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regenerativen Energien sind intelligente Speicherkonzepte notwendig, um das volatile Verhalten der regenerativen Energien zu kompensieren

Im Dokument aus dem Nordosten Deutschlands (Seite 139-142)

Im WindNODE-Projekt wurden Lösungen dazu erarbeitet. Die Vakuum-Flüssigeis-Technologie leistet für den Industrie- und Klimakältebereich ihren Beitrag zu mehr erneuerbarer Energie im Netz und hoher

Versorgungssicherheit.“

Christine Tillmann

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, ILK Dresden

HERAUSFORDERUNG UND LÖSUNGSANSÄTZE // Eine neue Form der Kältespeicherung

Die Möglichkeiten, Kälte in industriellen Kälteanlagen wie Kühlhäusern, Brauereien oder Molkereien zu speichern, sind bislang eingeschränkt. Herkömmliche Kältespeicher wie Kaltwas-ser- oder Festeisspeicher sind temperaturbedingt nicht einsetzbar oder lassen sich kaum in die Anlagen integrieren. Auch das zeitweise Abkühlen des Kühlgutes unter die eigentlich erforder-liche Temperatur ist nur bei einigen Produkten möglich. Zudem kann auf diese Weise nur wenig Energie gespeichert werden.

Als neuer Ansatz wird daher in WindNODE ein pumpfähiges Wasser-Eis-Gemisch zur Kältespeiche-rung eingesetzt. Das sogenannte Flüssigeis („ice slurry“) wird dabei mit dem besonders effizienten und leistungsfähigen Vakuumeis-Verfahren erzeugt. Dabei wird Wasser bei sehr niedrigem Druck von ca. 6 mbar in der Nähe seines Tripelpunktes verdampft. Am Tripelpunkt kann Wasser gleichzei-tig verdampfen (sieden) und gefrieren. Durch Absaugen des Wasserdampfes (Kältemittel) wird der Verdampfungsprozess kontinuierlich aufrechterhalten, sodass an der Wasseroberfläche gleichzei-tig Eiskristalle entstehen. Die gefrierenden Wassermoleküle stellen die zur Verdampfung anderer Wassermoleküle notwendige Energie bereit. So entsteht im Verdampfer ein Wasser-Eis-Gemisch, welches dann zur Lagerung in einen Speicherbehälter befördert wird.

Mit diesem Konzept kann Kälte mit einer hohen Energiedichte in beliebigen Mengen kosten-günstig gespeichert und bei Bedarf flexibel zur Kühlung eingesetzt werden. Zudem kann das Flüssigeis als Kälteträger, also zum Transport der Energie, verwendet werden. Auch dabei punktet es mit einer wesentlich höheren Energiedichte im Vergleich zu Kaltwasser oder Wasser-Glykol-Gemischen.

Die Vakuum-Flüssigeis-Technologie, die im Klimakältebereich mittlerweile schon in ersten Anwen-dungen erprobt ist, muss für den Einsatz in der Industriekälte auf die dort geringeren Temperatu-ren angepasst werden. Dazu ist eine Verschiebung des Gefrierpunktes auf bis zu –5 °C notwendig.

Dies wird durch den Zusatz von Additiven, z. B. Salz, erreicht. Allerdings sinken mit der Gefriertem-peratur auch der Verdampfungsdruck und die Dampfdichte, die schon bei 0 °C fast 300-mal kleiner ist als die Dichte von Luft.

▲ Abbildung 1:

Planungsansicht des 90-m³-Flüssigeisspeichers.

Der geladene Flüssigeisspeicher reicht aus, um

25.000

typische Bürofläche eine Woche lang zu klimatisieren.

Für den Wasserdampf-Turboverdichter, der den Prozess der Eisbildung antreibt, stellen der niedrigere Druck und die geringere Dampfdichte eine große Herausforderung dar. Darüber hinaus mussten aber auch andere Teilkomponenten, wie der Direktverdampfer, an die neuen Betriebsbe-dingungen und die deutlich gesteigerte Leistung angepasst werden.

PROJEKTERGEBNISSE // Analysieren, entwickeln, demonstrieren

Zunächst wurden in einer Modellversuchsanlage unterschiedliche Additive untersucht, mit denen die Schmelztemperatur des Eises an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden kann.

In Zusammenarbeit mit dem assoziierten WindNODE-Partner Radeberger Gruppe wurden die tech-nologischen Anforderungen an eine flexible Kältespeicherung in großen und oft verzweigten Kälte-anlagen analysiert. Darauf aufbauend wurden verschiedene Einbindungsvarianten des Flüssigeis-speichers sowie unterschiedliche Optionen zur Kältebereitstellung für die Eiserzeugung konzipiert.

Dabei wurde großer Wert auf die möglichst geringe Beeinflussung der bestehenden Technik gelegt, um keine Abstriche an der Versorgungssicherheit zuzulassen.

In Abbildung 4 ist eine Variante dargestellt, die für typische, meist auf dem Kältemittel Ammoniak basierende Kältesysteme in Brauereien geeignet ist und die geringsten Investitionskosten aufweist.

