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Rechtswahl und Klärung unterschiedlicher Auffassungen

Für die Beendigung der Leistungen sollte der Cloud-Computing-Vertrag klare Regelungen für Kündigungen und das Exit-Management enthalten

2.3 Rechtswahl und Klärung unterschiedlicher Auffassungen

2.3.1 Rechtswahl

Cloud Computing macht vor nationalen Grenzen nicht halt. Im Gegenteil: Es gehört zu den Charakteristika von Cloud-Diensten, dass sie aus einem oder mehreren auch während der Leistungserbringung wechselnden Ländern erbracht werden. Selbst wenn man für die weitere Erörte-rung zugrunde legt, dass sowohl Anbieter als auch Kunde juristische Personen mit Sitz im Inland sind, ergeben sich daraus vielfältige Anknüpfungspunkte für unterschiedli-che Rechtsordnungen.

Abbildung 14: Cloud-Leistungen rund um den Globus

„ Vertragliche Rechtswahl

Wegen der möglichen Vielzahl von Rechtsordnungen, die auf diese Weise durch die Cloud-Dienste betrof-fen werden können, ist eine vertragliche Rechtswahl unerlässlich. Grundsätzlich sind die Parteien eines Vertrages bei der Wahl des anwendbaren Rechts frei.

Ausnahmen bestehen u. a. dort, wo durch die Rechts-wahl zwingende Regelungen des Rechts eines Staates nicht umgangen werden können.

Gleichwohl ist auch für das Cloud Computing nicht jede Rechtsordnung zweckmäßig. Es besteht ein Zusammenhang zwischen anwendbarem Recht, Ver-tragssprache und Gerichtsstand (vgl. Abschnitt 2.3.2).

Entspricht die Vertragssprache nicht der Sprache des anwendbaren Rechts, können sich Probleme bei der Auslegung rechtlicher Begriffe ergeben.21

Diesem Problem kann man dadurch begegnen, dass die deutsche Vertragsversion verbindlich ist und die englische Version nur als zusätzliche Information

dient. Ist dieser Weg nicht möglich, sollten bei den zentralen Begriffen zumindest in Klammern die Begriffe der anwendbaren Rechtsordnung in der Origi-nalsprache hinzugefügt werden. Bei Verträgen in eng-lischer Sprache und anwendbarem deutschen Recht sollten also z. B. zumindest die deutschen Rechtsbe-griffe in Klammern hinter den englischen BeRechtsbe-griffen eingefügt werden. Aus deutscher Sicht ist die vertrag-liche Vereinbarung deutschen Rechts ratsam.

„ Keine vertragliche Rechtswahl – Rom I

Treffen die Parteien des Cloud-Computing-Vertrages keine ausdrückliche Rechtswahl, kommt die EG-Verordnung Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 („Rom I“) über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzu-wendende Recht zur Anwendung. Rechnet man einen derartigen Vertrag zu den Dienstleistungsverträgen, unterliegt der Vertrag gem. Art. 4 der Verordnung dem Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist ein anderer

Vertragstypus einschlägig, unterliegt er dem Recht des Staates, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese Frage kann aber schwierig zu beantworten sein. Schließt z. B. die in Deutschland ansässige Vertriebsgesellschaft des Anbieters den Vertrag im Namen der US-Mutter und der indischen, der englischen und der ukrainischen Tochtergesellschaft und erbringen alle diese Gesell-schaften Cloud-Services, kann die Ermittlung des anwendbaren Rechts zum Problem werden.

„ Zwingendes Recht

Nicht alle Aspekte eines Vertrages unterliegen der getroffenen Rechtswahl. So richten sich Sachen- und Urheberrechte nach dem Recht des Staates, in dem sie entstanden sind. Bei Rechtsverletzungen kann auch der Ort, an dem in die Rechte eingegriffen wurde, eine Rolle spielen. In diesen Fällen können die Parteien des Vertrages die Rechtslage nicht durch vertragli-che Abreden gestalten. Sie können jedoch durch die Wahl der Länder, in denen sie im Rahmen der Cloud-Services tätig sind, das zwingend anwendbare Recht beeinflussen.

