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Reflexion am Kreis

Im Dokument Verquere Schülerfragen (Seite 15-0)

3 Reflexion

3.6 Spiegelung eines Strahlenbüschels

3.6.1 Reflexion am Kreis

Willebrord van Roijen Snell (Snellius), 1580 - 1626 3.6 Spiegelung eines Strahlenbüschels

Wenn wir von einem Punkt F1 aus Strahle zeichnen und an einer Geraden g reflektie-ren, so haben die ausfallenden Strahle natürlich ganz verschiedene Richtungen. Wenn wir sie nach rückwärts verlängern, schneiden sie sich im Spielbild von F1 bei Spiege-lung an g.

F1

g Spiegelung

3.6.1 Reflexion am Kreis

Was ergibt sich, wenn wir statt an einer Geraden an einem Kreis reflektieren?

Die Figur zeigt drei Beispiele, mit F1 innerhalb des Kreises, auf der Kreislinie und au-ßerhalb des Kreises.

Reflexion am Kreis

Im Sonderfall mit F1 auf der Kreislinie umhüllen die reflektierten Strahlen eine so ge-nannte Kardioide. Dieser Fall kann im regelmäßigen Vieleck mit geeignet ausgewählten Diagonalen gezeichnet werden. Dazu verwenden wir die Diagonalen AiA2i. Als Modell können Schnüre zu den Speichenlöchern einer Velofelge gespannt werden (Idee: Georg Schierscher).

Regelmäßiges 24-Eck Velofelge 3.7 Experiment mit Ellipsen

Wir zeichnen jeweils die Ellipse mit den Brennpunkten F1 und F2, welche durch den Punkt P verläuft. In der optimalen Situation berührt diese Ellipse die Geraden g, in allen anderen Situationen schneidet sie diese.

Hans Walser: V erquere Schülerfragen

P F1

F2

g P g

F1

F2

Ellipse und berührende Ellipse 3.8 Ein Gedankenexperiment

Wir spiegeln F2 an g und erhalten F2′. Die Strecke PF2 ist gleich lang wie die Strecke PF2′; der Streckenzug F1PF2 somit gleich lang wie der Streckenzug F1PF2′. Dieser ist aber am kürzesten, wenn P auf der Geraden F1F2′ liegt. Damit haben wir gleiche Winkel bei P.

P F1

F2

g P g

F1

F2

F2 F2

Gedankenexperiment auf Papier 3.9 Spiel mit Sinuswerten

In der Optik spielen bei der Lichtbrechung und Lichtreflexion die Sinuswerte der Win-kel zwischen den Strahlen und der Normalen zu g eine Rolle. In der folgenden Figur sind diese Sinuswerte in Einheitskreis eingezeichnet. Zusätzlich ist die Summe dieser Sinuswerte senkrecht zu g eingezeichnet (blaue Kurve). Wir sehen, dass diese blaue Kurve genau im optimalen Fall die Gerade g schneidet. In optimalen Fall ist also die Summe der Sinuswerte Null; wir haben im optimalen Fall entgegengesetzt gleiche Win-kel bei P.

P g F1

F2

Sinuswerte

Überhaupt drängt sich der Verdacht auf, dass die blaue Kurve die Ableitung der roten Kurve darstellt.

3.10 Experiment mit Ableiten

Wir setzen die x-Achse auf die Gerade g. Mit den Koordinaten F1

( )

x1,y1 , F2

(

x2,y2

)

und P x,0

( )

gehört die rote Kurve, welche die gesamte Weglänge darstellt, zur Funkti-on:

s x

( )

= F! "!!1P + F! "!!!2P =

(

xx1

)

2+y12 +

(

xx2

)

2+ y22

Weiter erhalten wir für den Sinuswert des Winkels φi zwischen ! "F!!iP

und der Normalen zu g:

sin

( )

φi = x−xi

x−xi

( )

2+yi2

Wie steht es mit den Vorzeichen der Winkel φi? Nun ist aber:

dxd s x

( )

= x−x1

x−x1

( )

2+y12 +

x−x2 x−x2

( )

2+y22 =sin

( )

φ1 +sin

( )

φ2

Damit haben wir einen Link zwischen den Längenüberlegungen und den Winkelüberle-gungen gefunden.

Was aber wichtiger ist: diese Berechnungen klappen auch für drei (und mehr) Summan-den!

