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Sarbanes-Oxley

Im Dokument Dissertation Jens Ove Lauf (Seite 22-0)

1.1 Transportketten

1.1.7 Sarbanes-Oxley

Der Sarbanes-Oxley-Act ist ein US-amerikanisches Gesetz, welches von dem Demokraten Paul S. Sar-banes und dem Republikaner Michael Oxley entworfen wurde. Es dient der verbindlichen Regelung der Unternehmensberichterstattung von börsennotierten Firmen. Diese Maßnahmen zum Anlegerschutz

1.1 Transportketten

waren notwendig geworden, nachdem die Firmen Enron und Worldcom in Bilanzskandale verwickelt waren, die durch verschleierte Quartalsberichte hervorgerufen wurden.

Dieses Gesetz soll die Richtigkeit und Verlässlichkeit der offengelegten Finanzdaten nachhaltig si-cherstellen. Alle an US-Börsen notierten Firmen müssen sich Sarbanes-Oxley-konform verhalten. Das Gesetz liegt einem aufsichtsrechtlichen System für Wirtschaftsprüfgesellschaften zu Grunde, die Be-richte dieser Unternehmen überprüfen. Dieses basiert auf Richtlinien, die Risiken und Sicherheiten der vorgelegten Zahlen einschätzen sollen.

Wie das nachfolgende Beispiel zeigt, ist die Transportsicherheit nicht nur für Frachtführer und Fracht-versicherer ein wichtiges (und damit überprüfungswürdiges) Unternehmensfeld, sondern auch für im-oder exportlastige Firmen.

4700 Mazdas fast gesunken Der Automobilhersteller Mazda hat im Jahr 2006 erfahren, welches Risiko ein Schiffstransport für ihn bedeuten kann. Wie unter anderem der „Motor Vehicile Lemon Law“-spezialisierte Weblog berichtete, ging ein mit 4 700 Mazda-Automobilen beladenes Schiff in 60%ige Schräglage, nachdem der wasserbasierte Ballastausgleich versagte [17]. In Folge dessen konnte Mazda keinen der Neuwagen mehr wie geplant verkaufen. Mazda hatte allerdings Glück im Unglück, weil die Autos geborgen, Teile wiederverwertet und einige Autos auch repariert werden konnten. Die genaue Schadensgröße wurde von Mazda nicht beziffert.

Mazda verkaufte laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (unter Berufung auf Thomson Financial Datastream) im Jahr 2005 1,14 Millionen PKW. Der Verlust von 4 700 Autos ist bei Kenntnis dieser Zahlen vermutlich kein großes Betriebsrisiko. Anders kann dies bei kleineren oder finanziell ange-schlagenen Autoherstellern sein. Zurzeit werden Transportrisiken nicht adäquat von den Sarbanes-Ox-ley-zertifizierten Wirtschaftsprüfern berücksichtigt. Bei einer höheren Sensibilisierung für das Thema kann dies in der Zukunft aber durchaus passieren. Unabhängig von der gängigen Praxis wirken sich qualitätssteigernde Maßnahmen in jedem Fall positiv auf die Risikobetrachtungen der Firmen aus und senken somit die Sekundärkosten2.

1.1.8 Bewertung der aktuellen Situation im Containertransportwesen

Der gemischte Containertransport ist in erster Linie kostengünstig. Es gibt zwar Ansätze zur Einfüh-rung qualitätssteigernder Maßnahmen in einigen Teilbereichen, jedoch umfassen diese nicht die ge-samte Transportkette. Besonders der Schiffscontainertransport ist so auf Kostenminimierung ausge-legt, dass ein einzelner Shipper nicht in der Lage ist, Maßnahmen wie eine Transportüberwachung zu ordern – es wird einfach nicht angeboten. Besonders bei wertvoller Ware wären Mehrkosten pro Con-tainertransport leicht zu verschmerzen, wenn ein effektiver Diebstahlschutz, eine Temperatur- oder Feuchtigkeitsüberwachung oder ein Sofortwarnsystem für den Transport bestellt werden könnte.

