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Rassismus  gegenüber  der  schwarzen  Bevölkerung

Im Dokument UNIVERSITE DU LUXEMBOURG (Seite 23-26)

III. 1980  BIS  1996:  EINE  ZUNAHME  RASSISTISCHER  PHÄNOMENE  ODER

III.2.   R ASSISMUS  IN  DER   G ESELLSCHAFT

III.2.2.   Rassismus  gegenüber  der  schwarzen  Bevölkerung

Rassistische Vorfälle gegenüber Schwarzen sind für die 1980er Jahre besser dokumentiert als in den Jahren davor. 1986 etwa wandten sich sechs Kapverdianer an die ASTI, nachdem sie fünf bis sechs Jahre lang illegal im Auftrag einer Firma in der Wohnung eines Ministers gearbeitet hatten.79 1988 kontaktierte ein Kapverdianer, der durch einen Arbeitsunfall von gesundheitlichen Problemen geplagt war, die ASTI, nachdem ein Arzt ihm u.a. folgendes Attest ausstellte: „[...] homme de race noire [...]

d’une indolence et d’une inconscience typiques pour certains membres de la race noire [...]“.80

In seinem Artikel „Es ist nicht leicht, ein schwarzer Luxemburger zu sein“ von 1987 befasst sich Carel Scheltgen mit der Situation von Schwarzen, die die luxemburgische Nationalität angenommen haben. So berichtet ein luxemburgischer Schwarzer, dass er das Gefühl habe, am Arbeitsplatz diskriminiert zu werden. Insbesondere „sein erster Arbeitgeber [...] habe ihm immer wieder zu spüren gegeben, dass Schwarze weniger gälten [sic] als Weiße.“81 Rassistische Grundhaltungen gibt es nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch auf dem Wohnmarkt. Ein Ehepaar berichtet in diesem Kontext, dass bei telefonischen Verabredungen für Besichtigungen die Wohnungen noch frei waren, sobald sie sich allerdings mit dem Mieter oder der Agentur trafen, die Unterkünfte plötzlich nicht mehr zum Verkauf standen. Über Telefon, so bemerkt

77 Vgl. hierzu: CALOT, La démographie du Luxembourg (wie Anm. 74), S. 97.

78 Siehe hierzu Kapitel II.2., S. 13 meiner Arbeit.

79 Vgl. hierzu: KOLLWELTER / ZUCCOLI, Chronique de l’ASTI (wie Anm. 25), S. 43.

80 KOLLWELTER / ZUCCOLI, Chronique de l’ASTI (wie Anm. 25), S. 28.

81 SCHELTGEN, Carel, Es ist nicht leicht, ein schwarzer Luxemburger zu sein. In: Luxemburger Marienkalender Jg. 106 (1987), S. 158.

Scheltgen zu Recht, kann man eben nicht die Hautfarbe des Gesprächspartners erkennen.82

Der Autor berichtet allerdings auch von positiven Erfahrungen der Befragten. Nicht jeder wird auf seinem Arbeitsplatz diskriminiert und es gibt auch solche, die sich in ihrem neuen Heimatland wohlfühlen. Es ist allerdings erstaunlich, dies noch positiv hervorheben zu müssen, obwohl es doch der Normalfall sein sollte.

Schwarze Adoptivkinder erhalten im Gegensatz zu den oben genannten Problemen zu viel unnatürliche Zuneigung. Sie werden als etwas Exotisches angesehen.83 Daneben gibt es Kommentare, die von einem Überlegenheitsgefühl zeugen, etwa als eine Frau einer Mutter klarmachen wollte, dass ihr schwarzes Adoptivkind Probleme mit dem Lernen bekommen würde.84

Ähnlich wie beim Antisemitismus gibt es auch hier Beispiele in der Folklore für Rassismus gegenüber Schwarze, etwa der kohlpechschwarze Mohr im Struwwelpeter, wo „der Schwarze zum Symbol des Bösen wird“85, oder das Spiel „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann“.86 Hinzu treten Ausdrücke wie français petit-nègre.87 Es scheint offensichtlich, dass diese Beispiele nicht nur für die Zeit zwischen 1980 und 1996 gelten.

82 Vgl. hierzu: SCHELTGEN, Carel, Es ist nicht leicht, ein schwarzer Luxemburger zu sein (wie Anm. 81), S. 158.

83 Eine Grundhaltung, die schon deutlich älter ist, wie etwa die Praxis des Völkerschauens im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt (vgl. hierzu: Schirrmacher, Rassismus (wie Anm. 11), S. 17).

84 Vgl. hierzu: SCHELTGEN, Es ist nicht leicht, ein schwarzer Luxemburger zu sein (wie Anm.

81), S. 160.