Hans Walser: V erquere Schülerfragen

Wir halten fest: Reflexion bei mehr als zwei Geraden bedeutet das Verschwinden der Summe der Sinuswerte der Einfallswinkel:

Reflexion: sin

( )

φ1 +!+sin

( )

φn = sin

( )

φi i=1

n =0

Nun können wir die Pferdeaufgabe auf mehr als zwei Anfangs- oder Endpunkte verall-gemeinern.

4 Drei Punkte

Gesucht ist auf der Geraden g ein Punkt P so dass die Summe der Abstände zu drei ge-gebenen Punkten F1, F2, F3 minimal wird. Die folgenden Figur zeigt die Situation in extenso.

P g

F1 F2

F3

Abstände zu drei Punkten

Nach all dem, was wir oben alles besprochen haben, gilt somit bei den Ellipsen mit drei Brennpunkten auch die Brennpunkteigenschaft.

Welche Überlegungen müssen bei dieser Folgerung berücksichtigt werden?

4.1 Der dritte Strahl

Wie kann zu zwei Strahlen der dritte konstruiert werden, so dass die Reflexionseigen-schaft erfüllt ist?

Wir addieren die Richtungseinheitsvektoren der beiden gegebenen Strahle. Nun suchen wir einen dritten Einheitsvektor so, dass die Summe der drei Einheitsvektoren

orthogo-nal zur Reflexionsgeraden steht. Es gibt zwei, eine oder keine Lösung. Der dritte Ein-heitsvektor hat die Richtung des gesuchten dritten Strahles. In der folgenden Figur sind die ausfallenden Strahle nach rückwärts zu Geraden ergänzt worden.

Ausfallende Geraden 4.2 Mechanisches Gerät

Das Gerät ist analog zum Gerät für nur zwei Strahle. Natürlich können auch da die Streifenbreiten variiert werden.

g Gelenkmodell Warum funktioniert dieses Modell?

Die Winkel der Streifen zur Normalen von g sind dieselben wie die Winkel der Unter-kante der Streifen zur Geraden g.

Hans Walser: V erquere Schülerfragen

Summe der Sinuswerte ist Null 4.3 Sonderfälle

4.3.1 Ein Brennpunkt sitzt auf der Geraden Wir setzen F3g. Das sieht dann so aus:

P g

F1 F2

F3

Sonderfall

Die rote Kurve hat eine Knickstelle, die Ableitung entsprechend eine Sprungstelle.

4.3.2 Alle Brennpunkte auf der Geraden Wir setzen nun alle Brennpunkte auf die Gerade g.

P g F1

F2 F3

Krasser Sonderfall

Die rote Kurve hat drei Knickstellen und ist stückweise gerade, die Ableitung stückwei-se konstant. Das Minimum ist bei F2. Dieser Punkt sitzt zwischen F1 und F3, aber nicht in der Mitte. Wir müssen mit dem Median arbeiten.

5 Minimales Wegenetz im Dreieck

Zu drei Punkten F1,F2,F3 suchen wir einen Verzweigungspunkt P so, dass das Wege-netz von P zu den drei Punkten minimale Gesamtlänge hat. Wir suchen also das Mini-mum der Funktion:

z P

( )

= ! "F!!1P + F! "!!!2P + ! "F!!!3P

z x,

( )

y =

(

xxi

)

2+

(

y yi

)

2

i=1

3

5.1 Beispiel

Zu den drei Punkten F1

( )

0,1 , F2

( )

2,0 , F3

( )

3,3 suchen wir das Minimum der Funktion:

z x,

( )

y = x2+

( )

y12 +

( )

x2 2+y2 +

( )

x32+

( )

y3 2

Die Niveaulinien führen uns, allerdings sehr unscharf, zum „innersten“ Punkt.

Hans Walser: V erquere Schülerfragen kann auf verschiedene Weise konstruiert werden (vgl. [Coxeter 1963], S. 38/39, [Walser 2004], S. 149, [Walser 2006], p. 136).

5.2 Das Experiment mit Seifenlauge 5.2.1 Plexiglasmodell

Minimale Wegenetze können mit Hilfe von Seifenlauge dargestellt werden. Dazu benö-tigen wir ein Dreiecksmodell, das aus zwei parallelen Plexiglasscheiben mit ca. 1 cm Abstand besteht, in welchem die Eckpunkte durch verbindende Stifte dargestellt wer-den. Dies kann durch Schrauben von ca. 3 mm Durchmesser realisiert werden; mit zu-sätzlichen Muttern kann der Abstand zwischen den Plexiglasscheiben justiert werden.

