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Regelungen und Maßnahmen zweiter Ordnung

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V. Gang der Untersuchung

5 Vorschläge für konkrete Maßnahmen

5.2 Regelungen und Maßnahmen zweiter Ordnung

Zu Regelungen und Maßnahmen zweiter Ordnung zählen solche, die die Anwendung der oben aufgeführten Anreiz- und Belohnungsregelungen entweder unmittelbar steuern oder zumindest indirekt fördern können.

Neben zu erlassenden rechtlichen Regelungen in Form von Gesetzen, Rechtsverordnungen usw. kann EMAS auch durch sog. Soft Incentives, also „weiche, unverbindliche“ Maßnahmen gefördert werden, die nicht den Charakter einer verbindlichen Regelung haben. Ihre Funktion liegt vielmehr darin, die Anwendung der rechtlichen Instrumente zu steuern bzw. zu fördern und damit unter Umständen weitere Anreize für die Teilnahme an EMAS zu schaffen.

5.2.1 Kapazitätsbildung durch Werbung und Aufklärung

Um Umweltprobleme einer Gesellschaft erfolgreich lösen zu können, muss sie über die dafür erforderlichen Kapazitäten verfügen, d. h. nicht nur über die nötige Wirtschaftskraft, sondern auch über Umweltbewusstsein und Wissen, Engagement und Institutionen, über die es wirksam werden kann, leistungsfähige und -willige Gesetzgebungs- und Vollzugsorgane, aktive und artikulationsfähige Gruppen und Verbände, funktionierende Medien und Kommunikationskanäle und so fort.304

Kapazitätsbildung meint in dem Zusammenhang, dass die Bürger durch den Einsatz rechtlicher Instrumente die Möglichkeit erhalten, sich über ihre Rolle als Wähler hinaus aktiv am Gemeinwesen zu betätigen. Zu den kapazitätsbildenden Instrumenten gehören unter anderem Regelungen, die dem Bürger Zugang zu Umweltinformationen verschaffen, die es ihm unabhängig von einer enggefassten Beeinträchtigung subjektiver Rechte ermöglichen, gegen Verletzungen des Umweltrechts entweder individuell oder vermittelt über Verbände die Gerichte anzurufen, und die es ihm erlauben, sich an umweltrelevanten Entscheidungen, sei es über Einzelvorhaben oder über umweltrelevante Normen und Programme, kommunikativ zu beteiligen. Derartige Instrumente haben regelmäßig nicht nur ein allgemein aktivierendes Potenzial, sondern verbessern ganz konkret die Durchsetzungschancen der existierenden gesetzlichen Umweltschutzinstrumente erster Ordnung.305

Die kapazitätsbildenden Instrumente sollten dazu genutzt werden, die Anwendung der Anreiz- und Belohnungsregelungen i. e. S. zu steuern oder jedenfalls zu fördern. Zu denken ist dabei an massive, breit gestreute Werbung, um neben den Organisationen als Adressaten der EMAS-Verordnung insbesondere die Öffentlichkeit auf EMAS bzw. das EMAS-Logo und dessen Bedeutung aufmerksam zu machen, um dadurch z. B. die Nachfrage nach Produkten, welche von EMAS-Organisationen erzeugt werden, zu erhöhen.

Zugleich ist die Aufklärungs- und Pressearbeit von BMU, UBA, UGA, der Länder, der Wirtschaft sowie der sonstigen interessierten Kreise zu intensivieren.

Zwar sind bislang schon verschiedene Maßnahmen ergriffen worden, um für EMAS zu werben. Die Kampagnen (z. B. Anzeigenreihe in div. Magazinen, EMAS-Poster) verhallten aber leider relativ wirkungslos, da sie von den Adressaten nicht oder zumindest nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen und rezipiert wurden. Ein Grund hierfür könnte ein viel

304 Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, 481 (493) m. w. N.

305 Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, 481 (493), kommt zu Recht zu dem Schluss, dass Deutschland bei der Anwendung des kapazitätsbildenden Instrumentariums droht, zum europäischen Schlusslicht zu werden, was nicht zuletzt daran liege, dass der Bürger im deutschen Rechtssystem noch immer nur als bourgeois und nicht als citoyen willkommen sei.

zu knapp bemessenen Etat für Werbemaßnahmen sein. Um nur einen Vergleichswert zu nennen, soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die Ausgaben der deutschen Stromwirtschaft zur Etablierung ihrer neuen Marken in nur einem Mitgliedstaat im Jahr 2001 rund 183 Mio.

Euro betrugen.306

5.2.2 Kapazitätsbildung durch sonstige öffentlichkeitswirksame Maßnahmen Ferner sollten sonstige öffentlichkeitswirksame Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um auf EMAS aufmerksam zu machen. So könnten z. B. (prominente) Politiker öffentlichkeitswirksam in die Werbung für EMAS mit einbezogen werden, indem sie beim Überreichen des EMAS-Zertifikats zugegen sind oder bevorzugt – wenn nicht ausschließlich – teilnehmende Organisationen besuchen.

Letztlich kommt es hierbei nicht auf Details an. Entscheidend ist, dass die Teilnahme einer Organisation an EMAS auch von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und honoriert wird, denn nicht zuletzt aufgrund des mangelnden Interesses seitens der Öffentlichkeit steigen viele Organisationen frustriert aus dem EMAS-System aus.

306Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), Berlin, Werbebudgets im Energiemarkt gestiegen, Meldung v.

21. 5. 2002 (http://www.strom.de/).

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