„ Deliktische Ansprüche – Rom II

Eine Rechtswahl ist nur bei vertraglichen Schuldver-hältnissen möglich. Geht es um außervertragliche Schuldverhältnisse, wie z. B. deliktische Schadenser-satzansprüche (wie Datendiebstahl), ergibt sich das anwendbare Recht aus EG-Verordnung Nr. 864/2007 vom 11. Juli 2007 („Rom II“).

2.3.2 Gerichtsstand

„ Land der Rechtswahl

Der Gerichtsstand hat Auswirkungen auf die Voll-streckbarkeit einer späteren Gerichtsentscheidung.

Außerdem wird ein Gerichtsverfahren immer dann schwierig, wenn sich die Richter mit einer Rechts-ordnung auseinandersetzen müssen, in der sie nicht ausgebildet wurden. Ist der Vertrag z. B. auf Deutsch abgefasst und liegt der Gerichtsstand in Deutschland, sollte auch deutsches Recht anwendbar sein.

„ Verfahrenssprache – Vertragssprache

Das Problem ist ebenso gelagert wie bei dem oben beschriebenen Verhältnis der Vertragssprache zum anwendbaren Recht. Auch hier ist empfehlenswert, dass die Vertragssprache und die Verfahrenssprache gleich sind. Weichen sie voneinander ab, müssen in einem Rechtsstreit alle Dokumente übersetzt wer-den. Bei den Übersetzungen besteht die Gefahr von Ungenauigkeiten, weil sich Rechtsbegriffe nicht exakt übersetzen lassen. Sie erhalten ihre Bedeutung aus der zugrunde liegenden Rechtsordnung.

„ Vollstreckbarkeit von Gerichtsentscheidungen Bei der Wahl des Gerichtsstands sollten die Parteien nicht nur ihr Augenmerk darauf richten, in welcher Rechtsordnung sie sich „wohl“ fühlen. Zu beachten ist auch, wo eine eventuelle Gerichtsentscheidung vollstreckt werden soll. Das Anerkennungsverfahren ausländischer Entscheidungen im Zielland kann so schwierig sein, dass es unter Umständen lohnender ist, das gesamte Gerichtsverfahren im Zielland zu führen.

2.3.3 Schiedsklausel

Schiedsverfahren sind eine Alternative zu Verfahren vor den staatlichen Gerichten. Die Schiedsrichter können aufgrund ihrer Sachkunde gewählt werden. So werden auch technisch komplizierte Vorgänge oder branchenübli-che Verfahren von dem Schiedsgericht schneller beurteilt.

Dadurch arbeitet das Schiedsgericht unter Umständen schneller als ein staatliches Gericht. Auf der anderen Seite muss sich das Schiedsgericht für den konkreten Fall erst konstituieren, was geraume Zeit in Anspruch nehmen kann. Die Vergütung der Schiedsrichter kann je nach Vergütungsvereinbarung höher sein als die Gerichtskos-ten für staatliche Gerichte. Auf der anderen Seite gibt es bei Schiedsverfahren üblicherweise nur eine Instanz. Die Voraussetzungen, unter denen Schiedsentscheidungen in den betroffenen Ländern vollstreckbar sind, müssen vor Vereinbarung der Schiedsklausel geprüft werden.

Problematisch sind Schiedsverfahren insbesondere dann, wenn sich die beteiligten Parteien in der Schiedsklausel

auf den vollständigen Verzicht ihres rechtlichen Gehörs vor den staatlichen Gerichten einigen. Damit entfällt eventuell sogar die Möglichkeit einer Berufungsinstanz.

Das Verfahren bietet zudem immer wieder Raum für

„Strategische Spiele“, die in dieser Art bei ordentlichen Gerichten – nicht zuletzt wegen einer dort gefestigten Zivilprozessordnung und meist umfassender Rechtspre-chung – nicht denkbar wären. Dies kann vordergründige Kosten- oder allgemeine Effizienzerwägungen schnell obsolet werden lassen.

„ 2.4 Leistungsbeschreibung und Service