2Die Sekundärkosten sind im Gegensatz zu den reinen Transportkosten (Primärkosten) die Kosten, die von Versicherungs-summen, Verwaltungsaufwand und Risikoabschätzungen herrühren.

Ein weiteres Problem stellt die komplexe Situation der Vertragspartner dar. Kleine, günstige Unter-frachtführer schließen ihre Verträge heute noch oft mit handschriftlich ergänzten Fax-Kopien ab. Wenn aber Verbesserungsmaßnahmen eingeführt werden sollen, stellt sich das Problem, dass alle Logistiker in einer Transportkette dabei involviert sein müssten. Das ist wohl auch einer der Hauptgründe, dass die Situation seit Jahren stagniert.

1.2 Auswirkungen der Terroranschläge des 11. September 2001

Die Terroranschläge des 11. September 2001 haben nicht nur weltweites Bestürzen ausgelöst. Neben umstrittenen Militäraktionen wurden eine Menge neuer Bestimmungen und Gesetze eingebracht, die unter anderem massive Auswirkungen auf den internationalen Containerverkehr haben. Besonders die USA sahen sich in einer Vorreiterrolle und gründeten die neue Behörde „Homeland Security“. Dieser Behörde ist die „U.S. Border and Customs“ unterstellt, die für den Großteil der Änderungen verant-wortlich zeichnet. Neben den amerikanischen Behörden hat ebenfalls die IMO reagiert und für ihren Einflussbereich ein großes Änderungspaket mit auf den Weg gegeben.

Eine interessante Berechnung ist in dem Papier „Container Security“ [23] zu finden; hier werden ver-schiedene offizielle Quellen herangezogen und die Kosten für das Schließen eines Hafens auf Grund ei-nes Terroranschlags abgeschätzt. EINE BILLIONDOLLARsolle dieses Unterfangen gesamtwirtschaft-lich kosten. Das zwölftägige Schließen eines Hafens mit gleichzeitiger Suche nach einer nicht detonier-ten Bombe verschlinge davon alleine 58 Milliarden Dollar. Dieses macht deutlich, weshalb diese neuen Maßnahmen so schnell und geballt verabschiedet wurden. Im Folgenden werden die neuen Regularien erläutert und eine Kostenabschätzung des vermuteten Mehraufwandes durchgeführt.

1.2.1 ISPS

Der ISPS-Code steht für „International Ship and Port Facility Security Code“ und wurde im Jahr 2002 von der IMO publiziert. Sie gilt als Erweiterung zu dem SOLAS-Vertrag („Safety Of Life At Sea Con-vention“), der die Menschen an Bord schützen soll. Seit Juli 2004 gilt das zweiteilige legislative Doku-ment für internationale Schiffe genauso wie für die Häfen, in denen diese Schiffe anlegen. Der erste Teil dieses Dokumentes definiert die Sicherheitsanforderungen an Schiffe und Häfen, wobei sich der zweite Teil darauf beschränkt vorzuschreiben, wie diese Anforderungen in der Praxis anzuwenden sind. Die umgesetzten Grundprinzipien des ISPS-Codes sind die rechtzeitige Erkennung der Sicherheitsrisiken, eine Einführung von deren Messmethoden und die Realisierung von Rollen mit entsprechenden Ver-antwortungsbereichen bezüglich Schiffen, Häfen und deren Einbettung in Regierungen und Behörden.

