• Keine Ergebnisse gefunden

SB7 – Steuerliches Verfahrenrecht

Im Dokument SB1 - Einführung in die Besteuerung (Seite 38-43)

4.1 Die Friseurmeisterin Elise Klein gibt seit 10 Jahren ihre Einkommensteuererklärung immer innerhalb der gesetzlichen Frist ab. Im Jahr 2004 fielen gleich zwei Mitarbeiter auf Grund von Krankheit aus. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung erfolgt erst im Oktober 2005 (die veranlagte Einkommensteuer beträgt 2.000,-- €). Das Finanzamt setzt einen Verspätungszuschlag in Höhe von 300,-- € fest.

Wie ist die Festsetzung des Verspätungszuschlags zu beurteilen?

4.2 Die Einkommensteuererklärung 04 wurde abgegeben am a) 31.03.05

b) 19.04.06 c) 11.07.09 d) gar nicht

Wann beginnt die Festsetzungsfrist gemäß AO?

4.1 Die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist nach § 152(1) AO i. V. m. § 5 AO eine Ermessensentscheidung des Finanzamtes.

In diesem Fall sind die Ermessensgrenzen überschritten, da nur ein Verspätungszuschlag bis max.

10% der Steuerschuld erhoben werden darf gem. § 152 (2) AO.

Bei der Beurteilung des Zwecks der Ermessensentscheidung ist auch § 152 (2) S. 2 AO zu beachten (ggf. Ermessensfehlgebrauch). Danach erscheint die Festsetzung des Verspätungszuschlags bzw.

dessen Höhe nicht gerechtfertigt.

4.2 Die Festsetzungsfrist beginnt gem. § 170 AO in diesen Fällen:

a) am 01.01.06, 0:00 Uhr b) am 01.01.07, 0:00 Uhr c) am 01.01.08, 0:00 Uhr d) am 01.01.08, 0:00 Uhr

Erläuterung: Die Festsetzungsfrist beginnt grundsätzlich erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Jahres seit der Entstehung der Steuer (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO). Daher dauert diese Anlaufhemmung im Höchstfall drei Jahre.

Luise Lange gibt ihre Einkommensteuererklärung 2004 im Jahr 2010 ab. Das Finanzamt setzt die Steuer am 24.11.2011 um 2.000,-- € zu hoch fest. Frau Lange legt am 23.12.2011 Einspruch ein.

Wann endet die Festsetzungsfrist gemäß Abgabenordnung?

Die Einkommensteuer ist mit Ablauf des Jahres 2004 entstanden. Da für die Einkommensteuer eine Erklärung abzugeben ist, beginnt die Festsetzungsfrist spätestens mit Ablauf des 3. Jahres, nachdem die Steuer entstanden ist, also mit Ablauf des Jahres 2007 gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO (Anlaufhemmung).

Die Festsetzungsfrist beträgt 4 Jahre, sie endet mit Ablauf des Jahres 2011.

Ohne Ablaufhemmung würde die Festsetzungsfrist also mit Ablauf des Jahres 2011 enden, so dass die fehlerhafte Steuerfestsetzung nicht mehr geändert werden könnte. § 171 Abs. 3 AO bestimmt daher, dass die Festsetzungsfrist nicht abläuft, bevor über den Einspruch unanfechtbar entschieden wurde.

Die Festsetzungsfrist beginnt frühestens mit Ablauf des Jahres in dem die Steuer entstanden ist und beginnt spätestens mit Ablauf des dritten Jahres in dem die Steuer entstanden ist. (Anlaufhemmung) Die Festsetzungsfrist beträgt 4 Jahre.

Wann können Steueransprüche gemäß Abgabenordnung erlöschen?

Bitte skizzieren Sie die Grundstruktur des Besteuerungsverfahrens!

4.1)

Die allein stehende Thea Bock erhält ihren Einkommensteuerbescheid 2002 am 14.07.2003. Das Finanzamt hat den Haushaltsfreibetrag gestrichen mit der Begründung, dass dieser Frau Bock nicht zusteht.

Welche Möglichkeiten der Berichtigung dieses Einkommensteuerbescheides hat Frau Bock a.) am 21.07.2003 ?

b.) am 26.09.2003 ?

c.) am 26.09.2003 (der Steuerbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung) ? 4.2)

Welche gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren kennen Sie? Bitte erläutern Sie diese kurz!

