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Virusstämme

4. DISKUSSION

4.1. Reverse Transkription Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR)

Die RT-PCR hat sich in den vergangenen Jahren als eine der wichtigsten Methoden zum Nachweis von Pestiviren etabliert. Vorteile der RT-PCR sind die hohe Sensitivität, die Untersuchungen von Sammelproben zulässt und die hohe Spezifität, die eine Unterscheidung verschiedenener Pestiviren ermöglicht. Dabei lassen sich auch Probenmaterialien untersuchen, die aufgrund ihrer Eigenschaften (z.B. für Kulturzellen toxische Inhaltsstoffe) weder in der Zellkultur noch im ELISA einsetzbar sind. Die bisher etablierten RT-PCR Protokolle zum Nachweis pestiviraler RNS berücksichtigen verschiedene Genombereiche (u.a. 5´ NTR, E2, NS3 und NS5) (Hyndman et al., 1998;

Scheibner et al., 2000; Rossmanith et al., 2001).

Die schnelle Zuordnung von Pestivirusisolaten zu einer etablierten Virusspezies ist u.a. bei der Unterscheidung zwischen KSPV und ruminanten Pestiviren (BVDV, BDV) wichtig;

letztere infizieren auch Schweine, wobei ihr Nachweis bisher nicht zu tierseuchenrechtlichen Maßnahmen führt (Canal et al., 1996; Barlic-Maganja und Grom, 2001). Bei Rindern kann die Differenzierung der in der Population vorkommenden Pestiviren wichtige Grundlagen für die erfolgreiche Durchführung von BVDV/MD Bekämpfungsprogrammen liefern. Zur Unterscheidung ruminanter Pestiviren wurden bereits verschiedene RT-PCR Protokolle publiziert ( Fulton et al., 1999; Ridpath und Bolin, 1998).

Die hohe Spezifität der RT-PCR birgt vor dem Hintergrund der genetischen Variabilität von Pestiviren die Gefahr, dass einzelne Virusisolate durch das Nachweisverfahren nicht erfasst werden. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein Verfahren etabliert, das den Nachweis eines möglichst breiten Spektrums von Pestiviren mit der gleichzeitigen Unterscheidung zwischen BVDV-2 und anderen Vertretern des Genus verbinden sollte. Auf Grund der großen Menge verfügbarer Sequenzen aus der 5´

NTR wurde dieser Genombereich für die Entwicklung der RT-PCR herangezogen. Mit Hilfe der ausgewählten pan-Pestivirus spezifischen Primer gelang der Nachweis aller zur Verfügung stehenden Virusisolate. Die Identifizierung von BVDV-2 Isolaten erfolgte durch den gleichzeitigen Einsatz von BVDV-2 spezifischen Primern. Die Heterogenität der bekannten BVDV-2 Sequenzen im Bereich der 5' NTR machte dabei die Verwendung mehrerer Primer erforderlich. Alternativ wäre auch der Einsatz eines stark degenerierten Oligonukleotids möglich gewesen. Das etablierte Verfahren erlaubt somit den Nachweis von Pestiviren bei gleichzeitiger Identifizierung von BVDV-2. Da bei Rindern bisher nur Vertreter der Spezies BVDV-1 und BVDV-2 nachgewiesen wurden, ist im Fall eines positiven Pestivirusnachweises bei negativem Ergebnis für BVDV-2 eine Infektion mit BVDV-1 zu vermuten. Allerdings können Infektionen mit BVDV-1 und BVDV-2 bei einem Tier nicht erkannt werden. Zur Überprüfung der Ergebnisse der BVDV-2 diskriminierenden RT-PCR und zur Diagnose von Mehrfachinfektionen wurde zusätzlich eine BVDV-1 spezifische RT-PCR etabliert. Hierzu wurde der Bereich des Npro-Gens herangezogen, der aufgrund intensiver Sequenzvergleiche als besonders geeignet erschien.

