriebsführung abstimmen und sowohl die Tiergesundheit, als auch die Fleischqualität verbessern (SNIJDERS et al. 1989). Nicht zu unterschätzen ist auch, dass ein derart optimiertes Informationsmanagement dem amtlichen Tierarzt eine schnellere und bessere Entscheidung über eine Zulassung von Schlachtschweinen zur Schlachtung ermöglichen kann (SCHULZE ALTHOFF 2004).

Integrierte, kettenübergreifende Qualitätssicherungssysteme, die diese Art des

Datenflusses nutzen, wurden international schon einige Jahre getestet. Viele dieser Systeme sind der Testphase entwachsen und mittlerweile schon fest etabliert. Hierzu gehören z. B. das deutsche Qualität und Sicherheit (QS) (ANONYM 2005 a) und das niederländische IKB - Integrale Ketenbeheersing (ANONYM 2005 b). Das Ziel derartiger Systeme ist die Verantwortung für die Qualität des Endproduktes auf alle am Entstehungsprozess Beteiligten zu verteilen und einen Qualitätsstandard zu erhalten bzw. zu verbessern (SCHRUFF 2004). Betrachtet man jedoch das deutsche QS- und das niederländische IKB-System, so fällt auf, dass zum Erreichen dieses Zieles in den beiden Ländern zum Teil unterschiedliche Kriterien als wichtig erachtet, bzw. die Kriterien unterschiedlich detailliert festgelegt wurden (VELTHUIS et al.

2004). Da innerhalb des deutsch-niederländischen Grenzgebietes traditionell grenzüberschreitende Handelsverbindungen zwischen Ferkelerzeugern, Schweinemästern und Schlachthofbetreibern bestehen, ergab sich die Notwendigkeit den Transfer der tierbegleitenden Informationen grenzüberschreitend sicher zu stellen und die beiden Qualitätssicherungssysteme für die jeweils andere Seite zu adaptieren (PETERSEN et al. 2002 b).

Auf Grund dieser Herausforderungen wurde im Jahr 2000 der Verein GIQS e.V.

(Grenzüberschreitende Integrierte Qualitätssicherung) als ein Verbund von europäischen Organisationen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft gegründet.

Aufgabe des Vereines ist die Weiterentwicklung von überbetrieblichem und grenzüberschreitendem Qualitätsmanagement und das Erarbeiten von Lösungen für die Forderungen des neuen EU-Lebensmittelrechts (ANONYM 2005 c). Um das grenzüberschreitende Qualitätsmanagement in der Fleischerzeugung zu verbessern, musste eine Möglichkeit für eine verbesserte Rückverfolgbarkeit und einen produktbegleitenden Informationsaustausch gefunden werden. Im Rahmen des GIQS wurde daher der „GIQS Backbone“ entwickelt. Der „GIQS Backbone“ stellt eine überbetriebliche, internetbasierte Datenbank („Data-Warehouse“) dar, in der die Daten zur Lebensmittelkette eingepflegt und miteinander verknüpft werden, so dass umfangreiche Auswertungsmöglichkeiten geschaffen werden (SCHRUFF 2004).

Eine Verknüpfung der Alternativen Fleischbeschau mit Integrierten Qualitätssicherungssystemen stellt die Risikoorientierte Fleischuntersuchung dar

(POINTON et al. 2000; HAMILTON et al. 2002; PÖCKER et al. 2004; SCHRUFF 2004). Schon in den Erwägungsgründen zur Verordnung (EG) 854/2004 wird darauf hingewiesen, dass Art und Umfang der amtlichen Überwachung von einer Bewertung der Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung, der Tiergesundheit, gegebenenfalls des Wohlbefindens der Tiere sowie der Art und des Umfangs der durchgeführten Prozesse und des Lebensmittelunternehmers abhängen. Ziel ist es daher, eine möglichst effiziente Risikoabschätzung vorzunehmen, um das gewünschte

„Schutzniveau“ zu erreichen (DEN HARTOG u. SNIJDERS 2000).

Unter Zuhilfenahme der oben erläuterten (Vor-)Informationen, in Zukunft unter Nutzung der „Informationen zur Lebensmittelkette“ entsprechend des Hygienepakets, wird bei der Risikoorientierten Fleischuntersuchung durch den amtlichen Tierarzt nach Risikoanalyse entschieden, ob bei den angelieferten Schweinen eine traditionelle oder eine visuelle Fleischbeschau durchgeführt wird. Der „GIQS Backbone“ bietet hierzu für Schlachtschweine z. B. die Möglichkeit die Daten der Primärproduktion, des Schlachthofes und der amtlichen Überwachung in Form eines Entscheidungsmodells so aufzubereiten, dass eine Risikoeinschätzung von einzelnen Lieferpartien möglich wird (SCHRUFF 2004). Dieses Entscheidungsmodell wird über ein Ampelsystem dargestellt, in dem zusammenfassende Darstellungen der Daten mit den Farben „rot“ (Grenzwertüberschreitung), „gelb“

(Warnwertüberschreitung) oder „grün“ (alle Schwellenwerte eingehalten) sichtbar werden. Dadurch werden die amtlichen Tierärzte in die Lage versetzt, die Informationen über die Lieferpartien leicht zu erfassen und zu interpretieren (SCHRUFF 2004; SCHULZE ALTHOFF 2004). Sollte der amtliche Tierarzt über die Risikoabschätzung zur Entscheidung gelangen, bei Schweinen einer Partie eine visuelle Fleischbeschau durchführen zu lassen, so muss jedoch nicht grundsätzlich auf die Palpation oder Inzision verzichtet werden. Die visuelle Fleischbeschau gibt nur die Möglichkeit, auf die obligatorischen Untersuchungsschnitte an jedem einzelnen Tier verzichten zu können (SCHRUFF 2004).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einführung der Risikoorientierten Fleischuntersuchung die amtlichen Überwachungsbehörden vor folgende Herausforderungen stellt (PÖCKER et al. 2004):

1) Risikoanalysen zur generellen Bewertung von Gefahren für die Lebensmittelsicherheit müssen erstellt und neue Verfahren für die amtliche Überwachung entwickelt werden.

2) Vor- und Rückmeldesysteme müssen in den lebensmittelerzeugenden Ketten etabliert werden.

3) Entscheidungen im Rahmen der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung müssen risikobasiert getroffen werden. Um dem amtlichen Tierarzt vor Ort eine Hilfestellung bei der Bewertung der Informationen zu geben bietet sich die Nutzung eines Entscheidungsmodells an.

Es ist allerdings auch zu beachten, dass Daten aus der Urproduktion keine absolut sichere Voraussage im Hinblick auf das Vorliegen oder Fehlen bestimmter Mängel erlaubt und daher eine Fleischuntersuchung keinesfalls komplett ersetzen kann (ANONYM 2004 b).

2.1.2 Einstufung von Betrieben und Tieren im Rahmen des Salmonellenmonitoring