4.1)

a.) Sie kann einen Einspruch (§ 355 AO) einlegen, weil die Frist nicht abgelaufen ist.

b.) Sie hat keine Einspruchsmöglichkeit mehr, weil die Frist abgelaufen ist.

c.) Weil der Bescheid nach § 164 AO ergangen ist, kann Frau Bock einen Änderungsantrag stellen bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist.

4.2)

Die Finanzgerichtsordnung (FGO) regelt die gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren.

Sie geben dem Steuerpflichtigen Rechtsschutz in den Fällen, in denen das Einspruchsverfahren erfolglos geblieben ist.

Die FGO unterscheidet 5 verschiedene Klagearten.

• Anfechtungsklage

Ziel ist die Aufhebung einer ergangenen Einspruchsentscheidung.

Zulassungsvoraussetzung ist die Durchführung eines Einspuchsverfahrens.

• Sprungklage

Verzicht auf ein Einspruchsverfahren und direkter Schritt zur Klage.

• Untätigkeitsklage

Nach 6 monatiger Untätigkeit der Finanzbehörde.

• Gegen finanzgerichtliche Urteile ist die Revision beim BFH möglich, wenn dies vom Finanzgericht zugelassen wird.

• Im Falle der Zulässigkeit entscheidet der BFH durch Urteil.

• Im Fall der Unbegründetheit wird diese zurückgewiesen.

• Der BFH entscheidet entweder selbst in der Sache oder weist den Fall unter Aufhebung der Entscheidung des Finanzgerichtes an selbiges zurück.

• Die Entscheidung des BFH ist bindend und kann nicht mehr angefochten werden.

Nenne die wichtigsten Korrekturvorschriften (9)

• Berichtigung wegen offener Unrichtigkeit (§129 AO)

• Änderung eines Steuerbescheides, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. (§164 (2) AO)

• Änderung eines vorläufigen Steuerbescheides (Bei ungewisser Besteuerungsgrundlage)

• Änderung nach Einspruch (§172 (1) Nr. 2a AO)

• Änderung nach Antrag auf schlichte Änderung (§172 AO) - innerhalb der Einspruchsfrist ohne Einspruchsverfahren

• Änderung wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen (§173 (1) Nr. 1 AO)

• Änderung wegen Änderung eines Grundlagenbescheides (§175 AO)

• Berichtigung von Rechtsfehlern (§177 AO)

1) Die Steuerpflichtige Isa Grau bemerkt bei Erhalt ihres Einkommensteuerbescheides, dass sie vergessen hat, einen Teil ihrer Zinsen in ihrer Einkommensteuererklärung anzugeben. Sie berichtigt ihre Einkommensteuererklärung sofort nach § 153 AO.

Aufgrund welcher Vorschrift kann oder muss das Finanzamt den Steuerbescheid ändern?

2) Der Steuerpflichtige Ron Winter reicht seine Einkommensteuererklärung 2002 am 28.02.2003 beim zuständigen Finanzamt ein. Wann endet die Festsetzungsfrist für

a) hinterzogene Einkommensteuer 2002?

b) leichtfertig verkürzte Einkommensteuer 2002?

3) Die Steuerpflichtige Ute Engel gibt ihre USt-Voranmeldung monatlich ab. Die Voranmeldung für Februar 2003 (Zahllast 3.200,- €) reicht sie am Freitag, 07.03.2003, beim zuständigen Finanzamt ein.

Die Zahlung wird der Finanzkasse am 12.06.2003 gutgeschrieben.

In welcher Höhe entsteht ein Säumniszuschlag?

1) Das Finanzamt kann bzw. muss den Einkommensteuerbescheid wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen, die zu einer höheren Steuer führen, ändern gem. § 173 Abs.1 Nr.1 AO.

2)

a.) Die Festsetzungsfrist für hinterzogene Einkommensteuer 2002 endet mit Ablauf des 31.12.2013 (31.12.2003 + zehn Jahre).

b.) Die Festsetzungsfrist für leichtfertig verkürzte Einkommensteuer 2002 endet mit Ablauf des 31.12.2008 (31.12.2003 + fünf Jahre).