[34, 43, 13]

Der ISPS-Code wurde nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 initiiert, nachdem mit Flug-zeugen Verkehrsmittel für Terroranschläge verwendet wurden. Die unmittelbare Nähe von Pier 13 zur Wallstreet in Manhattan machte vielen Menschen deutlich, dass von Schiffen durchaus eine Gefahr

1.2 Auswirkungen der Terroranschläge

ausgehen kann. Es genügen Bomben mit einer Reichweite von 100 Metern, um in vielen bedeuten-den Hafenstädten einen immensen Schabedeuten-den anzurichten. ABC-Waffen können die Wirkung dramatisch verstärken. Darüber hinaus haben Schiffe selber eine nicht zu vernachlässigende Kraft und können als Waffe gegen hafennahe Ziele eingesetzt werden, weswegen der ISPS-Code nicht nur für die Schiffe gilt, sondern ebenso für deren Schnittstelle zum Festland.

Ebenfalls können Schiffe Ziele eines Angriffs sein oder von bewaffneten Piraten überfallen und unter deren Kontrolle gebracht werden. Daher gilt der ISPS-Code für alle internationalen Frachtschiffe mit einer Größe über 500 BRZ3, alle internationalen Fahrgastschiffe und mobile Offshore-Bohrinseln.

Für jedes dieser Schiffe muss die verantwortliche Reederei eine Risikobewertung durchführen (Ship Security Assessments, SSA) [14], einen Plan zur Gefahrenabwehr anfertigen (Ship Security Plan, SSP) und die verantwortlichen Personen bestimmen. So gibt es für jedes Schiff einen SSO (Ship Security Officer) und für die Reederei zusätzlich einen CSO (Company Security Officer). Der Reeder muss zudem für die Mitarbeiter Schulungen, Ausbildungen und Übungen anbieten. Darüber hinaus gelten für alle Aktivitäten Aufzeichnungspflichten. Sind alle Anforderungen erfüllt und überprüft worden, bekommt das Schiff ein ISSC (International Ship Security Certificate).

In jedem Hafen existiert seit Einführung des ISPS-Codes eine Port-Authority. Dabei handelt es sich um eine Behörde, die die Richtlinien des ISPS-Code überwacht und durchsetzt. Als eine Maßnahme führt diese Behörde eine Sicherheitsanalyse aller Hafenanlagen mit internationalem Verkehr durch (Port Facility Security Assessments, PFSA). Auf der Grundlage einer Risikoanalyse erstellt sie einen Ge-fahrenabwehrplan (Port Facility Security Plan, PFSP). Die Verantwortlichen einzelner Risikobereiche müssen Maßnahmen durchführen, die zu einer Minimierung des Risikos führen. Als Verantwortlicher für die Erstellung der Gefahrenabwehrpläne wurde der PFSO (Port Facility Security Officer) einge-führt. Die Port-Authority muss ebenfalls Schulungen und Übungen für ihre Mitarbeiter anbieten.

Seit dem 1. Juli 2002 ist es Personen ohne Erlaubnis der Port-Authority nicht mehr gestattet, interna-tionale Schiffe zu betreten. Es muss vorher immer ein Antrag gestellt werden und anhand einer Besu-cherliste darf der Eintritt nur angemeldeten Personen erlaubt werden. Lediglich bestimmten Behörden, Lotsen und Notdiensten wird unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zum Schiff gewährt. [42]

Die Konformität zum ISPS-Code bescheinigenden Zertifikate können nur von einer RSO (Recognized Security Organisation) ausgestellt werden. Die RSOs müssen speziell geschulte Betriebe sein, denen vom Gesetzgeber und von der Industrie gleichermaßen vertraut wird. Da die Verifizierer bereits diese vertrauenswürdige Rolle einnehmen, ist es nur konsequent, dass diese Institutionen auch die ISPS-Sicherheitsrichtlinien überprüfen. Eine Verifizierungsgesellschaft kann zur RSO werden, wenn sich ihre Mitarbeiter speziellen IMO-Schulungen unterziehen.

