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Der Raman-Prozess ist, wie der eben vorgestellte Orbach-Prozess, ein Zwei-Phononen-Prozess. Der Unterschied besteht darin, dass die Relaxation beim Raman-Prozess über ein virtuelles Zwischenniveau verläuft. Der Prozess wird auch als Phononenstreuung be-zeichnet. Am Prozess können alle Phononen teilnehmen, deren Energiedifferenz

2

1 ω

ω h

h − dem energetischen Abstand der Zustände |b, und |a, entspricht. In der Litera-tur finden sich verschiedene Angaben zur TemperaLitera-turabhängigkeit. Diese können im

We-sentlichen auf zwei Prozesse zurückgeführt werden, welche sich in der energetischen La-ge des Zwischenzustandes unterscheiden.

Liegt der virtuelle Zustand außerhalb der Debye-Grenze, so findet man eine T7 -Abhän-gigkeit für Nicht-Kramers-Zustände bzw. eine T9-Abhängigkeit für Kramers-Dubletts [75]. Die Prozesse können unterteilt werden in einen Prozess 1. und 2. Ordnung [59]. Der Prozess 1. Ordnung geht auf die Störungstheorie 1. Ordnung zurück und verläuft ohne Zwischenzustand. Dabei werden, im Gegensatz zum direkten Prozess, zwei Phono-

|a

|b

hw1 hw2

>

>

DEba

|a

|b

hw2 hw1

>

>

DEba

Abb. 2-5: Schematische Darstellung des Raman-Prozesses zwischen den Zuständen |b, und |a, über einen virtuellen Zwischenzustand in Emission und Absorpion.

nen mit dem Spinsystem verknüpft. Der Raman-Prozess 2. Ordnung dagegen verläuft über einen virtuellen Zwischenzustand.

Die Entscheidung, ob ein Raman-Prozess 1. oder 2. Ordnung vorliegt, kann ohne genaue Berechnung der Spin-Gitter-Relaxationsrate nicht getroffen werden, da beide Prozesse die gleiche Temperaturabhängigkeit aufweisen und sich nur in der Größe des Matrixelements unterscheiden.

Eine T5-Abhängigkeit findet man für den Fall, dass der virtuelle Zustand energetisch nahe an den Zuständen liegt, zwischen welchen die Relaxation abläuft. Dabei muss sich für Kramers-Dubletts ein weiterer Kramers-Zustand innerhalb des Phononen-Kontinuums befinden [88]. Ein weiterer Prozess mit T5-Abhängigkeit, der auch bei Nicht-Kramers-Zuständen wirksam ist, wurde von Walker analog dem Orbach-Blume-Prozess formuliert [89]. Für die Berechnung der Spin-Gitter-Relaxationswahrscheinlichkeit wird angenom-men, dass die Aufspaltungsenergie ∆Eba der Zustände, zwischen denen die Relaxation stattfindet, klein ist gegenüber der Energie der beteiligten Phononen.

Lage des virtuellen Zwischen-Zustandes Nicht-Kramers-Zustände Kramers-Dubletts außerhalb der Debye-Grenze kslrRT7 kslrRT9

innerhalb Debye-Grenze kslrRT5 kslrRT5

2.4. Energietransfer

Wird Energie zwischen Atomen oder Molekülen unterschiedlicher Art übertragen, so spricht man von Energietransfer. Dabei fällt ein angeregtes Elektron eines Donators in den Grundzustand, während ein Elektron eines Akzeptors energetisch angehoben wird.

Beim Energietransfer unterscheidet man im Allgemeinen zwischen Reabsorption, Exzi-ton-Bewegung, nicht-resonanter und resonanter Übertragung:

- Bei der Reabsorption wird vom Donator ein reelles Photon emittiert und vom Ak-zeptor wieder absorbiert (Trivial-Fall).

- Ein Exziton ist ein Eigenzustand eines periodischen Hamiltonoperators. Es bewegt sich schnell genug von einem Atom oder Molekül zum nächsten, so dass die Re-laxation des Gitters in unmittelbarer Nähe des Exzitons die Gitterperiodizität nicht zerstört. Bei starker Wechselwirkung zwischen den Gitterbausteinen kann das Ex-ziton delokalisiert sein und sich als Welle (kohärent) ausbreiten.