5.2.2 Seifenlauge nach Großmutterart 1 l lauwarmes Wasser

500 g Zucker 750 g Neutralseife 25 g Tapetenkleister Alles mischen, einen Tag stehen lassen 9 l Wasser dazugeben, gut rühren 5.2.3 Das minimale Wegenetz

Wir tauchen das Plexiglasmodell kurz in die Seifenlösung. Dann bildet sich ein Film zwischen den beiden Plexiglasscheiben und den die Eckpunkte darstellenden Verbin-dungsschrauben. Dieser Film hat das Bestreben, sich möglichst dick zu machen. Daher müssen die anderen Dimensionen minimiert werden. Da der Scheibenabstand gegeben ist, kann nur noch die Dimension, welche den Wegelängen entspricht, minimiert wer-den. Die Praxis zeigt, dass diese Modelle recht gut spielen.

Fermat-Punkt 5.2.3.1 Minimales Wegenetz im Quadrat Wie sieht das minimale Wegenetz im Quadrat aus?

Das minimale Wegenetz im Quadrat besteht nicht, wie man zunächst vermuten könnte, aus den beiden Diagonalen.

Die Seifenlauge macht einen anderen Vorschlag.

Wegenetz im Quadrat

Das optimale Wegenetz hat zwei Verzweigungspunkte, in denen sich die drei Wege unter Winkeln von 120° verzweigen. Im Einheitsquadrat ist seine Gesamtlänge 1+ 3≈2.732. Im Vergleich dazu die beiden Diagonalen mit einer Gesamtlänge

2 2≈2.828

Wie sieht das minimale Wegenetz in einem regelmäßigen Fünfeck aus?

Hans Walser: V erquere Schülerfragen

5.3 Das Experiment mit der Schwerkraft

Wir bohren drei nicht kollineare Löcher in einen kleinen Tisch, am besten mit Plexi-glasplatte. Wir verknoten drei Fäden an einem Ende und ziehen die anderen Enden durch je ein Loch. Unterhalb des Tischblattes hängen wir an jedes Ende je ein gleich schweres Gewicht.

Der Schwerpunkt dieser drei Gewichte ist dann am tiefsten, wenn die Gesamtlänge der Fäden unterhalb des Tischblattes möglichst groß ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Gesamtlänge der Wegespinne auf dem Tischblatt minimal ist.

Schwerkraft 5.4 Das Experiment mit der Rechnung Wir suchen also das Minimum der Funktion:

z x,

( )

y =

(

xxi

)

2+

(

y yi

)

2

i=1

3

Dazu muss der Gradient dieser Funktion Null gesetzt werden.

grad

( )

z = Summe dreier Einheitsvektoren verschwindet, bilden sie ein gleichseitiges Dreieck. Die

drei Vektoren F! "!!iP

schneiden sich also unter Winkeln von je 120°. Wir können den Fermat-Punkt daher mit Ortsbogen zu 120° über den Dreiecksseiten konstruieren.

Fermat-Punkt

Welche der vorstehenden Überlegungen können auf ein Viereck übertragen werden?

Was geht aber nicht? (Tipp: Rechteck und Rhombus).

5.5 Mechanisches Gerät – eine heuristische Überlegung

In unserem mechanischen Gerät schrumpft der Spielraum für die beiden Gleiter. Wenn sie zusammenfallen, ergibt sich die dreistrahlige Richtungssymmetrie.

Dreistrahlige Richtungssymmetrie Ist diese Überlegung stichhaltig?

Hans Walser: V erquere Schülerfragen Literatur

[Coxeter 1963] Coxeter, H.S.M.: Unvergängliche Geometrie, Basel: Birkhäuser 1963.

[Walser 2004] Walser, Hans: 99 Schnittpunkte. Beispiele – Bilder – Beweise.

Edition am Gutenbergplatz, Leipzig 2004. ISBN 3-937219-10-2 [Walser 2006] Walser, Hans: 99 Points of Intersection. Examples – Pictures –

Proofs. The Mathematical Association of America 2006. ISBN 0-88385-553-4

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