3Die Bruttoraumzahl ist Volumenmaß – ehemals Bruttoregistertonne

1.2.2 US-amerikanische Initiativen der Containersicherheit C-TPAT

Parallel zu den Maßnahmen der IMO gibt es verschiedene weitere Bemühungen, den internationalen Frachtverkehr abzusichern. Die US-amerikanische Zollbehörde (US-CBP) hat ein Programm aufgelegt, das die Transportkette gegenüber Terrorismus absichern soll. Die C-TPAT (Customs Trade Partnership against Terrorism) wurde im November 2001 begründet und regelt die US-amerikanischen Einfuhrbe-stimmungen für Waren. Die Teilnahme an dem Programm ist freiwillig. Als Gegenleistung werden die Einfuhrbestimmungen gelockert.

Jeder Partner hat der US-CBP dabei mehrere Zugeständnisse zu machen. Je nach Rolle des Partnerbe-triebs in der internationalen Transportkette müssen die Arbeitsprozesse um feste Sicherheitsprogramme erweitert werden. Dabei ist dies nicht auf die Bereiche beschränkt, die mit dem Beladen und dem Ver-packen der Ware in Zusammenhang stehen. Zusätzlich müssen die Angestellten in definierten Schlüs-selpositionen vorgeschriebene C-TPAT-Trainingsprogramme besuchen und in speziellen Bereichen des Betriebs eine physische Zugangskontrolle installiert werden. Ferner muss jeder Partner der US-CBP erlauben, stichprobenhafte Tests bei den Betrieben vor Ort durchzuführen.

Als Gegenleistung erhält jeder Partner Vorteile bei der Warenabfertigung auf dem amerikanischen Kon-tinent. So wurde eine „GreenLane“ definiert, bei der die Ware nur stichprobenartig überprüft wird.

Container von C-TPAT-Partnern werden über diese „GreenLane“ eingeführt, alle anderen Container in eine Warteschlange eingereiht und einzeln überprüft. Die Zeitersparnis bei C-TPAT-Nutzern kann auf diese Weise bei bis zu mehreren Tagen liegen. [99]

Zurzeit können nur amerikanische Unternehmen der C-TPAT beitreten. Zulieferbetriebe sind aber auch zunehmend in Europa betroffen.

24-Hour-Advance-Vessel-Manifest-Rule

Die Zollbehörde der USA hat im Jahr 2002 ein Einfuhrgesetz erlassen, dass Container über den See-weg nur noch eingeführt werden dürfen, wenn deren Frachtpapiere vor der BELADUNG des Schiffes außerhalb der USA der amerikanischen Zollbehörde zugänglich gemacht werden. Das AMS („Auto-mated Manifest System“) definiert dabei die Vorgehensweise und gilt für sämtliche Transportmittel, die für den Transport der Container in die USA verwendet werden. Für den Seeverkehr gilt, dass ein Schiff nur einlaufen darf, wenn sämtliche Frachtpapiere in elektronischer Form mindestens 24 Stunden vor der Beladung bei der US-Zollbehörde eingetroffen sind (für die anderen Transportmittel verhält es sich analog). Dies trifft im Übrigen auch für FROB (Foreign Cargo Remaining on Board) zu, also für Container, die nur in einem US-Hafen zur „Durchreise“ eintreffen und für einen anderen Zielhafen be-stimmt sind. In Anhang E.1 sind alle Daten aufgeführt, die ein Manifest für einen Container enthalten muss.

1.2 Auswirkungen der Terroranschläge

Container Security Initiative

Im Rahmen der CSI (Container Security Initiative) werden die AMS-Daten eines jeden Containers au-tomatisiert ausgewertet und ein statischer (Terrorismus-)Risikowert ermittelt. Als zu riskant eingestufte Container müssen noch vor dem Beladen im Ausfuhrhafen bereits mit einem Container-Röntgengerät durchleuchtet und wie Handgepäck bei der Flugzeugabfertigung überprüft werden (wenn die Häfen kein Gerät besitzen, wird dieses manuell durchgeführt) [98]. Die Devise der CSI lautet, die amerikani-schen Häfen als letzte Verteidigungslinie zu etablieren und dementsprechend die Häfen außerhalb der USA als davor liegende [97]. Mittlerweile haben 20 internationale Häfen diese teuren Röntgen-Geräte angeschafft. Darüber hinaus fordert die CSI den Einsatz von fortschrittlichen intelligenten Containern.