3)

Der Säumniszuschlag beträgt 128,-- € (4% von 3.200,-- €).

Der Zeitraum 10.03.2003 bis 12.06.2003 entspricht vier angefangenen Monaten.

Fall 1:

Herr Klein stellt am 22.08.2002 fest, dass im Steuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 1996 vom 12.05.1997 ein Rechenfehler zu seinen Ungunsten enthalten ist. Dies hat zur Folge, dass die Steuerschuld damals um 2.000,-- DM zu hoch festgesetzt wurde.

Kann Herr Klein gegen den Steuerbescheid noch etwas unternehmen? (Begründung) Fall 2:

Das Finanzamt hat bei der Einkommensteuerveranlagung der Steuerpflichtigen Marie Kruse den Haushaltsfreibetrag nicht abgesetzt. Frau Kruse hat diesen in ihrer Einkommensteuererklärung richtig eingetragen und sie erfüllt auch alle Voraussetzungen.

Muss Frau Kruse einen Einspruch einlegen oder gibt es noch eine andere Möglichkeit der Berichtigung?

Fall 1:

Er kann nichts mehr unternehmen. Es handelt sich zwar um eine offenbare Unrichtigkeit, diese kann aber nur innerhalb der Festsetzungsfrist berichtigt werden (§§ 129 und 169 Abs. 1 Satz 2 AO).

Die Festsetzungsfrist begann mit Ablauf des 31.12.1997 (Einreichung der Steuererklärung in 1997), beträgt 4 Jahre und endet mit Ablauf des 31.12.2001. Der Fehler wurde erst am 22.08.2002

festgestellt.

Fall 2:

Die Steuerpflichtige muss keinen Einspruch einlegen, weil der Fehler auch durch schlichte Änderung berichtigt werden kann.

Der Antrag auf schlichte Änderung bietet den Vorteil, dass er formfrei (z.B. telefonisch) gestellt werden kann und die Gefahr einer Verböserung vermeidet.

Das Finanzamt Düsseldorf verschickt am 15. August um 15.00 Uhr mit einfacher Post einen ESt-Bescheid an den Steuerpflichtigen Engel. Engel erhält den ESt-ESt-Bescheid am 16. August um 12.00 Uhr. Gegen diesen Bescheid legt Engel Einspruch ein. Das Einspruchschreiben steckt Engel am Montag, den 20.September um 23.30 Uhr direkt in den Briefkasten des Finanzamtes Düsseldorf.

a.) Ist die Frist zur Einlegung des Einspruchs eine verlängerungsfähige Frist?

b.) Hat Engel den Einspruch fristgerecht eingelegt?

a.) Die Einspruchsfrist beträgt einen Monat seit Bekanntgabe des Bescheids (§ 355 Abs. 1 AO).

Es handelt sich um eine gesetzliche Frist, die nicht verlängerungsfähig ist.

b.) Der ESt-Bescheid gilt nach §122 Abs. 2 Nr. 1 AO mit dem 3. Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, also am 18. August (sogenannte Zugangsfiktion).

Diese gilt auch dann, wenn der tatsächliche Zugang vorher erfolgte.

Demnach ergibt sich:

Fristbeginn: § 108 Abs. 1 AO, § 187 Abs. 1 BGB: 19.August 0.00 Uhr Fristende: § 108 Abs. 1 AO, § 188 Abs. 2 BGB: 18.September 24.00 Uhr

Da das Fristende auf einen Sonnabend fällt, endet die Frist nach § 108 Abs. 3 AO erst am Montag, den 20. September um 24.00 Uhr.

Der Steuerpflichtige Engel hat seinen Einspruch fristgerecht eingelegt.

Nennen Sie die Rechtsbehelfsverfahren der Abgabenordnung! ↑ Außergerichtliches Einspruchsverfahren: (= Vorverfahren)

Dem gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren ist das außergerichtliche Einspruchsverfahren vorgelagert.

• zusätzliche Instanz

• höherer Rechtsschutz für den Steuerpflichtigen

• Finanzverwaltung kann eigene Entscheidungen selbst prüfen und Fehler ohne Einschalten der Gerichte korrigieren.