- Nicht-resonanter Energietransfer beinhaltet die Erzeugung und/oder Vernichtung von Phononen.

- Resonanter Energietransfer läuft ohne Phononenbeteiligung. Die Energieübertra-gung kann als quantenmechanisch resonanter Prozess angesehen werden, der über den Austausch von virtuellen Photonen abläuft.

Im Folgenden soll der resonante Energietransfer näher betrachtet werden. Dieser wurde erstmals von Förster [90,91] formuliert und später von Dexter unter Einbeziehung der Austausch-Wechselwirkung [92] erweitert. Dabei wird gleichzeitig mit der Relaxation eines Moleküls D* aus einem elektronisch höheren in einen elektronisch tieferen Zustand ein anderes Molekül aus einem tieferen in einen energetisch höheren Zustand angehoben:

D* + A → D + A*

Voraussetzung für einen resonanten Energietransfer ist, dass die Übergänge D* D und A A* bei gleicher Energie liegen (Resonanzbedingung) und durch eine Wechselwir-kung gekoppelt sind. Diese kann eine elektrostatische Multipol-Multipol und/oder eine Austauschwechselwirkung sein. Nach der zeitabhängigen Störungsrechnung lässt sich gemäß „Fermi’s Goldener Regel“ [79] die Energietransferrate PDA zwischen Donator und Akzeptor mit

PDA = a HDA b fDe fAa d

 

⋅ ⋅

2 2

0

π ψ ψ ν ν ν

h $ ( ) ( )

(2-34)

angeben, wobei die Wellenfunktion ψaden Ausgangszustand beschreibt, in welchem der Donator D im angeregten Zustand und der Akzeptor A im Grundzustand vorliegt. Die Wellenfunktion ψb dagegen steht für den Donator im Grundzustand und den Akzeptor im angeregten Zustand. Die Funktionen fDe und fAa stellen die normierten, spektralen Verteilungen der Donatoremission und Akzeptorabsoption dar. Das Integral beschreibt also, wie in Abb. 2-6 dargestellt, den spektralen Überlapp der Donatoremission mit der Akzeptorabsorption und erfasst somit die Resonanzbedingung des Energietransfers. Ver-wendet man für ψa und ψb antisymmetrische Wellenfunktionen, so bedeutet dies eine Permutation der Elektronenkoordinaten des Donators und Akzeptors. Nimmt man verein-facht an, dass Donator und Akzeptor nur jeweils ein aktives Elektron besitzen, so resul-tiert [92,93]:

ψa =[ψD*( )1ψA( )2 −ψD*( )2 ψA( )] /1 2 (2-35)

ψb =[ψD( )1ψA*( )2 −ψD( )2 ψA*( )] /1 2 (2-36)

Durch Einsetzen von Gl. 2-35 und Gl. 2-36 in das Matrixelement +ΨaDA*Ψb, ergibt sich Gl. 2-37:

n

Intensität

D* D A A*

E A*

A Absorption

D*

D Emission

Spektraler Überlapp

Abb. 2-6: Schematische Darstellung des Zusammenhanges zwischen Donatoremission, Akzeptorabsorption und spektralem Überlapp.

[ ]

[ ]

ψ ψ ψ ψ ψ ψ

ψ ψ ψ ψ

a DA b D A DA D A

D A DA D A

H H

H

$ ( ) ( ) $ ( ) ( )

( ) ( ) $ ( ) ( )

* *

* *

=

1 2 1 2

1 2 2 1

(2-37)

Das erste Integral wird als Coulombterm bezeichnet und gibt die klassischen Wechsel-wirkungen der Ladungsverteilung wieder.

Das zweite Integral, das sogenannte Austauschintegral, erfasst zusätzliche Wechselwir-kungen zwischen den Ladungswolken des Donators und des Akzeptors. Diese wirken nur über sehr kurze Distanzen (≤ 10 Å), da hierfür die Wellenfunktionen von Akzeptor und Donator überlappen müssen.