Die Einführung des elektronischen Siegels ist die erste Reaktion auf diese Forderung.

1.2.3 Kosten durch Terrorabwehrmaßnahmen

(in TEU) Insgesamt Export Import

Führende 25 US-Häfen 23 493 957 7 887 924 15 606 033 Alle US-Häfen 23 850 523 8 045 045 15 805 478 Prozentualer Anteil der Top 25 98,5% 98,0% 98,7%

Tabelle 1.3: US-Container-Handel in TEU [22]

Laut [22] werden jährlich fast (äquivalente) 24 Millionen Standardcontainer (TEU – siehe Anhang B.1) in die USA eingeführt (siehe Tabelle 1.3). Neben den beim Durchleuchten anfallenden Kosten benötigt jeder Hafen Röntgen- und Gamma-Strahlen-Durchleuchtungsmaschinen. Nach [100] liegen die blo-ßen Anschaffungskosten bei über zwei Millionen Dollar. Neben den Wartungskosten fallen überdies Trainingskosten an.

Die Universität von Washington hat für den neuntgrößten Hafen der USA in Seattle eine Analyse durchgeführt, wie die Transportkosten durch die Anti-Terror-Maßnahmen wachsen [3]. Dabei haben sie zwei Rechnungsmodelle als Grundlage verwendet: Eine untere und eine obere Abschätzung für die entstehenden Kosten. Die wirklichen Beträge bewegen sich wohl in der Mitte. Zwischen der unteren und der oberen Abschätzung liegt ungefähr der Faktor zwei, Tabelle 1.4 zeigt den Mittelwert der er-rechneten Werte. Die Zahlen beziehen sich dabei auf den Dollarzuschlag, der pro 20-Fuß-Container aufzuwenden ist.

C-TPAT CSI 24-HMR kombinierte Initiativen

Import $ 12 $ 12 $ 55 $ 79

Export $ 0 $ 0 $ 42 $ 42

Tabelle 1.4: Zusätzliche Kosten per TEU (nach [3])

Das World of Shipping Council hat Zahlen für das Jahr 2004 bekannt gegeben [22], nach denen der Hafen von Seattle jährlich 368 324 TEU exportiert und 680 780 TEU importiert. Basierend auf diesen

Werten und der Tabelle 1.4, zeigt Tabelle 1.5 die Gesamtkostenexplosion durch die beschriebenen Maßnahmen. Darüber hinaus wird die Annahme getroffen, dass die in Seattle entstehenden Kosten exemplarisch für die gesamten USA sind. Die Ergebnisse für den Staatenbund ergeben sich aus den Werten aus der Tabelle 1.3 hochgerechnet mit dem Ergebnis des Seattle-Modells.

Export Import Gesamt

Seattle $ 15 469 608 $ 53 781 620 $ 69 251 228

USA* $ 337 891 890 $ 1 248 632 762 $ 1 586 524 652

* Unter der Annahme, dass die Daten von Seattle für die ganzen USA gelten.

Tabelle 1.5: Zusätzliche Kosten pro Jahr

Nach dieser Hochrechnung ergäben sich jährliche Kosten in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar, die für die neuerlichen Maßnahmen von der Allgemeinheit zu tragen sind. In dem Modell der Universität von Washington wurde eine Container-Durchleuchtungsrate von 3% angenommen. Die Effektivität dieser Maßnahme ist fraglich. Eine wesentlich höhere Rate wäre in realistischen Anwendungen aber sicherlich aus Kosten-Nutzen-Sicht noch weniger sinnvoll.

