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1 EINLEITUNG

1.3 P ROBLEMATIK DER A DIPOCYTENFORSCHUNG

Trotz des gestiegenen Interesses an der Fettzellbiologie ist die Zahl der in vitro Untersuchungen bislang verhältnismäßig gering. Dies liegt z. T. vermutlich auch an den besonderen physikalischen und biologischen Eigenschaften der Adipocyten, die stark von denen anderer Zellarten abweichen und die Übertragung herkömmlicher Methoden der Zell- und Molekularbiologie erschweren. Nachfolgend sind zunächst die Vor- und Nachteile der verschiedenen in vitro Untersuchungsmethoden des Fettgewebes und die sich dabei aus den Eigenschaften der Zellen ergebenden Probleme zusammengefaßt.

Anschließend wird kurz auf die Unterschiede von Tiermodellen bzw. tierischen Zellinien gegenüber humanem Fettgewebe eingegangen.

1 Einleitung 12

Neben der Kultivierung ganzer Fettgewebestücke werden in vitro Untersuchungen entweder an isolierten Adipocyten oder meistens an in vitro differenzierten Präadipocyten (Primärkulturen oder Zellinien) durchgeführt. Die Verwendung ganzer Fettgewebestücke kommt den körpereigenen Bedingungen zwar am nächsten, da alle Komponenten, die zur Bildung des Fettgewebes beitragen (Adipocyten, Stromavaskularzellen, Bindegewebe) in diesem Ansatz enthalten sind.; Die Funktionen der einzelnen Zellarten zu untersuchen, ist hier jedoch kaum möglich. Technisch bestehen bei diesem Untersuchungsansatz aufgrund des hohen Fettgehaltes des Gewebes die gleichen Probleme wie bei isolierten Adipocyten (s. u.). Hinzu kommt hier jedoch noch die Schwierigkeit, während der Kultivierung bzw. des Experimentes eine ausreichende Perfusion der Gewebestücke zu erhalten, um damit eine gleichmäßige Versorgung der Gewebebestandteile sicherzustellen.

Eine gute Alternative zu diesem Untersuchungsansatz ist die Verwendung isolierter Adipocyten, da sie den größten Teil des Fettgewebes ausmachen 106 und ihre Zahl und Größe während der Entstehung von Adipositas stark zunimmt. Im Verhältnis zur Größe anderer Zellarten, wie z. B. Hepatocyten, Fibroblasten oder Präadipocyten (20 - 30 µm 107) sind Adipocyten jedoch mit einem Durchmesser von 40 – 150 µm 108-110 ausgesprochen groß und mechanisch sehr empfindlich. Sie besitzen meistens eine einzige, große lipidgefüllte Vakuole, die ca. 95 % des Zellvolumens einnimmt und zusammen mit dem randständigen, diskusförmigen Zellkern von einem nur sehr dünnen Cytoplasmasaum umgeben ist. Auch können sie sich im Gegensatz zu ihren Vorläuferzellen, den Präadipocyten, nicht mehr teilen, wodurch die Anzahl der Experimente, die mit einer Primärkultur durchgeführt werden können, sehr begrenzt ist.

Jedoch sind es insbesondere die Größe und der hohe Fettgehalt der Adipocyten, die bei der Untersuchung isolierter Zellen eine Reihe von Problemen hervorrufen. So sind Adipocyten für bestimmte Geräte (z. B. Neubauer-Zählkammern, Kapillaren, Zuleitungsschläuche etc.) zu groß. Die eingelagerten Lipide verleihen den Fettzellen darüber hinaus einen starken Auftrieb. Dies führt dazu, daß Adipocyten sich stets an der Oberfläche des Kulturmediums sammeln. Das erschwert die Handhabung der Kulturen, wie auch das Suspendieren der Zellen und behindert Versuche, bei denen die Zellen vollständig vom Medium umspült sein müssen (z. B. Rezeptorbindungsstudien).