Alternativ zur Anbindung an den bestehenden Abscheider kann mit einem zusätzlichen Kaltwasserer-zeuger die gesamte Kälteerzeugungsleistung gesteigert werden. Diese Variante bietet sich u. a. zur Nutzung („Speicherung“) von Strom aus PV-Anlagen an, da dieser häufig in Zeiten anfällt, in denen die bestehende Kälteanlage aufgrund hoher Umgebungstemperaturen bereits stark ausgelastet ist.

Anstelle des strombetriebenen Kaltwassererzeugers in Abbildung 4 kann auch eine abwärme-getriebene Absorptionskältemaschine das zur Eiserzeugung notwendige Kaltwasser bereit-stellen. Somit können KWK-Anlagen flexibilisiert und gleichzeitig eine hohe Energieeffizienz sichergestellt werden.

▲ Abbildung 2: CAD-Modell des Flüssigeiserzeugers für Gefriertemperaturen bis –5 °C.

◀ Abbildung 3: Vakuumeis-Kältespeicher zur Kälteversorgung eines Laborgebäudes.

Mit Flüssigeis kann 7- bis 8-mal so viel Kälte im gleichen Volumen gespeichert werden wie mit Kaltwasser.

750 %

138 TAP 6.2: PtC-Anwendungen (Power-to-Cold) im Industriemaßstab

Die Kernkomponente des Vakuumeiserzeugers ist der Wasserdampf-Turboverdichter. Er wurde in umfangreichen fluiddynamischen Auslegungs- und Simulationsrechnungen an die veränderten Betriebsbedingungen angepasst.

Zudem wurden weitere Komponenten dimensioniert und konstruiert sowie eine schwingungs-technische Analyse der gesamten Anlage durchgeführt. Diese Erkenntnisse flossen direkt in den Bau einer 400-kW-Vakuumeisanlage ein, mit der das Kälteversorgungssystem eines modernen Großrechenzentrums optimiert wird. Mit diesem Zwischenschritt konnten die Simulations-rechnungen validiert werden. Die Ergebnisse aus der Erprobung wurden bei der Gestaltung des WindNODE-Sub-Zero-Flüssigeiserzeugers mit einer maximalen Eiserzeugungsleistung von 500 kW berücksichtigt (Abbildung 2). Der Aufbau dieses Demonstrators und die Kombination mit einem 90-m³-Flüssigeisspeicher (siehe Abbildung 1) erfolgen im letzten Projektjahr.

FAZIT UND AUSBLICK // Mut zur Innovation gefragt

Die Ziele des Teilprojekts wurden erreicht. Im nächsten Schritt muss die Integration von Demons-tratoren in reale, industrielle Kälteanlagen erfolgen, um wichtige Praxiserfahrungen zu sammeln und zukünftige Anwender zu überzeugen. Damit derartige Demonstrationsprojekte zustande kommen und deren Umsetzung gelingt, bedarf es neben (förder-)politischen Rahmenbedingungen couragierter Unterstützer und Entscheider in den Unternehmen der Branche, die bereit sind, neue Technologien gemeinsam zu erproben und Innovationen den Weg in den Markt zu bahnen.

WAS HEMMT DIE ENERGIEWENDE?

Gespräche mit Fachkollegen und potenziellen Anwendern zeigen: Kältespeicherung ist die Technologie der Zukunft! Jedoch fehlen in Deutschland noch die passenden Rahmenbedin-gungen, um die von Unternehmen erwarteten, kurzen Amortisationszeiten für Kältespeicher zu erreichen. Die Tarifstrukturen in anderen Ländern und der Kältebedarf in den warmen Regionen bieten günstigere Bedingungen. Für den Schritt ins Ausland bedarf es aber (weiterer) Referenzen im Inland, Startkapital und Umsetzungspartner. Eine hardwareintensive Technologie, entwickelt in einem unabhängigen Forschungsinstitut, fällt leider durchs Raster bestehender Fördermöglichkeiten in Deutschland.

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PC

(Kühlwasser für E iserzeuger)

W asser 2 °C

▲ Abbildung 4: Einbindung eines Flüssigeis-Kältespeichers in ein industrielles Kältesystem mit Direktverdampfung ohne zusätzlichen Kälteerzeuger bzw. alternativ mit zusätzlichem Kaltwassererzeuger.

▶ Titel des Teilarbeitspakets PtC-Anwendungen (Power-to-Cold) im Industriemaßstab

▶ Förderkennzeichen 03SIN520

▶ Partner des Projekts

VERBUNDPARTNER

Institut für Luft- und Kältetechnik gGmbH (ILK Dresden)

ASSOZIIERTER PARTNER Radeberger Gruppe KG

▶ Kontakt Dr. Mathias Safarik T +49 351 4081-701

mathias.safarik@ilkdresden.de

▶ Besuchbare Orte

Flüssigeisspeicher im ILK Dresden Bertolt-Brecht-Allee 20

01309 Dresden Nach Anmeldung

BESUCHERANFRAGEN AN Dr. Mathias Safarik T +49 351 4081-701

mathias.safarik@ilkdresden.de

Weitere Infos unter www.ilkdresden.de

Verbrauchernahe flexible

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