1.2.4 Bewertung der aktuellen Terrorabwehrmaßnahmen

Die US-CBP hat ein Maßnahmenpaket verabschiedet, das auf dem ISPS-Code basiert. Die CSI geht zurzeit davon aus, dass sich der Status der Schiffe zwischen den Häfen nicht verändert – zumindest bezüglich der Container. Diese Annahme stützt sich auf den verschärften ISPS-Code-Regeln. Die ak-tuellen Maßnahmen überprüfen durch aufwändige und kostenintensive Kontrollen (AMS und Röntgen) an den statischen Endpunkten des Transports deren korrekten Status. Durch die Annahme, dass kein Unbefugter mehr in Container-Kontakt kommt, ohne dass zumindest eine Warnung ausgesprochen wird, reichen diese Maßnahmen womöglich aus.

Es ist allerdings fraglich, wie gut sich der ISPS-Code verlässlich anwenden lässt. Gerade Terroristen, die Mittel und Wege finden, Flugzeuge zu entführen und innerstädtisch zum Absturz zu bringen, wer-den auch die Möglichkeit haben, unerkannt auf Containerschiffe zu gelangen. Dieser Tatsache scheint sich auch die US-CBP bewusst zu sein, da sie in ihren Kernzielen zur CSI bereits weitergehende Ziele definiert. So spricht die Zollbehörde von einer notwendigen permanenten Überwachung durch intelli-gente Container [98].

Wären jedoch intelligente Container verfügbar, die es schaffen, durch technische Einrichtungen War-nungen auszusenden, wenn sich an ihrem Status etwas ändert, könnte der zurzeit lediglich aus den Manifestdaten des Containers bestehende statische Risikowert dynamisch gestaltet werden und so ein wesentlich effizienteres Maßnahmenpaket etablieren.

1.3 Aktuelle Lösungsansätze

1.3 Aktuelle Lösungsansätze

Es haben sich schon mehrere Gruppen Gedanken darüber gemacht, wie eine höhere Transportqualität erzielt werden kann. Eine Maßnahme ist zum Beispiel das elektronische Siegel. Gemäß ISO 18185 („Bolt E-Seal“) können die elektronischen Siegel automatisiert berührungslos ausgelesen werden. Da-bei können drei Siegel pro Sekunde aus vier Meter Entfernung gelesen werden. Aus dem Siegel sind der Siegelstatus, der Batteriestatus, die Siegelnummer und die Containernummer ersichtlich. Die Sie-gel sollen fälschungssicher sein. Der erhoffte Nutzen zeichnet sich bei einem Interchange ab, bei dem zurzeit das Siegel-Auslesen immer noch manuell geschieht. Ein elektronisches Siegel könnte automa-tisiert ausgelesen und Türöffnung im vorigen Transportabschnitt so detektiert werden. Die folgenden Abschnitte berichten über zwei exemplarische Ansätze, welche weiteren transportqualitätssteigernden Vorkehrungen aktuell getroffen werden. Beide Ansätze verfolgen den vielversprechenden Weg einer Transportüberwachung.

1.3.1 Cargobull Flottenmanagement

Im Bereich des LKW-Transports gibt es mittlerweile Speditionen, die interne „Tracking-und-Tracing“-Technologien einsetzen. T-Systems setzt zum Beispiel ein Flottenmanagement System namens „Cargo-bull Telematics“ bei der Spedition Schmitz Cargo„Cargo-bull ein. Auf GSM-Technik basierend, wird so der Aufenthaltsort jedes Containers in ganz Europa überwacht. Die Zentrale von Cargobull kann auf diese Weise ihre Fracht zuordnen und zu jeder Zeit den Aufenthaltsort jedes LKW und den dazugehörigen Container bestimmen. Darüber hinaus wird der Status des Containers überwacht. Es werden dabei Sensoren am ganzen Container verwendet. Neben der Überwachung der Frachttür und der Kupplung zum Führerhaus werden auch Daten aus dem Containerinneren (wie Temperatur und Bewegung) per-manent gemessen. Ein unbefugtes Abkoppeln oder Öffnen des Containers wird dem LKW-Fahrer per SMS-Alarmmeldung mitgeteilt. Das System ist aus technischer Sicht interessant, jedoch ist das gleich-zeitige Überwachen des LKW-Fahrers (oder zumindest seines Mobiltelefons) aus Datenschutzgründen bedenklich. Dieses System ist nur auf Cargobull-LKWs verbaut. Die Container bilden eine Einheit mit dem Anhänger und lassen sich nicht abnehmen. Wegen dieser Tatsache und des Verwendens von GSM versagt dieses System auf hoher See. [83, 95]