Der Wechselwirkungsoperator DA setzt sich aus der Summe aller Wechselwirkungen zwi-schen den Elektronen des Donators und denen des Akzeptors zusammen. Eine Taylor-Entwicklung von DA nach dem Donator-Akzeptor-Abstand führt zur Multipoldarstellung [94]:

E

DA = DADD + DADQ + DAQD + DAQQ + ... (2-38)

In Gl. 2-38 repräsentieren die Terme auf der rechten Seite die Dipol-Dipol- (DADD), Di-pol-Quadrupol- (DADQ)...Wechselwirkungen. Für die Rate des Energietransfers ergibt sich

10 ...

wobei αDD, αDQ,αQQ die Konstanten des Energietransfers aufgrund der Dipol-Dipol- (DD), Dipol-Quadrupol- (DQ) und Quadrupol-Quadrupol- (QQ)-Wechselwirkungen sind.

Zusätzlich beinhaltet Gl. 2-39 die Abstandsabhängigkeit der einzelnen Terme, wobei die Dipol-Dipol-Wechselwirkung, die proportional zu RDA6 abfällt, die langreichweitigste Wechselwirkung darstellt. Sind die am Energietransfer beteiligten elektronischen Über-gänge dipol-erlaubt und befindet sich der Akzeptor in der sogenannten „Förster“-Zone [95] (≥ 10 – 100 Å) um den Donator, so wird der Dipol-Dipol-Term dominant und man spricht vom Förster-Mechanismus. Die Transferwahrscheinlichkeit lässt sich dann durch folgenden Ausdruck angeben [95,96]:

ν

Dabei ist FA die Oszillatorstärke der Akzeptorabsorption, τD die intrinsische (strahlende + nicht-strahlende) Lebensdauer des Donators (ohne Energietransfer), und E stellt die mitt-lere Energie im Bereich des spektralen Überlapps dar. Die Rate des Energietransfers ist demnach proportional zu den Oszillatorstärken des Donator- bzw. Akzeptorüberganges.

Außerdem gilt, dass für eine Coulomb-Wechselwirkung der Spin in beiden Komponenten erhalten bleiben muss.

Überlappen die Ladungswolken von Donator und Akzeptor, so besteht die Möglichkeit der Austausch-Wechselwirkung. Diese ist ein rein quantenmechanisches Phänomen und hängt nicht von der Oszillatorstärke der beteiligten Übergänge ab. Für die Energietrans-ferrate nach dem Austauschmechanismus leitet Dexter folgenden Ausdruck ab [92]:

ν ν π Z f ν f d EX

PDA =

De Aa

0

2 ( ) ( )

) 2

( h

(2-41)

Z K R

L

2 2 2 DA

= −

 



exp (2-42)

Z repräsentiert das Austauschintegral und beinhaltet die exponentielle Abstandsabhängig-keit des Überlapps der Wellenfunkionen von PDA(EX). L wird als effektiver mittlerer Bohrscher Radius bezeichnet und K ist eine Konstante. Der Austauschmechanismus un-terliegt der Wigner-Wittmer-Erhaltungs-Regel [97]. Diese besagt, dass die Gesamtspin-quantenzahl S von Anfangs- und Endzustand gleich sein muss. So ist etwa ein Triplett-Triplett-Energietransfer 3D* + 1A → 1D + 3A* erlaubt.

Ein Vergleich von Austauschmechanismus mit dem Försterprozess ergibt Folgendes:

- Beide Mechanismen setzen einen spektralen Überlapp zwischen Donatoremission und Akzeptorabsorption voraus.

- Damit der Energietransfer dominant wird, muss bei beiden Mechanismen gelten:

PDA ·τD >> 1 (τD : intrinsische Lebensdauer des Zustands ohne Energietransfer), da der Donator sonst desaktiviert, bevor Energietransfer einsetzen kann.

- Der Förster-Mechanismus ist im Gegensatz zum Austauschmechanismus von den Oszillatorstärken der beteiligten Übergänge abhängig.

Aufgrund der unterschiedlichen Abstandsabhängigkeit gewinnt der Austauschmechanis-mus erst bei Donator-Akzeptor-Abständen ≤ 10 Å an Bedeutung, dagegen dominiert der Förstermechanismus den Energietransfer in einem Bereich von größer 10 – 100 Å.

3. Pt(dphpy)(CO)