Zulässigkeitsvoraussetzungen:

• Statthaftigkeit (§347 AO)

• Formerfordernis (§357 AO)

• Fristeinhaltung

• Beschwerde

Gerichtliches Rechtsbehelfsverfahren:

Bleibt das außergerichtliche Einspruchsverfahren für den Steuerpflichtigen erfolglos, bleibt ihm das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren, indem er beim Finanzgericht Klage gegen Entscheidung des Vorverfahrens einreicht. Das Gericht überprüft die Feststellungen der Behörde und entscheidet durch Urteil. Gegen dieses Urteil steht dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung u. U. das Rechtsmittel der Revision zu, über die der Bundesfinanzhof durch Urteil entscheidet.

Nicht-förmliche Rechtsbehelfe:

Nicht-förmliche Wege um die Finanzbehörde zu einer Entscheidungsänderung zu bewegen:

• Änderungsantrag

• Allgemeine Gegenvorstellung

• Antrag auf Billigkeitsmaßnahmen

• Dienstaufsichtsbeschwerde

Die Bestandskraft des Verwaltungsaktes wird dadurch nicht gehemmt, in der Praxis ist im Zweifelsfall dem Einspruch der Vorzug zu geben.

Erläutern Sie ausführlich, was § 110 AO „Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand“ bedeutet! (7)

• War jemand ohne eigenes Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag gemäß § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

• Damit wird der Steuerpflichtige so gestellt, als hätte er die Frist nicht versäumt.

• Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen.

• Dies ist jedoch nur spätestens ein Jahr nach Ende der versäumten Frist möglich.

• Hält das Hindernis länger an, ist eine Wiedereinsetzung nicht möglich, es sei denn,

• der Wiedereinsetzungsantrag war vor Ablauf der Jahresfrist wegen höherer Gewalt unmöglich.

• Wichtig ist, dass innerhalb der Frist des § 110 AO nicht nur der Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden muss, sondern auch die versäumte Handlung, also z.B. der Einspruch, nachgeholt werden muss.

5.1 Das Finanzamt Hamburg erkennt Fortbildungskosten der Arbeitnehmerin Anna Boote nicht als Werbungskosten an. Im Einkommensteuerbescheid weist das Finanzamt in einem kurzen Satz auf die Abweichung hin. Frau Boote legt erst nach Ablauf der Einspruchsfrist einen Einspruch ein.

Hat der Einspruch Aussicht auf Erfolg?

5.2 Die Einkommensteuerabschlusszahlung in Höhe von 3.122,-- € wurde am 10.10.2006 fällig. Der Steuerpflichtige zahlt erst am 08.12.2006 per Scheck.

Nach welcher Vorschrift und in welcher Höhe ergibt sich der Säumniszuschlag?

5.1

• Der Grundsatz des Rechtlichen Gehörs wurde verletzt (§ 91 Abs. 1 AO), der entsprechende Verfahrensfehler wurde allerdings durch die Erläuterung im Bescheid geheilt (§ 126 Abs.1 Nr.3 AO).

• Damit wurde der Steuerpflichtigen die Möglichkeit der Anhörung eingeräumt, wenngleich diese Anhörung in das Einspruchsverfahren verlagert wurde.

• Der Einspruch der Steuerpflichtigen ist unzulässig (§ 358 AO), da er nicht fristgerecht eingegangen ist (§ 355 Abs. 1 AO).

• Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor, insbesondere war der Verfahrensfehler des Finanzamtes nicht ursächlich für die Fristversäumnis.

• Die Steuerpflichtige ist ausdrücklich auf die Änderung aufmerksam gemacht worden, sodass es ihr möglich war, rechtzeitig ein kurzes, fristwahrendes Schreiben abzusenden.

5.2

Der Säumniszuschlag berechnet sich gemäß § 240 AO wie folgt:

Fälligkeit der Einkommensteuer: 10.10.06 1% SZ entstanden am: 11.10.2006 1% SZ entstanden am: 11.11.2006

1% von 3.100,-- € (abgerundet nach § 240 Abs.1 Satz 1 AO) ergeben einen Säumniszuschlag i.H.v. 31,-- €.

2 x 31,-- € = 62,-- € Säumniszuschlag

Im Dokument SB1 - Einführung in die Besteuerung (Seite 38-43)