Auch macht der dünne Cytoplasmasaum der Adipocyten die mikroskopische Beobachtung angefärbter Zellbestandteile (z. B. cytoplasmatische Rezeptoren)

schwierig. Bei molekularbiologischen Untersuchungen beeinträchtigen Fettgehalt und Größe besonders die Menge und die Qualität des verwendeten Materials. Da Zellkern und Cytoplasma bei Adipocyten zusammen nur ca. 5 % des Zellvolumens ausmachen, ist der Gehalt an Nukleinsäuren bzw. Proteinen im Verhältnis zum Volumen wesentlich geringer als bei anderen Zellarten. Hinzu kommt, daß Lipide bei den meisten Isolierungsmethoden für Proteine, RNA oder DNA die Qualität und Ausbeute zusätzlich verringern.

Aufgrund dieser Probleme ist es für in vitro Untersuchungen isolierter Adipocyten erforderlich, einen Großteil der für andere Zelltypen etablierten Methoden speziell anzupassen oder sogar neue Verfahren zu entwickeln. Da dies u. U. sehr aufwendig ist, wurden bisher die meisten Untersuchungen an Primärkulturen von Präadipocyten durchgeführt, die mit Hilfe verschiedener Hormone zur Differenzierung angeregt werden. Solche Kulturen sind einfacher zu handhaben, weisen aber verschiedene Nachteile auf. So enthalten sie neben den teildifferenzierten Adipocyten auch immer undifferenzierte Präadipocyten, während ausdifferenzierte Adipocyten kaum vorhanden sind, da diese sich aufgrund des hohen Fettgehaltes vom Boden des Kulturgefäßes lösen und beim Medienwechsel größtenteils verloren gehen. Auch haben die teildifferenzierten Adipocyten noch relativ wenige Lipide akkumuliert, die in diesem Entwicklungsstadium noch multilokulär organisiert sind, wodurch sie sich deutlich von ausdifferenzierten Adipocyten mit ihren unilokulären Lipidvakuolen unterscheiden.

Insofern entsprechen die Verhältnisse in differenzierenden Präadipocyten nicht zwangsläufig denen in ausdifferenzierten Zellen, welche doch den größten Teil des Fettgewebes ausmachen. 106 Auch zur Untersuchung der hormonellen Regulation ist dieses System durch die bereits erwähnte Notwendigkeit der hormonellen Stimulation der Differenzierung wenig geeignet. Eine weitere Einschränkung liegt darin, daß Primärkulturen isolierter Präadipocyten zunehmend ihre Differenzierungsfähigkeit verlieren und das mit Beginn der Differenzierung wiederum die Teilungsfähigkeit verloren geht. So ist es auch bei der Verwendung von Präadipocytenkulturen notwendig, immer wieder neue Primärkulturen anzulegen, wofür relativ große Mengen Fettgewebe benötigt werden, da der Präadipocytenanteil des Fettgewebes verhältnismäßig gering ist. 106

1 Einleitung 14

Da menschliches Fettgewebe jedoch meist schlecht verfügbar ist, wurden bisher ein Großteil der Untersuchungen an Ratten, Mäusen oder an verschiedenen klonalen Zelllinien der Maus (z. B. 3T3, Ob 1771) durchgeführt. Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Menschen und Nagetieren ist jedoch das Fehlen brauner Fettgewebedepots beim erwachsenen Menschen. Adipocyten aus braunem Fettgewebe sind wesentlich kleiner (ca. 60 µm 107,109), enthalten viele kleine multilokulär organisierte Lipidvakuolen und eine große Anzahl von Mitochondrien. Braunes Fettgewebe ist speziell der Wärmeerzeugung angepaßt und bei vielen Nagetieren sowie den meisten Winterschläfern vorhanden. Beim Menschen ist es nur bei Neugeborenen zu finden. 106 Es wird jedoch diskutiert, daß das weiße Fettgewebe des Menschen vereinzelt braune Adipocyten enthält. 109,111 Davon abgesehen haben Untersuchungen an weißem Fettgewebe gezeigt, daß Befunde bei Ratten, Mäusen oder klonalen Zellinien z. T.

deutlich voneinander abweichen oder sogar gegensätzlich sind. 77,105 Insofern ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse von Nagetieren auf den Menschen nur bedingt möglich.