Zur Ermittlung der Spezifität der etablierten RT-PCR standen durch Nukleinsäuresequenzanalysen charakterisierte Virusisolate aus 7 unterschiedlichen BVDV-1 Subgruppen zur Verfügung. Es gelang mit Hilfe der BVDV-BVDV-1 spezifischen RT-PCR alle getesteten BVDV-1 Isolate nachzuweisen.

BVDV-2 Stämme wurden zuerst in den USA und in Kanada ( Carman et al., 1998; Ridpath et al., 1994) isoliert, treten aber mittlerweile auch in anderen Regionen wie Asien (Nagai et al., 2001; Park et al., 2004; Sakoda et al., 1999), Mittelamerika und Südamerika (Becher et al., 1999b; Flores et al., 2000; Jones et al., 2001) auf. In Europa wurde BVDV-2 u.a. in Belgien ( Couvreur et al., 2002; Letellier et al., 1999), Frankreich (Vilcek et al., 2001), Italien (Luzzago et al., 2001) und Deutschland nachgewiesen (Becher et al., 1997; Becher et al., 1999b; Beer et al., 2002;Wolfmeyer et al., 1997). Der Anteil von BVDV-2 an den bei Rindern isolierten Pestiviren beträgt in den USA ca. 40-47% (Ridpath et al., 1994;

Bolin und Ridpath, 1998; Ridpath et al., 2000). In Deutschland wurden BVDV-2 Infektionen mit ca. 11% seltener beobachtet (Wolfmeyer et al., 1997).

Durch Kombination der beiden etablierten RT-PCR Verfahren ließen sich 289 untersuchte Virusisolate boviner Herkunft eindeutig zuordnen. Die richtige Gruppierung wurde durch Sequenzanalysen an ausgewählten Virusisolaten bestätigt.

Die Untersuchung von 276 Pestiviren im Rahmen der vorliegenden Arbeit, die in den Jahren 1996 bis 2002 aus Rinderbeständen in Deutschland isoliert wurden, ergab einen BVDV-2 Anteil von 21%. Da aus einigen betroffenen Beständen, insbesondere mit BVDV-2 Nachweis, mehrfach Pestiviren isoliert wurden, gibt diese Zahl nicht die tatsächliche Verbreitung von BVDV-2 in der deutschen Rinderpopulation wieder. Ein genaueres Bild wurde durch die Gliederung der Ergebnisse nach Beständen erreicht.

Danach konnte in 14.3% der untersuchten Betriebe BVDV-2 nachgewiesen werden. In 3.2% der Bestände waren sowohl BVDV-1 als auch BVDV-2 vertreten. Ob die ermittelten Werte auf eine Zunahme von BVDV-2 Infektionen hindeuten, z.B. als Folge verstärkter Impfungen mit BVDV-1, ist unklar.

Lediglich ein Virusisolat aus einer kontaminierten equinen Zelllinie (ED-Zellen) wurde durch die BVDV-2 diskriminierende RT-PCR nicht richtig eingestuft (Pestivirus-positiv, BVDV-2 negativ). Anhand von Sequenzanalysen konnte das Virus in der Folge eindeutig als BVDV-2 klassifiziert werden. Die Herkunft des Virus ist unbekannt. Ein Ursprung aus kontaminiertem foetalem Rinderserum ist wahrscheinlich.

Neben Virusisolaten von Rindern wurden auch zwei Pestivirusisolate aus Schafen sowie ein Pestivirus aus einer Antilope untersucht. Während sich das Antilopen-Virus eindeutig als BVDV-1 einstufen ließ, ergab die Untersuchung der Isolate aus Schafen kein eindeutiges Ergebnis (Pestivirus-positiv, BVDV-1 und BVDV-2 negativ). Die beiden letztgenannten Virusisolate konnten nach Ermittlung der für das Npro kodierenden Genomsequenz als Vertreter von BDV-2 eingruppiert werden (Becher et al., 2003).

