• Keine Ergebnisse gefunden

S ELBSTFÜRSORGE

Im Dokument Christliche Selbstführung (Seite 60-63)

Warum Selbstfürsorge notwendig ist

Die Notwendigkeit der Selbstfürsorge sehen Härry und die Jesuiten grösstenteils durch dieselben Argumente begründet. Als wichtigster Grund gilt bei beiden, dass nur, wer selbst erfüllt ist, auch geben kann. Die Erfüllung wird nicht aus egoistischen Gründen gesucht, sondern um Gott zur Verfügung zu stehen. Beide sehen massive Herausforderungen durch unsere Leistungskultur. Ebenso schildern beide, dass in der Gottesbeziehung Erneuerung und Heilung geschieht. Und schlussendlich zwingt uns ein massvoller Umgang mit unseren Ressourcen dazu, weder zu wenig noch zu viel zu tun, sondern mehr vom Richtigen und Wichtigen.

Beide Konzepte stellen für die Selbstfürsorge einen Gottesbezug her, füllen diesen inhaltlich aber anders. Härry sieht die Selbstfürsorge als Geschenk Gottes an den Menschen. Die Jesuiten

betrachten Jesus als die Mitte des menschlichen Lebens, die zu Mass und Gleichgewicht verhilft.

Gottes Geschenk bezieht sich wieder stärker auf unser Tun, Jesus als Mitte des Lebens auf unser Sein. Das Mensch-Sein wird bei den Jesuiten auch anders aufgegriffen: Zur Selbstfürsorge gehören Beziehungen, denn nur im Dasein mit anderen ist der Mensch wirklich Mensch.

So zeigt sich auch bei der Notwendigkeit der Selbstfürsorge: Härry und die Jesuiten sind sich erstaunlich ähnlich und gehen auf dieselben Punkte ein. Härry setzt den Fokus einmal mehr stärker auf das Tun, die Jesuiten auf das Sein.

Art und Weise, wie man für sich selber sorgt

Vergleicht man die Art und Weise der Selbstfürsorge, findet man dieselben Themen angesprochen: Gottesbeziehung, Beziehung zu anderen und die Gestaltung der Zeit mit Ruhe und Erholung.

Betreffend Spiritualität schildert Härry zuerst die Schwierigkeiten, die wir mit ihr haben, und geht dann auf die Vision einer tiefen und echten Gottesbeziehung ein. Wichtig ist ihm, dass sich diese nicht mit einer Form oder Methode finden lässt. Die Jesuiten pflichten dem bei, halten aber fest, dass Gemeinschaften und Bewegungen bewährte Spiritualitätsformen hervorbringen.

Dazu gehört auch die Ignatianische. Ihr Leitsatz bringt das Wesen der Spiritualität auf den Punkt: Gott in allen Dingen suchen und finden.

Das Muster wiederholt sich für die Zeitgestaltung und Sicherstellung von Ruhe und Erholung:

Härry beschreibt die Herausforderungen unserer Kultur detailliert und zeigt auf, dass wir Ruhe und Erholung dringend brauchen. Die Jesuiten greifen das Thema auf und verdeutlichen die Selbstverantwortung jedes Einzelnen in dieser Hinsicht. Sie machen klar: Ein reifer Mensch gestaltet dieses Thema aktiv. Ein wesentlicher Grundsatz der Jesuiten hilft dabei, Mass zu halten; die Frage nach dem Mehr. Es geht immer um die grössere Ehre Gottes mit den vorhandenen Möglichkeiten. Nicht um die grösste Ehre Gottes mit Ressourcen, die man gar nicht hat.

Was Beziehungen angeht, schildert Härry den Wert derselben in schwierigen Zeiten und beschreibt das Wesen einer guten Freundschaft. Die Jesuiten erklären unterschiedliche Aspekte in Beziehungen, etwa Selbstliebe oder Sexualität.

Die Jesuiten erwähnen darüber hinaus einen Aspekt, der bei Härry fehlt: Selbstfürsorge heisst auch, sich selber wahrzunehmen. Es geht um die Beziehung zu sich selber, um das

Wahrnehmen seines Körpers und vor allem seiner Emotionen. Zugang zu sich selber zu haben gehört untrennbar zur Selbstfürsorge dazu.

Alles in allem kommen dieselben Themen bei Härry und den Jesuiten vor. Härry beschreibt besonders eindrücklich die Schwierigkeiten in unseren Leben und zeigt so auf, welche Themen relevant sind und wie man sie angehen soll. Die Jesuiten fragen sich, wie ein reifer Mensch das Leben gestalten soll. Dazu haben sie einige eindrückliche Leitsätze formuliert. Hinzu kommt bei ihnen die Aufgabe der Selbstwahrnehmung, die wiederum stark auf das eigene Sein fokussiert.

Wie Selbstfürsorge umgesetzt werden soll

Die bereits angesprochenen Themen Gottesbeziehung, Beziehung zu anderen und Erholung und Ruhe kommen auch in der Umsetzung wieder bei beiden vor. Beide Konzepte weisen darauf hin, dass es unterschiedlichste Mittel zur Umsetzung gibt. Sie beschreiben also lediglich Vorschläge. Gemeinsam ist ihnen bei der Gottesbeziehung, dass sie Bibel und Gebet als zentral dafür ansehen. Ansonsten wird viel auf Selbstverantwortung gesetzt.

Härry fordert Kreativität und Mut, um eine tiefe, echte Spiritualität aufbauen zu können. Die Jesuiten beschreiben die Vorteile der Kontemplation als Begegnung mit Gott im Sein. Was Ruhe und Erholung angeht, wird Härry sehr spezifisch und schreibt über Schlaf, Auszeiten, Bewegung, usw. Die Jesuiten bleiben unklar, verweisen lediglich auf die Notwendigkeit zur Gestaltung eines sinnvollen Rhythmus und vergleichen die Lebensgestaltung mit dem Haushalten. Betreffend Beziehungen fokussiert sich Härry auf Freundschaften, die Jesuiten auf geistliche Begleitung, Gespräche mit geschulten Fachpersonen und das Leben in der Gemeinschaft. Interessant ist, dass Härry als Entwicklungsfelder für postmoderne Menschen die geistlichen Disziplinen der Stille, Einsamkeit und der geistlichen Begleitung nennt. Mit den Exerzitien und den geistlichen Übungen allgemein betreiben die Jesuiten genau eine solche Spiritualität und schlagen diese auch vor. Härry erwähnt an dieser Stelle nun ebenfalls, dass Selbstfürsorge auf das eigene Seelenleben achtet (bei den Jesuiten schon in der Selbstklärung behandelt). Er lässt aber offen, wie das gehen könnte. Die Jesuiten kennen dafür das Gebet der liebenden Aufmerksamkeit - eine Übung, um sich selber wahrzunehmen.

Bei der Umsetzung der Selbstfürsorge schreiben Härry und Jesuiten über dieselben Themen.

Sie machen unterschiedlichste Vorschläge, welche sich oft ergänzen. Härry erwähnt die Wichtigkeit von geistlichen Übungen des Seins und der Wahrnehmung der Seele. Er wird dabei aber nicht viel konkreter. Die Jesuiten hingegen haben mit den geistlichen Übungen genau die

Im Dokument Christliche Selbstführung (Seite 60-63)