85 SCHELTGEN, Es ist nicht leicht, ein schwarzer Luxemburger zu sein (wie Anm. 81), S. 157.

86 SCHELTGEN, Es ist nicht leicht, ein schwarzer Luxemburger zu sein (wie Anm. 81), S. 157.

Dieses Spiel hat man noch zu meiner Zeit im Sportunterricht in der Primärschule gespielt.

87 Ein Ausdruck, der z.B. meine Französischlehrerin im Gymnasium ab und zu benutzte, um schlechtes Französisch zu bezeichnen.

III.2.3.  Antisemitismus  

1981 ist im jüdischen Konsistorium eine Abteilung gegründet worden, welche für die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft in Luxemburg zuständig war. Dies geschah im Zuge verstärkter Selbstschutzreaktionen der jüdischen Gemeinschaften, insbesondere in Frankreich nach dem Attentat in der rue Copernic in Paris 1980.88 Aber erst nach dem Attentat in der rue Marbeuf in Paris 1982, dank der Einsicht der Autoritäten und der Verantwortlichen der jüdischen Gemeinschaften, erhielten die Schutzabteilungen einen offiziellen Charakter. In Luxemburg bat Robert Krieps, der damalige Justizminister (LSAP), die zuständige Person im jüdischen Konsistorium, Kontakt mit den polizeilichen Behörden aufzunehmen und mit ihnen eng zusammen zu arbeiten, was bis heute der Fall geblieben ist, ohne dass die Abteilung ihre Unabhängigkeit verloren hätte.89

Mir wurde bestätigt, dass es Androhungen gab, insbesondere in Form von Briefen.

Allerdings waren Letztere nicht unterschrieben und konnten daher niemandem zugeordnet werden. In einem Fall war ein Brief direkt an die Familie eines Mitglieds des Konsistoriums gerichtet. Es stellte sich heraus, dass das Schreiben von einem Schüler mit psychischen Problemen stammte, der dasselbe Gymnasium besuchte wie die Tochter des Betroffenen. Drohungen von rechten Gruppierungen in Luxemburg gab es allerdings nicht.90

Zu Beginn der 1980er wurden einige Gräber auf dem jüdischen Friedhof von Grevenmacher zerstört. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre kamen Grabschändungen in Esch-Lallingen in Form von Hakenkreuzen hinzu. Man verdächtigte Sympathisanten der Nationalbewegung, gefasst wurden die Täter in beiden Fällen nicht.91

88 Ein Mitglied des jüdischen Konsistoriums in einer e-mail vom 29. November 2011 (der Name ist dem Autor bekannt). Informationen zum Attentat: WEILL, Nicolas, Il y a dix ans l’attentat de la rue Copernic. In: Le Monde vom 30. September 1990 (Verfügbar auf:

http://www.lemonde.fr/cgi-bin/ACHATS/acheter.cgi?offre=ARCHIVES&type_item=ART_ARCH_30J&objet_id=502436 [Letzter Zugriff am 15. Dezember 2011]).

89 Ein Mitglied des jüdischen Konsistoriums in einer e-mail vom 29. November 2011 (der Name ist dem Autor bekannt).

90 Idem.

91 Vgl. hierzu: MEYER, L’antisémitisme après la Seconde Guerre mondiale au Luxembourg (wie Anm. 40).

In den 1990er Jahren stand in der Primärschule ein luxemburgisches Unterrichtsbuch („Lëtzebuergesch an der Schoul“) mit z.T. antisemitischen Inhalten auf dem Programm.92 1997 wurde das Werk mit identischem Inhalt neu aufgelegt.93 Im Kapitel

„Spaassen a Laachen“ kann man etwa, unter der Rubrik „Wat onméiglech as“, folgende Aussage lesen: „E Judd beim Focken [feilschen] z’iwwerschnëssen [...]“.94 Revisionistische Theorien stießen in Luxemburg kaum auf Gehör. 1992/93 gab es lediglich den Fall eines Lehrenden, der an der Waldorfschule in seinem Geschichtskurs solche Thesen übernahm, die u.a. die Existenz der Gaskammern verneinen. Angesichts des öffentlichen Aufschreis distanzierte sich die Direktion der Schule vom Gastlehrer und verlängerte nicht mehr seinen Vertrag.95

Nach einer Analyse der oben aufgezählten Geschehnisse fällt auf, dass Antisemitismus in Luxemburg einen abstrakten, latenten oder subtilen Charakter hat, da er hauptsächlich in der Folklore, in Drohungen und in Vandalismus zum Ausdruck kommt, und sich nicht in körperlichen Angriffen gegen Juden äußert.

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