Ein neueres Verfahren, dass auch zum Nachweis von Pestiviren eingesetzt wird, ist die real time RT-PCR. Hierbei erfolgt der Nachweis von Amplifikationsprodukten in Echtzeit mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen (Higuchi et al., 1993; Wittwer et al., 1997). Vorteile der real time PCR insbesondere im Hinblick auf diagnostische Anwendungen sind u.a eine im Vergleich zur konventionellen PCR gesteigerte Sensitivität und die Vermeidung von Kontaminationen durch den Verzicht auf post-PCR Schritte wie z.B. die Gelelektrophorese. Im Rahmen der Arbeit wurde ein Verfahren etabliert, welches wiederum den sensitiven Nachweis möglichst aller bekannten Pestivirusisolate mit der gleichzeitigen Unterscheidung zwischen BVDV-1 und BVDV-2 verbinden sollte. Zu diesem Zweck wurden pan-Pestivirus spezifische Primer ausgewählt, die unter Verwendung des Fluorochroms SYBR®Green alle 26 getesteten Pestivirusisolate erkannten. Fluoreszenzfarbstoffe wie SYBR®Green haben den Nachteil, dass sie unspezifisch an amplifizierte DNS binden und so auch unerwünschte Produkte wie z.B.

Primerdimere nachweisen. Das Auftreten von Primerdimeren und nicht-spezifischen Amplifikationsprodukten wurde bei der etablierten real time PCR mit Hilfe einer Schmelzpunktanalyse der Amplifikate ausgeschlossen. Eine weitere Unterscheidung von Virusisolaten ist mit dem beschriebenen Verfahren nicht möglich. Daher wurden zwei Sonden mit unterschiedlicher Spezifität ausgewählt, die innerhalb des von den Primern flankierten Genomfragments binden. Die Markierung der Sonden mit zwei unterschiedlichen Fluorochromen sollte die Unterscheidung von BVDV-1 und BVDV-2 im Rahmen einer multiplex real time TaqMan®RT-PCR ermöglichen. Bei der Auswahl der Sonden ergaben sich erhebliche Schwierigkeiten durch die genetische Variabilität von Pestiviren im ausgewählten Genombereich (5' NTR). So gelang es nicht, Sonden mit eindeutiger Spezifität für BVDV-1 bzw. BVDV-2 zu generieren. Die Sonde PV-Taq01 erkannte alle getesteten BVDV-1 Isolate sowie Vertreter von BDV-1, BDV-2 und BDV-3.

Unter Verwendung der Sonde PV-Taq02 gelang nicht nur der Nachweis aller vorher nachgewiesenen BVDV-2 Isolate, sondern auch des mit Hilfe der konventionellen RT-PCR nicht richtig klassifizierten Isolats ED. Darüberhinaus wurden Vertreter von BDV-1, BDV-2 und BDV-3, die Isolate Giraffe-1 und Hobi sowie einige BVDV-1 Isolate erkannt.

Eine eindeutige Unterscheidung von Pestivirusisolaten ist unter Verwendung der beiden Sonden (PV-Taq01 und PV-Taq02) somit nicht möglich. Die Kombination der beiden Sonden erlaubt dennoch eine Diskriminierung von BVDV-1 und BVDV-2 bei Pestivirusiolaten aus Rindern.

Eine Verbesserung der Spezifität der real time RT-PCR lässt sich durch den Einsatz kürzerer TaqMan®Sonden erreichen. Die Mindestlänge konventioneller TaqMan®Sonden ist durch die notwendige hohe Schmelztemperatur von rund 70°C vorgegeben. Kürzere Sonden lassen sich auf Basis der MGB-Technologie etablieren. Hierbei sind die fluorochrommarkierten Oligionukleotide zusätzlich mit DNS bindenden Substanzen gekoppelt ("minor groove binder"), welche die Hybridisierung der Sonden an die Ziel-DNS stabilisieren. Tatsächlich gelang durch Einsatz von TaqMan®MGB-Sonden in Verbindung mit den Primern PV-03R und PV-02 eine eindeutige Diskriminierung zwischen den in dieser Arbeit untersuchten BVDV-1 und BVDV-2 Isolaten (Daten nicht gezeigt).