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19 2.3.2 Richtlinien zur Transkription und Kodierung des sprachlichen

Korpus

In diesem Teil sollen kurz die Richtlinien zur Transkription und Kodierung des sprachlichen Korpus erörtert werden, die als Grundlage für eine einheitli-che Datenerfassung dienten. Alle Videoaufiiahmen wurden von der Verfasse-rin selbst transkribiert und anschließend kodiert, das Gleiche gilt für die Ko-dierung der von den Schülern verfassten Texte.

Um die mündlichen Beiträge zu untersuchen, mussten diese vor allem so verschriftlicht werden, dass sie einerseits eine handliche Form behielten, an-dererseits aber auch eine Untersuchung jener Aspekte erlaubten, die den Fremdsprachenerwerb im mündlichen Bereich kennzeichnen. Zu diesem Zweck wurden jene Kriterien herangezogen, die in Schneider und North (2000) für die Evaluation der mündlichen Kommunikation vorgeschlagen werden. Auf ihrer Grundlage und unter partieller Berücksichtigung bereits existierender Transkriptionsmodi wurde, wie im Folgenden dargestellt, ein auf die Zielsetzung dieser Untersuchung zugeschneidertes Transkriptions-system entwickelt.

Auf das Kodierungssystem wurde bereits in 2.3.1 kurz eingegangen. Auch hier stand die Notwendigkeit im Vordergrund, ein für eine Person anwendba-res Kodierungsverfahren zu entwickeln. Folglich wurde, wo immer es mög-lich war, auf bereits bestehende Kategorien zurückgegriffen. Ihre Anwen-dung erwies sich aber nicht immer als einfach. Die Tatsache, dass sich die Kodierungskategorien auf normbezogenen Größen stützen, während sich im Korpus natürlich auch normabweichende Elemente befanden, stellte sich in manchen Fällen als problematisch heraus, wie z.B. bei der morphosyntakti-schen Kodierung. In den Abschnitten 2.3.2.2-4 wird dargestellt, wie die Ko-dierungskategorien gehandhabt wurden und wie in besonderen Fällen verfah-ren wurde.

2.3.2.1 Die Transkription

Wie in 2.3.2 bereits erwähnt, basiert das hier entwickelte Transkriptions-system hauptsächlich auf den Kriterien, die nach Schneider und North (2000), bzw. im Sprachenportfolio für die Evaluation mündlicher Kompetenz als relevant gelten. Das sind: Spektrum, Korrektheit, Flüssigkeit, Interaktion und Kohärenz. In der Entwicklung des hier benutzten Transkriptionssystems wurden außerdem die Überlegungen zur Beschaffenheit mündlicher Kommu-nikation berücksichtigt, die der Entwicklung des HIAT-Transkriptions-systems16 von Ehlich und Rehbein (1979) zugrunde liegen.

16 Die Abkürzung HIAT steht für halbinterpretative Arbeitstranskription.

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Aus Kompatibilitätsgründen musste aber zur Herstellung der Transkripte der CED-Editor des CLAN-Pakets angewendet werden. Der vollständige Schlüs-sel zur Transkription befindet sich in Anhang 7.3.1.

Die Verschriftlichung der Schülertexte erfolgte nach der rechtschreibli-chen Norm; auf eine lautschriftliche Transkription wurde von Anfang an ver-zichtet, da sie den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte. Ferner entsprach ei-ne differenzierte Untersuchung des Erwerbs und der Beherrschung der deut-schen Standardaussprache nicht der eigentlichen Zielsetzung dieser Arbeit.

Demzufolge wurde Gesprochenes, sofern es verständlich war, so transkri-biert, wie es geschrieben wird. Die Zeichensetzung und die Aufteilung in Turns entsprechen der Stimmführung und dem Vorkommen von Pausen. Bei normabweichenden Realisierungen wurde die nicht korrekte Aussprache, wenn möglich, direkt auf *T verschriftlicht (wie im Fall von „abe ich" statt

„habe ich") oder in einer Klammer neben der Verschriftlichung vermerkt. So wurde z.B. die nicht zielsprachliche, sondern eher französische Aussprache des Wortes „Projekt" folgendermaßen erfasst:

*T: ich habe: # eine # sehr schöne Projekt [= frz. j] gedacht [c].

(V4-SAMB13)17

Außerdem werden auf der Sprecherebene *T unverständliche Elemente (xxx), vermutete Elemente ([?]) und ausgelassene Elemente (0-Wort) erfasst.

