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Rahmenbedingungen von Prävention und Gesundheitsförderung

Volitionale Phase Handlungsphase

3.3 Rahmenbedingungen von Prävention und Gesundheitsförderung

Prävention und Gesundheitsförderung stellen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar, welche die Gesundheitspolitik umfasst, darüber hinaus verschiedene Politikbereiche tangiert und in den Verantwortungsbereich der Kommunen, der Länder und des Bundes fällt (Kuhlmann & Koch, 2009). Diffizil sind die inhaltliche und auch finanzielle Ausgestaltung der Angebote, da Aufgaben und Verantwortungen im Versorgungsbereich besonders durch eine mangelnde Vernetzung der Akteure zerstreuen (vgl. SVR, 2002, S. 76).

Auf gesetzlicher Ebene sind Prävention und Gesundheitsförderung seit dem Jahr 1988 im Rahmen des Gesundheits-Reformgesetzes im § 20 SGB V „Maßnahmen zu Primär-prävention und betrieblicher Gesundheitsförderung“ als Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) verankert (Meierjürgen et al., 2016). Durch zunehmende Spannung-en zwischSpannung-en dem Wettbewerb der Angebote und dSpannung-en eigSpannung-entlichSpannung-en GesundheitszielSpannung-en kam es im Jahr 1994 zu weitreichenden Streichungen der vorherrschenden Angebote (Meierjürgen et al., 2016). Erst im Zuge des GKV-Gesundheitsreform-Gesetzes im Jahr 2000 wurde der § 20 SGB V wiederbelebt und stellte Primärprävention wieder in den Mittelpunkt

(Meierjürgen et al., 2016). Im Zuge des GKV-Modernisierungsgesetzes im Jahr 2004 wurden spezielle Regelungen und die Einführung von Boni für gesundheitsbewusstes Verhalten als sog. „Kann-Leistungen“ eingeführt. Seit dem Jahr 2005 erfolgten erneute Bemühungen zu einem Präventionsgesetzesentwurf (Meierjürgen et al., 2016). Erst im vierten Anlauf unterzeichneten die Regierungskoalitionen und der GKV-Spitzenverband das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention, kurz Präventionsgesetz (PrävG), welches im Juni 2015 in Kraft getreten ist (Bundesministerium des Innern, 2017).

Das PrävG baut auf Grundpfeilern der bereits vorgestellten Ottawa-Charta aus dem Jahr 1986 auf und beinhaltet die zwei Hauptziele: „Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken“ (Primärprävention) und die Förderung des selbstbestimmten und gesundheitsorientierten Handelns (Gesundheitsförderung) (PrävG § 20, Abs. 1). Weiterhin orientiert sich das PrävG an nationalen Gesundheitszielen und soll die Grundlage für gleiche Gesundheitschancen für alle bieten (Bundesministerium für Gesundheit, 2012;

Meierjürgen et al., 2016). Für eine gemeinsame Präventionsstrategie ist die Zusammen-arbeit aller Sozialversicherungsträger im Rahmen einer nationalen Präventionskonferenz erforderlich (Bundesrahmenempfehlungen der Nationalen Präventionskonferenz, 2016). Ein untergeordnetes Gesundheitsziel stellt dabei das „gesund älter werden“ dar (PrävG § 20, Abs. 3). Ein Fokus liegt des Weiteren auf der Umsetzung von präventiven Interventionen in Lebenswelten bzw. Settings, bspw. im Bereich der Freizeitgestaltung oder auch in Wohneinrichtungen oder Pflegewohnheimen. Das PrävG verpflichtet alle Akteure, Präventionsmaßnahmen für unterschiedliche Altersgruppen lebensweltorientiert und unter Einbezug vorhandener Strukturen und Angebote umzusetzen (Bundesministerium des Innern, 2017). Auch die Förderung der Prävention in der Pflege (§5 SGB XI) nimmt einen bedeutsamen Stellenwert im PrävG ein (Meierjürgen et al., 2016). Hierfür wurde zusätzlich der Leitfaden „Prävention in stationären Pflegeinrichtungen nach § 5 SGB XI“ durch den GKV-Spitzenverband verabschiedet. Dieser soll die Möglichkeit der Erprobung und Verankerung moderner und lebensweltbezogener Präventionskonzepte eröffnen (Meier-jürgen et al., 2016). Dabei spielt u. a. die körperliche Aktivität eine wachsende Bedeutung innerhalb der ambulanten und stationären pflegerischen Versorgung, was die aktuelle Erarbeitung eines nationalen Expertenstandards mit dem Titel „Erhaltung und Förderung der Mobilität“ stützt (Dierich, Nicolai & Franzen, 2019). Zudem wurden Ende 2016 die

„Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung“ herausgegeben, um eine qualitätsgesicherte Umsetzung von Bewegungsförderung zu ermöglichen (Rütten &

Pfeifer, 2016).

Auf politischer Ebene wurden die Potenziale von Prävention und Gesundheitsförderung im Alter erstmalig im 3. Altenbericht der Bundesregierung dargelegt und durch den Sachverständigenrat zum Ausdruck gebracht (Walter & Schwartz, 2001). Die Bundes-regierung veröffentlichte im Jahr 2002 eine Expertise zu Strategien der Prävention und Gesundheitsförderung im Alter (Kruse, 2002). Darauf aufbauend brachte das Bundes-ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Jahr 2004 eine Broschüre zum Thema

„Gesund altern“ heraus. Zudem kam es durch das Bundesministerium für Gesundheit im Rahmen des Forums Prävention und Gesundheitsförderung zur Aufstellung der Arbeits-gruppe „Gesund altern“, welche z. B. Themenschwerpunkte wie die Einführung präventiver Hausbesuche bearbeitete (Walter et al., 2006). Ein nationales Gesundheitsziel lautet

„Gesund älter werden“ (Bundesministerium des Innern, 2017; Thelen et al., 2012). Dabei sollen die Akteure auf Grundlage der Selbstverpflichtung konkrete Maßnahmen umsetzen, was in der Praxis jedoch die Überwindung von Grenzen zwischen Fachgebieten und Disziplinen und einer Reihe anderer Herausforderungen, bspw. die Kostenübernahme solcher Interventionen, bedeutet (Thelen et al., 2012). Des Weiteren erfolgte im Jahr 2015 die Weiterentwicklung der Demografiestrategie „Jedes Alter zählt – Für mehr Wohlstand und Lebensqualität aller Generationen“ (Bundesministerium des Innern, 2017). Diese eröffnet neue Handlungsfelder für ein gesundes Altern in Deutschland. So soll u. a. der soziale und gesellschaftliche Zusammenhalt, bspw. auch zwischen den Generationen, erhalten und gefördert werden.

Nach Meinungen der Europäischen Union (EU) stellt das Altern auch auf europäischer Ebene eine der größten sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen des 21.

Jahrhunderts dar (Häkkinen, 2016). Die EU Gesundheitsstrategie „Gemeinsam für die Gesundheit“ als Teil der Strategie „Europa 2020“ steht für Wachstum für alle mit einer gesunden Bevölkerung als Grundvoraussetzung. Ziel im Rahmen der europäischen Innovationspartnerschaft namens „Aktives und gesundes Altern“ ist es weiterhin, die durchschnittliche Anzahl der gesunden Lebensjahre der Europäerinnen bis zum Jahr 2020 um zwei Jahre zu erhöhen. Dabei sind die Länder aufgefordert, den Themen gesunde Ernährung und regelmäßige körperliche Betätigung politische Priorität einzuräumen (Häkkinen, 2016).

Um die rechtlichen Grundlagen für präventive und gesundheitsförderliche Interventionen abzurunden, sollen abschließend Verbraucher- bzw. datenschutzrechtliche Aspekte genannt werden, da diese besonders im Bereich der digitalen Gesundheitsanwendungen eine wichtige Rolle spielen (Gigerenzer, Schlegel-Matthies & Wagner, 2016). Auch gilt es bei der Umsetzung von Forschungsprojekten in diesem Bereich ethisch-rechtliche und soziale

Implikationen (ELSI) zu beachten (Boden, Liegl & Büscher, 2018). Nun werden die Besonderheiten bezüglich präventiver und gesundheitsförderlicher Maßnahmen für die heterogene Zielgruppe der älteren Menschen vorgestellt.