1.3.2 Kühlkettenüberwachung

Im internationalen Transportwesen gibt es auch Versuche, die gesamte Transportkette in die Über-wachung einzubeziehen. Bei der Kühlcontainer-ÜberÜber-wachung wird die Eigenschaft verwendet, dass Kühlcontainer bis auf kurze Unterbrechungen ständig mit Strom versorgt werden. Sensoren im Inneren des Containers ermitteln die Temperatur und zeichnen sie in elektronischen Logbüchern alle 15 Mi-nuten auf. Die Innentemperatur des Kühlcontainers muss dabei immer−18°C betragen. Mithilfe des Zeitstempels kann auf diese Weise im Nachhinein ermittelt werden, in wessen Zuständigkeitsbereich zu hohe Temperaturschwankungen aufgetreten sind. Für diese Systeme gibt es bereits internationale

Klassifizierungsrichtlinien und Überprüfungen, die von Klassifizierungsgesellschaften überprüft wer-den. Dieses System ist aber lediglich auf die Kühlcontainer und deren Innentemperatur beschränkt.

Nach ISO-Standard 10368 [21] existieren bereits Systeme zur Fernauslesung. Über Powerline4 kann das elektronische Logbuch von einer zentralen Stelle im Schiff ausgelesen werden.

1.3.3 Bewertung der Transportüberwachungssysteme

Die beiden Ansätze zeigen, dass bislang nur in engen Dimensionen gedacht wurde. Beides sind In-sellösungen, die auf einen kleinen Bereich beschränkt bleiben. Bei „Cargobull Telematics“ wird eine komplette Containerinnenraumüberwachung durchgeführt, die permanent verfügbar ist und über intel-ligente Warnsysteme verfügt. Allerdings ist dieses interessante System auf einen Schmitz-Cargobull-LKW beschränkt. Wenn die Ware über Europa hinaus transportiert werden soll, kann einem dieses System nicht weiter helfen.

Bei den Kühlcontainern wird die gesamte Transportkette abgedeckt. Vom Zeitpunkt des Einladens bis zum Entnahmezeitpunkt wird die Kühlkette durchgehend überwacht. Im Hami-Melonen-Fall war die Schuldzuweisung leicht möglich, weil nur ein Transporteur involviert war. Wenn sich mehrere Trans-porteure den Frachttransport teilen, kann nur eine lückenlose Überwachung den Schuldigen sicher ent-decken. Allerdings wird bei der Kühlcontainerüberwachung lediglich die Temperatur betrachtet. Die Kühlcontainer machen überdies nur einen Bruchteil des Containertransportwesens aus, eine erweiter-bare Lösung wäre wünschenswert.

Parallel zu diesem Projekt forschen verschiedene andere Gruppen an übergreifenden Containerüber-wachungen. Am weitesten ist ein Konsortium von IBM und Mærsk, das sich bereits im Feldversuchs-stadium befindet. In Kapitel 7 werden das IBM-Projekt „ITL“ und das MASC-Projekt miteinander verglichen und die Unterschiede herausgearbeitet.

4Bei Powerline wird der Datentransfer über das normale Stromnetz geführt, in dem der Datenstrom in hohen Frequenzen

4Bei Powerline wird der Datentransfer über das normale Stromnetz geführt, in dem der Datenstrom in hohen Frequenzen

Im Dokument Dissertation Jens Ove Lauf (Seite 22-0)