So wurden z.B. Auslassungen von Subjekten durch 0 -Sub festgehalten, wie in:

*T: ich denke [c], dass 0 -Sub ist nicht schwierig [c], einen Beschluss zu fassen [c], (...) (V4-SAMBIO)

Abgesehen von der Verschriftlichung des Gesprochenen ist für eine Transkription die Erfassung jener kommunikativer Phänomene zentral, die Mündlichkeit kennzeichnen, d.h. das Vorkommen von Interjektionen (im tra-ditionellen Sinn), suprasegmentalen Erscheinungen, nonverbaler und para-verbaler Kommunikation und interaktiven Phänomenen wie Sprecherwech-sel, Überlappungen, usw.

Der CED-Editor stellt für die Transkription eine Reihe von Symbolen zur Verfügung, die u. a. die Erfassung von Pausen (#), gefüllten Pausen (@fp), Pausen zwischen Silben (::), Längungen (:), interaktiven Elementen (@i), Wiederaufnahmen ([/]), Selbstkorrekturen [//], Neuformulierungen [///] und

17 (V4-SAMB13) weist auf die Beispielsquelle hin und steht für die vierte Videoauf-nahme des Schülers SAMB13.

21 Emphase [!] ermöglichen.18 Einige von ihnen befinden sich auch im oben (vgl. S. 18) dargestellten Beispiel, von dem hier nur die Sprecherebenen *T abgebildet werden.

*T: äh@fp tt von vierzehn [*] bis ah@fp vierundzwanzig [*] Juli M ich bin [*] [!] äh@fp mit meiner Familie nach [/] nach Riccione # gefahren [c].

*T: äh@fp ich bin # mit dem Auto gegange/ [*] [c].

*T: äh:@fp nach [/] nach [*] Riccione # habe ich eine: [*] junger [*]

[=! lächelt] Franzosi/cher [*] kennengelern [f] kennengelemt [c].

Abbildung 2.3: Transkribiertes Beispiel

Genauso wie andere relevante Beobachtungen werden nonverbale ([= text]) und paraverbale ([=! text]) Phänomene auf der Sprecherebene mittels einer Bemerkung in Klammern erfasst. In diesem Fall wird im dritten Turn fest-gehalten, dass die Sprecherin lächelte.

Wortbetonung und Satzintonation wurden nur dann erfasst, wenn sie stark von der zielsprachlichen Norm abwichen. Normabweichende Silbenakzentu-ierung wird durch (/) markiert, wie im transkribierten Beispiel bei „gegange/"

und „Franzosi/cher". Normabweichende Intonation wird in Form eines inter-nen Kommentars ([= text]) vermerkt.

Die CED-Transkriptionsdatei enthält außerdem Kopfzeilen zur Notierung von Datum, Teilnehmern und Dauer der jeweiligen Videoaufnahme. Ferner ist zu beachten, dass monologisches Sprechen und Interaktion in getrennten Dateien erfasst wurden, da nur erstere für den Vergleich mit den schriftlichen Daten herangezogen werden sollen.

In der Transkription der Interaktionen wurde Sprecherwechsel durch einen Wechsel der *T-Ebene, Unterbrechungen durch die Zeichenkombination (+/.) erfasst. Überlappungen wurden durch den Vermerk ([= gleichzeitig]) ge-kennzeichnet.

Auch in der Transkription konnten nicht alle relevanten Aspekte der sprachlichen Produktion mittels Computer erfasst werden. Die Transkription wurde demzufolge durch ein zusätzliches Transkriptionsblatt ergänzt, das der Evaluation von nonverbaler und paraverbaler Adäquatheit, Aussprache und Intonation, Reaktionsfähigkeit, Mimik, Gestik und Blickkontakt in der Inter-aktion sowie nonverbaler, paraverbaler und suprasegmentaler Kohärenz dien-te.19 Auch in diesem Fall wurden nur Realisierungen festgehalten, die so stark von der zielsprachlichen Norm abwichen, dass sie die Verständlichkeit beein-trächtigten.

18 Durch den Gebrauch von K l a m m e m (< text > ) erstreckt sich der Wirkungsbereich von Symbolen in eckigen Klammern auf mehrere Elemente.

19 Vgl. A n h a n g 7.3.

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Tabelle 2.5 stellt dar, welche Aspekte der mündlichen Kommunikation in diesem Zusammenhang erfasst werden konnten.

Kategorien zur SPEKTRUM - lexikalisches Transkription SPEKTRUM

- syntaktisches morphosyntaktische Kodierung SPEKTRUM

- pragmatisches pragmatische Kodierung KORREKTHEIT - Aussprache Transkription, interne

Kommen-tare KORREKTHEIT

- Wortschatz Transkription, Fehlerkodierung KORREKTHEIT

- Syntax Transkription, Fehlerkodierung KORREKTHEIT

- pragmatische Adä-quatheit

- nonverbale Adä-quatheit (Mimik und Gestik)

FLÜSSIGKEIT - Aussprache - Intonation